Entwicklung zeigt das Potenzial der Stadt und ist nicht zuletzt dem Regierenden Bürgermeister zu verdanken, der seit seiner Amtsübernahme ein exzellenter Berlinbotschafter im In- und Ausland ist und überall für Berlin und diesen Investitionsstandort wirbt.
Trotz aller Sparanstrengungen nimmt die Koalition ihre soziale Verantwortung wahr. Die beiden Koalitionsparteien haben sich schon in der letzten Legislaturperiode bewusst dafür entschieden, neben den Schwerpunkten in der Bildungs- und Wirtschaftspolitik all das zu finanzieren, was für den sozialen Zusammenhalt und für das Zusammenleben in unserer Stadt wichtig ist – in den Bereichen des Quartiersmanagements, der Integrationspolitik. Es ist uns wichtig, wie sich unsere Bezirke entwickeln. Aber damit nicht genug: Bei der Bildung wird es eine noch bessere Ausstattung geben als bisher.
Dazu gehören z. B. auch die gebührenfreie Kitajahre. Der Regierende Bürgermeister hat für sein Versprechen, gebührenfreie Kitaplätze einzurichten, viel Kritik einstecken müssen, aber dieses Versprechen wird nun eingelöst. Berlin ist damit bundesweit Vorreiter, und die Koalition hat nicht nur eine bundesweit geführte Debatte aufgenommen, sondern damit auch für diese Stadt ein richtiges bildungspolitisches Signal gesetzt.
Die rot-rote Koalition und der Senat haben in den vergangenen fünf Jahren entscheidende Weichen für die Zukunft der Stadt gestellt. Ich habe einige Beispiele für die Schwerpunkte unserer zukünftigen Arbeit genannt. Auf der Basis unserer Koalitionsvereinbarung wird die jetzt beginnende Legislaturperiode im Zeichen wirtschaftlicher Dynamik und sozialer Verantwortung stehen. Klaus Wowereit ist der Garant für diese Politik, und die SPDFraktion wird ihn zum Regierenden Bürgermeister wählen. Der neue Senat ist eine gute Mischung aus bewährten und neuen Kräften, mit großer Fachkompetenz und Durchsetzungsfähigkeit. Die Koalition wird die neue Regierungsmannschaft bei ihrer Arbeit für die Interessen der Stadt mit aller Kraft unterstützen. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Müller! – Nun hat der Kollege Dr. Pflüger, der Fraktionsvorsitzende der CDU, das Wort. – Bitte schön, Herr Dr. Pflüger!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 17. September hat Klaus Wowereit vom Souverän den Regierungsauftrag erhalten. Er hat sich entschieden, diesen mit der Partei PDS.Die Linke wahrzunehmen. Er hat das ohne Not getan, im Wissen um mögliche Alternati
ven. Das ist sein demokratisches Recht. Aber Herr Wowereit trägt auch die volle Verantwortung für die politischen Folgen. Wir glauben, dass die Fortsetzung der rot-roten Koalition für unsere Stadt verheerend ist.
Aber wir sagen auch: Herr Wowereit, wenn Sie heute erwartungsgemäß gewählt werden, wünschen wir Ihnen und Ihren Senatoren angesichts der enormen Probleme unserer Stadt im Interesse Berlins eine glückliche Hand.
Auch als Oppositionsabgeordnete tragen wir Verantwortung für die ganze Stadt. Ich wiederhole unsere Bereitschaft zur konstruktiven Zusammenarbeit. Sie sind darauf bisher nicht eingegangen, obwohl kaum vorstellbar ist, wie Sie angesichts der Größe der Probleme mit Ihrer denkbar kleinen Mehrheit diese Stadt regieren wollen. Sie halten ein konstruktives Zugehen auf die Opposition offenbar für ein Zeichen der Schwäche – ganz anders ein großer Regierender Bürgermeister unserer Stadt, Willy Brandt. Er sagte in seiner ersten Regierungserklärung am 17. Oktober 1957:
Ich werde mich stets bemühen, den Rat und die Unterstützung auch der Opposition zu erlangen, besonders wenn es gilt, Gesamtberliner Interessen zu wahren.
Neben der Zusammenarbeit und der konstruktiven Mitarbeit ist es auch Aufgabe der Opposition, eine Regierung zu kontrollieren und zu kritisieren, mit ihr um den rechten Weg zu streiten. Auch diese Aufgabe nehmen wir ernst. Deshalb möchte ich heute vor dem Hintergrund Ihrer Reaktionen auf das Karlsruher Urteil und die Koalitionsvereinbarung folgende Kritikpunkte ansprechen:
Erstens: Herr Regierender Bürgermeister! Sie verweigern die Einsicht in den Ernst der Lage. Sie reden die Lage schön. Sie wursteln mit Ihrer Koalition weiter, anstatt ernsthafte Konsequenzen aus dem Karlsruher Urteil zu ziehen.
bei Fehrbellin, der Siebenjährige Krieg, die Besetzung der Stadt vor 200 Jahren durch Napoleon. Berlin hat Hitler überlebt, die Bombennächte des Zweiten Weltkriegs, den Mauerbau, das Chruschtschow-Ultimatum, die Verschärfung des Ost-West-Konflikts in den 80er Jahren. Wir haben große Krisen immer wieder bewältigt. Jetzt haben wir eine andersgeartete Krise. Sie ist nicht so manifest.
Vielen erscheint sie gar nicht präsent. Es ist die große Gefahr, dass sich dieses Übel von innen her, durch immer höhere Schuldenlast, durch immer größere Auszehrung, durch immer größere Arbeitslosigkeit wie eine Krankheit
Sie verweigern eine ehrliche Diagnose über diese Art von Krise. Das aber wäre die Voraussetzung dafür, dass der Körper seine Kräfte mobilisiert und die Krankheit an den Wurzeln bekämpft wird. Unsere Krankheit besteht in einem gigantischen Schuldenstand von über 60 Milliarden €. Das sind so viele Schulden, wie Peru, Ecuador, die Dominikanische Republik, El Salvador, Paraguay, Honduras, Costa Rica, Nicaragua und Guatemala zusammen haben.
Eine gigantische Verschuldung dieser Stadt. Der Berg wächst ständig an. 20 Milliarden € Schulden haben sie in den letzten fünf Jahren zusätzlich gemacht. Am Ende der Legislaturperiode werden wir bei wahrscheinlich 70 Milliarden € sein. Gleichzeitig beziehen in Berlin nur noch weniger als 40 % der Menschen ihr Einkommen aus Erwerbsarbeit.
Jeder zweite Berliner lebt von Sozialtransfers. Der Gewerbeertrag unserer Stadt ist geringer als der von Bielefeld, obwohl wir zehnmal so groß sind.
In den Krisensituationen der Vergangenheit haben wir große Persönlichkeiten gehabt, die uns aus der Krise geführt haben.
Sie waren dem Ernst der Lage gewachsen, sprachen über alle Grenzen von Generationen und politischen Lagern die ganze Stadt, das ganze Land an. Sie appellierten an Gemeinsinn und Patriotismus, an Solidarität und Zuwendung zu den Menschen. Sie mobilisierten Abwehrkräfte gegen die drohende Gefahr nach dem Motto: „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst.“
Ein wenig vom Geist des Patriotismus hatten wir bei der Weltmeisterschaft, ein natürliches Nationalgefühl. Das haben wir bei der WM doch alle gemerkt. Schade, dass von diesem Geist so gar nichts in der Koalitionsvereinbarung zu merken ist, nichts von der nationalen Rolle und Aufgabe Berlins. Statt Kräfte zu mobilisieren und gemeinsam und sozial ausgewogen die strukturellen Probleme anzugehen – den zu hohen Staatsanteil, die ausbleibenden Investitionen –, nutzen Sie die Mehreinnahmen aufgrund der konjunkturellen Entwicklungen in ganz Deutschland und sagen: „Weiter so!“
Herr Sarrazin hatte in den letzten fünf Jahren für Ansätze gesorgt. Er hat immer wieder gemahnt, Berlin müsse sich seinen Strukturproblemen stellen, sich vom Landeseigentum trennen, zum Beispiel von Wohnungsbaugesellschaf
ten. Herr Sarrazin ist mit diesem Ansatz kläglich gescheitert. Die Verhandler in den Koalitionsgesprächen haben ihm schlicht und einfach mitgeteilt: An die Strukturprobleme der Stadt wird nicht herangegangen. Wir nutzen die Mehreinnahmen, um so weiterzumachen wie bisher. – Das ist genau das Problem. Das ist auch der Grund, weswegen Sie es niemals schaffen werden, weitere Solidarität in Bund und Ländern auf diese Weise zu generieren. Sie werden es deshalb nicht schaffen, weil der Wille, die Entschlossenheit nicht erkennbar ist, dass Berlin seine Probleme aus eigener Kraft angeht und beseitigt. Das merken alle anderen und sind deshalb nicht bereit, Berlin ihrerseits zu helfen.
Es ist falsch, Privatisierungen von vornherein für etwas Richtiges zu halten, nach dem Motto: die reine ordnungspolitische Lehre. Das haben wir nie geteilt. Aber es ist genauso falsch, das zu tun, was der Senat sagt: Privatisierungen kommen ideologisch überhaupt nicht in Frage. – Beides dient der Stadt nicht. Beides ist ein Fehler. Wir werden daran gemessen, ob wir in der Lage sind, den Staatsanteil in Berlin anzugleichen an das, was die übrigen Bundesländer machen. Da springt dieser Senat zu kurz.
Damit komme ich zu meinem zweiten Punkt: Herr Regierender Bürgermeister! Sie isolieren Berlin und befördern die Entsolidarisierung mit der Hauptstadt. Die eigene Anstrengung im Sinne des frühen Sarrazin wäre doch die Voraussetzung dafür, auf Bund und Länder zuzugehen und auf weitere Unterstützung zu drängen. Ist es wirklich klug gewesen, in Ihren Äußerungen nach dem Urteil von Karlsruhe, vor dem Gespräch mit der Bundeskanzlerin und auch jetzt in der Koalitionsvereinbarung dem Bund die Staatsoper, das Stadtschloss, die Kanzlerlinie und – so hat es Herr Sarrazin jedenfalls getan – sogar die Humboldt-Universität vor die Füße zu werfen, nach dem Motto: Entweder übernehmt das, oder diese Projekte sterben?
War es wirklich zu erwarten, dass Frau Merkel, die Kanzlerin, einem solchen Druck nachgibt? Was hätte sie damit für Signale in andere Bundesländer gegeben? So ist Herr Wowereit abgewatscht worden, übrigens nicht von Frau Merkel, sondern zuvor von dem der SPD angehörenden stellvertretenden Regierungssprecher. Der Vorhang sei gefallen, so Herr Steg.
Was ist davon zu halten, wenn Sie sagen, Berlin sei einmal wieder alleingelassen worden? Bund und Länder empfinden das angesichts der fast 6 Milliarden €, die Sie für Berlin aufbringen, als reinen Hohn.
Natürlich ist wahr, dass die Einsicht in die historischen Sonderprobleme Berlins außerhalb unserer Stadt nicht verbreitet ist. Vieles, was in letzter Zeit über Berlin gesagt wurde – da stimmen wir überein –, ist selbstgerecht und kenntnisarm. Aber wenn das so ist, dann muss man auf die anderen zugehen, Vorurteile abbauen, sie überzeugen und nicht wie ein Trotzkopf reagieren, Herr Regierender Bürgermeister.
[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei den Grünen und der FDP – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]
Christian Wulff hat auf die Einladung der Stiftung Zukunft vor zwei Wochen in Berlin eine bemerkenswerte Rede gehalten.