Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.
Zum Antrag mit der Drucksachennummer 16/1517 wird die Überweisung an den Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz sowie an den Hauptausschuss vorgeschlagen. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann wird so verfahren.
Kein neues Steinkohlekraftwerk in Berlin – Energieversorgung klima- und wettbewerbsfreundlich gestalten
Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der Grünen. Das Wort hat der Kollege Schäfer. – Bitte!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Nachdem die Koalition 15 Monate lang verhindert hat, dass sich das Parlament gegen das Steinkohlekraftwerk positioniert; nachdem wir im Februar 2007 den einmaligen Vorgang erlebt haben, dass der SPD-Fraktionsvorsitzende einen CDU-Fraktionsvorsitzenden für dessen Klimaschutzengagement kritisiert, weil er sich gegen Klingenberg ausgesprochen hat; nachdem sich die Umweltpolitiker der Fraktionen auf einen gemeinsamen Antrag gegen das Kohlekraftwerk geeinigt, die Koalition dann jedoch einen Rückzieher gemacht hat, legen Sie uns heute, eine Minute vor Sitzungsbeginn einen Dringlichen Antrag zum Steinkohlekraftwerk vor. Weshalb man den nicht vor einem oder vor zehn Monaten hat einbringen können, bleibt Ihr Geheimnis.
Aber wir wollten Sie heute mit unserem Antrag gegen das Steinkohlekraftwerk zu einer Positionierung zwingen.
Wenn ich mir jedoch den Antrag ansehe, den Rot-Rot vorgelegt hat, muss ich feststellen: Das ist uns nicht gelungen. Wenn man die beiden Anträge vergleicht, so stellt man fest: Schon allein die Überschriften sprechen Bände. Unsere Überschrift lautet „Kein neues Steinkohlekraftwerk in Berlin – Energieversorgung klima- und wettbewerbsfreundlich gestalten“. Bei Ihnen fehlt der erste Teil, bei Ihnen heißt es nur „Energieversorgung Berlins klima-
und wettbewerbsfreundlich gestalten“. Die Aussage „Kein neues Steinkohlekraftwerk in Berlin“ fehlt bei Ihnen.
[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP Michael Müller (SPD): Unmöglich!]
Selbst der Antrag, den alle fünf Fraktionen eigentlich gemeinsam fertiggestellt hatten, begann mit dem Satz: „Das Abgeordnetenhaus spricht sich gegen den Neubau eines Steinkohlekraftwerks als Ersatz für das Kraftwerk Klingenberg aus.“ – Dieser Satz ist in Ihrem Antrag nicht enthalten, er wurde mehrmals mit viel Weichspüler gewaschen und es ist nichts mehr von einer klaren Positionierung erkennbar.
Weshalb ist nichts erkennbar? – Herr Müller erklärt es uns heute im „Tagesspiegel“: Ein Kohlekraftwerk dieser Größenordnung kommt für ihn nicht in Frage. Die Größenordnung ist für Sie entscheidend. Für uns kommt überhaupt kein neues Kohlekraftwerk in Berlin in Frage, Herr Müller!
Ihr Antrag lässt explizit die Möglichkeit offen, dass ein kleineres Kohlekraftwerk in Berlin gebaut werden kann. Immerhin steht es nicht konkret darin. Man könnte sagen, da hat sich Herr Buchholz durchgesetzt. Wahrscheinlicher ist aber, dass Herr Müller nicht den Mumm hat, seine Meinung auch in den Antrag zu schreiben.
Zweieinhalb Jahre haben Sie herumgeeiert, das Thema Kohlekraftwerk ausgesessen. Dieser Antrag bezieht wieder nicht Stellung. Er ist das in Worte gegossene Herumgeeiere der letzten zweieinhalb Jahre.
Angesichts des steigenden Meeresspiegels ist klar: Wer wie Rot-Rot das Thema Klimaschutz aussitzen will, bekommt höchstens einen nassen Hintern. Die Bundesregierung will sich in den Weltklimaverhandlungen verpflichten, innerhalb von acht Jahren – 2012 bis 2020 – 19 Prozent der CO2-Immission einzusparen. Wir wollen, dass Berlin das auch macht. Eines ist klar: Diese Herausforderung ist nicht zu schaffen, wenn hier neue Kohlekraftwerke gebaut werden, egal, ob sie 800 oder 400 Megawatt haben.
Mindestens solange die CO2-Abscheidung und -lagerung nicht technisch machbar und ökologisch tragbar ist, gilt: Wer den Klimaschutz ernst nimmt, muss ein neues Kohlekraftwerk in Berlin verhindern. Nur so können wir unsere Klimaschutzverpflichtungen erfüllen.
[Beifall bei den Grünen – Michael Müller (SPD): Geben Sie doch mal eine Antwort! Sagen Sie nicht immer nur, was nicht geht, sondern was Sie wollen!]
Mit dem Antrag, den Sie hier formulieren, treiben Sie Vattenfall kein Stück. Sie selbst dokumentieren damit, dass Sie Getriebene der Opposition in Fragen des Klimaschutzes sind. Mehr bringt dieser Antrag nicht.
Herr Müller fragt immer nach den Alternativen zu dem Kraftwerk. In Ihrem Antrag finde ich sie nicht. In unserem Antrag sind die Alternativen klar umrissen:
Energieeinsparungen, erneuerbare Energien, kleinere Gaskraftwerke im Wettbewerb zueinander. Das ist bei Ihnen nicht enthalten!
Die zweite Frage: Wenn Sie nach den Alternativen fragen und auf uns zeigen, dann zeigen vier Finger zurück, Herr Müller. Denn wir haben die Alternativen konkret vorgelegt, etwa das Klimainvestitionsprogramm. Was haben Sie gemacht? – Sie haben es abgelehnt! Haben Sie eigenen Vorstellungen? – Die haben Sie nicht! Das Einzige, was uns Herr Sarrazin heute gesagt hat, ist, dass wir die KfW-Mittel in Berlin zur Umschuldung nutzen werden. Er hat klar gesagt, es wird keine einzige neue energetische Sanierung durch diese KfW-Mittel geben. Damit stellen Sie den Sinn dieser Mittel auf den Kopf.
Meine Damen und Herren von der Koalition! Sie haben den Mund in Sachen Kohlekraftwerk in den letzten Monaten weit aufgemacht. Heute zeigt Ihr Antrag: Zubeißen können Sie nicht!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal zum Sachlichen, Herr Schäfer! Es ist heute wohl in allen Fraktionen dieses Parlamentes unbestritten: Es gibt einen Klimawandel. Wer das Gegenteil behauptet, leugnet wissenschaftliche Tatsachen.
Es ist vielleicht gar nicht verkehrt, am Anfang echte Fakten zu nennen. Sie wissen sehr genau, dass sich das Berliner Landesparlament mit dem Antragspaket, das wir hier eingebracht haben, auch mit dem, was wir im nationalen Vergleich bringen – wir haben darüber schon mehr als einmal gesprochen –, nicht zu verstecken braucht.