Protokoll der Sitzung vom 12.06.2008

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Lindner?

Ich fange ja gerade erst an, aber Herr Lindner, wenn Sie denn unbedingt wollen – bitte schön!

Herr Buchholz! Sie sagten, der Klimawandel sei anerkannt. Kennen Sie denn irgendeine Epoche in der Geschichte der letzten vier Milliarden Jahre dieser Erde, in der es keinen Klimawandel gegeben hat?

[Unruhe]

Herr Kollege Buchholz – bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Lindner! Ich bin für diese Zwischenfrage äußerst dankbar, denn sie entlarvt auf ein Neues die Berliner FDP.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Herr Schmidt! Sie müssten sich schämen, dass Ihr Fraktionsvorsitzender solche Zwischenfragen im Berliner Abgeordnetenhaus stellt. Da klatschen sogar die Grünen – nichts ist mit Jamaika! Sie schaffen es, einen gemeinsamen Antrag mit wenigen Zeilen aufzuschreiben, aber Herr Schäfer schafft es nicht einmal, bei Anträgen der Koalition mehr zu lesen als nur deren Überschrift. Das überfordert ihn offensichtlich intellektuell bereits, denn er hat den Rest, der in unserem Antrag steht, gar nicht wahrgenommen. – Das ist sehr schade. Herr Schäfer, Sie hätten dabei etwas lernen können!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Wir waren beim Klimawandel, der aktives Handeln einfordert: Berlin steht im Vergleich zu anderen Bundesländern erst einmal grundsätzlich und objektiv gut dar. Das wissen Sie genauso gut wie wir. Trotzdem bleibt es dabei: Wir müssen mehr tun. Wir müssen aktiv handeln, gerade auch als Bundeshauptstadt vorbildlich vorangehen. Es gibt die Planung – bisher nur inoffiziell geäußerte Planung – von Vattenfall für das neue Kraftwerk in Klin

genberg mit 800 Megawatt Leistung Strom, 650 Megawatt Leistung Wärme.

Jetzt kommt ein Satz, den Sie sich, Herr Schäfer, noch einmal mitschreiben können, auch alle anderen, die es immer noch nicht glauben: Diese Koalition und auch die SPD-Fraktion sagt ganz klar der Firma Vattenfall: Diese vorgelegten Planungen teilen wir nicht, wollen wir nicht. Wir sagen: So nicht! Wir wollen eine angepasste Planung hinsichtlich der Größe des Kraftwerkes – wenn es denn überhaupt nötig ist – und des Brennstoffes Kohle. Das sind ganz klare deutsche Sätze. Die wollen Sie vielleicht nicht hören, aber sie sind eindeutig.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Erstaunlicherweise kann man das inzwischen auch in allen Zeitungen, Berliner Tageszeitungen lesen. Auch hier: Lesen bildet, Herr Schäfer! Offensichtlich ist überall in der Öffentlichkeit bereits die Nachricht angekommen: Jawohl, es gibt hier bei allen Fraktionen des Berliner Abgeordnetenhauses eine klare Haltung dazu!

Herr Kollege! Herr Schäfer möchte eine Zwischenfrage stellen!

Herr Schäfer! Bitte schön!

Herr Buchholz! Können Sie mir erklären, warum in Ihrem Antrag der Satz, den Sie selbst einmal geschrieben haben,

Das Abgeordnetenhaus spricht sich gegen den Neubau eines Steinkohlekraftwerks als Ersatz für das Kraftwerk Klingenberg aus.

nicht steht?

Bitte schön, Herr Buchholz!

Das mache ich sehr gern! Wenn Sie bitte noch einmal unseren Antragstext zur Hand nehmen. Ich muss ihn leider vorlesen und die anderen damit belästigen, da Herr Schäfer das allein nicht schafft. Der erste Satz lautet:

Die Pläne von Vattenfall Europe zum Ersatz bzw. Neubau des Kraftwerkes Klingenberg im Bezirk Lichtenberg widersprechen in der bisher bekannten Form den energie- und klimaschutzpolitischen Zielen Berlins.

[Michael Schäfer (Grüne): Ja, in der bisher bekannten Form!]

Sie sind daher bezogen auf die Größe der Anlage und dem geplanten Brennstoff Kohle unter dem

Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit grundlegend zu überarbeiten.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ganz eindeutig, ganz klar! Alle verstehen es, leider Herr Schäfer nicht. Es tut mir leid, wir haben diesmal keine Rechnung aufgenommen: CO2-Äquivalente gegen Elefantengröße. Hierfür hat der Platz diesmal nicht gereicht. Das machen wir beim nächsten Mal wieder, Herr Schäfer!

[Unruhe bei den Grünen]

Vielleicht ist es dann einleuchtender und klarer, auch für die Grünenfraktion. Es ist schade, dass Sie nicht anerkennen können, dass es Diskussionsprozesse gibt. Daran ist übrigens mal der eine, mal der andere beteiligt. Es gibt auch Antragsentwürfe, die in der Koalition mal länger herumliegen. Daran ist nicht immer nur die SPD-Fraktion schuld. Es ist schade, dass Sie nicht sehen, dass wir dies parlamentarisch beraten.

Sie wissen ganz genau, dass wir hier einen großen Konsens haben, tun aber so, als gäbe es überhaupt keinen Konsens im Parlament. Ich persönlich bedauere das sehr.

Herr Kollege! Sie sind sehr gefragt. Herr Kollege Ratzmann möchte eine Zwischenfrage stellen!

Bitte, Herr Ratzmann! Heute darf jeder!

Danke schön, dass selbst ich Ihnen eine Zwischenfrage stellen darf! Nun bitte ganz klar: Sind Sie mit uns gegen den Bau eines Kohlekraftwerkes in Berlin?

Die Frage ist doch drei Mal klar beantwortet. Das, was Vattenfall bisher an Plänen vorgelegt hat, wollen wir nicht.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Herr Ratzmann! Sie können Ihre Frage noch fünf Mal vortragen. Ich denke, weitere Fragen sollte ich nicht mehr zulassen, denn es wird dadurch nicht klarer, sondern immer komplizierter bei Ihnen.

Was bisher vorgelegt wurde, hat keine Mehrheit im Parlament, nicht einmal ansatzweise. Ich sage Ihnen noch eines zum Abschluss: Die Firma Vattenfall empfängt die politischen Signale aus diesem Parlament sehr wohl. Wenn Sie sich darum bemühen würden, mit diesem großen Unternehmen zu sprechen, dass wir es gemeinsam schaffen müssen, erstens vernünftige klimaschutzpolitische Richtlinien einzuhalten und zweitens wettbewerbsrechtlich und energietechnisch eine optimale Lösung zu finden, das heißt: mehr Energie sparen, mehr erneuerbare Energien, wo immer es geht, dann sind wir

Energien, wo immer es geht, dann sind wir auf dem richtigen Weg. Das lernt auch die Firma Vattenfall jeden Tag mehr, weil wir uns klar positionieren. Es wäre schön, wenn Sie bei diesem Schritt, bei diesem großen Vorhaben endlich dabei sein könnten. Das gilt für alle drei Oppositionsfraktionen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Kollege Wilke.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Der Antrag der drei Oppositionsparteien wurde notwendig, nachdem Rot-Rot ein gemeinsames Vorgehen – Kollege Schäfer hat es noch einmal betont – aller Fraktionen abgelehnt hat. Insbesondere die Sozialdemokratie im Haus verweigerte sich diesem Thema. Da ist es schon sehr dreist, Herr Kollege Buchholz, wenn Sie sich in der „Berliner Morgenpost“ vom 4. Juni so äußern, dass es die Linksfraktion gewesen sei, die sich innerhalb der Koalition bislang nicht eindeutig positioniert habe. Denen, Herr Kollege, kann man alles Mögliche vorwerfen, aber was recht ist, muss in diesem Haus auch recht bleiben. Es war die SPD, die sich nicht eindeutig, sondern die sich gar nicht positionieren konnte.

[Martina Michels (Linksfraktion): Das stimmt!]

Aber diejenigen, die schon vor dem Jahr 2001 in meiner Fraktion saßen, können ein Lied davon singen, wie die SPD, meine Damen und Herren von der Linksfraktion, mit ihrem jeweiligen Koalitionspartner zuweilen umgeht.

[Beifall bei der CDU – Och! von der SPD]

Seit geraumer Zeit strauchelt Senatorin Lompscher ohne politische Rückendeckung mit dem Thema, weil sie sie weder vom Regierenden Bürgermeister, der seine Richtlinienkompetenz vollkommen vernachlässigt, noch durch die eigene Koalition erfährt. Es ist nun nicht die Aufgabe der Opposition, einer schwachen Senatorin Rückendeckung zu geben, es ist aber wichtig, dass bei einer derartigen Regierungslethargie, einer derartigen Regierungsschwäche, zumindest das Parlament Stärke in der politischen Debatte zeigt und die Position des Landes Berlin zu diesem Thema definiert. Deswegen handeln die drei Oppositionsparteien an dieser Stelle so energisch.

[Daniel Buchholz (SPD): Und die FDP mit Atomstrom! – Zurufe von der SPD]

Der Antrag ist durch gemeinsame Schnittmengen der drei Oppositionsparteien gekennzeichnet, in denen wir unsere Ablehnung zum geplanten Steinkohlekraftwerk verdeutlichen. Dabei sind Gewichtungen, Inhalte und Interessen sicher unterschiedlich ausgeprägt. Dennoch steht im Ergebnis nicht der kleinste gemeinsame Nenner wie so oft bei Rot-Rot und wie der vorliegende Koalitionsantrag

zeigt, sondern ein weitreichender Antrag, der verantwortungsvoll mit dem Thema umgeht.

Die drei Oppositionsparteien haben das gemeinsame Ziel,

[Uwe Doering (Linksfraktion): Was sagt Steffel dazu?]

die Energieversorgung Berlins klima- und wettbewerbsfreundlich zu gestalten. Die Verwirklichung dieses Ziels hat die Ablehnung des geplanten Steinkohlekraftwerksbau zur Konsequenz.