Protokoll der Sitzung vom 26.06.2008

Dann noch einmal zum Erbe von Herrn Diepgen: Das Erbe haben wir aus gutem Grunde ausgeschlagen. Das Erbe von Herrn Diepgen hätte nämlich im Klartext bedeutet: Das Ding wäre längst verscherbelt – mit einer staatlichen Garantie für Superrendite. Da hätten Sie auch gar nicht mehr mitreden können, ob das Modul XY heute, morgen oder übermorgen gebaut wird. Das wäre dann die alleinige Entscheidung des privaten Eigentümers gewesen – einschließlich der Entscheidung über die Verfahren, wie gebaut wird etc. Das Land Berlin und die anderen Gesellschafter hätten die Garantien zu erbringen, zu zahlen und immer wieder zu zahlen. Das wäre das Erbe von Eberhard Diepgen gewesen. Gott sei Dank haben wir es ausgeschlagen!

Was ist der eigentliche Grund, weswegen Sie ein solches Brimborium veranstalten? – Sie können es einfach nicht ertragen, dass dieser rot-rote Senat und der Regierende Bürgermeister Wowereit als Aufsichtsratsvorsitzender dieses Projekt erst einmal auf die Füße gestellt und dann auch noch – ich bleibe bei Ihrem Bild – auf die richtige Schiene gestellt haben.

[Oh! von der CDU]

Dass es dann auch noch läuft, und zwar ohne Skandale, das können Sie einfach nicht verknusen. Deswegen denken Sie sich Skandale aus und belästigen uns mit solchen Debatten.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP]

Herr Pflüger! Dann stehen Sie hier wie Pittiplatsch der Kluge und rufen: Mannomannomann, ich habe aber eine Frage! – Sie haben aber nicht ein einziges Aufklärungsbedürfnis, denn alle Fragen – Herr Gaebler sagte es schon – sind schon x-mal gestellt und genauso oft beantwortet worden. Sie wollen diese Antworten gar nicht hören, weil Sie an Ihren selbstgemachten Prophezeiungen und an Ihrer Angstmache festhalten. Das stellen Sie in den öffentlichen Raum. Damit verunsichern Sie Investoren, Interessenten und übrigens auch Banken, mit denen man gerade in Verhandlungen steht.

[Zurufe von der CDU]

Sie signalisieren damit eine Unsicherheit bei diesem Projekt, die es in Wirklichkeit nicht gibt und auch nicht geben sollte. Das ist ein Schädigen des Projekts BBI, und das betreiben Sie.

Nun wollen wir doch einmal die einzelnen Vorwürfe durchgehen!

[Ah! bei der CDU]

Der erste Vorwurf: Sie behaupten, die Kapazität von BBI sei zu gering.

[Michael Dietmann (CDU): Das war eine Frage!]

Die ursprüngliche Planung von Herrn Diepgen sah vor, dass es 2015 30 Millionen Passagiere pro Jahr und dann irgendwann einmal 60 Millionen Passagiere geben solle. Das ist für Sie der Maßstab. Dass BBI bei der Eröffnung im Jahr 2011 25 Millionen Passagieren haben wird – mit einer planfestgestellten Erweiterungsoption für 45 Millionen Passagiere pro Jahr –, ignorieren Sie. Diese Kapazität reicht völlig aus, und zwar auf Jahrzehnte hinaus, selbst wenn sich der Luftverkehr weiter rasant entwickelt. Herr Otto hat allerdings recht: Diese rasanten Steigerungsraten wird es in Zukunft ohnehin nicht mehr geben.

[Andreas Gram (CDU): Sie reden den Raum leer!]

Die dort hergestellte Kapazität wird eine ausreichende und bedarfsgerechte sein.

Vorwurf Nr. 2, den Sie ständig in den Raum stellen, lautet, die Kapazität der Berliner Flughäfen würde während der Bauphase nicht ausreichen. Das ist ebenfalls Unsinn, denn Schönefeld hat – obwohl es bis Dezember letzten Jahres zwei Start- und Landebahnen hatte – nur eine betrieben. Die Start- und Landebahn Nord stand nur noch für den Fall einer Havarie zur Verfügung. An der Anzahl der Start- und Landebahnen während der Bauphase ändert sich also faktisch gar nicht so viel.

Der größere Unsinn, den Sie erzählen, ist allerdings, dass die Anpassungen in Tegel nicht nötig seien, weil man das alles in Tempelhof machen könne. Deshalb sage ich Ihnen: Wir freuen uns sehr, dass es ab September eine Direktverbindung nach China geben wird. Nun wollen Sie mir aber allen Ernstes erzählen, dass der Airbus 330 aus China dann in Tempelhof landen soll. Das ist doch wohl Unsinn.

[Gelächter bei der Linksfraktion und der SPD – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Von Bruchlandungen versteht er etwas!]

Dann kommen die Sicherheitsauflagen hinzu. Deswegen wird in Tegel angepasst. Und es kommt hinzu, dass in Tegel Umsteigeverkehr stattfinden wird. Tegel ist ein Flughafen, der nicht für Umsteigeverkehre gebaut worden ist. Man muss dort selbstverständlich bauliche Kapazitäten anbieten, damit die Fluggäste, die dort ankommen und umsteigen, nicht erst auschecken und dann wieder einchecken müssen.

[Andreas Gram (CDU): Und dann wieder auschecken!]

Das wäre doch Unsinn. Also benötigt man entsprechende bauliche Kapazitäten, die einen Umsteigeverkehr überhaupt erst ermöglichen. Das ist gut für Tegel, gut für den Flugverkehr in Berlin und gut für Berlin, aber schlecht für Ihre Argumentation.

[Beifall bei der Linksfraktion – Oh! von der CDU]

Dann haben Sie sich noch etwas ganz Feines ausgedacht: Ihre Frage 9 – Schönefeld würde im Notfall zusammenbrechen, wenn dort irgendetwas passiert! Ich habe mich gewundert, dass Sie nicht an einen Tornado gedacht haben.

[Andreas Gram (CDU): Meinen Sie das Kampfflugzeug?]

Sie haben in Ihrer Rede dann auf den schlechten Beton Bezug genommen. Es ist wirklich witzig, was Sie an Argumenten herbeiziehen. Aber Sie möchten in Ihrer schriftlich vorgelegten Großen Anfrage, dass diese Betriebsanweisung NOT auch noch veröffentlicht wird. Ich sehe jetzt einmal zum Innensenator hinüber.

[Kurt Wansner (CDU): Ihr bester Freund!]

Diese Betriebsanweisung ist aus gutem Grund nicht zur Veröffentlichung vorgesehen. Fragen Sie bitte einmal bei Herrn Schäuble nach, der sonst in jedem Wohnzimmer auf der Suche nach möglichen Terroristen herumspioniert, was er dazu sagen würde, wenn eine solche Katastrophennotfallregelung an Flughäfen, die seit dem 11. September, wie Sie wissen, eine besonderes Ziel von Terrorismusaktivitäten darstellen, veröffentlicht würde! Fragen Sie Herrn Schäuble, ich bin auf seine Antwort gespannt!

[Zurufe von der CDU]

Ich kann sie Ihnen allerdings auch sagen: Die Notfallregelungen sind klar. Sie sind für alle, die es betrifft, klar.

Sie haben auch gar nicht mitbekommen, dass es auch immer wieder einmal verschiedene Havarieübungen in Schönefeld gibt, die aus gutem Grund nicht immer in der Zeitung vorher angekündigt werden. Sie wollen das aber veröffentlichen und meinen, wenn das veröffentlicht wäre, wäre Ihr Aufklärungsbedürfnis bedient. So ein Unsinn!

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Zur Finanzierung hat Herr Wowereit schon einiges gesagt, und deshalb möchte ich mich sehr kurz halten:

[Beifall von Dr. Manuel Heide (CDU) – Zurufe von der CDU: Danke!]

Alle notwendigen Beschlüsse, die zur Finanzierung zu treffen waren, sind in Transparenz und Offenheit im Abgeordnetenhaus gefällt worden – einschließlich der Erblastbeseitigung Baufeld Ost und einschließlich der Informationen über die Grundstruktur der Brückenfinanzierung, auch der Haushaltsaufstellung, der Anteile der Gesellschafter etc. Die Brückenfinanzierung steht, und alles Weitere wird verhandelt.

Ich komme noch einmal darauf zurück: Wenn Verhandlungen mit Banken geführt werden, geht es auch um hochsensible Daten, wie dieses Projekt zu realisieren ist und welche Risiken einzuplanen und einzupreisen sind.

Nun kommen wir wieder zu Ihnen. Sie belasten die Verhandlungen mit den Banken in einem sehr schwierigen Finanzierungsumfeld. Sie schädigen das Projekt.

Nun komme ich zum letzten Vorwurf, die Ausschreibung sei in den Sand gesetzt. Dabei halte ich mich ganz kurz. Ich sehe, dass das Licht schon blinkt. An diesem Projekt sind bislang 29 Ausschreibungen erfolgreich, ordentlich, solide, vergeben und abgewickelt worden mit einem Auftragsvolumen von über einer Milliarde €. Es sind nicht eine, zwei, drei oder sieben Ausschreibungen gewesen. Das muss man anerkennen. Stattdessen wird immer behauptet, Ausschreibungen seien in den Sand gesetzt worden. Das ist nicht richtig. Es gab 29 Vergaben ohne Skandale, ohne rechtliche Auseinandersetzungen, ohne Vergaberechtsstreit. Das muss erst einmal nachgemacht werden. Ich zolle Respekt vor den Leistungen der FBS-Leute, die das bewerkstelligt haben.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Weitere neun Ausschreibungen sind im Gange. Das läuft im Zeit- und Finanzierungsplan. Das ist eine zu unterstreichende Leistung. Es ist im Kosten- und Finanzierungsplan. Das Projekt befindet sich im Zeitplan. Nächste Woche wird der Rohbau des unterirdischen Bahnhofs, Herr Pflüger, nicht unterirdischer Flughafen, übergeben werden. Der Terminal wird gebaut. Es passiert sehr viel und erfolgreich. Diesen Weg gehen wir weiter.

Würden Sie bitte zum Schluss kommen, Frau Kollegin?

[Beifall bei der CDU und der FDP – Unruhe]

Herr Pflüger, ich gebe Ihnen einen Hinweis mit. Hören Sie auf, das Projekt schlecht zu reden! Hören Sie auf, weiter Unsicherheit zu verbreiten! Damit schädigen Sie das Projekt und sich selbst. Das bekommen Sie jedoch selbst schon gar nicht mehr mit.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Danke schön, Frau Kollegin Matuschek! – Jetzt hat für die Fraktion der FDP der Kollege von Lüdeke das Wort. – Darf ich, bevor Herr von Lüdeke spricht, einmal darum bitten, dass diejenigen, die unruhig sind, vorübergehend den Saal verlassen, um sich zu beruhigen. Alle anderen bitte ich, den Rednern zuzuhören. – Bitte, Herr von Lüdeke, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Auch für die FDP möchte ich an dieser Stelle noch einmal das Bekenntnis zu BBI abgeben. Ich muss es ausdrücklich wiederholen. Wir brauchen die Belehrung von Frau Matuschek nicht. Wir haben immer zu BBI gestanden und tun es auch weiterhin.

[Beifall bei der FDP– Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Die Große Anfrage der CDU zur Flughafenpolitik des Senats, ob die Politik am Bedarf vorbeigeht, ist nicht so ganz unberechtigt. Das haben wir hier im Lauf der Zeit gemerkt. Wir haben die Frage in der Vergangenheit auch schon häufiger gestellt. Wir werden sie auch in Zukunft noch häufiger stellen müssen. Die Angelegenheit ist noch nicht abgeschlossen.

Nun rüste ich an dieser Stelle ein wenig ab. Wir sind auch alle in Eile. Ich habe hier eine ganze Menge Polemik auf dem Zettel, verkneife sie mir jedoch. Allerdings muss ich auch sagen, dass ihr Vortrag mehr der von Schnatterinchen war, wenn Frau Matuschek Herrn Pflüger als Pittiplatsch bezeichnet.

[Beifall und Heiterkeit bei der FDP und der CDU]

Er hat sehr gereizt, die Polemik, die ich vorher aus meinem Vortrag herausgestrichen habe, doch wieder zu aktivieren. Damit sei es getan. Auch wir akzeptieren natürlich den Volksentscheid zum Flughafen Tempelhof. An der Stelle muss ich das noch einmal betonen. Wir akzeptieren das Ergebnis ohne Einschränkungen, wenngleich wir es bedauern, dass 530 000 Bürger für Tempelhof votiert haben und damit das Quorum nicht erreicht wurde. Als FDP-Fraktion sind wir guter Hoffnung, dass sich die Leute lange an diese Entscheidung erinnern werden. Wir werden dafür sorgen, dass bei der nächsten Wahl das in

Erinnerung bleibt. Soviel möchte ich jetzt hier zum Flughafen Tempelhof bemerken.