Protokoll der Sitzung vom 10.07.2008

Wir haben schon eine Menge Zahlen gehört. Ich will nicht noch eine vierte Interpretation hinzufügen. Aber zu dieser positiven Entwicklung tragen auch die positiven Rahmenbedingungen bei, die Rot-Rot geschaffen hat und weiter schafft.

[Beifall bei der Linksfraktion – Özcan Mutlu (Grüne): Wer’s glaubt, wird selig!]

Auch wenn es Ihnen nicht gefällt! – Zu den Rahmenbedingungen gehört insbesondere die Ausrichtung der Förderpolitik auf die sehr unterschiedlichen Bedarfe bei den Kreativen und Kulturschaffenden: an Räumen, Finanzierung, Coaching und Kontakten.

Liebe Bündnisgrüne! Liebe Frau Paus! Lassen Sie es sich noch einmal sagen, was wir schon in den Ausschussberatungen gesagt haben: Was Sie in Ihren Anträgen fordern,

ist bereits gängige Praxis, was nicht heißt, dass nicht alles noch viel schöner, besser und mehr werden kann. Wir brauchen aber keine neuen Aktionsprogramme. Wir wollen auch keinen Systemwechsel in der Finanzierung der Kreativwirtschaft durch einen von Kreativen selbst verwalteten Fonds, wie Sie ihn hier vorschlagen, der dann noch auf Kosten der bestehenden und der angenommenen Programme aufgelegt werden soll. Ihre Anträge lehnen wir heute wie schon in den Ausschüssen ab.

Die Kreativen, über die wir hier reden, sind bei Film, Funk, Fernsehen, bei Verlagen, Musik und Entertainment tätig, in der Werbung, in der Mode, im Design, in der Architektur, bei Multimedia, Games, Software, in der Kunst und Kultur. Diese heterogene Branche ist angewiesen auf eine Vielzahl von Förderangeboten. Genau deshalb setzt die Wirtschaftsförderung auf die Unterstützung von Netzwerken, von Verkaufsplattformen oder z. B. bei der Außendarstellung. Sie setzt auf ganz verschiedene Förderelemente wie z. B. Darlehensprogramme, Bürgschafts- und Garantieprogramme, Beteiligungsfinanzierung, GAInvestitionszuschüsse, Technologie und Innovationsförderprogramme und arbeitsmarktpolitische Programme.

Zu den neuen Programmen gehört der Venture-CapitalFonds Kreativwirtschaft. Aus diesem Fonds können kleine und mittelständische Unternehmen durch die Bereitstellung von Beteiligungskapital unterstützt werden z. B. bei der Finanzierung von Wachstumsschüben oder der Vorfinanzierung von Aufgaben für die Erfüllung von Aufträgen. Bis Ende Februar 2008 waren bereits 70 Anfragen aus sechs Branchen eingegangen.

Auch bei den Mikrokrediten hat es neue Entwicklungen gegeben. Das Mikrokreditprogramm der IBB wurde auf den Kreativbereich erweitert. Es können nun auch kurzfristige Kredite bis 10 000 € – unbürokratisch, wie die IBB sagt und will – mit kurzer Laufzeit und ohne Sicherheiten aufgenommen werden.

Junge, kreative Unternehmen brauchen insbesondere Beratung und Coaching. Dieses Coachingangebot wird von der Investitionsbank geleistet. Die IBB ist auch eine Leitstelle, die die Anfragen nach Coachingsangeboten an die richtigen Stellen weiterleiten.

In Bezug auf die Erfassung und den Erhalt von Räumen für Kultur- und kreativ Arbeitende ist der Senat ebenfalls aktiv. Seit Januar werden die Liegenschaften aufgelistet und nach Nutzungsarten differenziert. Zum Beispiel geht es in den Quartiers- und Stadtteilmanagementgebieten des Programms „Soziale Stadt“ auch um den Erhalt bestehender kultureller Angebote.

Seitdem im Jahr 2004 die Kulturwirtschaftsinitiative ins Leben gerufen worden ist, die die Kultur als Wirtschaftsfaktor und die Kooperation von Wirtschaft und öffentlich geförderter Kultur zum gegenseitigen Vorteil stärken soll, sind eine Fülle von Aktivitäten und Netzwerken in Branchen und Teilmärkten entstanden. Seit 2005 werden in

Abstimmung mit der IHK und der Senatskanzlei jährlich Maßnahmepläne für die einzelnen Branchen der Kreativwirtschaft auf der Basis der Handlungsfelder der Kulturwirtschaftsinitiative erarbeitet. Das touristische Kulturmarketing mit der Ausrichtung auf das Incoming ist ausgebaut worden, kreative Metropole ist eines der vier Themenfelder, die das BerlinBoard aufgreifen will, um Berlin als internationales Zentrum für Kreative aus allen Bereichen zu etablieren.

Der erste Berliner Kulturwirtschaftsbericht hat 2005 erstmals aufgezeigt, wie die Berliner Kulturwirtschaft geprägt ist und hat Stärken und Schwächen der räumlichen, finanziellen, personellen und Vernetzungs- sowie Förderungsbedarfe in den einzelnen Branchen und Teilmärkten dargestellt. Der zweite Bericht wird im Herbst folgen. Wir werden dann erfahren, welche Entwicklungen sich vollzogen haben, welche neuen Anforderungen es in den verschiedenen Bereichen und Teilbranchen gibt. Dazu gehört dann sicher auch die genaue Bewertung der Kulturberufe, denn sie sind Vorreiter bei den flexiblen Erwerbsformen.

Bitte kommen Sie jetzt zum Schluss!

Ich komme zum Schluss. – Auf die flexiblen Erwerbsformen sind die Sozialsicherungssysteme überhaupt nicht eingestellt. Hier ist besonders viel zu tun. Das wird RotRot besonders intensiv angehen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Thiel das Wort – bitte!

[Uwe Doering (Linksfraktion): So, jetzt wird es kreativ!]

Hoffen wir es! – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin meinen Vorrednern und Vorrednerinnen sehr dankbar, dass sie nicht einzeln zu den Anträgen Stellung genommen haben. Auch ich werde Sie damit nicht behelligen. Ich möchte auf etwas anderes hinweisen. Ich habe mir die Anträge für diese wichtige Diskussion bewusst in Form einer Synopse aufbereitet, um zu schauen, welche Handschrift alle fünf Anträge tragen. Ich habe drei Punkte festgestellt, die ihre Position mitbestimmen.

Erstens arbeiten Sie bei allen Anträgen mit einer nicht klar definierten Zielgruppe. Sie ist eher diffus. Sie sprechen von einem Aktionsprogramm für die Berliner Kreativwirtschaft, ohne zu sagen, was die Kreativwirtschaft ist. Ich bin dem Kollegen Jahnke sehr dankbar, dass er die

Interpretationen des Senats darüber vorgelesen hat, was er zur Kreativwirtschaft zählt. Dies wird sich unter Umständen verändern und erweitern können, je nachdem, was sich noch für Berufsfelder entwickeln. Aber Sie unterziehen sich nicht einmal der Mühe zu erklären, wer genau die Zielgruppe ist.

[Zuruf von Elisabeth Paus (Grüne)]

Sie versprechen darüber hinaus dieser diffusen Zielgruppe Privilegien. In zwei Anträgen soll sie Staatsknete bekommen – Sie nennen das Fondsförderung –, bei drei Anträgen soll sie Räumlichkeiten erhalten. Nebenbei erfinden Sie drittens – das ist typisch für grüne Anträge – für ihre Klientel Jobs, indem Sie verlangen, dass Beratung und Coaching erfolgt. Ich mache das gleich anhand Ihrer Anträge deutlich, es müssen nicht immer alle drei Punkte gleichzeitig erfüllt sein. Insgesamt erkennt man sehr schön, dass der Antrag eine grüne Handschrift trägt, alles andere als marktwirtschaftlich ist, geschweige denn eine liberale Handschrift hat.

[Beifall bei der FDP]

Sie haben zu Recht gefragt, Kollegin Paus, weshalb diese Anträge so einstimmig durchgereicht und abgelehnt worden sind. Ich glaube, auch die anderen Fraktionen haben ihre Gründe, dieser Art von Antragsgestaltung nicht beitreten zu wollen.

Ich gehe die Anträge jetzt doch im Einzelnen durch. Weil Sie Ihre Zielgruppe nicht klar definieren, fordern Sie im ersten Antrag – Stichwort: Förderung – einen Expertinnenpool. Die sollen die IBB beraten und weiter heißt es:

Die Arbeit des Pools wird unterstützt durch ein Backoffice mit 2 – 3 Personen.

Zusätzlich sollen noch Mittel für Beratung und Coaching bereitgestellt werden. Da wird sich die Klientel freuen, dass sie endlich neue Aufträge bekommt.

Beim zweiten Antrag haben Sie einen für mich vollkommen neuen Beruf erfunden. Bislang kenne ich den Mikrofinanzierer noch nicht. Es gibt also Vermittler für Mikrofinanzierungen, die zwischen der Bank, dem Fonds und dem Land stehen sollen. Im Zweifelsfall soll dieser Mikrofinanzierer, wer immer das sein mag, anschließend auch noch Coaching und Beratungsleistung anbieten. Wunderbar, das ist ein vollkommen neues Berufsfeld!

Noch abstruser wird es, wenn ich mir Ihr aktives Flächenmanagement ansehe. Sie fordern allen Ernstes nicht nur das Kataster für die Kreativwirtschaft allein – wir wären dankbar, wenn wir das Kataster über alle Leerstandflächen hätten, das derzeit gerade erstellt wird –, sondern auch noch eine One-Stop-Agency zur Verwaltung dieses Katasters. Sehen Sie, das ist nicht unsere Denkart. Wir versuchen, bereits vorhandene Strukturen für andere Bereiche zu öffnen, seien es Fonds oder Einrichtungen des Landes, und nicht etwas neues daneben zu schaffen. Aber ich verstehe: Sie müssen Menschen unterbringen.

Noch toller wird es, wenn man sich ansieht, dass Sie durch Zuweisung an den Liegenschaftsfonds dauerhafte Raumsicherung fordern. Der Liegenschaftsfonds macht eine anständige und gute Arbeit. Dies vor allem deshalb, weil er bemüht ist, möglichst konzentriert zu verkaufen und nicht nur zu verwalten. Sie jedoch wollen eine 20- bis 25-jährige Zweckbindung haben. Schon beim Einbringen der Anträge bin ich über die Formulierung „die öffentlichen Eroberungsräume zu erfassen und zu bewerten“ gestolpert. Mich hat das beim ersten Lesen nur an Bethanien erinnern, aber mit etwas Abstand ist mir noch eine andere Idee gekommen. In den 70er-Jahren hat es in Westdeutschland in vielen Kommunen selbstverwaltete Jugendzentren gegeben. Dies deshalb, weil sich die Kommunen um die Jugendlichen institutionell überhaupt nicht gekümmert haben. In diesen Jugendzentren ist eine fantastische Arbeit geleistet worden. Was ist jedoch geschehen? – Ende der 70er-Jahre sind sie von der Bildfläche verschwunden, weil andere festgestellt haben, dass sich mit Jugendlichen professionell Geld verdienen lässt. Es haben sich die Diskotheken entwickelt. Die finde ich nicht besser. Aber ich kann doch nicht öffentliche Räume zweckgebunden für 20 bis 25 Jahre festschreiben, ohne zu wissen, was in fünf Jahren ist. Alles wunderschön, aber komplett in die falsche Richtung und deshalb auch nicht von uns zu unterstützen. Mit Ausnahme des Mikrokreditfonds lehnen wir deshalb alle anderen Anträge ab. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich komme zu den Abstimmungen. Die Ausschüsse empfehlen zu allen Anträgen die Ablehnung. Ich lasse einzeln über die Anträge abstimmen. Zunächst zur Drucksache 16/0890 – Stichwort: Finanzierung der Kreditwirtschaft: Wer ist für diesen Antrag? – Das ist die Fraktion der Grünen. Wer ist dagegen? – Das sind die anderen Fraktionen. Wer enthält sich? – Keine Enthaltungen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich komme zum Antrag mit der Drucksachennummer 16/0891 – Stichwort: Mikrokreditfonds. Wer ist für diesen Antrag? – Das sind die Grünen und die Fraktion der FDP. Wer ist dagegen? – Das sind die Koalitionsfraktionen und die CDU-Fraktion. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist der Antrag ebenfalls abgelehnt.

Ich komme damit zum dritten Antrag mit der Drucksachennummer 16/0892 – Stichwort: Kulturkataster. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der Grünen. Wer ist dagegen? – Das sind die Koalitionsfraktion und die FDP-Fraktion. Wer enthält sich? – Die CDU-Fraktion. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Ich komme zum nächsten Antrag, Drucksache 16/0893 – Stichwort: Raum für Kreative. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Grünen. Wer ist dagegen? – Das sind die Koalitionsfraktionen, die CDU- und die FDP-Fraktion. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Schließlich der Antrag mit der Drucksachennummer 16/0894 – Stichwort: Eroberungsräume. Wer ist für diesen Antrag? – Die Fraktion der Grünen. Wer ist dagegen? – Die anderen Fraktionen. Enthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 5:

II. Lesung

Zwölftes Gesetz zur Änderung des Berliner Naturschutzgesetzes

Beschlussempfehlung StadtVerk Drs 16/1565 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/0780

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der vier Artikel zu verbinden. – Hierzu höre ich keinen Widers

Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung sowie die Artikel I bis IV – Drucksache 16/0780. Beratung ist nicht vorgesehen. Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen die Stimmen der FDP bei Enthaltung der Grünen die Annahme. Wer dem Änderungsgesetz zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? – Die CDU ist ein bisschen spärlich vertreten, verzeihen Sie! Da kann man für Abhilfe sorgen, dann ist das für das Präsidium leichter. – Ich lasse noch einmal abstimmen. Wer ist für dieses Änderungsgesetz? – Das sind die Koalitionsfraktionen und die CDU-Fraktion. Wer ist dagegen? – Das ist die FDPFraktion. Wer enthält sich? – Das sind die Grünen. Damit ist dieser Antrag angenommen.

Ich komme zur

lfd. Nr. 5 A:

Dringliche II. Lesung

Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG für Lehrkräfte und Sozialberufe

Beschlussempfehlung BildJugFam Drs 16/1638 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/1298