Ein Schiff in der Größenordnung der Ausbauklasse Va oder Vb kann 160 Container laden und transportieren.
Das entspricht, auf Lkw umgelegt, 80 Lkw-Fahrten. Die wollen wir auf unseren Straßen nicht mehr haben. Wir wollen diese Verkehre reduzieren. Man könnte sich ausrechnen, wie hier die Umweltbilanz von Schiff und Lkw aussieht, ich denke, sehr positiv für das Schiff. Da dies auch die Grundlage Ihrer Argumentation im Ausschuss war, werden wir den Antrag der Grünen ablehnen.
Herr Buchholz! Wenn Sie uns sagen, wir hätten uns in die richtige Richtung bewegt, will ich Ihnen auch zugestehen, dass Sie zumindest in den Diskussionen im Ausschuss auch den Eindruck gemacht hatten, sich in die richtige Richtung zu bewegen. Von den neun Punkten, die Sie aufgeführt haben, haben wir ihnen verdeutlicht, dass wir sechs Punkten zustimmen können.
Herr Ueckert! Haben Sie die Frage „Projekt 17 stoppen“ einmal mit Ihrem Kollegen Wellmann diskutiert, der für die CDU im Bundestag sitzt? Er hat, als er hier Wahlkampf gemacht hat, explizit gesagt, dass das Erste, wofür er sich einsetzen werde, sei, dieses umwelt- und naturzerstörende Projekt zu stoppen. Haben Sie das mit Ihrem Kollegen Wellmann diskutiert?
Ja, Frau Kubala, wir führen viele Diskussionen in unserer Partei! – Ich werde zum Schluss noch darauf kommen, dass wir hierzu einen ausgewogenen Meinungsbildungsprozess durchgeführt haben. Wenn Sie dann jemand zitieren, der eine besondere Meinung vertritt, ist er in diesen Meinungsbildungsprozess einbezogen worden. Aber Sie werden uns als Fraktion nicht verwehren, dass wir unsere Meinung direkt und etwas anders daraus entwickeln.
Herr Buchholz! Wir waren dabei, dass wir von den neun Punkten Ihres Antrags durchaus sechs gefunden haben, denen wir zustimmen könnten. Aber die Punkte 1, 2 und 5 sind für uns nicht zustimmungsfähig. Sie haben aus unserer Sicht zu viele Zugeständnisse an Ihren Koalitionspartner gemacht. Sie wissen, was ich damit meine. Es ist die Forderung nach Erhalt der Spandauer Havel und des Sacrow-Paretzer-Kanals in ihren jetzigen – „jetzigen“ haben Sie geschrieben – Breiten und Tiefen. Das Letztere ist eine Forderung der Linken im Brandenburger Landtag, die von der großen Koalition in Brandenburg geschlossen abgeschmettert wurde. In Ihrem Antrag taucht sie aber
wieder auf, obwohl Sie wissen, dass 94 Prozent der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf 250 Hektar Fläche in Brandenburg bereits vorgezogen realisiert sind. Hierzu sagen Ihnen alle Fachleute der Naturschutzbehörden und Organisationen, dass mit diesen Maßnahmen eine deutliche Verbesserung in Natur und Landschaft eingetreten ist. Auch die drei neuen Fischtreppen haben die ökologische Situation verbessert und nicht verschlechtert. Herr Buchholz! Ihr Antrag und Ihr Verhalten sind zumindest in Teilen unseriös!
Ich komme gleich zum Ende! – Die Brandenburger Landesregierung, die Bundesregierung und Ihr Bundesverkehrsminister Tiefensee, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Person von Dr. Kunst, die IHKs in Brandenburg und in Berlin stehen alle hinter dem Projekt. Ich habe deshalb die Hoffnung, dass Sie vielleicht auch noch auf den richtigen Weg kommen und der AusbauWasserstraßenklasse Vb zustimmen. Ich sage das, weil wir uns in der Abstimmung über den Koalitionsantrag enthalten werden. Ich betone, dass das kein Ausweichen oder Hin und Her ist, sondern ein ausgewogener Meinungsbildungsprozess war, in dem alle Aspekte berücksichtigt wurden.
Wir denke, dass wir mit einer Enthaltung unserer Meinung am besten Ausdruck verleihen können. – Schönen Dank!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ueckert! – Für die Linksfraktion hat jetzt die Frau Abgeordnete Matuschek das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Ueckert! Herr von Lüdeke! Ich versuche es mit einem Bild: Wenn ich einen Handwagen habe, um meine Umzugskiste von A nach B zu transportieren, brauche ich dafür keine Autobahn. Wenn mir aber, wer und aus welchen Gründen auch immer, eine Autobahn vor die Nase setzt und glaubt, ich würde anstelle eines Handwagens einen großen Lastwagen für meine eine Umzugskiste benötigen, der gibt sich der Tagträumerei hin. Das ist Steuerverschwendung.
Damit sind wir bei dem Thema, dass das Verkehrsprojekt 17, so wie es aufgelegt worden ist, Steuerverschwendung ist. Darüber sind sich alle einig, weil es überdimensioniert ist und davon ausgeht, dass die großen Schiffe,
Schubverbände mit einer Länge von 185 Metern unbedingt nötig seien. Damals sahen die Prognosen so aus, sie haben sich aber nicht bewahrheitet. Damals spielte auch Ufergestaltung keine Rolle. Damals spielte die Wasserrahmenrichtlinie der EU keine Rolle, damals hatte man auch keine Erfahrungen mit Oder- oder Elbeflut und Starkregen. Das sind Erkenntnisse, die in den letzten Jahren hinzugekommen sind. Deshalb ist ein Überarbeiten, ein Zurückstutzen auf das tatsächlich notwendige Maß dringend geboten.
Was sind die Alternativen? – Eine wäre der völlige Abbruch des Projekts. Das ginge allerdings einher mit dem Verlust der bereits getätigten Investitionen. Das hieße auch, dass die ökologische Situation in vielen Bereichen so bliebe, wie sie ist, nämlich schlecht. Für Berlin hieße es konkret, dass die Binnenschifffahrt und der Westhafen ökonomisch geschädigt werden. Deshalb sagen wir als Koalition: Es funktioniert, die Maßnahme qualifiziert und zügig abzuschließen und dabei stadtökonomische und -ökologische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Das geht zum Beispiel durch Einrichtungsschiffverkehr, das wäre dann übrigens auch ein Beitrag zur Modernisierung der Binnenschifffahrt. Das funktioniert mittels Brückenanhebung, um doppellagigen Containerverkehr zu ermöglichen, der derzeit nicht möglich ist, das funktioniert mittels Ausgleichsmaßnahmen und Stauregulation bei einem zunehmend schwierigen Wasserhaushalt. Wir wissen, dass die Spree weniger Wasser führt und dass sich dies in den kommenden Jahren eher verschärfen wird. Wir brauchen eine Uferverbesserung im Sinne einer Stadtverträglichkeit.
Rot-Rot wirkt hier schon allein aufgrund des Antrags und der Diskussion, die daraufhin in der Öffentlichkeit geführt worden ist. Es ist angekündigt worden, dass neben dem Aussetzen des Planfeststellungsverfahrens auf der Spree künftig zwischen den verschiedenen Stellen – Bund, Land und Wasserschifffahrtsdirektion – enger zusammengearbeitet werden soll. Dass die Wasserrechtsrahmenrichtlinie umgesetzt wird in der Weiterentwicklung der Planfeststellungsverfahren, ist völlig klar.
Wir richten unseren Antrag nicht nur auf ein Planfeststellungsverfahren aus, sondern verstehen ihn als Antrag zur Förderung der Binnenschifffahrt in verträglichem Maß. Zur Binnenschifffahrt gehört mehr als die Binnenwasserstraßen, dazu gehören Umschlagkapazitäten und die Einrichtung von Containerlinien. Wir regen an, dass ein Konzept erarbeitet wird, das zwischen IHK, Binnenschifffahrt, Naturschutzverbänden und den entsprechenden Landesbehörden abgestimmt wird, um die in Berlin existierende Binnenschifffahrt zu pflegen, zu entwickeln und um ihr eine sichere Zukunft zu geben, um – das ist das Ziel einer wirtschaftlichen Entwicklung in der Binnenschifffahrt – den Hinterlandverkehr der Häfen, insbesondere Hamburg und Stettin, nicht auf der Straße realisieren zu müssen. Angesichts der Kapazitäten der Häfen wird dies nicht allein auf der Schiene möglich sein, dafür
brauchen wir auch die Binnenschifffahrt. Rot-Rot wirkt, Rot-Rot ist in dieser Beziehung in Übereinstimmung mit den Naturschutzverbänden. Diesen Umstand sollte man würdigen.
Es ist erschreckend, wie weit sich die Grünen von ihren grünen Inhalten entfernt haben. Sie waren früher für die Binnenschifffahrt, das sind Sie jetzt nicht mehr. Stimmen Sie unserem Antrag zu, dann haben Berlin, die Ökologie und die Binnenschifffahrt etwas davon. – Vielen Dank!
Vielen Dank Frau Abgeordnete Matuschek! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Abgeordnete Kubala das Wort. – Bitte sehr!
Entschuldigen Sie Frau Kubala! Herr Ueckert hat um das Wort gebeten für eine Kurzintervention. Herr Ueckert, Sie haben das Wort – bitte!
Danke, Frau Präsidentin! – Frau Matuschek! Sie täuschen ebenso wie Herr Buchholz die Öffentlichkeit. Sie sprechen von falschen Zahlen, von der Vergangenheit, von Gütertransporten, die mit Schiffen auf den Wasserwegen durchgeführt worden sind. Das ist nicht die Zukunft. Die Zukunft auf den Wasserwegen heißt Containertransporte. Sehen Sie sich an, was in Hamburg anlandet, was dort für Maßnahmen ergriffen werden, um diese Container auf die Schiffe zu bringen.
Wenn wir es in Berlin nicht wahrhaben wollen, dass auch die Berliner Gewässer Teil der Bundeswasserstraßen sind, und dafür eine gewisse Geometrie und Abladetiefe notwendig sind, werden wir von dieser wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt werden. Lassen Sie die Zahlen aus der Vergangenheit in der Schublade und orientieren Sie sich an dem, was in den nächsten 10, 20 und 25 Jahren auf unseren Bundeswasserstraßen geschehen wird. Die sind notwendig für unsere weitere wirtschaftliche Entwicklung. Wir können nicht Exportweltmeister sein, wenn wir nicht die Voraussetzungen dafür schaffen, diese Güter auf unseren Verkehrswegen – dazu gehören auch die Wasserstraßen – zu transportieren. Wer heute glaubt, mit 2,20 m oder 2,50 m Wassertiefe die Zukunft bewältigen zu können, der ist völlig falsch gewickelt. Wir brauchen 2,80 m, die sich ökologisch und ökonomisch in einem Verbund für die nächsten 100 Jahre realisieren lassen. Merken Sie sich das, Frau Matuschek!
Meine Damen und Herren! Herr Ueckert! Was haben Sie an dem Satz „Wir wollen die Binnenschifffahrt stärken.“ nicht verstanden?
Ich habe eindeutig von Containerlinien gesprochen, von Brückenanhebungen, weil das andernfalls mit dem zweilagigen Containerverkehr nicht geht. Was war daran nicht zu verstehen? Ich habe Ihrem Beitrag sehr wohl entnommen, dass Sie bei den Fahrten insbesondere mit der Wasser- und Schifffahrtsdirektion eine ganze Menge über Ausgleichsmaßnahmen gelernt haben. Aber Sie haben offensichtlich vergessen die Frage zu stellen, wie schwer ein Container und ein Kohletransport sind. Welche Güter transportiert man mit welchen Schiffen? – Das ist einfache Physik.
Man kann es ausrechnen. Ein Kohletransport, der übrigens für Berlin gar keine Zukunft hat, ist schwerer – auch in der Abladetiefe tiefer – als Containertransporte. Container sind leichter, weil sie andere Güter transportieren. Deshalb benötigen sie keine Abladetiefe, sondern angehobene Brücken. Deshalb haben wir beschlossen, dass in Berlin Brückenanhebungen auf 5,25 m erfolgen sollen, um zweilagigen Containerverkehr durchführen zu können. Nichts anderes ist die Hinterlandanbindung der Häfen, von der ich gesprochen habe. Da wird keine Kohle als Schüttgut transportiert, sondern in der Regel Container. Das bezweckt unser Antrag auch. Sie haben es nur nicht verstanden. Ich weiß nicht, welche Begriffe ich nutzen soll, damit Sie es verstehen.
[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Rainer Ueckert (CDU): Sie begreifen nicht, dass es gar nichts mit Brücken zu tun hat!]
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Matuschek! – Jetzt hat aber Frau Kubala das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte sehr!
Danke, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Ich denke, die Diskussion um Projekt 17 ist noch lange nicht zu Ende, Herr Buchholz. Wir werden noch in die heiße Phase kommen, wenn es nämlich an die Umsetzung geht. Da ist es ganz sicher nicht hilfreich, dass Ihr Antrag zum Teil so viel Spielraum lässt für Interpretation, für so viele Möglichkeiten in der Formulierung, die Bundesminister Tiefensee und sein sehr eifriges Wasserstraßenneubauamt ausfüllen werden. Ich persönlich finde sehr bedauerlich,
dass der zweiseitige Antrag so viele offene Formulierungen, so viele Widersprüche enthält, dass wir ihn nicht mittragen konnten. Ich und meine Fraktion finden auch sehr bedauerlich, dass es uns nicht gelungen ist, das gemeinsame Anliegen in einen gemeinsamen Antrag einzubringen.
Ich sagte es, wir stehen noch vor der heißen Phase, die das Projekt 17 vor sich hat, denn wenn es an die Umsetzung geht, wenn es wirklich konkret heißt, auch Maßnahmen zu verhindern, die das Wasserstraßenneubauamt vorhat, dann wird es sich zeigen, wie klar oder unklar die Formulierungen oder die Aussagen oder die Vorgaben sind, die das Berliner Parlament gemacht hat. Denn wir stehen vor verschiedenen Problemen. Aus Brandenburg haben wir keine politischen Signale, dass sie dieses Projekt stoppen wollen. Wir haben auch aus dem Hause Tiefensee kein Zeichen, dass dieses Projekt wirklich gestoppt bzw. umweltverträglich beendet wird. Aus formaljuristischen Gründen ist das Projekt erst einmal von der Tagesordnung genommen, aber wir wissen alle nicht, wie es nachher tatsächlich in der Umsetzung aussieht. Das vorzuspiegeln, wäre Vorspiegeln falscher Tatsachen. Und da ziehen wir nicht mit, Herr Buchholz!