Sie will vertuschen, dass sie bereits 1987 gemeinsam mit der SED ein gemeinsames Positionspapier erarbeiten wollte, was bedeutet hätte, dass nicht nur die Erfassungsstelle in Salzgitter aufgelöst worden wäre, sondern dass darüber hinaus die Deutschen in der DDR als Ausländer
Sie wollten, dass die Deutschen aus der DDR im Westen so behandelt werden wir jeder andere Asylant. Das war die Politik und das Ziel der gemeinsamen Gespräche unter der Führung des SED-Kaders Otto Reinhold und des SPD-Präsiden Erhard Eppler. Darüber wollten Sie hinweggehen, denn wenn es tatsächlich nicht von Menschenhand in Deutschland gemacht wäre, sondern nur der OstWest-Konflikt dafür verantwortlich wäre, müssten Sie sich mit dieser Position arrangieren. Was Sie mit diesem Stiftungszweck, der nur pars pro toto für Ihre Vertuschung steht, vorbereiten, ist ein Stück Exkulpation zur Vorbereitung von Koalitionen wie jetzt in Hessen und anderswo, damit Sie sagen können: So schlimm war die SED gar nicht. Im Wesentlichen hatten Stalin, Chruschtschow und andere die Verantwortung für die deutsche Teilung und die Unfreiheit. – Die Union wird sich daran nicht beteiligen. Wir werden Sie aus dieser Begründungslücke nicht herauslassen.
Ich bin sehr froh, dass Kulturstaatsminister Neumann in den letzten Tagen offensichtlich Druck gemacht hat, damit Sie zur Einkehr kommen. Noch im Kulturausschuss haben Sie gesagt, das sei alles gar nicht möglich, der Bund wolle das nicht, jede Änderung am Gesetzestext würde die Stiftung insgesamt gefährden. Tatsächlich hat es aber genau diesen Druck vom Kulturstaatsminister gegeben, worüber ich froh bin. Ansonsten war meine Befürchtung, dass der Stiftungszweck zum Anlass genommen wird, um eine Politik zu verbreiten, die wir nicht wollen.
Wir wollten noch viele andere Änderungen. Wir konnten sie nicht durchsetzen. Das ist manchmal so in der Opposition. Insgesamt ist das Gesetz jetzt aber so, dass die CDUFraktion ihm zustimmen kann. Deshalb werden wir es auch tun. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt tatsächlich Menschen, die zwanghaft ein Haar in jeder Suppe finden müssen, notfalls werfen sie das eigene Toupet hinein.
Das ist peinlich, Herr Kollege! Da schreiben die Grünen einen Antrag „Übersiedlungen in die DDR sind nicht zentrales Thema einer Mauerstiftung“, – wirklich, das hat niemand behauptet. Nur die Grünen in ihrem paradoxen
Worum geht es? – Nach gut zehn Jahren Nichtstun eines CDU-geführten Senats blieb es zur Überraschung der Stadt einem PDS-Senator vorbehalten, am 18. April 2005 Grundzüge eines Gedenkkonzeptes Berliner Mauer der Öffentlichkeit vorzustellen. Es folgten Hearings im Kulturausschuss dieses Hauses und im Ausschuss für Kultur und Medien im Deutschen Bundestag. Im Grundsatz wurde auf diesen Veranstaltungen den Überlegungen des Senators zugestimmt. Dies geschah auch auf den nachfolgenden Veranstaltungen mit Vertretern der Opferverbände und den Gedenkstätten für die Zeit nach 1945. Räsoniert wurde lautstark nur seitens der Berliner CDU – das ist ein Unterschied zur Christlich Demokratischen Union. Dort überwog offensichtlich der Phantomschmerz über das eigene Nichthandeln. Sie empfinden es als ungehörig, dass ausgerechnet eine rot-rote Koalition ein Themenfeld erfolgreich bearbeitet, auf dem Sie nichts, aber auch gar nichts zustande gebracht haben.
Am 20. Juni 2006 beschloss der rot-rote Senat von Berlin auf Vorlage von Dr. Thomas Flierl, PDS – das muss gesagt werden –, das „Gesamtkonzept zur Erinnerung an die Berliner Mauer – Dokumentation, Information und Gedenken“. Zentraler Bestandteil dieses Konzepts ist der Umgang mit der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde und der Mauergedenkstätte in der Bernauer Straße. Anders als in der rekonstruierten Bretterbude am Checkpoint Charly haben wir hier originäre Orte, an denen sich der furchtbare Keil, der die Stadt und viele Familien auf schmerzhafte Weise teilte, am augenscheinlichsten darstellen lässt. Diese Orte aus einem Schattendasein herausgeholt zu haben, zu dem sie jahrelang verdammt waren, ist das Verdienst des Mauergedenkkonzeptes und seiner Umsetzung. Die Errichtung der Stiftung Berliner Mauer wird die Arbeit beider Einrichtungen nachhaltig sichern. Sie haben schon jetzt einen deutlichen Qualitätsschub erfahren. Aber um das zu registrieren, muss man sich dorthin begeben. Die schwierige Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beider Einrichtungen verdient den Respekt und den Dank dieses Hauses. Das sage ich sehr nachdrücklich.
Der Bund weiß um Qualität und Bedeutung dieser Einrichtungen. Wir sind für seine Mitfinanzierungszusagen sehr dankbar und denken nicht daran, diese zu gefährden, nur damit Sie weiter billige Polemik machen können. Die Fraktionen der Linken und der SPD wissen um die mit der Spaltung der Stadt und der Berliner Mauer verbundenen Erfahrungen und Gefühle vieler Berlinerinnen und
Berliner. Wir wollen, dass diese Gefühle und Erfahrungen bei allen Debatten den gebührenden Respekt erfahren.
Wir wollen jegliche Fehlinterpretation des Stiftungszwecks ausschließen. Auch wenn es manchem unglaubwürdig erscheint: Weder die Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion noch ich selbst haben dieses Gesetz geschrieben, sondern es ist formuliert worden in enger Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt – dem Staatsminister für Kultur und Medien – und der Senatskanzlei, Abteilung Kulturelle Angelegenheiten. Zumindest auf das Bundeskanzleramt haben Sie, Herr Kollege Braun, einen größeren Einfluss als ich.
Wir wollen jegliche Fehlinterpretation ausschließen. Deshalb gibt es den Änderungsvorschlag. Wir empfinden es als unerträglich und geschmacklos, wenn zum Beispiel in einem Berliner Blatt zu Mauerzeiten zwischen den Stadthälften pendelnde Schlagerbarden mit Chris Gueffroy verglichen werden. Das ist unerträglich und geschmacklos. Genauso unerträglich ist es für mich, wenn grüne Rechthaberinnen sich nicht scheuen zu erklären: die Menschen, die aus der Bundesrepublik in die DDR übersiedelten, sind eigentlich nur verkappte RAF-Terroristen auf der Flucht.
Nein, ich bin gleich fertig. Die können replizieren. – Um solchem menschenverachtenden Unsinn künftig von vornherein zu begegnen, haben wir gestern im Hauptausschuss beantragt, eine Änderung der Formulierung des Stiftungszwecks vorzunehmen. Diese Änderung musste natürlich mit der Bundesregierung abgestimmt werden. Das geschah am Dienstag, ein wenig Zeit dafür braucht man.
Jetzt kann ich Sie eigentlich nur bitten, dieser Beschlussempfehlung zu folgen. Ermöglichen Sie der Stiftung endlich die Arbeit, die wir uns alle von ihr wünschen! – Vielen herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Brauer! Ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar, dass Sie einen für Ihre Verhältnisse moderaten Beitrag gehalten haben.
Vielleicht ist es einer der Gründe, weshalb wir uns in den Ausschussberatungen so schwer mit Ihrem Entwurf getan haben, dass Sie und auch die Kollegen von der SPD sowohl im Kultur- als auch im Hauptausschuss dieses moderate Verhalten nicht an den Tag gelegt haben.
Alle Fraktionen des Hauses sind sich darüber einig, dass dieses Errichtungsgesetz überfällig ist. Sie haben recht mit ihrer Kritik, dass das sicherlich schon zu Zeiten der großen Koalition auf den Weg hätte gebracht werden müssen. Das hätte Frau Lange selbstkritisch zugeben können, aber das Gedächtnis der SPD ist in solchen Fällen immer sehr kurz. Wir haben – Herr Braun hat das richtig dargestellt – zwei Konfliktpunkte in den Ausschussberatungen gehabt, diese waren an der Zweckbestimmung festzumachen. Uns geht es darum zu verhindern, dass eine Relativierung des DDR-Unrechts in den nächsten Jahren und Jahrzehnten möglich wird und dass die Verantwortung Ihrer Vorgängerpartei, Herr Brauer, ebenfalls relativiert werden kann. Genau deshalb verlief die Konfliktlinie beim Stiftungszweck.
Wir sind der Auffassung, dass Sie hier nachgebessert haben, das ist gut so, aber es geht uns nicht weit genug. Es ist eine unterschiedliche Bewertung, ob man der Auffassung ist, dass die Berliner Mauer eine Folge des OstWest-Konflikts und der deutschen Teilung ist oder ob man der Auffassung ist, dass das Verhalten der SED zuvorderst und des Unrechtsregimes in der DDR war, die diesen Mauerbau erzwungen und letztlich dafür gesorgt hat, dass die Mauer bis 1989 Bestand hatte.
[Beifall bei der FDP – Beifall von Benedikt Lux (Grüne) – Zuruf von Wolfgang Brauer (Linksfraktion)]
Wie ein roter Faden zieht sich nach unserer Auffassung dieser Konfliktpunkt durch das ganze Stiftungsgesetz. Deswegen haben wir zusammen mit der CDU einen Änderungsantrag eingebracht. Über den Stiftungszweck wurde bereits gesprochen. Für uns ist es vollkommen unklar, weswegen Sie nicht bereit waren, mit uns über eine stärkere Einbindung der Opferverbände in den Stiftungsrat und in den Beirat zu debattieren. Wenn Frau Lange hier sagt, dass Sie kein kleinteiliges politisches Hickhack in der Beratung haben wollten, muss man feststellen, dass genau das das Problem war. Sie haben uns gar keine Möglichkeit gegeben, in den Ausschussberatungen Ände
rungswünsche mit Ihnen zu diskutieren, um im Ergebnis vielleicht zu einem gemeinsamen Antrag, zu einem gemeinsamen Gesetzentwurf zu kommen. Das wollten Sie nicht. Das ist schade.
Ebenfalls verstehen wir nicht, warum man z. B. nicht den Forschungsverbund SED-Unrecht von der Freien Universität Berlin mit in den wissenschaftlichen Beirat aufnimmt. Wo wäre das Problem für Sie gewesen? – Es wäre kein Problem gewesen, aber Sie hätten gezeigt, dass Sie auf uns zugehen, dass Sie bereit wären, die Bedenken der Opposition aufzunehmen und hier zu einem gemeinsamen Entwurf kommen wollen. Ähnliches gilt noch für einige andere Punkte in diesem Stiftungsgesetz.
Dementsprechend haben wir uns in den Ausschussberatungen letztlich enthalten, weil wir den Stiftungssinn als solches für dringend notwendig erachten und uns wünschen, dass die Stiftung möglichst schnell ihre Arbeit aufnimmt. Aber wenn Sie in der Form, wie das die SPD und die Linke in den Ausschussberatungen gemacht haben, über unsere Bedenken hinweggehen, uns keine Möglichkeit geben, mit Ihnen konstruktiv an dem Stiftungsgesetz zu arbeiten, können Sie von uns auch nicht erwarten, dass wir diesem Antrag letztlich zustimmen. Deswegen werden wir uns anders verhalten als die Kollegen der CDU und der Grünen und werden weiter bei unserer Enthaltung bleiben. – Ich danke Ihnen!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Ich lasse zuerst über das Gesetz abstimmen. Hier empfehlen die Ausschüsse jeweils einstimmig bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen die Annahme, dies im Hauptausschuss mit einer Neufassung von § 2 Absatz 1. Wer so gemäß den Drucksachen 16/1567 und 16/1725 beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Linksfraktion, die Fraktion der Grünen, die Fraktion der SPD und die Fraktion der CDU. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der FDP-Fraktion ist dieses Gesetz über die Errichtung der „Stiftung Berliner Mauer – Gedenkstätte Berliner Mauer und Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde“ so angenommen.
Zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/1721 hatten die Antragsteller bereits angekündigt, nach Beschlussfassung über das Gesetz diesen Antrag für erledigt erklären zu lassen. Soll der Antrag als erledigt angesehen werden? – Das ist offensichtlich der Fall. Dazu höre ich keinen Widerspruch. Damit ist das so beschlossen.