Die vorliegende Gesetzesänderung steht unbestritten im Zeichen von Verfahrensrecht, Wirtschaft und Umwelt. In Zeiten der Effizienzsteigerung beim Einsatz von materiellen und geistigen Ressourcen in der Wirtschaft ist auch die Politik aufgerufen, alle Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung von Verwaltungsprozessen auszuloten. In der Abfallwirtschaft laufen vielfältige Prozesse ab, die durch Gesetze und Verordnungen bestimmt sind. Abfall ist nicht zuletzt wegen der Verknappung der Rohstoffe zu einem bedeutenden Wirtschaftsgut geworden. Der nachhaltige Umgang mit diesem Gut ist Gegenstand des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes und der Verpackungsverordnung. Der Grundsatz, das Rangfolgeprinzip der Vermeidung von Abfällen vor Abfallverwertung und vor Abfallbeseitigung, hat keinesfalls an Bedeutung verloren, gerade auch im Hinblick auf die Debatte über den Umwelt- und Klimaschutz. Zur verstärkten Einhaltung dieses Prinzips steht auch die Linke. Dies bedeutet in der Konsequenz auch, mögliche wirtschaftliche Interessenkonflikte durch politische Vorgaben zu begleiten. Dass der Inhalt der Restmülltonne – und darum geht es offensichtlich
auch – und damit die Stoffe zur Beseitigung weiter reduziert werden, ist Ergebnis des schon erwähnten Rangfolgeprinzips. Ein klassisches Wirtschaftswachstum ist bei weiterem Fehlen der Stoffströme nicht möglich. Wirtschaftswachstum im Zusammenhang mit Abfall wird es bei der Abfallverwertung heute und in Zukunft durch Effizienzsteigerung in den vorhandenen Prozessabläufen und die weitere Verbesserung der Sekundärrohstoffgewinnung, insbesondere der heutigen Problemabfälle, geben. Darauf wird sich die Wirtschaft einstellen. Die Firmen tun es heute auch schon mit neuen Anlagen, Techniken usw. Man kann es überall sehen.
Mit der Gesetzesänderung wollen wir als Koalition die klare Aufteilung und Abgrenzung von Aufgaben unter Nutzung der dafür auch vorhandenen Ressourcen der landeseigenen Unternehmen durchführen, ohne letztendlich hoheitliche Aufgaben des Landes Berlin zu vernachlässigen oder uns gar vor der Verantwortung als öffentlichrechtlicher Entsorgungsträger zu drücken.
Die eingeführten Informationspflichten – darauf ist Herr Buchholz schon eingegangen – der jeweiligen Vorstände der Anstalten öffentlichen Rechts sollen dies auch verdeutlichen. Die Systemfeststellung und die Kontrolltätigkeiten und damit auch die Hauptverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des Landes Berlin, für die Umsetzung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes und der Verpackungsverordnung bleiben in der Senatsverwaltung erhalten.
Doch, wenn man richtig liest! Das haben Sie offensichtlich noch nicht gemacht, aber Sie haben ja noch Zeit dazu. Es ist so! – Dennoch wollen wir unbenommen bei der Aufgabenzuordnung insbesondere der Systemabstimmung und der Abfallberatung sowie der Bewirtschaftung der gesamten dazugehörenden finanziellen Mittel auch Synergieeffekte im landeseigenen Unternehmen BSR als Betrieb der öffentlichen Daseinsvorsorge erreichen. Wir verbinden diese Herangehensweise mit der hohen Erwartung der Qualifizierung und Verbesserung der Abfallberatung, die besonders bei der Abfalltrennung und nicht nur für den Grünen Punkt den hochgesteckten, auch umweltpolitischen Zielen angemessen betrachtet werden muss. Die Beratung in den Ausschüssen ermöglicht uns, neben den umweltpolitischen Aspekten auch die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen, auf die Sie immer wieder anspielen, näher zu beleuchten. Auch wenn das Gesetz erst ab Januar 2010 wirksam werden soll, sollten die notwendigen Beschlüsse in den Ausschüssen dazu noch vor der Verabschiedung des Landeshaushalts 2010/2011 gefasst sein. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Platta! – Für die Fraktion der Grünen hat jetzt Frau Abgeordnete Kubala das Wort. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Irgendwie drängt sich wieder der Vergleich zur Finanzkrise auf. Gelder sollen hin und her geschoben werden. Keiner weiß so recht, was daraus nachher folgt. Die rot-rote Koalition möchte nicht, dass wir das Kleingedruckte lesen.
Aber, Kollege Buchholz, wir haben uns das Gesetz sehr wohl durchgelesen und die Schwächen auch schon klar erkannt und benannt. Was plant Rot-Rot? 7 Millionen Euro aus dem Grünen Punkt sollen per Gesetz an die BSR gehen. Und was noch viel wesentlicher ist: Die Koalition will im Zusammenhang mit dieser Gesetzesänderung auch gleich den rechtlichen Status der BSR ändern. Die hatte vorher nicht den Status eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Den soll sie jetzt bekommen. Was sind die Folgen? – Das wissen wir noch nicht. Auch die privaten Entsorger spekulieren da zunächst. Aber wir fragen uns: Ist es überhaupt rechtlich zulässig, dass die BSR mit einer befristeten Zielvereinbarung bis 2015 hoheitliche Aufgaben übertragen bekommt? Und im Zusammenhang kann man sich auch fragen: Warum sollen die Berliner Wasserbetriebe auch gleich öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger werden? Was haben die Wasserbetriebe und die Klärschlämme mit dem Grünen Punkt zu tun? Wir haben vermutet, dass das vielleicht schon der erste Schritt zur Rekommunalisierung ist, weil man den Wasserbetrieben hoheitliche Aufgaben übertragen will. Das Ganze dann auch noch in das Mäntelchen eines Projektes zum Klimaschutz zu verpacken, das ist schon beinahe hämisch.
Die Auswirkungen auf die Konkurrenten hat die CDU bereits ausführlich geschildert. Ich warne Sie auch, sich zum Büttel der Firma ALBA zu machen. Das finde ich genauso interessengeleitet wie diesen Gesetzesantrag, der deutlich die Interessen der BSR vertritt.
Es muss uns darum gehen, die Abfallbehörde, den Senat, in die Verantwortung für die Abfallpolitik zu nehmen. Das ist die Schwäche des Gesetzesantrags. Hier soll der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, das Land Berlin, aus der Verantwortung gelassen und dafür die BSR gestärkt werden. Das kritisieren wir. Dies wird über den Umweg der DASS-Mittel, der Mittel aus dem Grünen Punkt, gemacht. Das ist fatal.
Wir haben schon 2007 anlässlich der Haushaltsberatungen kritisiert – hier haben Sie, Kollege Bochholz, die Tatsachen deutlich verdreht –, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, das Land Berlin, auf diese Mittel verzichtet. 7 Millionen Euro, hat das Land Berlin gesagt, wollen wir nicht, kann die DSD, die Duales System Deutschland GmbH, für uns treuhänderisch verwalten. Die Mittel wurden nicht in den Landeshaushalt eingestellt, sondern der DSD überlassen. Diesen Verzicht haben wir damals schon kritisiert. Wir haben gesagt: Stellt die Mittel in den Haushalt ein, schreibt die Mittel aus, dann können sich ALBA, BSR und nicht nur die beiden Platzhirsche, sondern andere unabhängige Abfallberater darum bewerben!
Lassen Sie mich hinzufügen: Ich halte es für fragwürdig, ob einer, der mit Abfallentsorgung sein Geld verdient, ein perfekter Abfallvermeidungsspezialist sein kann. Ich denke, eine unabhängige Abfallberatung müsste auch im In- teresse der Abfallpolitik und auch im Interesse der Koalition sein.
Wir haben diese Forderung schon anlässlich der Haushaltsberatungen 2008/2009 eingebracht. Leider sind Sie darauf nicht eingegangen, und jetzt wollen Sie uns über die Mittelverteilung diese Änderung des öffentlichrechtlichen Entsorgungsträgers verkaufen. Wir machen da nicht mit und fordern Sie auf: Ziehen Sie Ihren Antrag zurück! Er ist überflüssig. Um die Mittel zu verteilen, brauchen wir eine solche Gesetzesänderung nicht. Bezogen auf die Wasserbetriebe halte ich ihn auch für Unsinn. Ziehen Sie diesen Gesetzesantrag zurück! Stellen Sie die Mittel in den Landeshaushalt ein! Schreiben Sie sie aus, und dann werden wir sehen, wo die beste Abfallberatung gemacht wird!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kubala! – Für die FDPFraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Schmidt das Wort. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf, den die Koalition vorlegt, ist wirklich skandalös!
Er belastet die Bürger, er gefährdet Berliner Firmen, und er stellt die Grundlagen der Berliner Abfallentsorgung infrage. Die „Berliner Morgenpost“ hat den Kern der Sache schon richtig betitelt:
Dann sagt Herr Bucholz in der Zeitung, es gehe nur um die paar Millionen für die Beratung. Diese sechs bis sieben Millionen sind aber schon schlimm genug. Diese Summe, die das Duale System für Beratung bereitstellt, werden einfach der BSR zugeworfen. Dort werden sie im allgemeinen Sumpf versinken, die Abfallberatung wird geschwächt, und das Sinnvollste wäre, diese Leistung auszuschreiben. Ich weiß, dass dies auch jetzt nicht der Fall ist, aber so wird das Geld verschwendet, und das darf nicht passieren.
Das Zweite, das Sie Herr Buchholz immer geleugnet haben, ist das Thema öffentlich-rechtlicher Entsorger. Sie übertragen einen Kern der hoheitlichen Rechte auf die BSR. Ausgerechnet die Linke und die SPD wollen Rechte, die selbst die FDP für Kernstaatsrechte hält, die man nicht übertragen darf, auf eine Institution wie die BSR übertragen. Das sind in anderen Bundesländern Rechte, die durch die Landkreise, hier durch das Land Berlin, wahrgenommen werden. Sie haben bei einem Unternehmen nichts verloren.
Die BSR definiert damit die Ausschreibung für die gelbe Tonne, für Glas und Papier. Sie verhandelt teilweise die Verträge mit und bewirbt sich dann noch um dieses Geschäft.
Das heißt, die BSR macht nicht nur die Spielregeln und spielt gleichzeitig noch mit, sie stellt auch den Schiedsrichter und die Gegenmannschaft bei dem Spiel. Das ist doch absolut lächerlich!
Wenn Frau Platta bei der Abstimmungserklärung sagt, da gehe es um nichts, sage ich: Es geht um riesige Mengen Abfall. Es geht zum Beispiel um alle Stoffe, die recycelbar sind und auf denen nicht der Grüne Punkt ist. Hier wird die BSR sagen: Die Quietscheente aus Plastik werfe ich lieber in Ruhleben in die Verbrennungsanlage. – Genau das werden Sie erreichen, und das ist nicht im Sinne der ökologischen Ziele der Berliner Abfallpolitik.
Es geht hier um einen Markt von knapp 200 Millionen Euro. Für dieses Geld wollen Sie den Wettbewerb einschränken. Sie versuchen letztlich, den Umsatz von 200 Millionen Euro von den Privaten wegzunehmen und der BSR zuzuschanzen. Deshalb hat auch das DSD Alarm geschlagen – auch wenn es dafür etwas gebraucht hat –,
weil es gemerkt hat, was dort passiert. Diese massive Verstaatlichungsaktion, die Sie unternehmen, muss jetzt verhindert werden, Herr Buchholz!
Rot-Rot verstaatlicht einen funktionierenden privaten Markt. Der Europäische Gerichtshof hat gerade mühsam das Monopol des DSD gebrochen. Dieses DSD-Monopol wollen Sie jetzt durch ein BSR-Monopol ersetzen. Wir brauchen in dieser Stadt keine neuen Monopole. Wir brauchen mehr statt weniger Wettbewerb, Herr Buchholz und liebe Freunde von der SPD!
Das Resultat wäre verheerend: Investitionen in die Entsorgungsanlagen können obsolet werden – da geht es um dreistellige Millionensummen, und Hunderte von Arbeitsplätzen sind gefährdet. Die zweite Miete der Bürger wird gesteigert, und diese Belastung ist eine Belastung für die Bürger und die Berliner Wirtschaft. Die Abgabe der hoheitlichen Kontrollfunktionen steht im Gegensatz zu all dem, was sonst in Deutschland gemacht wird. Überall gibt es eine öffentliche Stelle, die vergibt, und ein Entsorgungsunternehmen, das durchführt. Sie wollen das in einen Topf werfen. Sie heben diese strikte Teilung auf. Sie sorgen dafür, dass die BSR sich selbst kontrolliert. Sie treten damit einen Kern der hoheitlichen staatlichen Funktion an die BSR ab.
Übrigens ist damit auch die Kontrolle des Abgeordnetenhauses ausgehebelt, denn alles, was jetzt bei der BSR ist und vorher beim Senat war, können wir nicht mehr kontrollieren. Vor allem werden aber damit die ökologischen Standards der Berliner Abfallentsorgung gefährdet. Die BSR war noch nie so sehr für das Recycling. Die BSR möchte gern ihre Verbrennungsanlagen auslasten, und die BSR entscheidet jetzt, was recycelt wird. Das dürfen wir nicht zulassen.