Ich erinnere daran, wir hatten am 1. Dezember – das ist erst wenige Tage her – fünf Sachverständige bei uns im Umweltausschuss, der zusammen mit dem Wirtschaftsausschuss getagt hat. Wenn wir den Vertreter der ALBA AG wegnehmen, weil er, glaube ich, voreingenommen war, was die Sache angeht,
haben alle Anzuhörenden gesagt: Der Status quo, wie er in Berlin ist, ist nicht in Ordnung, den müssen wir ändern.
Natürlich ist es so! Alle waren eindeutig dieser Meinung. Ich zitiere zwei für Sie, Herr Wilke, weil Sie es vielleicht schon vergessen haben. Herr Lattmann vom Deutschen Städtetag sagte: Das, was bisher als Berliner Weg praktiziert werde, sei „kreativ an der Verpackungsverordnung vorbei“.
Darf ich erst einmal ausführen? Später! – Herr Blümmel, der sehr unverdächtig ist, einseitig unsere Position zu
vertreten, hat dazu gesagt, der bisherige Berliner Weg sei in einer „rechtliche Grauzone“. Da schau her!
Wenn man das Gesetz zu Rate zieht – das ist die bundesweit gültige Verpackungsverordnung –, lese ich den einen Satz in § 6 Absatz 3 immer wieder gerne vor:
Der Systembetreiber ist verpflichtet, sich an den Kosten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu beteiligen, die durch Abfallberatung für sein System (...) entstehen.
Da ist nicht von privaten Firmen die Rede, sondern da steht, das, was die Aufgaben des örE, des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, sind, ist auch öffentlich wahrzunehmen.
Herr Schmidt! Sie haben eben gesagt, es sei eine öffentliche Aufgabe. Vielleicht haben Sie es noch nicht bemerkt: Die Berliner Stadtreinigungsbetriebe sind ein zu 100 Prozent kommunales Unternehmen, damit ein öffentliches Unternehmen. Das ist ein Unterschied zu dem, was Sie uns immer erzählen, wir sollten das Privaten geben oder öffentlich wahrnehmen. Das ist ein öffentliches Unternehmen! Diese Koalition steht auch dazu, dass es ein öffentliches Unternehmen ist und auch bleibt.
Es ist schon spannend, sich einen gemeinsamen Antrag von CDU, FDP und Grünen, den wir heute zur Abstimmung vorliegen haben, anzuschauen. Was hat der Anzuhörende, der für die Sitzung am vorletzten Montag von den Grünen benannt wurde, Herr Jarfe vom BUND, gesagt, was die Koalition mit den Beratungsmitteln machen soll? Ich möchte das sehr gern zitieren, denn der Vertreter des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland hat bezüglich der Gebühren für die Abfallberatung und die Übertragung auf die BSR wörtlich gesagt: „Ja, das trifft unsere volle Zustimmung.“ – Das ist ein eindeutiges Zitat. Er hat sich danach zum Gesetzesweg kritisch geäußert, absolut d’accord, da werden wir auch noch schauen, wie das alles ausformuliert wird, aber eines steht fest: Auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland sagt: Jawohl, diese DSD-Beratungsmittel, die Mittel für die Abfallberatung zum Verpackungsmüll, sind bei der BSR gut aufgehoben. – Dem können wir gar nichts mehr hinzufügen, meine Damen und Herren, das ist doch eindeutig, wenn ein Umweltverband dies empfiehlt!
Herr Buchholz! Ich störe Sie nur sehr ungern, aber mittlerweile gibt es zwei Anfragen bezüglich Kurzinterventionen an Sie. Einmal möchte Frau Matuschek gerne eine Zwischenfrage stellen, zum anderen Herr Schmidt.
Vielen Dank, Herr Buchholz! – Unter der Prämisse dessen, was Sie eben verlesen haben: Finden Sie es nicht merkwürdig, dass die IHK, die sich unabhängig zu verhalten hat, und der Bundesverband der Entsorgungswirtschaft eindeutig gegen die Regelung über öffentliche Wirtschaft Position beziehen und dazu entsprechende Veranstaltungen machen, die man schon als Kampagnen bezeichnen könnte?
Verehrte Kollegin Matuschek! Darauf gibt es eine klare Antwort: Einigen kommt das spanisch vor. Es kommt mir manchmal vor wie Albanisch, nicht wie Spanisch. Es ist immer die Frage, welche Sprache man spricht und welche nicht. – Das war die erste Frage.
Herr Kollege Buchholz! Diese ganzen Zitate, die Sie gebracht haben, bezogen sich auf die Nebenentgelte, über die wir gerade reden, eben nicht auf Ihre örE-Übertragung. Aber was hindert Sie dann, unserem Antrag zuzustimmen, der einfach nur festhält, dass es eine öffentliche Aufgabe ist? Und wieso finden Sie den Senat von Berlin weniger öffentlich oder weniger wichtig öffentlich als die BSR als Unternehmen? Das möchte ich gern verstehen.
Herr Schmidt! Das kann ich sehr gern und sehr klar beantworten. Ihr Antrag sagt ein bisschen mehr. Er sagt, es sei erstens eine öffentliche Aufgabe und zweitens – ziemlich wörtlich –, dass die Beratungsgelder zum Verpackungsabfall auszuschreiben und an einen Dritten oder mehrere Dritte zu vergeben seien. Es ist doch klar und deutlich, dass das für Sie offensichtlich nicht die BSR ist, denn die ist kein Dritter, sondern jetzt schon in Teilen der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in Berlin und hat auch jetzt schon Abfallberatungsaufgaben. – Herr Wilke!
Vielleicht merken Sie es nicht, aber die BSR tut es tatsächlich, und sie tut es ziemlich erfolgreich an dieser Stelle. Man muss doch auch einmal einsehen, warum der Bundesgesetzgeber sagt: Es gibt Mittel vom Verpackungsabfall. Dort soll auch eine Abfallberatung stattfinden. – Übrigens, Herr Schmidt: zur Abfallvermeidung und zur Getrenntsammlung! Das ist die Aufgabe. Diese zwei Worte nehmen wir gern als Anregung von Ihnen in unseren Antrag auf. Dass die Abfallvermeidung mit aufgenommen wird, ist überhaupt kein Problem. Dann können Sie aber unseren Antrag unterschreiben. Es ist klar geregelt, dass damit das bisherige bestehende System – das normale System Restmülltonnen, schwarze Tonnen, und die normale Abfallberatung – unterstützt werden soll, weil es dort Synergien gibt, die man auch heben sollte. Das ist übrigens ganz im Interesse der Gebührenzahlerinnen und -zahler im Land Berlin, denn wenn die BSR eine integrierte Abfallvermeidungs- und -trennungsberatung machen kann, dann wird sie dadurch Geld sparen können, und das ist gebührenmindernd, nicht -erhöhend. Deswegen glauben wir, dass einige Verbände, die bisher ihre Stellungnahmen auf den ersten Blick sehr kritisch und einseitig formuliert haben, das vielleicht noch bereuen werden, denn wir sind auf dem absolut richtigen Weg, wenn wir sagen: Die BSR als integriertes öffentliches Unternehmen kann das sehr richtig so machen.
Zum Abschluss noch zur Begründung unseres Antrags: Wenn Sie das ernst meinen, was Sie uns bisher erzählt haben, Herr Schmidt – was die anderen Vertreter vielleicht auch gleich noch sagen werden –, dann müssten Sie doch blind unterschreiben können, dass dieses Parlament eine Transparenz über Verwendung der Mittel bekommt, egal ob die öffentliche Hand sie direkt ausgibt oder die BSR oder irgendein Dritter oder mehrere Dritte – die Sie gerne hätten – sie bekommt. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Wir fordern hier aktiv einen jährlichen Bericht zur Verwendung der Mittel ein, aber auch dazu – das geht deutlich darüber hinaus –, was mit dem Verpackungsabfall im Land passiert. Wie viel wird gesammelt, was passiert damit, wie wird er aufbereitet, und wo kommt er letztlich hin? Wo wird er verwertet, wo werden die Reststoffe verbrannt? Diese Transparenz gibt es bisher nicht. Die wollen Sie mit Ihrem Antrag ulkigerweise nicht. Wir wollen sie.
Ein letztes Wort zur Abfallberatung: Wir alle haben als Umweltsprecher vor zwei, drei Wochen diesen Brief von der Stiftung Naturschutz Berlin bekommen. Sie hat gute Vorschläge, wie sie sich zusammen mit der BSR eine vernünftige, an einigen Stellen auch alternative Umweltberatung vorstellt. Das sind Supervorschläge, und nichts steht dem entgegen, erst recht nicht, wenn Sie unseren Anträgen zustimmen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Buchholz! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Wilke das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Die Anhörung im Ausschuss hat doch eines ziemlich deutlich gemacht: Um die Verteilung der Nebenentgelte neu und anders zu regeln, bedarf es keiner gesetzlichen Änderung, schon gar nicht muss die BSR dazu öffentlichrechtlicher Entsorger werden.
Das sah mit uns zusammen, Herr Kollege Buchholz, auch die Mehrheit der Anzuhörenden dort so. Ich kann verstehen, dass der Verband Kommunale Abfallwirtschaft und Stadtreinigung für die geplante Änderung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes spricht, das Sie uns hier vorgestellt haben. Das verwundert nicht, ist doch die Vorstandsvorsitzende der BSR gleichermaßen die stellvertretende Vorsitzende des Verbandes Kommunale Abfallwirtschaft. – So viel zum Thema Unabhängigkeit, Frau Kollegin Matuschek! – Das ist legitim, aber man muss das hier auch einmal erwähnen, um die Interessen zu verstehen, die dort eine Rolle spielen könnten.
Wir wollen, dass Berlin öffentlich-rechtlicher Entsorger bleibt. Damit hat Berlin auch den Anspruch auf die Vereinnahmung der zweckgebundenen Mittel für die Abfallberatung. Dann sollte dies aber auch wieder im Landeshaushalt abgebildet werden – so war es schon einmal im Land Berlin –, wie es der Antrag der Opposition fordert. Dass die Mittel zweckgebunden sind, beinhaltet nicht, dass sie gleichzeitig an denjenigen vergeben werden müssen, der das operative Recyclinggeschäft zurzeit betreibt. Sie können an Dritte weitergegeben werden. Auch das steht in unserem Antrag. Eine Vergabe an Dritte, Herr Buchholz, gestaltet man immer am besten über eine Ausschreibung, an der sich auch die derzeitigen Empfänger ALBA bzw. DASS und die BSR bzw. ihre Tochter Berlin Recycling selbstverständlich beteiligen können. Da steht doch gar nichts im Wege.
Darüber hinaus könnten sich aber auch Umweltverbände oder andere moderne Recyclingstrukturen in Berlin sowie interessierte gesellschaftliche Institutionen an einer Ausschreibung beteiligen – Sie haben hier vollkommen zu Recht die Stiftung Naturschutz benannt –, was wir außerordentlich begrüßen würden.
Im Kontext unseres Antrags machte übrigens auch der Antrag der Koalition einen Sinn – ich sehe das etwas anders als Sie, Herr Kollege Schmidt –, denn wenn Berlin die Mittel künftig wieder im Landeshaushalt verbucht, ist
es überhaupt erst möglich, Rechenschaft über die Verwendung der Mittel zu erhalten. Machten Sie hingegen die BSR zum öffentlich-rechtlichen Entsorger, würde sie die gesamten Nebenentgelte vereinnahmen. Wie viel Transparenz wir dann noch übrigbehalten würden, läge allein im Interesse und im Ermessen der BSR, aber nicht bei uns.
Zu konstatieren ist also: Beide heute zur Beratung stehenden Anträge machen miteinander Sinn. Die heute zwar nicht zur Beratung, aber im Hintergrund stehende Gesetzesnovellierung zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz hingegen ist reiner Unsinn und damit vollkommen überflüssig.
Sollte sie dennoch aufrechterhalten werden, würde überdeutlich Klarheit darüber herrschen, dass die Koalition nicht auf die Verteilung und Kontrolle der Nebenentgelte im Eigentlichen abzielt, sondern der BSR einen Status einräumen möchte, mit dem sie per Gesetz eine marktverzerrende, ja sogar marktprovozierende Position einnehmen könnte.