Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Im Übrigen sollten Sie einmal in den Ausschussprotokollen nachlesen, was Ihre verkehrspolitische Sprecherin sagt. Sie war diejenige, die gesagt hat: Eigentlich brauchen wir die Dresdner Bahn gar nicht zu bauen. – Dann gibt es nämlich gar keine Investition.

[Claudia Hämmerling (Grüne): Blödsinn!]

Das, liebe Frau Eichstädt-Bohlig, ist grüne Politik: immer links blinken, rechts abbiegen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Das Wort zur Erwiderung hat die Kollegin EichstädtBohlig.

Sehr geehrter Herr Kollege Gaebler! Sie sind schon länger im Abgeordnetenhaus als diese Legislaturperiode, und Sie wissen sehr genau – ich war seinerzeit im Bundestag und habe es von der Seite gesehen –, dass Berlin und der von Ihnen getragene Senat jahrelang – nach meiner Erinnerung vier Jahre lang – das Thema absolut blockiert und gesperrt haben,

[Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

weil Sie immer gesagt haben: Wir wollen den Tunnel – und der Bund immer gesagt hat: Wir wollen den Tunnel nicht. – Das ist das Erste.

Das Zweite ist: Ich halte es für absolut verlogen, was Sie eben über die Kollegin Hämmerling gesagt haben. Sie hat nie gesagt, dass sie gegen den Bau dieses Projekts ist. Wir haben uns immer nur darüber unterhalten: In welcher Lage ist das der richtige Bau?

[Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

Moment, Herr Kollege Gaebler! Jetzt bin ich dran. Seien Sie mal einen Moment friedlich! – Richtig ist, dass wir uns im Ausschuss mehrfach darüber unterhalten haben. Als wir – ich persönlich – vorgeschlagen haben, es wäre sinnvoll, auf die A 100 zu verzichten und dieses Geld dem Bund anzubieten, dass stattdessen dann in Tunnellage durch Lichtenrade praktisch die Schienenführung für die Dresdner Bahn geführt werden kann, da hat Frau Junge-Reyer gesagt: Wir warten erst mal ab, ob der Bund das nicht doch noch im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens auf die Reihe kriegt, dass das einfach zwangsweise gemacht werden muss. – Insofern, Herr Kollege Gaebler, tragen Sie sehr viel dazu bei, dass dieses Projekt immer noch nicht vorankommt.

[Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

Das werden wir Ihnen auch 2012 oder 2013, wenn BBI eröffnet wird, aufs Butterbrot schmieren. Und wir werden Ihnen erst recht aufs Butterbrot schmieren, dass eventuell sogar – wenn jetzt andere Verkehrsprojekte vorgezogen werden – zusätzlich Verzögerungen nach hinten entstehen. Deshalb riskieren Sie hier nicht so eine große Lippe!

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Oliver Scholz (CDU)]

Das Wort für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Dr. Lindner.

Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Ich finde schon bemerkenswert, was heute abgeliefert wird. SPD und Linke beantragen eine Aktuelle Stunde, um uns erklären zu wollen, wie Berlin Rezession und Finanzmarktkrise begegnet. Und dazu hören wir von Ihnen gar nichts. Herr Liebich preist als Erstes Herrn Lafontaine, der sich nach diesen wunderbaren Worten, die Sie zitierten, aus dem Staub gemacht hat, um seine Pension zu genießen.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Sie haben nicht zugehört!]

Zweitens langweilen Sie uns mit irgendwelchen Ausführungen zwischen Marx und Murks, statt uns irgendwie einmal zu erklären, in welcher Lage Berlin eigentlich war.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Stefan Liebich (Linksfraktion): Habe ich alles gesagt!]

Ich zitiere die Bertelsmann-Studie Berlin-Letter 1/2008 – wir haben nämlich das Problem, dass es Berlin unter Ihrem Senat versäumt hat, in guten Zeiten Krisenzeiten vorzubereiten –:

Weit weniger günstig stellt sich die Situation

und das war zwischen 2000 und 2006 –

in der Hauptstadt dar. Die Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung erreichte 2007 mit 23 536 Euro nicht einmal die Hälfte des Hamburger Wertes. Hinzu kommt, dass statt eines Aufholprozesses eher ein weiteres Abfallen Berlins zu beobachten ist.

Das ist die Situation, und das ist Ihre Verantwortung, Herr Wirtschaftssenator!

[Beifall bei der FDP]

Herr Jahnke! Nichts haben Sie gesagt, gar nichts. Sie haben uns mehr gelangweilt. Herr Liebich war wenigstens unterhaltsam. Sie langweilen uns mit einer monoton vorgetragenen historischen Abhandlung über die Finanzmarktkrise, statt irgendetwas zu Berlin zu sagen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Benedikt Lux (Grüne)]

Das Einzige, das Sie bemerkt haben, war, dass Berlin ein gutes Wachstum von knapp zwei Prozent gehabt habe.

Also tatsächlich: 2007 hatte Berlin 1,8 Prozent, Hamburg 2,8 Prozent, Bayern 2,9 Prozent Zuwachs. Die Länder, die ohnehin schon weit vor uns sind, haben überproportional zugelegt und Berlin – was eigentlich in der Krise hätte aufholen müssen – war noch deutlich schwächer als die anderen. Das ist das Versagen des rot-roten Senats.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Carsten Wilke (CDU)]

Das hat auch alles seine Ursache darin, dass Sie ordnungspolitisch vollkommen versagen. Sie haben überall dort, wo die Kosten in Berlin eher günstig sind, nämlich bei den Immobilienpreisen, draufgesattelt. Steuern und Abgaben: Die Grundsteuer haben Sie maßlos erhöht auf bis zu 810 Punkte, die Grunderwerbssteuer von 3,5 auf 4,5 Prozent, die Straßenausbaubeiträge, die Wasserpreise, die Müllpreise. Alles erhöhen Sie, und dann wundern Sie sich, dass kein Unternehmen und kein Mensch mehr in diese Stadt kommen will.

[Beifall bei der FDP]

Im Unterschied zur SPD und Linken werde ich Ihnen ein paar konkrete Vorschläge machen, wie in Berlin der Krise tatsächlich zu begegnen ist. Das Erste: Wir müssen die

Kosten der Bürokratie deutlich senken, und wir müssen vor allem die Belastungen von Bürokratie für kleine Unternehmer, mittelständische Unternehmer senken: So etwas wie Heizpilzverbote, ein als Nichtraucherschutz verbrämtes Gängeln und Quälen von kleinen Wirten,

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Heizpilze gegen die Wirtschaftskrise!]

Wasserentnahmezwänge und Ähnliches, das ist kein Kampf gegen Gift für die Umwelt, sondern das ist Gift für die Unternehmen, das ist Gift für die Arbeitsplätze in dieser Stadt.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Mit diesem Quatsch, mit diesen kleinkarierten Vorschriften muss Schluss sein.

Zweitens, die Umweltzone: Hier können wir erst mal die zweite Stufe verschieben, am Besten wäre es, wenn man sie komplett aufheben würde.

[Beifall bei der FDP]

Drittens: Gewerbe-, Grunderwerbs- und Grundsteuer müssen drastisch gesenkt werden, die Gewerbesteuer auf das Niveau des Umlandes, und auch die Grundsteuer muss wieder auf 490 Punkte zurückgeführt werden, wie sie vor Antritt von Rot-Rot war. Die Grunderwerbssteuer muss von 4,5 auf 3,5 zurückgeführt werden.

Herr Kollege Dr. Lindner – –

Nein! – Viertens: Das Straßenausbaubeitragsgesetz ist zurückzunehmen. Weitere Belastungen für die Grundbesitzer und Mieter sind nicht hinnehmbar.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Jetzt fragen Sie natürlich zu Recht, wie die FDP das finanzieren will. Da mache ich Ihnen auch ein paar Vorschläge.

Erstens, Einsparungen bei Sozialausgaben: Nach der Finanzverwaltung liegt dort das Einsparpotenzial bei 900 Millionen Euro, beispielsweise indem die Höhe der Mietzuschüsse für ALG-II-Empfänger entsprechend den Regelungen der anderen Bundesländer angepasst, d. h. abgesenkt wird.

[Unruhe bei der SPD]

Für solch einen Unsinn ist in Berlin in der derzeitigen Situation kein Geld da.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Zweitens: Die Stellen im öffentlichen Beschäftigungssektor streichen. Das ist ein Einsparpotenzial von

10 Millionen Euro. Zuschüsse an die BVG sind drastisch zu reduzieren. Die Einsparkosten im öffentlichen Dienst liegen nach einer Studie der Hertie School of Governance durch deutliches Absenken der Zahl der Mitarbeiter auf etwa 80 000 Beschäftigte bei 1,5 Milliarden Euro.