Na gut, aber es scheint doch noch nicht in die Stammhirnrinde des Kollegen Jahnke eingedrungen zu sein! Deshalb muss ich das noch einmal erzählen,
dass wir uns in einer Zeit des Aufschwungs nach vorn hätten entwickeln müssen. Die Schere geht doch immer weiter auseinander zwischen den guten und den schwachen Ländern. In einer guten Zeit ist genau der richtige Zeitpunkt zum Aufholen, um für schlechte Zeiten gerüstet zu sein. Wenn Sie in polemischer Manier daherkommen und sagen, die FDP und all die marktradikalen Ideen seien an der Krise schuld, hätten versagt,
[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Bravo! von der SPD – Christian Gaebler (SPD): Abgewählt!]
gehörten zwei Drittel der Menschen zur mittleren Einkommensschicht. Nachdem Ihre Partei seit zehn Jahren regiert hat – erst mit den Grünen, dann mit der CDU –, sind es nur noch knapp über 50 Prozent. Sie führen zur Verarmung der Leute!
Dann frage ich Sie: Wer hatte denn die Personalverantwortung für den Bereich? – Es ist doch die SPD, die seit zehn Jahren den Finanzminister stellt. Erst derjenige, der dann stiften gegangen ist und jetzt der Häuptling von dieser Truppe ist, in der Zwischenzeit waren es nur Finanzminister von der SPD. Sie hätten international und national für Regulierung, für eine Verstaatlichung der Ratingagenturen und all die anderen Sachen sorgen können!
Sie haben doch mit den Grünen regiert! Es ist doch Herr Sanyo von der SPD, der als Bankenaufseher versagt hat. Es ist Frau Matthäus-Meier, die bei der SPD ist, die bei der KfW versagt hat.
Wo Sie hinschauen, stets sind es Sozialdemokraten, die versagt haben! Deswegen werden Sie auch aus einer Regierung nach der anderen abgewählt.
Deshalb stellen Sie auch nur noch drei unbedeutende Ministerpräsidenten in keinem bedeutendem Land mehr. Deswegen stehen Sie in den Umfragen dort, wo Sie stehen! Von der Linken ganz zu schweigen! Sie spielen in diesem Land keine Rolle, und Sie werden in diesem Land auch keine Rolle spielen! – Herzlichen Dank!
Verzeihung, Frau Hämmerling! Es dauert noch. – Jetzt hat Senator Wolf zunächst das Wort. – Bitte sehr, Herr Senator!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lindner! Ich kann mich erinnern: Zu dem Zeitpunkt, als die FDP die Bundesregierung verlassen hat, hatten wir deutlich höhere Unternehmensteuern als gegenwärtig. Daran kann man sehen, was man von Ihrer Durchsetzungskraft bei Ihrer Steuersenkungsrhetorik halten kann.
Die Senkung der Unternehmensteuer haben Sie ja in Ihrer Regierungszeit nicht durchgesetzt, das hat eine rot-grüne Bundesregierung getan.
Herr Lindner! Ihr Beitrag eben hat noch einmal zwei Dinge deutlich gemacht: in welche Niederungen man sich gelegentlich im Berliner Parlament begibt und worin die wirtschaftspolitische Kompetenz der FDP besteht.
Angesichts der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg, die uns bevorsteht, schlägt der Kollege Lindner allen Ernstes als erste Sofortmaßnahme die Einstellung der Diskussion über Heizpilze vor. Das ist einfach genial, das ist der Herausforderung angemessen!
Bitte! Wenn Sie sich damit begnügen, ich begnüge mich damit nicht! – die da lauten: Bürokratiekosten senken – ist immer gut! –, zweite Stufe der Umweltzone verschieben, Gewerbesteuer absenken – ein alter Vorschlag! –, 900 Millionen Kürzung bei den Sozialausgaben, den öffentlich geförderten Beschäftigtensektor streichen, Ausgaben für die BVG kürzen und so weiter und so weiter – das ist wirklich ein prozyklisches Programm, das ist ein Programm der Krisenverschärfung, indem Sie die Nachfrage zurückfahren und damit die Krise verschärfen.
Das ist wirtschaftspolitisches Harakiri, was Sie hier vorgeschlagen haben, das sind keine Vorschläge, die man ernsthaft diskutieren kann!
[Martina Michels (Linksfraktion): Mehr kann er nicht! – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Deshalb haben sie ihn zum Vorsitzenden gemacht!]
Wir haben in den letzten drei Jahren in Berlin bei den Wachstumsraten eine positive Entwicklung zu verzeichnen gehabt. Herr Lindner! Wir hatten in den Jahren von 1996 bis 2001 gegenüber dem Bundeswachstum einen durchschnittlichen Rückstand in Höhe von 2,9 Prozent. Wir haben seit dem Jahr 2001 bis heute einen Rückstand, der sich mehr und mehr verkleinert hat, der mittlerweile im Durchschnitt dieser Jahre bei ca. 0,5 Prozent liegt. Im ersten Halbjahr 2008 lagen wir erstmals über dem Wachstum des Bundes. Berlin lag beim Aufbau der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung seit dem Jahr 2007 gemeinsam mit Hamburg durchgängig in der Spitzenposition in der Bundesrepublik Deutschland, das finde ich besonders wichtig! Das zeigt, dass in den letzten Jahren einiges bei der Bewältigung des Strukturwandels geschafft worden ist. Noch lange nicht genug, aber das Szenario, das Sie gemalt haben, Herr Lindner, ist absolut nicht zutreffend!
Die Berliner Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren gut und wettbewerbsfähig aufgestellt und erhebliche Fortschritte gemacht.
Aber ich sage gleichzeitig: Das, was in den letzten Jahren positiv war, werden wir im nächsten und wahrscheinlich auch im übernächsten Jahr nicht fortschreiben können. Das liegt nicht daran, dass der Standort Berlin nicht wettbewerbsfähig ist, das liegt nicht daran, dass die Berliner Unternehmen in den letzten Jahren nicht viel an ihrer Wettbewerbsfähigkeit verbessert haben, dass wir hier keine qualifizierten Arbeitskräfte haben, dass die Unternehmen nicht innovativ sind, sondern das liegt daran, dass Berlin keine Insel ist, sondern dass wir uns den weltwirtschaftlichen Turbulenzen und der Krise der Bundesrepublik insgesamt nicht entziehen können.
Heute haben wir bereits wieder eine ganze Reihe von Prognosen lesen können. Das RWI sagt voraus, dass das Wachstum im nächsten Jahr wahrscheinlich um 2 Prozent zurückgehen wird. Das ifo-Institut sagt heute voraus, dass der weltwirtschaftliche Abschwung und wahrscheinlich auch der in Deutschland bis in das Jahr 2010 gehen wird. Der Chefökonom der Deutschen Bank hält es sogar für möglich, dass wir im Jahr 2009 ein Wachstum von minus 4 Prozent verzeichnen könnten. Das macht deutlich, wie dramatisch die Situation ist und dass wir vor einem Einschnitt stehen. Ich habe bereits gesagt: Wir stehen am Beginn der größten Weltwirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg.
Diese Entwicklung ist deshalb so gefährlich und so dramatisch, weil wir erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg eine synchrone Entwicklung in allen relevanten Teilen der Welt vorfinden. Wenn Sie sich ansehen, was in Japan passiert – gar nicht zu reden von den USA –, wenn Sie
sehen, dass China seine Wachstumsraten auf 6 Prozent korrigiert hat – was für China Rezession bedeutet –, wenn Sie wissen, dass mittlerweile in China Fabrikhallen leer stehen, dass die Häfen mit Schiffen voll sind, die nicht beladen werden, weil keine Waren mehr transportiert werden, weil der Welthandel zum Erliegen kommt, wenn Sie gleichzeitig sehen, wie die Umschläge im Hamburger Hafen zurückgehen, wenn Sie wissen, dass bei den Reedereien bestellte Schiffe nicht mehr abgenommen werden, dann ist das ein deutliches Indiz dafür, welche weltwirtschaftlichen Abschwungtendenzen wir haben und dass eine Welle auf uns zurollt, die bislang in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht angekommen ist,
Herr Schäfer! Gedulden Sie sich einen Moment! Ich komme am Schluss meiner Ausführungen zu meinen Vorschlägen. Wenn es Sie langweilt, können Sie gerne rausgehen, aber ich werde meine Rede halten.
Ich weiß, dass Sie sich lieber über Heizpilze unterhalten, aber ich habe vor, über das Problem zu sprechen, das auf der heutigen Tagesordnung steht.