[Beifall bei der FDP – Beifall von Dr. Friedbert Pflüger (CDU) – Zuruf von Reg. Bürgermeister Klaus Wowereit]
Sie lechzen nach Nähe von George Clooney und Nicole Kidman und weichen Hartmut Mehdorn und Josef Ackermann aus. Mein lieber Herr Regierender Bürgermeister! Bei Wetter und Sturm gehört der Kapitän
Die FDP – das sage ich zum Schluss – ist das letzte ordnungspolitische Rückgrat dieser Stadt und dieses Landes. Lieber Herr Goetze! Wir werden nicht irgendeine Blockade machen, auch wenn wir nach dem Sonntag in Hessen regieren werden. Wir haben keine Blockademehrheit, auch wenn wir in Hessen mitregieren, sondern dann 29 Stimmen. Blockade kann man ab 35 Stimmen machen. Aber das ist auch nicht unser Stil. Das ist der Stil der SPD. 1997, als die Partei noch etwas bedeutender war, führte sie unter Lafontaine die Bundesratsbeteiligung in eine Blockade. Das lehnt die FDP ab. Wir werden unabhängig von unseren Möglichkeiten eine gestaltende Minderheit im Bundesrat sein. Wir werden dafür sorgen, dass wir Spielräume möglicherweise in einem Vermittlungsverfahren für große Strukturprojekte wie für eine große Steuerreform nicht leichtfertig verspielen und vor allem nicht die Zukunft des Landes und unserer Jugend verprassen. – Herzlichen Dank!
[Beifall bei der FDP – Beifall von Dr. Friedbert Pflüger (CDU) – Zuruf von Stefan Liebich (Linksfraktion)]
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Lindner! – Für den Senat hat jetzt der Senator für Finanzen, Herr Dr. Sarrazin, das Wort. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Wenn man sich das eben anhörte, weiß man hinterher eigentlich genauso viel wie vorher, nämlich nichts.
Es ist nur so: Außerhalb dieses Raums weiß es auch keiner. Und das ist das eigentliche Thema, und darum ist die Frage, ob Programme zu groß oder zu klein, falsch oder richtig sind, irgendwo ein bisschen Rätselraten.
Einmal angenommen, wie es auch Institute sagen: Wir haben jetzt einen leichten Ditsch, und es geht ab der Jahresmitte wieder aufwärts – ich persönlich glaube es nicht, aber angenommen, es ist okay, ich kann es auch nicht ausschließen –,
dann sind alle diese Programme falsch und reine Geldverschwendung, alles, was wir im Augenblick tun, weil es zusätzliche Schulden produziert, weil es uns von den eigentlichen Aufgaben abhält usw. Angenommen aber, wir haben eine Rezession oder eine Depression, die sich in der Tat über drei, vier Jahre hinzieht, dann ist es egal, ob das Programm 30 Millionen € oder 30 Milliarden € hat, ob es mehr Investitionen gibt oder mehr Steuersenkungen, es wäre ohnehin unzureichend. Das ist das Thema von Politik, dass man nicht genau weiß, worauf man reagieren soll. Selbst wenn Sie wüssten, worauf, wissen Sie nicht, wie die einzelnen Maßnahmen wirken.
Dann gibt es unterschiedliche Einschätzungen, aber auch unterschiedliche Interessen. Es gibt diejenigen, die wie die FDP und seit Neuestem auch die CSU sagen: Ganz egal, was sonst ist, niedrigere Abgaben sind immer besser als höhere, im Zweifelsfall soll man jede Gelegenheit blind nutzen, um Abgaben zu senken – auch jetzt wieder, selbst wenn es der falscheste Zeitpunkt ist, weil es gar nicht in die Massenkaufkraft geht. Dann gibt es diejenigen, die sagen: Mehr Ausgaben für Bildung sind immer gut. Wir haben eine Krise, wir fordern mehr Ausgaben für die Bildung. Wir haben keine Krise, wir haben Arbeitskräftemangel und fordern Mehrausgaben für Bildung. Diese Befürworter gibt es auch. Und dann gibt es andere, die sagen: Wir müssen mehr für Kultur tun. Das ist immer richtig.
und wenn doch, tun sie es nur, um ihre neuen Textilien vorzuführen, und nicht wegen des Gesangs. Ich will jedoch nicht zu sehr scherzen: Wir wissen es nicht genau. Insofern habe ich auch für die Bundeskanzlerin ausnahmsweise Verständnis, zu solch einem Thema acht Wochen gar nichts zu sagen. Da kann man auch nichts Falsches sagen.
Auch ich persönlich habe mich in den letzten Monaten vorgesehen. Sie werden von mir keine eindeutige Aussage zur Zukunft finden. Diese mache ich seit Oktober nicht mehr, und ich mache sie im Augenblick auch nicht.
Vor diesem Hintergrund haben wir jetzt ein Programm. Das kam so zustande, wie Programme zustande kommen: Man hat unterschiedliche Rezepturen, und die werden gemischt. Dann ist es ein wenig wie Kalbfleisch und Tiramisu.
Der eine nimmt das Kalbfleisch, der andere das Tiramisu. Alles kommt in einen Topf, wird ein wenig gerührt und das ist das Programm. Natürlich schmeckt einem nicht alles. Das ist nun einmal so. Darum kann man jetzt dazu vieles sagen. Aber wenn ein bisschen was für uns abfällt, das unter den gegebenen Umständen vernünftig ist, dann ist dies doch positiv.
Damit bin ich bei dem Teil, der uns unmittelbar betrifft, zunächst einmal auf der Ausgabenseite. Es ist sicher richtig und von allen Volkswirten anerkannt – ob links oder rechts –: In Zeiten ausfallender Nachfrage hilft zusätzliche Staatsnachfrage am besten, und sie hilft dort am besten, wo es sich um investive Nachfrage handelt, weil dann Dinge auch gekauft werden. Wenn wir ein zusätzliches staatliches Investitionsprogramm in Höhe von 14 Milliarden € – pro Jahr 7 Milliarden € – haben, so ist dies auch nicht gering, wie viele sagen, sondern der Staat investiert insgesamt pro Jahr 30 Milliarden € in Bauten, 10 bis 15 Milliarden € in Ausrüstungen. Wenn wir hier pro Jahr 7 Milliarden € mehr haben, davon das meiste in Bauten, ist es in Bezug auf die Bauinvestitionen beim Staat ein Plus von 20 Prozent. Dies ist ein gigantischer Impuls.
Völlig richtig, das muss erst einmal ausgegeben werden, und zwar so, dass es nicht in steigende Preise geht. – Damit ist aber auch in etwa die Grenze dessen aufgezeigt, was man zusätzlich über öffentliche Investitionen machen kann. Mehr öffentliche Bauinvestitionen sind sinnlos. Ich habe aktuell geschaut, die Bauindustrie hatte in Berlin im vergangenen Jahr einen Umsatz von 2,5 Milliarden €. Der Impuls, den wir nun setzen – 300 Millionen € plus –, sind 15 Prozent auf alle unsere Bauinvestitionen. Das muss erst einmal kapazitätsmäßig verkraftet werden.
Zusätzlich zu den ohnehin im Haushalt befindlichen Baumaßnahmen – das sind mit Bauunterhalt 600 Millionen € im Jahr –, zusätzlich zu dem Schulanlagensanierungsprogramm mit noch einmal 50 Millionen € haben wir nun einen zusätzlichen Impuls von insgesamt 630 Millionen € – Bundesanteil 480 Millionen € und Landesanteil 150 Millionen € verteilt über zwei Jahre. Dies ist eine gewaltige Chance.
Herr Goetze! Natürlich haben wir in vielen Bereichen in Berlin Investitionsrückstau. Übrigens sind die Investitionen nicht von Rot-Rot abgesenkt worden. Nichts wurde von allen Ausgabepositionen weniger abgesenkt als die Investitionen. Diese sind schon vorher unter Ihrer Ägide gesunken, und zwar auf das augenblickliche Niveau. Das haben wir konstant gehalten. Es hat im Übrigen auch gar keinen Sinn zu sagen, das hätte man so oder anders machen können. Fakt ist, wir hatten im Jahr 2001 pro Jahr 5 Milliarden € neue Schulden. Im letzten Jahr hatten wir 1 Milliarde € Überschuss. Dies war in jedem Fall notwendig, um überhaupt die Basis zu haben, etwas zu tun.
Jetzt geht es darum, die 630 Millionen €, die wir nun zusätzlich haben – leider sowohl unser Teil von
150 Millionen € als auch der des Bundes in Höhe von 480 Millionen € vollständig über Schulden finanziert –, vernünftig auszugeben. Das ist eine Chance.
Ich stimme mit jedem überein, der sagt, es könne nicht so sein, dass wir nun hastig Listen auflegen und im Windhundverfahren entscheiden, nach dem Motto: Wer zügig ist, bekommt Geld, der andere geht leer aus. Der Senat wird sich schnell, aber auch sorgfältig überlegen, wie er diese Summe aufteilt. Wir haben den Betrag von 630 Millionen €. Wir haben gewisse Vorgaben, die wir einhalten: 65 Prozent für Bildungsausgaben, also Kitas, Hochschulen, Schulen, 35 Prozent für kommunale Investitionen, ökologische Gebäudesanierung, barrierefreie Zugänge in Verkehrseinrichtungen, Krankenhäuser usw. Wir werden das Geld so ausgeben, dass man erstens davon etwas sieht und zweitens dass es etwas nützt.
Es ist richtig, dass unsere Schulen einen Sanierungsbedarf haben, der weit über das, was wir in diesem Jahr ohnehin ausgeben – 100 Millionen € –, hinausgeht. Ob das 1 oder 1,5 Milliarden € oder 600 Millionen € sind, ist übrigens völlig egal. Es ist sowieso mehr, als wir haben. Natürlich ist es richtig, dass wir für die Schulreform auch Umbaumaßnahmen vor uns haben. Es ist klug, wenn wir es jetzt schaffen, das Geld, das wir nun zusätzlich haben und sowieso für Sanierungen ausgeben, so ausgeben, dass es zu den Bildungsreformen, die wir gerade betreiben, auch passt. Das gilt für alle Gebiete. Wir haben Konzepte für Gebäudesanierungen. Die liegen vor, mal mehr, mal weniger ausgearbeitet.
Zum Ablauf: Der Senat wird am nächsten Dienstag die Eckwerte für die großen Positionen festlegen. Dann wird es noch Wochen dauern, bis dieses mit Einzelmaßnahmen vernünftig untermauert ist. Dabei wird es auch Diskussionen geben. Das ist klar. Das Prinzip ist: Das Geld wird vollständig belegt. Das Prinzip ist: Wir bleiben auch beweglich; wenn es am Ende nicht abfließt, geht es woanders hinein. Es ist ebenfalls klar: Man wird sehr genau beobachten, ob wir das schaffen und wie wir das schaffen. Wir werden das Geld in den nächsten beiden Jahren vollständig beauftragen. Alle Aufträge, die man auslösen kann, werden auch ausgelöst. Dass jedoch das Geld vollständig abfließt, ist nicht machbar. Natürlich werden sich viele Baumaßnahmen in das Jahr 2011 hineinziehen. Das ist natürlich. Aber wir werden zeigen, dass wir das können, auch als Berliner Verwaltung.
Das kann allerdings nicht so gehen, dass wir es so machen wie bei einzelnen Schulsanierungen. Ein Fenster ist faul – das steht gerade heute in der Zeitung, von einem Schulleiter beschrieben –, Anruf beim Bezirk. Nach vierzehn Tagen kommt jemand, schaut sich das an, drei Monate lang passiert nichts, dann ist wieder ein Fenster faul, es erfolgt wieder ein Anruf, erneut kommt jemand vom
Wir werden es vernünftig ansetzen, und wir werden es, Herr Götze – jetzt ist er aus dem Raum –, auch zentral controllen. Erstens wäre es von der Sache her unzuträglich, zweitens jedoch für Berlin eine Blamage ohnegleichen, wenn wir jetzt mit Pomp ein Programm aufsetzten und zum Jahresende entdeckten, dass erst 10 Prozent beauftragt sind, und zum Jahresende 2010 bekennen müssten, dass wir 70 Prozent noch nicht ausgegeben haben.
Exakt das wird uns nicht passieren. Wenn wir dabei Wege gehen, die wir bisher so noch nicht gegangen sind, dann ist es auch gut. Wenn eine Krise Anlass zum Nachdenken gibt, dann ist das positiv. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Senator Sarrazin! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.
Mit der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses wird die Ablehnung des Antrags Drucksache 16/1925 empfohlen, und zwar gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und bei Enthaltung der CDU. Wer dem Antrag der Grünen Drucksache 16/1925 jedoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der FDP. Enthaltungen? – Das ist die Fraktion der CDU. Damit ist die Drucksache 16/1925 abgelehnt.
Zum Antrag Drucksache 16/2035 unter dem Tagesordnungspunkt 27 empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Hauptausschuss, wozu ich keinen Widerspruch höre.