Protokoll der Sitzung vom 29.01.2009

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den Grünen]

Die Erwartungshaltung gegenüber dem Fach Ethik und den Lehrerinnen und Lehrern, die das dort vertreten, war groß. Viele haben gesagt: Das werdet ihr gar nicht hinbekommen. – Ich habe mich bei vielen umgehört, auch bei Christen und anderen Religionsgemeinschaften, wie sie dieses Fach Ethik empfinden. Ich habe weitestgehend positive Reaktionen gehört. Es hat mir jedenfalls keiner gesagt, das im Unterricht etwas schiefläuft, dass dort nicht wertvolle Dinge miteinander beraten werden, und zwar von allen gemeinsam. Das ist doch wunderbar, dass alle ihre unterschiedlichen kulturellen Erfahrungen, ihre Weltanschauungen und ihre Religionen einbringen und man trotzdem begreift, dass es Gemeinsamkeiten für eine multikulturelle und demokratische Gesellschaft gibt. Dies im Unterricht zu erfahren und zu vertiefen, halte ich für einen Fortschritt. Ich würde mir wünschen, dass es auch in anderen Bundesländern ein ähnliches Fach geben würde. Es würde auch diese Länder bereichern, auch umgekehrt von Berlin aus beispielhaft für andere.

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den Grünen – Zuruf von Mieke Senftleben (FDP)]

Deshalb kämpfen wir dafür, dass das Fach Ethik nicht per Volksentscheid abgeschafft wird.

[Mieke Senftleben (FDP): Es wird ja nicht abgeschafft! Wissen Sie, was ein Wahlpflichtfach ist?]

Ich sage deutlich – und das haben wir im Staatsvertrag vereinbart –, dieser Senat steht zu den Religionsge

meinschaften und zur Religionsfreiheit in dieser Stadt. Diese Stadt wird auch alles sicherstellen, damit alle Religionsgemeinschaften den Zugang zur Finanzierung bekommen, auch auf der Basis des freiwilligen Unterrichts. 47 Millionen Euro werden für den Religionsunterricht an die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gezahlt. Wir behindern nichts. Und wenn es mehr sind, werden es auch 55 Millionen oder 60 Millionen sein.

[Mieke Senftleben (FDP): Sie haben es ja!]

Das ist überhaupt nicht das Thema. Das wird zu finanzieren sein. Das gehört zu einer pluralistischen Gesellschaft. Dazu stehen wir auch. Ich lasse mich auch nicht aufgrund einer Pro-Reli-Debatte als Kirchenfeind in die Ecke stellen.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Sie stellen sich da selber hin!]

Nein, da stelle ich mich gar nicht selbst hin! Sie werden es auch nicht schaffen, Herr Lindner, da können Sie noch so viel behaupten, wie Sie wollen! Dieser Senat hält nicht nur große Reden wie Sie immer, sondern er beweist tagtäglich durch aktives Tun, dass er in Partnerschaft mit den Kirchen in dieser Stadt ist.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zuruf von Christoph Meyer (FDP)]

Ich hätte mich gefreut, wenn Sie am 9. November gemeinsam mit Kardinal Sterzinsky und Bischof Huber und dem Senat gegen Neonationalsozialismus und menschenverachtende Aktionen demonstriert hätten.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Da ist der nie dabei!]

Es gibt in vielen sozialen und Integrationsfragen einen Schulterschluss mit den Kirchen, wo Sie so kirchenfeindlich sind, wie man nur kirchenfeindlich sein kann. Herr Lindner! Man kann nicht nur Rosinenpickerei betreiben.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Wir sind in einer verlässlichen Partnerschaft mit den Kirchen.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Das sehen die anders!]

Wir wissen auch, welch wichtigen Beitrag die Kirchen für unser Gemeinwesen leisten. Wir wussten, dass wir mit der Evangelischen Kirche in der Frage „Religionsunterricht und Wahlpflichtfach“ im Dissens sind. Trotzdem haben wir den Staatsvertrag gemacht, weil nicht ein Trennendes das Gemeinsame verhindern soll.

In dem Sinne appelliere ich an die Berlinerinnen und Berliner, sich erst einmal über den Stand zu informieren. Es ist falsch, dass Religion abgeschafft wird. Religion wird weiterhin angeboten und unterstützt. Das gehört zur Wahrheit dazu. Hier schafft keiner Religion ab.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe von der FDP]

Zweitens würde die Wahlfreiheit bei einem erfolgreichen Volksentscheid abgeschafft werden. Die Schülerinnen und Schüler hätten nicht mehr die Möglichkeit, gemeinsam mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern im Fach Ethik unterrichtet zu werden. Dieses ist Wahlfreiheit abschaffen und nicht etablieren. Deshalb sind wir dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger deutlich verstehen sollen und müssten, dass es bei „Pro Reli“ genau um die Spaltung und um die Wahlunfreiheit geht.

[Zurufe von der FDP]

Wir stehen dafür, dass alle gemeinsam Ethikunterricht haben und der bekennende Religions- und Weltanschauungsunterricht auf freiwilliger Basis mit Finanzierung des Staates möglich ist. Das ist die beste Kombination für eine gemeinsame Werteerziehung, ohne den bekennenden Unterricht zu behindern. Deshalb gegen den Volksentscheid und für die Wahlfreiheit! Deshalb werden wir in den nächsten Wochen die Debatte führen müssen, nicht gegen die Kirchen,

[Dr. Martin Lindner (FDP): Doch, doch!]

sondern für die Gesellschaft in unserer Stadt, die eine multikulturelle Gesellschaft ist. – Schönen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Beifall von Özcan Mutlu (Grüne)]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich komme zu den Abstimmungen, und zwar zuerst über den dringlichen Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP. Wer dem Antrag Drucksache 16/2086 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Gegenprobe! – Das sind die anderen Fraktionen. Damit ist der Antrag abgelehnt. Ich frage deshalb nicht mehr nach Enthaltungen.

Ich komme zur nächsten Abstimmung, und zwar über den Antrag der Fraktion der Grünen Drucksache 16/2087 sowie den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen über die Neufassung der Überschrift in „Direkte Demokratie ernst nehmen – engagiert für gemeinsamen Ethikunterricht eintreten“. Wer dieser Überschrift seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Linksfraktion und die Fraktionen der Grünen und der SPD. Gegenprobe! – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP.

[Zurufe]

Und die Grünen! – Moment! Dann lasse ich noch einmal abstimmen. Das war eben unklar.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Es war sehr klar!]

Ich komme noch einmal zum Antrag der Fraktion der Grünen und lasse über den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen über die Neufassung der Überschrift in

„Direkte Demokratie ernst nehmen – engagiert für gemeinsamen Ethikunterricht eintreten“ abstimmen. Wer dieser Überschrift seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Linksfraktion und die Fraktion der SPD. Gegenprobe! – Das sind die Fraktionen der Grünen, der CDU und der FDP. Damit ist so entschieden.

Ich komme jetzt zu einer getrennten Abstimmung und lasse über den dringlichen Antrag der Fraktion der Grünen abstimmen. Wer dem ersten Absatz des Antrags seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der Grünen, der CDU und der FDP. Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich komme nun zu dem zweiten Absatz des Antrags Drucksache 16/2087. Wer dem seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Linksfraktion und die Fraktionen der Grünen und der SPD. Gegenprobe! – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Damit ist so beschlossen.

Die Linksfraktion verzichtet auf ihre Priorität unter dem Tagesordnungspunkt 4 a.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4 b:

Antrag

Parlamentsbeschlüsse gelten auch für Sarrazin und Wowereit

Antrag der CDU und der Grünen Drs 16/2070

Das ist die Priorität der Fraktion der Grünen unter dem Tagesordnungspunkt 27.

[Unruhe]

Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich aus dem Saal entfernen, bitte ich, das schweigsam zu tun.

Für die Beratung steht den Fraktion jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der Grünen. Das Wort hat der Kollege Schäfer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für den Klimaschutz. Herr Teichert hat zugesagt, dass die CO2-Minderungen, die der angebotene Strom erreicht, bei der Stromausschreibung zu einem Drittel darüber entscheiden – –

[Unruhe]

Herr Kollege! Ich darf Sie kurz unterbrechen. – Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, wenn Sie sich aus dem Saal entfernen, das geräuschlos zu tun, um den Redner nicht zu stören.

[Beifall bei den Grünen]