Danke, Herr Präsident! – Es ist heute ein guter Tag für den Klimaschutz. Und dies konnte ich noch nicht oft in diesem Parlament sagen! Herr Teichert hat heute zugesagt, dass bei der Stromausschreibung des Landes Berlin die CO2-Minderung, die der angebotene Strom erreicht, zu einem Drittel darüber entscheidet, wer den Zuschlag bekommt. Ich weiß nicht, ob Senator Sarrazin schon weiß, dass dies Herr Teichert heute zugesagt hat. Ich weiß auch nicht, ob es ihn überhaupt noch interessiert. Wenn die Ankündigung von Staatsekretär Teichert tatsächlich ohne Tricksereien umgesetzt wird, dann heißt dies, dass wir im Land Berlin ab dem Jahr 2010 100 Prozent Ökostrom haben werden, und darüber freuen wir uns.
Endlich wird es dann grünen Strom im Roten Rathaus geben und in allen anderen öffentlichen Gebäuden auch. In Bremen, wo das Land Anfang des Jahres auf 100 Prozent Ökostrom umgestiegen ist, sind die Mehrkosten bei einem Prozent, in anderen Städten und Ländern bei zwei Prozent gegenüber Kohle- und Atomstrom. Sie können sich ausrechnen, wenn die CO2-Minderung zu einem Drittel in die Ausschreibung einfließt, dann werden wir bei 100 Prozent Ökostrom landen.
Das ist ein großer Schritt für den Klimaschutz, denn den Stromverbrauch von 330 000 Durchschnittshaushalten macht es etwa aus, was wir in Berlin als Land an Strom verbrauchen. Es ist ein großer Erfolg für alle Klimaschützerinnen und Klimaschützer in dieser Stadt – da schließe ich die Umweltpolitiker von SPD und Linksfraktion ausdrücklich ein. Vor allem gilt unser Dankeschön aber der Entwicklungsorganisation „Weed“ und dem Umweltverband „BUND“, die das Thema Anfang des Jahres noch einmal auf die Agenda gehoben haben.
Unser Dank gilt der Studenteninitiative „Ökostrom“, unser Dank gilt der BVV Kreuzberg mit ihrem gestrigen Beschluss, unser Dank gilt den Kollegen von der CDU, die diesen Antrag heute mit uns eingebracht haben.
Dieser Erfolg ist hart erkämpft. Noch Anfang des Monats hat Herr Buchholz, der SPD-Umweltpolitiker – sogenannte Umweltpolitiker –,
gesagt: 20 Prozent Ökostrom und 50 Prozent Kohlestrom – damit wären wir bundesweit Vorreiter. 20 Prozent Ökostrom: So wenig hätten wir in den Jahren 2010 und 2011 gar nicht nehmen dürfen, weil wir allein durch das EEG gezwungen wären, ungefähr 22 Prozent zu kaufen. Das heißt, da ist von Vorreiter nicht die Rede, sondern RotRot ist mit Zielwerten angetreten, die noch unter dem liegen, wozu wir verpflichtet sind.
Dieser heutige Erfolg ist leider eine Ausnahme, wenn man sich die Beschlüsse anguckt, die das Haus getroffen hat: Klimaneutrale Dienstflüge – in der Umsetzung ist von Klimaneutralität keine Rede mehr. Solardächer kostenfrei anbieten – leider kann man dies nicht wie in München kostenfrei anbieten, so die Umweltsenatorin, weil wir hier weniger Sonne haben. Dann haben wir einen Beschluss zum Kohlekraftwerk getroffen. Dazu gibt es eine Erklärung, wie der Senat ihn umsetzt: Zu dem von Vattenfall Europe geplanten Neubau eines Kraftwerks Klingenberg habe der Senat seine Position „hinsichtlich der Größe der Anlage und des geplanten Einsatzes des Energieträgers Kohle (...) stets deutlich“ gemacht. – Dieser Beschluss ist der einzige, der übererfüllt wurde, weil der Senat nicht nur eine, sondern gleich mehrere Positionen stets deutlich gemacht hat: Frau Lompscher die eine, Herr Wowereit die andere. Herr Wolf ist der Einzige, der noch nichts deutlich gemacht hat.
Das Arbeitsprogramm sieht vor, dass der Entwurf des Klimaschutzgesetzes Ende letzten Jahres hätte vorliegen sollen. Er liegt bis heute nicht vor. Ein Bericht über die Auswirkungen des Klimawandels hätte Ende 2008 vorliegen sollen. Er liegt bis heute nicht vor. Ein Berliner Energiestandard hätte bis Ende letzten Jahres auf dem Tisch liegen sollen. Er liegt bis heute nicht vor. Dieser Senat macht Klimaschutz mit dem Tempo einer narkotisierten Schnecke.
Herr Wowereit! Sie selbst haben gerade kritisiert, dass 22 Monate für die Beauftragung eines Gutachtens zu lang ist. Aber dennoch: Sie haben Klimaschutz zur Chefsache gemacht, sind aber anscheinend nicht in der Lage, in Ihrem eigenen Senat durchzusetzen, dass man hier schneller vorankommt. Deshalb freuen wir uns, dass heute zum ersten Mal dieses Parlament gezeigt hat, wer beim Klimaschutz wirklich Chef ist, nämlich dieses Parlament selbst. Das erste Mal wurde diesem Senat Druck gemacht, und so konnten wir erreichen, dass wir 100 Prozent Ökostrom in Berlin bekommen. – Vielen Dank an alle Beteiligten!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schäfer! Ich habe nicht so richtig verstanden, worüber wir eigentlich reden: über die vielen Erfolge der Umwelt- und Klimaschutzpolitik dieser Koalition? Das mache ich immer gern. Die haben Sie auch ausdrücklich gelobt. Reden wir über Ihre Behauptungen, die sich in Luft auflösen, oder reden wir über Ihren Antrag?
Der Antrag macht nun wenig bis gar keinen Sinn. Deshalb braucht man auch nicht fünf Minuten darüber zu reden. Das haben Sie auch nicht, dies will ich Ihnen gern zugestehen. Sie haben überhaupt nicht über Ihren Antrag geredet, aber er steht eigentlich als Priorität auf der Tagesordnung. Darüber müssen wir schon einmal reden. CDU und Grüne hauen dabei so richtig auf die Pauke: Der Senat missachtet Parlamentsbeschlüsse. Selbst einfache Höflichkeitsfloskeln, dass man zum Beispiel Namen eine kurze Anrede voranstellt, werden missachtet – Sarrazin und Wowereit sollen sich gefälligst an Beschlüsse halten! So viel zum sprachlichen und kulturellen Teil.
Das Ganze entpuppt sich aber, wie wir gerade gesehen haben, zu einem schwarz-grünen Kasperletheater – Herr Wilke wird es sicher gleich fortsetzen. Denn worum geht es eigentlich? Geht es nur darum, sich seine Erfolge selbst zu konstruieren?
Am 15. Januar hatte die „taz“ darüber berichtet, dass es Schwierigkeiten mit der Berücksichtigung von Umweltkriterien in der Ausschreibung gebe. Das hat Herr Schäfer zum Anlass genommen, dazu hier im Parlament eine Anfrage zu stellen. Nun ist es ehrenwert, wenn man die „taz“ liest. Ich finde es auch sehr gut. Es gibt sie schon 30 Jahre, und es soll sie auch möglichst weitere 30 Jahre geben. Nur, Herr Schäfer, wenn man etwas für die „taz“ tun will, muss man sie nicht nur einmal im Monat lesen, sondern am besten täglich, jedenfalls jeden Tag, an dem sie erscheint – sonntags leider noch nicht. Deshalb mein Rat an Sie: Abonnieren Sie die „taz“, dann hätten Sie nämlich an den nächsten Tagen auch lesen können, was sich noch in dieser Stadt ereignet und was im Abgeordnetenhaus in Ihrer Anwesenheit gesagt wird, da Sie es offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen haben!
Am 19. Januar hat nämlich die „taz“, und zwar derselbe Autor, geschrieben, Klaus Wowereit fordere wie Grüne, CDU, Umweltschutzverbände und SPD klare Ökokriterien bei der Stromausschreibung. – Das wurde damals noch als Kritik am Finanzsenator verkauft. Da könnte man sagen: Gut! Da könnte der Antrag noch lauten: Sarrazin muss sich an Parlamentsbeschlüsse halten!
Jetzt haben wir aber die „taz“ vom 21. Januar, wieder derselbe Autor, und dieser sagt: „Sarrazin gibt klein bei – Weg frei für Ökostrom in Berliner Behörden“. Finanzsenator Sarrazin gebe seinen Widerstand auf und habe in der Auseinandersetzung nachgegeben. Es gelte, was der Regierende Bürgermeister im Abgeordnetenhaus gesagt habe. – Sehr schön! Da hätte man eine grüne Presseerklärung machen können: Wir haben uns durchgesetzt! Der Senat steht zu den Beschlüssen! – Aber nein! Stattdessen kommt am selben Tag ein Antrag: Sarrazin und Wowereit sollen sich an Parlamentsbeschlüsse halten! Für wie doof halten Sie uns eigentlich, oder wie dumm machen Sie sich hier?
Herr Gaebler! Ist Ihnen bekannt, dass am 21. Januar, das ist der Tag, an dem wir diesen Antrag eingebracht haben, die Senatsverwaltung für Finanzen noch gesagt hat, Ökostrom werde nur bestellt, wenn er billiger ist? Oder ist Ihnen das nicht bekannt? Ist Ihnen bekannt, dass sie den „taz“-Artikel dementiert hat, oder ist Ihnen das nicht bekannt?
Erst einmal gebe ich etwas darauf, was vom Senat in Parlamentsdebatten direkt gesagt wird und was im Plenarprotokoll steht. Dann habe ich das gemacht, was Sie gemacht haben, nämlich mich auf „taz“-Artikel bezogen. Wenn ich mich auf Hörensagen verlasse, was angeblich irgendwelche Senatsverwaltungen irgendwelchen Journalisten vielleicht gesagt haben könnten, dann hätte ich viel zu tun. Für mich gilt, was der Senator gesagt hat, und für mich gilt vor allen Dingen, was der Regierende Bürgermeister gesagt hat. Wenn Sie es dann immer noch nicht geglaubt haben: Heute hat nun der Staatssekretär Teichert, der nicht unbedingt für sein weiches Herz gegenüber Ökofanatikern bekannt ist, für die Senatsverwaltung noch einmal deutlich erklärt, was die „taz“ am 21. Januar auch berichtet hat. Spätestens da war Ihr Antrag nicht nur erledigt, sondern auch total überflüssig.
Deshalb, Herr Schäfer: Es ist schön, dass Sie uns loben, dass Sie auch Herrn Buchholz gelobt haben – das haben Sie immerhin indirekt gemacht, da er Umweltpolitiker der Koalition ist –,
dass Sie sagen: Endlich geht es mal voran, der Senat macht es richtig! – Aber das heißt, ich gehe davon aus, dass Ihr Antrag jetzt auch erledigt ist und Sie ihn zurückziehen. Alles andere wäre ziemlich lächerlich. – Vielen Dank!
Herr Gaebler! So sauber, wie Sie das darstellen, stellt es sich leider nicht dar. Die Grünen und die Linke haben übrigens nicht das Vertrauen gehabt, dass Ihre Fraktionen
das gegen den Senat durchsetzen. Noch gestern wurde in der Bezirksverordnetenversammlung Kreuzberg folgender Antrag von der Linksfraktion eingebracht:
Das Bezirksamt wird beauftragt, die zuständige Senatsverwaltung aufzufordern, in der Ausschreibung zur Stromversorgung Berlins die ökologischen Kriterien stärker als bisher zu gewichten und somit die selbst gestellten Ziele des Klima- und Umweltschutzes umzusetzen und möglichst schnell die Stromversorgung auf Ökostrom umzustellen.
Sie sehen also – übrigens: die SPD hat auch zugestimmt! –, selbst SPD und Linke vertrauen in dieser Frage mehr einem grünen Bezirksamt als einem rot-roten Senat, dass er helfen kann, diese Beschlüsse umzusetzen.
Als wir den Antrag eingebracht haben, haben wir selbstverständlich gedacht, dass es Ihnen schwerfallen würde, ihn abzulehnen und diese Ablehnung zu begründen. Deshalb haben wir ihn eingebracht. Augenscheinlich hat das auch einiges bewirkt. Dadurch, dass Herr Teichert heute diesem Druck nachgegeben hat, hat der Antrag sein Ziel erreicht. Deshalb beantragen wir, den Antrag für erledigt zu erklären.
Herr Schäfer! Das war jetzt die Offenbarung. Wir haben in der Geschäftsführerrunde und auch im Präsidium lange darüber diskutiert, wie man die Tagesordnung umstellt, wie man mit Prioritäten umgeht, was man sozusagen zum Kern der Debatte macht.
Jetzt sagen Sie, Ihre Priorität sei es tatsächlich, einen Antrag für erledigt zu erklären. Herr Schäfer, herzlichen Glückwunsch! Das ist toll, das ist ganz großes Kino!
Herr Schäfer hat sich erst einmal über Tage hinweg sein eigenes Schauspiel aufgebaut, durch verschiedene Artikel in der „taz“, die er dann irgendwann nicht mehr gelesen hat, weil sie nicht mehr in seine Dramaturgie passten. Dann haben Sie einen Antrag eingebracht, dann heute noch einmal Erkenntnisse gewonnen, dann halten Sie
Ihren Pflichtbeitrag, wie toll die Grünen mit ihrer ökologischen Orientierung sind, sagen aber: Eigentlich hat die Koalition den Sprung jetzt geschafft. Dann ist Ihr Antrag erledigt, und trotzdem ist Rot-Rot blöd.