Protokoll der Sitzung vom 29.01.2009

Ihren Pflichtbeitrag, wie toll die Grünen mit ihrer ökologischen Orientierung sind, sagen aber: Eigentlich hat die Koalition den Sprung jetzt geschafft. Dann ist Ihr Antrag erledigt, und trotzdem ist Rot-Rot blöd.

[Ja! von den Grünen]

Das ist ein bisschen einfach, das ist ein bisschen platt.

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Deshalb sage ich zum Abschluss, was wir als Regierungsfraktion und der Senat vorangebracht haben.

Lieber Herr Schäfer! Da geht es um mehr als 100 Prozent Ökostrom. Das ist nämlich ein Ziel, das man immer so vor sich herträgt, das hört sich gut an, das bringt aber vielleicht gar nicht so viel.

[Zurufe von den Grünen]

Wir haben gesagt, wir sind besser als viele andere, auch grün mitregierte Städte. Wir machen qualitative Vorgaben. Wir sagen: jährlich 1 Prozent Energieeinsparung durch Lieferanten. Wir sagen: ein Drittel Ökokriterien bei der Bewertung der Angebote. Das wird auch von den Umweltverbänden, lieber Herr Schäfer, und von Juristen als sehr fortschrittlich und richtungsweisend – und übrigens wesentlich weitergehender als das, was Sie erzählen und was vielleicht einige andere Kommunen gemacht haben – gewertet. Deshalb: Vielen Dank für die Unterstützung, aber wir sind doch schon einen Schritt weiter, als Sie denken! Das geben Sie ja mit dem Zurückziehen Ihres Antrags auch zu.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion) und Wolfgang Brauer (Linksfraktion)]

Das Wort für die Fraktion der CDU hat der Kollege Wilke. – Bitte schön!

[Uwe Doering Linksfraktion): Der Antrag ist doch zurückgezogen!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gaebler! Wir sind ja nun nicht verdächtig, der „taz“ nahezustehen, aber wo sie denn mal recht hat, hat sie recht.

[Christian Gaebler (SPD): Aber man muss sie auch jeden Tag lesen!]

Aber wenn man sie jeden Tag liest, ist das augenscheinlich auch der Grund, warum der Kollege Buchholz dieses Mal nicht reden durfte, denn die Kommentare, die er in dieser Sache in der „taz“ abgegeben hat, waren eindeutig und verhindern, dass er heute einen besseren Beitrag geleistet hätte als Sie.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Seit knapp einem Jahr müsste der Senat beim Einkauf von Produkten und Dienstleistungen entsprechend den hier im

Abgeordnetenhaus getroffenen Beschlüssen auch ökologische Kriterien zu einem Drittel als Bewertungskriterium von entsprechenden Ausschreibungen berücksichtigen. Es lohnt sich, in diesem Zusammenhang auch einmal darüber zu sprechen. Aber interessiert hat es bislang in diesem Senat niemanden. Gut, dass der Senator Sarrazin des Öfteren das Parlament ignoriert, war zuweilen zur Kenntnis zu nehmen. Das mussten wir erst gestern wieder beim Thema Nachtragshaushalt erfahren. Anstatt den Hauptausschuss vernünftig darüber zu informieren, plaudert Finanzsenator Sarrazin darüber lieber mit der Presse. Aber wenigstens die Senatorin Lompscher könnte sich doch einmal auf ihren Aufgabenbereich im Senat besinnen, ist sie doch für die Umweltpolitik zuständig. Jedenfalls trägt sie den Titel. Doch auch sie tat die Berücksichtigung der ökologisch zuschlagsentscheidenden Kriterien bei der letzten Sitzung des Ausschusses für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz mit dem Verweis auf die Zuständigkeit der Senatsfinanzverwaltung glatt ab.

Der hier vor knapp einem Jahr von vier Fraktionen beschlossene Antrag mit der Überschrift „Nicht nur der Preis zählt – ökologische Kriterien bei der Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen stärker berücksichtigen“ umfasst explizit den Anwendungsbereich Stromausschreibung. Dabei sind auch – das kann man in dem Beschluss nachlesen – Ausschreibungsverfahren so zu gestalten, dass ökologische Anforderungen zu einem Drittel als zuschlagsentscheidende Kriterien genannt werden. Wie deutlich, Herr Gaebler, müssen Mehrheiten im Parlament eigentlich noch ausfallen? Wie deutlich muss ein Beschluss im Wortlaut in diesem Parlament eigentlich noch gefasst sein, damit der Senat aus eigenem Antrieb begreift, was er zu tun hat?

[Beifall bei der CDU]

Laut einer Berliner Tageszeitung, welche dem rot-roten Senat näher steht als uns – ich erwähnte sie vorhin –, hat der Senat seit dem Abgeordnetenhausbeschluss keine einzige der seither 109 Ausschreibungen nach der EinDrittel-Maßgabe gestaltet. Die 110. zur Debatte stehende Ausschreibung soll diese Maßgabe nun berücksichtigen, so die heutigen Ankündigungen des Finanzstaatssekretärs zum Stromliefervertrag.

Dies ist ein Erfolg der Opposition, ein Erfolg dieses schwarz-grünen Antrages, auch wenn er abgelehnt werden sollte oder von den Grünen zurückgezogen wurde.

[Christian Gaebler (SPD): Sie können ihn nicht allein zurückziehen!]

Ach, hören Sie lieber zu, als dazwischenzuschwafeln! –

[Beifall bei der CDU und den Grünen]

Abgesehen vom Stromlieferungsvertrag kommt es nun darauf an, dass auch bei anderen zukünftigen Ausschreibungen das Ein-Drittel-Entscheidungskriterium Berücksichtigung findet. Wenn weiterhin einzig der Preis das Zuschlagkriterium bleibt, hat ein Unternehmen, das aufgrund ökologischer Kriterien einmalig mehr Geld verlangt, dafür jedoch den Energieverbrauch des

Ausschreibungsgegenstands senkt, auch weiterhin keine Chance auf den Zuschlag. Das wäre schädlich für die Umweltpolitik, das wäre schädlich für den Klimaschutz, und zudem würden höhere Energiekosten langfristig den Landeshaushalt belasten. Auch hierfür fand die „taz“ ein aktuelles Beispiel, dieses Mal aus dem Haus Junge-Reyer mit der Ausschreibung „Wartung von öffentlichen Beleuchtungseinrichtungen und Verkehrsampeln“.

Sie sind am Ende der Redezeit!

Vielen Dank für den Hinweis, Herr Präsident! – Es wäre gut, wenn das Abgeordnetenhaus den vorliegenden Antrag dennoch unterstützt, damit auch zukünftige Ausschreibungen den Parlamentswillen berücksichtigen.

[Beifall bei der CDU – Christian Gaebler (SPD): Können Sie sich mal einigen?]

Vielen Dank! – Das Wort für die Linksfraktion hat die Frau Abgeordnete Platta. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bild, das Sie hier heute abliefern, werte Kollegen von den Grünen und der CDU, ist ein erstaunliches. Die einen pochen darauf, den Antrag doch noch zur Abstimmung zu stellen, die anderen sagen: Es hat sich erledigt, wir haben jetzt Gott sei Dank eine klare Linie im Senat. Wir schaffen das durch die Opposition – oder wen auch immer –, aber auch mit den umweltpolitischen Sprecherinnen und Sprechern der Koalition. – So gehen Sie daran, die anderen gehen völlig anders an die Sache heran. Ich bin schon erstaunt, wie Sie sich hier darstellen!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Über den Antrag selbst muss man nicht mehr viel reden. Dennoch möchte ich anmerken, wie wir das weitere Herangehen an diese Maßnahme Stromausschreibung sehen wollen.

Die Information, die wir zurzeit haben, ist – wie heute schon dargestellt worden ist –, dass die ökologischen Kriterien berücksichtigt werden. Was wir bis jetzt noch nicht erkennen konnten – und darauf möchte ich jetzt eingehen –, ist, wie hoch eigentlich die Größe für die Strombeschaffung ist. Darauf sollten wir unser Augenmerk richten, denn die Einsparung erreichen wir nicht nur durch die Reduzierung des CO2-Ausstosses durch die Erzeugung des Stroms, sondern auch dadurch, dass wir einfach Einsparungen im Verbrauch darlegen. Da haben wir im Landesenergieprogramm erstaunliche Punkte festgelegt, Fifty-Fifty ist da nur einer. Wir haben in der nächsten Zeit über das Beleuchtungsprogramm ebenso

Einsparungen zu erzielen. Da sollten wir, bevor die Ausschreibung herausgeht, noch einmal nachfragen, wie groß eigentlich unsere Strommenge ist.

Dieser Stromvertrag wird für drei Jahre festgelegt. Er wird keine Auswirkung auf den Kraftwerksbau in Klingenberg haben, sodass die Befürchtungen, die die Grünen immer mithineingetragen haben, nicht zutreffend sind. – Wir lehnen den Antrag ab. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Schmidt das Wort! – Herr Kollege! Sie wissen, dass beide antragstellenden Fraktionen den Antrag für erledigt erklärt haben. Sie haben aber selbstverständlich das Recht zu sprechen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem, was hier läuft, möchte ich etwas sagen. Meine vorbereitete Rede kann ich weglegen, aber die schäfersche Euphorie kann ich nicht ganz nachvollziehen – auch nachdem ich die Antwort auf die Mündliche Anfrage gehört habe, die heute nicht ganz zufällig gestellt wurde. Herr Teichert hat gesagt: All das wird umgesetzt, wenn es vergaberechtlich möglich ist. – Das ist natürlich eine schöne Formulierung, hinter der man vieles verstecken kann. Vieles, was hier beschlossen wurde, ist aus unserer Sicht vergaberechtlich nicht möglich. Herr Schäfer hat sich über das, was alles Tolles umgesetzt wurde, in Rage geredet. Es gibt aber in den Anträgen auch einzelne Beispiele, die nicht genannt wurden: die einprozentige Einsparung bei den Lieferanten, die Umsetzung in Ausführungsvorschriften u. Ä. – Wir als FDP waren gar nicht so unglücklich darüber, dass viele dieser Dinge nicht umgesetzt wurden. Wir waren nämlich gegen vieles davon.

Heute wollte ich eigentlich über die Selbstachtung des Parlaments reden und unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Dinge umgesetzt werden – auch wenn wir dagegen waren. Nach dem, was Bündnis 90/Die Grünen und die CDU geboten haben, fällt mir das mit der Selbstachtung aber ein bisschen schwer. Wenn wir ernsthaft sein wollen und den Anspruch haben, Politik tatsächlich umzusetzen, dann haben wir gemeinsam die Pflicht, den Senat zu kontrollieren. Auch die Koalitionsfraktionen haben die Pflicht, dafür zu sorgen, dass Dinge, die mit ihrer eigenen Mehrheit beschlossen wurden, umgesetzt werden. Wir müssen uns ernsthaft verhalten und ernsthaft diskutieren. Heute hatte ich den Eindruck, dass bei diesem wichtigen Thema die Ernsthaftigkeit gefehlt hat.

Sorgen wir dafür, dass anständige Energie- und Umweltpolitik betrieben wird! Herr Schäfer, lesen Sie noch einmal genauer nach, was der Senat wirklich umsetzt! Dann werden wir uns darüber unterhalten, wenn es tatsächlich etwas zu diskutieren gibt. Der Antrag hat sich in der vor

vorliegenden Form offensichtlich erledigt. Zu Recht! Gut, dass wir als FDP nicht darunter gegangen sind. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – In der Tat hat sich der Antrag durch den Eingang entsprechender Erklärungen erledigt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4 c:

Antrag

Gebührenordnung für Schornsteinfegerleistungen überprüfen – Kosten senken und transparente Gebührenverzeichnisse einführen

Antrag der FDP Drs 16/2054

Das ist die Priorität der Fraktion der FDP.

Ich hatte den Antrag vorab bereits federführend an den Ausschuss für Bauen und Wohnen sowie mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Frauen überwiesen. Ihre nachträgliche Zustimmung hierzu stelle ich fest.