Protokoll der Sitzung vom 19.02.2009

Erster Punkt zum Änderungsantrag der CDU: Selbstverständlich ist es notwendig und erwarten wir – das schreibt das Berliner Datenschutzgesetz auch vor –, dass vor Inkrafttreten der Datei die notwendigen Verordnungen ergangen sind und ein Sicherheitskonzept mit Zustimmung des Datenschutzbeauftragten vorliegt. Bevor diese Datei ans Netz geht, muss es das geben. Nur ist das Problem, dass erst auf der gesetzlichen Grundlage, die wir hier schaffen, eine solche Verordnung und ein solches Sicherheitskonzept tatsächlich erstellt werden können. Deswegen geht der Schritt, den Sie vorschlagen, in dieser Form nicht. Aber wir werden es brauchen, und vorher wird diese Datei auch nicht ans Netz gehen.

Letzter Punkt zu dem, was wir als Koalition als Änderung beantragt haben: Wir nehmen einen rechtstechnischen Hinweis des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes und der Justizverwaltung auf. Wir bitten um Zustimmung. Rechtstechnik ist immer wichtig und immer gut. Ich will aber diese Bitte mit der Erwartung in der Sache verbinden, dass die Senatsverwaltung – wie von uns ursprünglich gefordert – eine Vereinbarung mit den Trägern der Schulen herstellt. – Danke!

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Zillich! – Jetzt hat Frau Senftleben für die FDP-Fraktion das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte vorab zwei Dinge klarstellen, damit es nicht im Laufe meines Beitrages zu Missverständnissen kommt. Erstens ist der FDP-Fraktion durchaus bewusst, dass eine streng gefasste Schülerdatei mit dazu beitragen kann, den Schulbeginn besser zu organisieren. Zweitens: Der FDP-Fraktion ist klar, dass Schulschwänzerei nicht länger hinnehmbar ist. Auch hiergegen müssen wir etwas tun.

Mit dem vorliegenden Gesetz zur Schülerdatei haben wir uns in der Tat lange befasst: Datenschutzausschuss, Bildungsausschuss – jeweils mit einer Anhörung. Dabei wurden zwei Dinge deutlich. Erstens: Keiner der Anzuhörenden hat sich vor Begeisterung ob dieses Gesetzes auf die Schenkel geklopft. Zweitens: Die Haltung der SPD bezüglich des Datenschutzes ist bekannt, wir wissen: Sie nehmen es nicht so genau, was auch Frau Hertel soeben demonstriert hat. Aber auch die Kollegen von den Linken sind erwischt worden, auch wenn sie sich gern als Datenschutzpartei gerieren – nichts da! Die vorgenommenen Änderungen sind lediglich marginal.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Benedikt Lux (Grüne)]

Jedoch lassen Sie mich dieses wenigstens erwähnen, Herr Zillich: Es ist positiv zu bewerten, dass mehr Daten zukünftig nur noch anonymisiert erfasst werden. Außerdem haben Sie sich bei den Löschfristen bewegt und den Evaluationsbericht eingefordert. Aber das empfinde ich eher als Selbstverständlichkeit. Wir hätten uns generell mehr Bewegung gewünscht. Offensichtlich haben einige von Ihnen lediglich Krokodilstränen geweint. Das ist eine Form von Unehrlichkeit, die ich überhaupt nicht nachvollziehen kann.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Benedikt Lux (Grüne)]

Dennoch gestehen wir Ihnen zu, dass Sie dazu gelernt haben, und vor allem haben Sie sich in Teilen unserem Änderungsantrag angeschlossen. Das war es dann aber auch.

Das Gesetz hat trotz der Änderungen von Rot-Rot erhebliche grundsätzliche Mängel. So werden in diesem Gesetz zwei Bereiche miteinander verknüpft, die eigentlich überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Es geht zum einen um die Organisation von Schule und zum anderen greift das Gesetz das Thema Schuldistanz auf. Es soll Jugendrichter unterstützen, damit sie schneller auf die Daten zurückgreifen können. Noch einmal: Die FDP sieht

zurückgreifen können. Noch einmal: Die FDP sieht hier ebenfalls Probleme, und wir stehen auch auf Ihrer Seite, Herr Senator Zöllner, wenn es darum geht, Lösungen zu finden.

[Benedikt Lux (Grüne): Den interessiert gar nicht mehr, was Sie sagen!]

Geht es um die Organisation von Schule, so weiß es die ganze Stadt, Herr Senator Zöllner: Sie können es nicht! Ich kann nur sagen: Same procedure as every year! Es wird Zeit, dass sich hier etwas ändert.

Die Frage ist jedoch: Welcher Weg ist der richtige? – Vorab sollten wir wissen: Gesetze, mit denen umfangreich Daten erfasst und verwertet werden, müssen sich an datenschutzrechtlichen Grundsätzen messen lassen. Es gilt der Grundsatz der Datensparsamkeit. Die entscheidende Frage lautet: Welche Daten brauche ich wofür und wie lange?

[Beifall bei der FDP – Beifall von Benedikt Lux (Grüne)]

Unsere Antwort ist klar: Wir brauchen die Daten derjenigen, die eingeschult werden, und wir brauchen die Daten derjenigen, die die Schule wechseln. Was wir nicht brauchen, ist die dauerhafte zentrale Speicherung der Daten aller Schüler und Schülerinnen in dieser Stadt, so wie es hier vorgesehen ist.

[Beifall bei der FDP und den Grünen]

Die Schülerwechseldatei – wie wir das in unserem Antrag definiert haben – wäre das richtige Instrument. Schade, dass Sie dies immer noch nicht verstanden haben!

Unser Änderungsantrag liegt Ihnen vor – die Einrichtung einer Schülerwechseldatei. Ziel ist es, den Schulbeginn besser zu organisieren – nicht mehr und nicht weniger. Da sind wir bei Ihnen. Unser Vorschlag genügt den Anforderungen. Ein Mehr an Daten ist nicht notwendig. Damit entspricht unser Antrag auch dem Grundsatz der Datensparsamkeit, der da heißt: So viele Daten wie nötig, aber auch so wenig wie möglich. Noch einmal, Frau Hertel: Das ist ein eklatanter Unterschied zu dem vorliegenden Antrag von Rot-Rot.

Aber das Gesetz will auch noch etwas anderes. Es will die Schwänzerei bekämpfen. Notwendig ist auch dieses. Hier haben Sie viel zu lange geschlafen, die Augen fest zugeschlossen – außer Sprechblasen nichts gewesen. Schön, dass Sie aufgewacht sind! Aber das hat in diesem Antrag überhaupt nichts zu suchen. Das sind zwei Paar Schuhe. Sie wissen, dass unsere Fraktion auch zu diesem Thema einen Antrag eingebracht hat. Wir wollen eine zentrale Problemindexdatei. Es geht uns nicht allein um Abfrage der Daten durch Polizeibedienstete. Wir wollen, dass die Jugendämter bei mehrfachem Schwänzen automatisch informiert werden, damit sie – das ist das Wesentliche – auch etwas tun können. Damit sie eingreifen können, mit Elterngesprächen, Hausbesuchen usw. Da gibt es viele Möglichkeiten. Diese Indexdatei wäre zudem wesentlich effizienter.

Frau Senftleben! Darf ich Sie darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit beendet ist.

Die Jugendrichter wären zufrieden, und auch hier würde der Grundsatz gelten: Kein Datenwust, keine überflüssigen Daten!

Den vorliegenden Antrag müssen wir in dieser Form leider ablehnen. Wir bitten um Unterstützung für unseren Antrag, der genau das Ziel verfolgt, nicht mehr und nicht weniger. – Danke!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Benedikt Lux (Grüne)]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Senftleben! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse zunächst über die drei Änderungsanträge abstimmen.

Wir beginnen mit dem Änderungsantrag der FDP, Drucksache 16/1931-1. Wer für den Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die FDP-Fraktion und die Fraktion der CDU. Die Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Das ist die Mehrheit. Enthaltungen? – Das ist die Fraktion der Grünen. Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zum zweiten Änderungsantrag, den der CDU, Drucksache 16/1931-2. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CDU. Die Gegenprobe! – Das sind alle anderen Fraktionen. Das ist damit die Mehrheit. Enthaltungen? – Die sehe ich nicht. Damit ist dieser Änderungsantrag ebenfalls abgelehnt.

Wir kommen zum dritten Änderungsantrag, den der SPD und der Linksfraktion, Drucksache 16/2081-1. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Die Gegenprobe! – Das sind die Fraktionen CDU, FDP und Grüne. Enthaltungen? – Die sehe ich nicht. Ersteres war die Mehrheit. Damit ist dieser Änderungsantrag angenommen.

Der Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie empfiehlt mehrheitlich gegen die Stimmen der Fraktionen der Grünen und der FDP bei Enthaltung der Fraktion der CDU die Annahme des Antrags, Drucksache 16/1931 mit Änderungen. Wer dem Antrag unter Berücksichtigung der Änderungen, Drucksache 16/2081, und der soeben beschlossenen Änderungen zustimmen möchte, der möge in der nun durchzuführenden namentlichen Abstimmung mit Ja stimmen. Es gibt weiterhin die Möglichkeit, mit Nein zu stimmen bzw. sich der Stimme zu enthalten.

Ich bitte, die Namen der Abgeordneten zu verlesen und die Stimmkarten auszugeben. Die nicht benötigten Stimmkarten sowie Umschläge bitte ich, in die entsprechenden Urnen einzuwerfen und nicht mitzunehmen bzw. zu zerreißen. Sie werden wieder benötigt. – Vielen Dank!

[Aufruf der Namen und Abgabe der Stimmkarten]

Hatten alle Kolleginnen und Kollegen die Gelegenheit, ihre Stimme abzugeben? – Ich höre nichts Gegenteiliges. Ich bitte die Beisitzer um Auszählung.

Wir fahren in der Sitzung fort. Ich rufe auf

lfd. Nr. 4 b:

Mehr Berlin in Europa – mehr Europa in Berlin (I): ein Beitrag zur Umsetzung der Lissabon-Strategie: mehr Wirtschaftskompetenz in die Schulen

Antrag der FDP Drs 16/2040 Neu

Das ist die Priorität der Fraktion der FDP. – Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die FDP. Herr Dragowski erhält das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Jahr 2009 ist nicht nur das Jahr der Europawahlen, sondern auch das europäische Jahr der Kreativität und Innovation. Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben Ende 2008 entschieden, dass in diesem Jahr folgende Punkte zu den Zielen des europäischen Jahres der Kreativität und Innovation gehören erstens, Kreativität durch lebenslanges Lernen als Triebkraft für Innovation und als Schlüsselfaktor für die Entwicklung, u. a. auch unternehmerischer Kompetenzen, zu fördern, zweitens, den Faktor Anregung von ästhetischer Sensibilität, emotionaler Entwicklung, kreativem Denken und Intuition bei allen Kindern von den frühesten Entwicklungsphasen an – auch in der vorschulischen Betreuung – hervorzuheben,

[Zuruf von Mario Czaja (CDU)]

drittens Sensibilisierung für die Bedeutung von Kreativität, Innovation und Unternehmergeist für die persönliche Entwicklung sowie für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung, außerdem Förderung unternehmerischer Denkweise insbesondere unter Jugendlichen durch Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, viertens Förderung der Offenheit für Wandel der Kreativität und der Problemlösungsfähigkeit als die Innovation begünstigende Kompetenzen, die auf eine Vielzahl unterschiedlicher beruflicher und sozialer Kontexte anwendbar sind.

[Mario Czaja (CDU): Gibt es dazu ein Summary?]

Nach dem Willen der Europäischen Kommission ist eine der vier strategischen Herausforderungen, auf die die europäische Bildungsarbeit bis ins Jahr 2020 ausgerichtet werden soll, die Förderung der Innovation und Kreativität einschließlich des unternehmerischen Denkens.

[Beifall bei der FDP]

Wir hatten gestern im für Europa zuständigen Ausschuss den Botschafter der Tschechischen Republik zu Gast. Er hat ganz klar dargestellt, dass ein wichtiger Bestandteil der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft die Förderung des Unternehmergeistes ist. Daher haben wir den Antrag eingebracht. Wir wollen damit einen Berliner Beitrag zur Umsetzung der Lissabon-Strategie leisten, die die Europäische Union bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum ausbauen will.

Wir wollen verstärkt die Erziehung zu unternehmerischem Handeln anregen sowie unternehmerische Kompetenzen und Fähigkeiten bei Kindern und Jugendlichen als Schlüsselkompetenzen fördern. Einstellung und kulturelle Bezugspunkte bilden sich in einem frühen Alter. Daher wollen wir schon im Primarbereich ansetzen. Wir wollen die stärkere Einbeziehung der Entrepreneurship Education in die Lehrpläne, und zwar bereichsübergreifend, was den Unternehmergeist betrifft, sowie als eigenständiges Thema, was den Bereich unternehmerische Fähig- und Fertigkeiten betrifft.

Da unternehmerische Eigenschaften und entsprechende Lebensperspektiven gefördert werden sollen, gilt es, das Image der Unternehmer als Modell für junge Menschen zu verbessern.

[Beifall bei der FDP]

Leider trifft viel zu oft folgendes Zitat von Winston Churchill zu:

Es gibt Leute, die halten Unternehmer für einen räudigen Wolf, den man totschlagen müsse, andere meinen, der Unternehmer sei eine Kuh, die man ununterbrochen melken könne. Nur ganz wenige sehen in ihm das Pferd, das den Karren zieht.