Insbesondere geht auch der Bundesinnenminister wirksam gegen jede Form des Extremismus vor. Ihnen, meine Damen und Herren auf der linken Seite des Hauses, würde ich wirklich empfehlen: Reden Sie nicht nur über Rechts, handeln Sie auch gegen Rechts!
Fakt ist aber auch, dass wir nach einem Abschalten der Quellen für mehrere Jahre auf Erkenntnisse über das Innenleben der NPD und damit auch über mit der Partei verbundene Netzwerke verzichten müssen. Genau das wäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein gefährliches Tun.
Natürlich, Herr Innensenator, das gestehe ich zu, ist die Frage, ob nicht schon Verlautbarungen der Partei für ein Verbot ausreichen, diskutabel. Aber doch nicht über die Presse, und schon gar nicht über ein linkes Kampfblatt.
So etwas wird über Parteigrenzen hinweg im Kreis der Innenminister äußerst vertraulich, aber doch nicht auf dem Weg des vorlauten Vorpreschens nach dem Motto „Herr Lehrer, ich weiß was!“ getan. Davon müssen Sie, Herr Senator, die Kollegen intern überzeugen und dann geschlossen nach außen auftreten. Ein Verbotsverfahren wird nicht dadurch einfacher, Herr Körting, dass man die Forderung danach gebetsmühlenartig wiederholt. Sie erwecken damit eine große Erwartungshaltung. Die Beantwortung der entscheidenden Frage nach dem Wie geben Sie jedoch nicht. Das ist purer Aktionismus und dient nicht dem Kampf gegen den politischen Extremismus. Wir sollten alle politischen und rechtlichen Mittel ausschöpfen, die zum jetzigen Zeitpunkt realistisch sind. So sollten zum Beispiel auch alle Möglichkeiten, die NPD finanziell trockenzulegen, geprüft werden. Es ist – damit spreche ich sicher auch aus dem Herzen des Kollegen Schreiber – schwer erträglich, dass die Verbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts jedes Jahr mit Staatsgeldern finanziert wird.
Ich bin sofort fertig! – Es tröstet auch nicht darüber hinweg, dass sich die Partei finanziell offenbar gerade selbst zerlegt.
Herr Senator! Sie sind in der Regierungsmannschaft und waren in meinen Augen eine wenn auch schwach scheinende, aber immerhin leuchtende Gestalt unter all den restlichen Schattenfiguren. Die Art und Weise ihrer Auftritte und Äußerungen in den letzten zehn Tagen dient nicht dazu, Ihr Licht hell erstrahlen zu lassen.
Im Gegenteil, es droht zur Funzel zu werden. Wir sehen uns in dieser Stadt wahrlich großen Herausforderungen gegenüber, die Sie und der Senat ohnehin nicht in den Griff bekommen: brennende Autos angezündet durch Linksextreme, Gewalt ausgehend von Jugendlichen, Alkoholexzesse unter Jugendlichen, Angriffe auf Polizisten und Busfahrer, beängstigend fortschreitende Verwahrlosung und anderes mehr.
Wir brauchen kein neues Problemfeld, das Sie auch nicht erfolgreich beackern werden. Machen Sie mit Blick auf
die V-Leute völlig ohne Not kein neues Fass auf! Beim nächsten Mal beherzigen Sie das gute, wahre Wort: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. – Ich bedanke mich!
[Beifall bei der CDU und der FDP – Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Geben Sie Ihre Rede nächstes Mal zu Protokoll!]
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin schon einigermaßen verblüfft über dieses Ausmaß an Heuchelei,
das in den Beiträgen von CDU und FDP zum Ausdruck kommt. Da wird dem Innensenator Profilierungssucht vorgeworfen, weil er dem „ND“ – danke für den Werbeblock für die sozialistische Tageszeitung! –
ein Interview gibt und das zum Thema NPD-Verbot erzählt, was er seit drei Jahren jedem erzählt, der nicht bei Drei auf den Bäumen ist. Sie erzählen hier, aus Profilierungssucht würden Geheimnisse verraten. Man könnte eigentlich sagen, es ist alles Quatsch, was Sie erzählt haben, und es dabei bewenden lassen.
Aber wir anerkennen durchaus das Bemühen der Opposition – zumindest, was die bürgerliche Opposition angeht –, die Koalition, die momentan durchaus die eine oder andere Meinungsverschiedenheit hat, wieder fester zusammenzuschmieden. Deshalb will ich noch einmal aus meiner Sicht die Chronologie der Ereignisse darstellen. Der Innensenator gibt das besagte Interview und sagt nichts anderes als das, was er seit zwei Jahren sagt. Andere Zeitungen schreiben die Botschaften des „ND“ ab, Sozialdemokraten, Schäuble und Schönbohm erzählen dazu ein bisschen Unsinn und hoppla haben wir hier die entsprechende Aktuelle Stunde und die Frage, ob der Innensenator dieser Stadt, der seit sieben Jahren erfolgreiche Politik macht, ein Sicherheitsrisiko darstellt. Die Geheimnisse, die der Innensenator verraten hat, sind solche – Sie könnten es wissen, Sie haben es selbst angesprochen –, die 2007 auf einer Pressekonferenz veröffentlicht worden sind. Diese Geheimnisse müssten Ihnen alle bekannt sein, dass nämlich die sozialdemokratischen Innenminister für ihre Länder erklärt haben, dass sie ein wesentliches Hindernis für ein Verbot der NPD aus dem Weg räumen wollen, nämlich die Existenz von V-Leuten in den Führungsgremien. Zwei Jahre danach wird man davon ausgehen können, dass sie wahrgemacht, was sie versprochen haben. Geheimnisverrat ist wirklich nicht zu erkennen. Ein Sicherheitsrisiko wäre der Innensenator,
nämlich zwei Jahre, nachdem es ausgesprochen worden ist, jetzt den Geheimnisverrat zu erkennen. Das grenzt an politische Demenz.
Die Frage, ob man V-Leute in den Führungsgremien der NPD braucht, kann man übrigens auch komplett unabhängig von dem Thema NPD-Verbotsverfahren beantworten, wenn man sich ein bisschen mit der Materie befasst. Das, was die Geheimdienste über die verfassungsfeindlichen Inhalte und Aktivitäten der NPD erfahren können, bekommt man in der Regel dadurch heraus, dass man ins Internet guckt, die Veranstaltungen und die Zeitungsberichte beobachtet, weil die Nazis frecherweise frank und frei erzählen, was sie planen und denken. Das ist allgemein bekannt. Wenn man Verbotsverfahren anstrengen will, braucht man die Informationen von bezahlten Spitzeln in Führungsgremien nicht. Ich glaube sogar, dass die Erkenntnisse über verfassungsfeindliche Umtriebe präziser abgebildet sind, wenn man nicht auf die von Eigeninteressen geleiteten Berichte von bezahlten Spitzeln angewiesen ist.
Der Verfassungsschutz – auf Berliner Ebene tut er das seit geraumer Zeit, Herr Kluckert müsste es wissen, Herr Gram auch – recherchiert, so wie es vernünftige Fachjournalisten machen, wie es das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum macht. Sie haben eine relativ gute Erkenntnislage darüber, was die NPD macht. Wir wissen auch, dass die Krise, in der sich die NPD momentan intern befindet, durchaus prozessrelevant ist, dass die gegeneinander vor Gericht klagen. Noch öffentlicher kann das, was die NPD plant und macht, gar nicht gemacht werden.
Was kann man aus dieser ganzen Affäre lernen? – Nicht viel. Dass sich manche Innenminister anderer Bundesländer schon nach zwei Jahren nicht mehr erinnern können, was sie selbst auf einer Pressekonferenz gesagt haben und außerdem noch gut die beleidigte Leberwurst spielen können. Dieser ganze Unsinn, die Innenminister anderer Länder würden jetzt mit Körting nicht mehr reden, der Austausch zwischen den Sicherheitsbehörden stünde in Gefahr, diesen Quatsch glauben Sie doch selbst nicht.
Die These, der Innensenator hätte irgendwelche Quellen gefährdet, sogar an Leib und Leben, das ist völliger Unsinn. Er hat keine einzige Quelle öffentlich genannt. Er hat doch nichts Konkretes gesagt, über V-Leute aus den Führungsgremien, die übrigens vom Bundesverfassungsgericht enttarnt wurden in der Begründung zum NPD
Verbotsverfahren. Er hat einfach zur Kenntnis gegeben, dass die abgezogen werden müssen und dass damit eine Hürde für das Verbotsverfahren aus dem Weg geräumt wird. In der Logik, mit der Sie argumentieren, müssten Sie sagen, das Bundesverfassungsgericht hat Geheimnisse, Staatsgeheimnisse in der Begründung verraten.
Das ist doch absurdes Zeug. Soll das jetzt heißen, dass Herr Hay, Schleswig-Holstein, die beleidigte Leberwurst, jetzt nicht mehr mit dem BVG zusammenarbeiten darf, oder muss er auch den Staatsgeheimnisverrat anprangern? Das ist doch alles dummes Zeug, was hier erzählt wird. Sie machen hier aus einer Mücke einen Elefanten. Um es einmal ganz deutlich zu sagen: Wenn man über die Bekämpfung von Rechtsextremismus redet, ist die Verbotsfrage eine ernst zu nehmende Sache. Die kann man durchaus nach bürgerrechtlichen und praktischen Erwägungen unterschiedlich beleuchten. Aber es hier zu einer Posse verkommen zu lassen, so wie Sie das hier tun, ist einfach ein Skandal.
Es ist doch absehbar: Dadurch, dass die CDU auf Bundesebene und im Bundesrat blockiert, dass sich offensichtlich die SPD ein wenig uneinig auf der Innenministerebene ist, ob sie jetzt wirklich die V-Leute abziehen soll oder nicht, wird es in absehbarer Zeit kein Verbotsverfahren geben. Das ist bedauerlich. Der Senat hat vor geraumer Zeit beschlossen, ein solches anzustrengen. Es ist nur konsequent, dass der Senat auch versucht, das zu tun, was dem eigenen Ansinnen im Wege steht, ihm abzuhelfen, indem die V-Leute abgezogen werden.
Das NPD-Verbot bei der nachhaltigen Bekämpfung von Rechtsextremismus ist eine wichtige Frage, aber ist keine alles entscheidende Frage. Was wir hier gerade im Abgeordnetenhaus tun, ist angesichts von drei angemeldeten Veranstaltungen der NPD in dieser Stadt ausgesprochen fahrlässig, wegen des kleinen politischen Effektes, wegen eines solchen Pillepalle-Krams, die Gemeinsamkeit der Demokraten in diesem Haus im Kampf gegen den Faschismus infrage zu stellen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte eine Vorbemerkung machen. Herr Kollege Wolf! Wenn Sie dieses Thema für so abwegig halten, frage ich mich, warum Ihre Koalition dafür gesorgt hat, dieses heute zum Thema der Aktuellen Stunde zu machen.
Ich komme zum Thema Ausplaudern: Was plaudert der Innensenator im Kampf gegen Rechts aus, und was plaudert er nicht aus? Wir würden uns wünschen, er würde von Zeit zu Zeit mehr ausplaudern. So haben wir beispielsweise eine recht wichtige Anfrage – gestellt von der Kollegin Herrmann – zur Frage, wo sich nach Kenntnis des Verfassungsschutzes im Land Berlin rechtsextreme Geschäfte, Modegeschäfte befinden. Dazu gab es keine brauchbaren Antworten der Senatsverwaltung für Inneres.
Ich habe abgefragt, wie es um den Krankenstand beim Verfassungsschutz steht, ob er über- oder unterdurchschnittlich ausfällt. Auch dazu gab es keine brauchbaren Angaben des Verfassungsschutzes. Wir haben abgefragt, wie es mit Aussteigern und Aussteigerprogrammen im Land Berlin aussieht und wie Leuten geholfen werden kann, die sich aus rechtsextremen Strukturen lösen wollen. Dazu gab es ebenfalls keine brauchbaren Angaben der Innenverwaltung. Wir erinnern uns an Parteitage der NPD in dieser Stadt, anlässlich derer sich die Senatsverwaltung für Inneres allenfalls 24 Stunden vor der jeweiligen Veranstaltung in der Lage sah, überhaupt auch nur den Ort, an dem die Parteitage stattfanden, mitzuteilen. An diesen Stellen hätten wir uns mehr Offenheit, mehr Ausplaudern gewünscht, damit hier der Kampf gegen den Rechtsextremismus unterstützt und nicht unnötige Geheimniskrämerei betrieben wird.
Bevor ich zur Frage der Spitzel in den Führungsgremien der NPD komme, möchte ich noch einige Anmerkungen zur wieder aufgeflammten Verbotsdiskussion machen. Eigentlich wäre es nach dem Aufmarsch der Kameradschaftsszene in Dresden Mitte Februar, wo die größte rechtsextremistische Manifestation der letzten Jahre in der Bundesrepublik, die vom Kameradschaftsspektrum organisiert wurde, stattgefunden hat, Anlass gewesen, hierüber öffentlich zu diskutieren, wie es diese Kameradschaftsszene, die offenbar bestens im Inland, aber auch im europäischen Ausland vernetzt ist, geschafft hat, dort 7 000 Leute zusammenzubekommen. Über diese erschreckenden Umstände müsste man einmal ins Gespräch kommen. Stattdessen müssen wir den mindestens vierten oder fünften Aufguss der NPD-Verbotsdebatte erleben.