Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

[Lars Oberg (SPD): Er hat ja noch gar nicht angefangen!]

Das ist sehr groß zügig von Ihnen, Herr Flierl! – Herr Weingartner, Sie haben das Wort – bitte sehr!

Herzlichen Dank, Herr Flierl! Das ist ein gutes, kollegiales Zusammenarbeiten.

In der Tat muss man sich Gedanken über das Wachsen von großflächigem Einzelhandel in Berlin, aber auch in Brandenburg machen. Verwunderlich ist für uns nur, dass die Antragsteller, die seit Jahren die Senatoren für Stadtentwicklung stellen, diesen Antrag eingebracht haben. Das kann nur als Eingeständnis des Versagens der eigenen Stadtentwicklungspolitik gewertet werden.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Michael Schäfer (Grüne)]

Insofern ist solch eine politische Initiative sogar begrüßenswert. Leider trifft der uns vorliegende Antrag der Regierungsfraktionen aber nicht die Problematik, die wir diesbezüglich erkennen. Man fragt sich, was Sie mit diesem Antrag eigentlich wirklich wollen. In dem Antrag heißt es: Ziel ist es, eine verhältnismäßige räumliche Konzentration der großflächigen Einzelhandelsstandorte zu verhindern. Das kann doch wohl so nicht sein. Sie haben es vorhin „platt FDP“ genannt, wir empfinden diesen Antrag als platt. Wollen Sie den Alexanderplatz mit den Stadtrandgebieten vergleichen? Das kann nicht sein. Verhindern ist zwar das, was wir glauben festzustellen, dass es der Senat am Besten zu können scheint, aber Ihre Fraktion ist davon auch nicht weit entfernt. Als hilf

reich und zukunftsweisend können wir diesen Antrag nicht anerkennen. Interessant ist zudem, dass dieser Antrag just in dem Augenblick eingebracht wird, in dem die Bezirke mit Ausnahme von Charlottenburg-Wilmersdorf ihre fertigen Konzepte vorgelegt haben.

[Daniel Buchholz (SPD): Die sind noch nicht fertig!]

Was stellt in diesem Zusammenhang der Stadtentwicklungsplan Zentren mit seinen Ausführungsvorschriften dar? Es gibt individuelle städtische Bereiche, in denen aus städtebaulicher Sicht sogar eine Konzentration dieser großflächigen Einzelhandelsflächen wünschenswert erscheint. Es muss deutlich zwischen den sogenannten grünen Wiesen, Stadtrand und den Innenstadtbereichen differenziert werden. Altbaubereiche, Neubaubereiche, historische Bereiche und einiges mehr alles nur nach Schema F zu behandeln, das funktioniert nicht. Weshalb der Antrag undifferenziert eine flächenmäßige Ausdehnung möglichst gering halten will, ist für uns nicht nachvollziehbar und bleibt das Geheimnis der antragstellenden Fraktionen.

Ihre Klage über die Standardbauwerke, Herr Buchholz hat es formuliert, die überall hingesetzt werden, kommt uns vor wie das Vergießen von Krokodilstränen. Es gibt bereits die Instrumente, mit denen man genau das, was Sie fordern, erreicht. Sie haben es in Ihrer Rede verlesen. Nicht nachvollziehbar ist für uns, weshalb die Baunutzungsverordnung hierfür bemüht werden soll, denn die gibt bekanntlich nur eine Typisierung des Gebiets vor. Diese Regelungstiefe ist bereits heute völlig ausreichend. Warum wird nicht das Instrument des sachbezogenen Flächennutzungsplans genutzt, ein Flächenkonzept liegt auch vor, veröffentlicht im Amtsblatt A 1262 A vom 15. Dezember 2007 – Herr Buchholz wird es kennen –, in dem solche Flächen ausgewiesen sind, auf denen eine Konzentration der Einzelhandelsflächen notwendig und gewünscht ist und solche, wo sie nicht zulässig ist.

[Daniel Buchholz (SPD): Aber die Bezirke lassen sie doch hinbauen!]

Ist das vielleicht eine Aufgabe für die Stadtentwicklungssenatorin, die Bezirke entsprechend einzubinden und mit ihnen gemeinsam Konzepte zu entwickeln, damit ausgeglichene Einzelhandelsflächen entstehen? Das muss doch nicht explizit in einem Antrag formuliert werden, Herr Buchholz und die Kollegen von der Linksfraktion. Sie haben doch den direkten Zugriff auf die Senatorin – oder ist da womöglich Sand im Getriebe? Wollen Sie ein Kerngebiet für den Einzelhandel grundsätzlich reglementieren? Wir wollen das nicht. Wir wollen nicht, dass die Politik bis in das letzte Einzelhandelsregal greift. Die von Ihnen geforderten neuen Leitlinien halten wir deshalb eher für entbehrlich. Die gibt es nämlich bereits. Nutzen Sie einfach das Vorhandene und entwickeln Sie es weiter.

Das Ziel, das mit diesem Antrag ins Visier genommen sein könnte, halten auch wir für diskussionswürdig. Vielleicht liegt es an dem bisherigen Versagen, an der mickrigen Personalausstattung in den Bezirken und den Landebehörden, die deshalb viele Aufgaben gar nicht mehr

Claudia Hämmerling

fachgerecht wahrnehmen können – könnte man meinen. Wenn natürlich aus Hilflosigkeit solche Augenwischanträge gestellt werden, hilft auch kein Bebauungsplan, kein Zentrenkonzept, keine Ausführungsvorschrift für Einzelhandelseinrichtungen und erst recht keine Novellierung der Baunutzungsverordnung. So, wie es hier formuliert ist, werden Sie Ihr Ziel nie erreichen können.

Herr Abgeordneter Weingartner! Ihre Redezeit ist beendet.

Ich komme zum Schlusssatz. – Auch wenn Sie die parlamentarische Mehrheit haben und den Antrag durchwinken werden, hoffen wir, dass im Ausschuss noch Änderungen vorgelegt werden, um dann dem Antrag zustimmen zu können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Weingartner! – Jetzt hat Herr Abgeordneter Dr. Flierl für die Linksfraktion das Wort. Ich bedanke mich noch einmal für die Nachsicht. – Bitte sehr!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich freue mich schon auf die Ausschussberatung, denn es bedarf offensichtlich einiger planungsrechtlicher Klarstellungen.

In Richtung der Fraktion der Grünen bemerke ich, dass ich Ihre Kritik an der Entwicklung des Einzelhandels im Umfeld von Berlin ausdrücklich teile. Dass wir genau diese Entwicklung zu konstatieren haben, ist die Ursache der Initiative. Wir hatten zunächst eine enorme Ausweitung der Einzelhandelsfläche im Umfeld Berlins und nun haben wir die Entwicklung, dass dies nach Berlin zurückschlägt. Genau das Instrument, das wir jetzt scharfmachen wollen, ist das, das durch die Änderung des Baugesetzbuches im Jahr 2004 möglich geworden ist, nämlich im unbeplanten Innenbereich ein Regularium einzusetzen, dass über die Verteilung von Einzelhandelsstandorten überhaupt eine Abwägung zulässt – jenseits des Bebauungsplans. Es ist völlig falsch, was Herr Weingartner sagt, dass mit der Initiative die Konzentration von Einzelhandelsflächen dort verhindert oder wieder zurückgenommen wird, wo sie gewünscht wird. Das ist nicht korrekt, um kein schärferes Wort zu benutzen, verehrter Kollege! Es geht darum, dass man den Bezirken und der Stadt insgesamt die Möglichkeit gibt, unter Nutzung des neuen Paragrafen des Baugesetzbuches, mit solchen Konzepten, die Voraussetzung sind für die Abwägung, Einzelhandelsstandorte zu vermeiden.

Natürlich haben wir ein Riesenproblem mit den Standardbauwerken. Was sich da an Buden im unbeplanten Innenbereich entwickelt hat, insbesondere in den früheren Stadtbrachen – das muss man mit einem gewissen Sarkasmus 20 Jahre nach der Vereinigung der Stadt sagen – hat Intershopqualität. Wenn Sie sich die Buden am ehemaligen Grenzübergang Heinrich-Heine-Straße ansehen oder die Bauplanung für die Bornholmer Brücke, dann sind das Standardbauwerke der übelsten Art und Weise, womit im Vergleich jede DDR-Kaufhalle noch gestalterisches Niveau hatte. Deshalb geht es darum, dies künftig zu vermeiden. Der Antrag ist außerordentlich sinnvoll und richtig. Ich hoffe, dass wir auch noch die Präzisierung vertiefen, was die Baunutzungsverordnung angeht.

Nach der Rechtsprechung wird davon ausgegangen, dass es sich ab 800 qm Verkaufsfläche um großflächigen Einzelhandel handelt. Das Entscheidende ist aber, dass das Baugesetzbuch die Möglichkeit gibt, schädliche Auswirkungen – das Kriterium der Auswirkung – auf andere Versorgungseinrichtungen und nicht nur auf das Stadtbild zu berücksichtigen. Das ist viel entscheidender als die Quadratmeterzahl, und das setzt eine Abwägung der Konzentration der bezirklichen Planung voraus. Deswegen ist der Antrag außerordentlich sinnvoll, auch wenn er das nicht einholen kann, was hier zu Recht kritisiert wurde. Ich gehe davon aus, dass wir hier ein gutes Instrument haben und zumindest das Volllaufen der noch unbebauten Innenstadtbereiche mit unkontrollierten Einzelhandelsflächen vermeiden können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Beifall von Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne)]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr sowie mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Frauen. – Ich höre hierzu keinen Widerspruch. Dann ist dies so beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 5:

II. Lesung

Zweites Gesetz zur Änderung des Berliner Energiespargesetzes

Beschlussempfehlung GesUmVer Drs 16/2276 Antrag der Grünen Drs 16/1880

Ich eröffne die Zweite Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden. – Ich höre hierzu keinen Widerspruch.

Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I und II – Drucksachen 16/1880 und 16/2276.

Albert Weingartner

Eine Beratung ist nicht vorgesehen, und ich lasse abstimmen. Der Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz empfiehlt mehrheitlich – gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen –, den Gesetzesantrag auf Drucksache 16/1880 abzulehnen. Wer dem Antrag dennoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der FDP. Letzteres war die Mehrheit. Es gilt wieder festzustellen, dass die CDU-Fraktion mit Abwesenheit glänzt.

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Sie glänzt überhaupt nicht. Peinlich ist das! ]

Die Enthaltungen möchte ich gern auch noch abfragen. Aber es kann eigentlich keine geben. – Okay!

Die lfd. Nrn. 6 bis 8 stehen mit den Überweisungen auf der Konsensliste.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 9:

I. Lesung

Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes – ASOG - zur Ausweitung der Möglichkeiten der Videoüberwachung

Antrag der CDU Drs 16/2266

Dieser Tagesordnungspunkt ist aufgrund der Abwesenheit der Fraktion der CDU vertagt.

Die lfd. Nr. 10 steht als vertagt auf der Konsensliste.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 11:

Zwei Vertreter oder Vertreterinnen der Berliner Gewerkschaften zu Mitgliedern des Kuratoriums der Universität der Künste Berlin sowie zwei Stellvertreter oder Stellvertreterinnen

Wahlvorlage Drs 16/2250

Die Drucksache 16/2250 nimmt Bezug auf den Unterpunkt b) der Wahlvorlage Drucksache 16/1723.

Wir kommen zur einfachen Wahl durch Handaufheben. Wer die Kandidaten auf Drucksache 16/2250 zu wählen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die FDP-Fraktion. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Sehe ich nicht. Damit sind bei Abwesenheit der CDU-Fraktion die Kandidaten gemäß Vorlage gewählt, und nunmehr ist auch die Drucksache 16/1723 erledigt. – Herzlichen Glückwunsch!