Selbstverständlich. – Die Frage der Steuerschätzung wird eine weitere Herausforderung sein, die wir meistern werden, ebenso wie die Verabschiedung des Doppelhaushalts. Worauf Sie sich auch verlassen können, ist, dass wir weiter öffentlich und transparent streiten werden und auch dann Lösungen finden für die Stadt, für Berlin.
Vielen Dank! – Das Wort für die Fraktion der Grünen hat die Kollegin und Vorsitzende Frau Eichstädt-Bohlig.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich sagen, dass meine Fraktion und ich den Wechsel von Bilkay Öney sehr bedauern. Allerdings können wir die politischen Gründe für den Wechsel nach wie vor inhaltlich nicht nachvollziehen. Ich habe große Zweifel, ob Bilkay Öney bei der SPD gut aufgehoben ist
angesichts der Migrationspolitik, die Sie machen, der Frauenpolitik, die Sie gerade gezeigt haben, und der Verkehrspolitik, unter der wir in Zukunft massiv leiden werden. Das sind die Inhalte, die Sie durchpauken. Das ist nichts für Bilkay Öney.
Der Fraktionswechsel wird mit großer Wahrscheinlichkeit das Regieren für Klaus Wowereit wieder etwas komfortabler machen, aber keineswegs besser. Im Gegenteil: Das sattsam bekannte, selbstgerechte Vor-sich-hin-Wurschteln wird nun wieder zum Maßstab allen Handelns werden.
Zu den beiden Beiträgen eben, Herr Müller: Mit Ausnahme der Schulstrukturreform, bei der wir Sie von Beginn der Legislaturperiode an massiv getrieben haben,
und mit Ausnahme des Konjunkturprogramms, dem Sie im Bund nicht zugestimmt haben, es hier aber stolz verkaufen, sind alles andere, was Sie hier vorgetragen haben, Leistungen aus der letzten Legislaturperiode, auf denen Sie sich bis heute immer noch ausruhen. Das kann doch nicht wirkliches Regieren in dieser Legislaturperiode sein!
Frau Kollegin Bluhm! Was soll denn das, dass Sie sich mit unendlicher Mühe zehn Minuten lang an der Opposition abarbeiten müssen und selbst nicht zu dem Thema – wie heißt der Titel? – „Erfolgreiche Arbeit der rot-roten Koalition für Berlin“ sprechen? – Zu dem Thema haben Sie nicht ein Wort sagen können! – Wozu regieren Sie denn hier mit?
Ab heute wird es wahrscheinlich leider so sein: Die Erschütterungen, die in der letzten Woche durch den Weggang von Canan Bayram aus der SPD-Fraktion durch die rot-roten Reihen gegangen sind,
die werden jetzt wieder zugedeckt, und es wird wieder langweilig werden, weil wieder so getan wird, als gäbe es keine politischen Konflikte. Ich sage Ihnen eins: Für uns alle hier im Hause, aber insbesondere für die rot-rote Koalition und für Klaus Wowereit wäre der Druck, endlich inhaltlich stringentes Regieren zu lernen, sehr gut und sehr nötig und nützlich gewesen.
[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP – Uwe Doering (Linksfraktion): Also haben Sie sie doch abgeworben!]
Aber wie es auch immer in den nächsten zweieinhalb Jahren hier weitergeht – Herr Regierender Bürgermeister, das, was einmal Ihr rot-rotes Projekt sein sollte, war eigentlich schon mit dem Ende der letzten Legislaturperiode beendet; es ist es aber spätestens jetzt und allerspä
testens in den kommenden Haushaltsberatungen. Machen Sie sich keine Illusionen, das können Sie nicht neu beleben!
Nein, das erzählen wir nicht seit sieben Jahren, sondern wir unterscheiden sehr genau zwischen der früheren und der jetzigen Legislaturperiode. Anders haben Sie das von uns noch nicht gehört.
Wir haben es in der letzten Woche sehr deutlich mitbekommen: Die SPD ist inzwischen eine autoritär ausgerichtete One-Man-Partei mit den Hauptmerkmalen Arroganz und Ignoranz.
Kollegin Lange! Ich kann es nur so sagen: In den Ausschusssitzungen dürfen allenfalls ein bis zwei SPDAbgeordnete ein folgsames Wort ergreifen; die anderen blicken stumm stundenlang im Kreis herum. Das ist Ihre Arbeit. Das ist nicht engagierte Parlamentsarbeit. Wir bedauern das sehr, denn das wirkt sich auf das ganze Parlament aus.
Herr Regierender Bürgermeister! Ich kann es leider bis heute nicht anders sehen – ich sage wirklich, leider. Sie haben nach wie vor kein Ziel für Berlin. Ihre SPD ist in den eigenen Fraktions- und Parteireihen ziemlich stark zerstritten.
Und dann kuschen Sie immer noch vor Lafontaines Chaostruppe. Dazu kommt: Seit Jahren drücken Sie sich darum, die wirklich schwierigen Aufgaben und Probleme zu lösen. Das werden wir in diesem Jahr mit den kommenden Haushaltsberatungen und der Krise, die noch sehr viel stärker als jetzt über uns kommen wird, noch sehr hart erleben – alle zusammen, und das wird das große Problem sein.
Aber nehmen wir doch einmal ein paar Beispiele aus Ihrer Arbeit. Wir haben es schon oft gesagt: Bei Volksbegehren sind Sie arrogant und verächtlich gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, bei „Pro Reli“ waren Sie es insbesondere gegenüber der Kirche, Herr Wowereit! Das war äußerst peinlich, sosehr wie wir das Anliegen inhaltlich geteilt haben. So darf man mit der Stadtgesellschaft und ihren wichtigen Institutionen nicht umgehen!
Der Umgang mit den Vorstandspositionen bei der BVG und der Investitionsbank ist schlicht gesetzeswidrig und skandalös, und das durch den Frauensenator Harald Wolf!
Das darf so nicht passieren! Und da lobt die Kollegin Bluhm ihn auch noch! Das ist wirklich skandalös!
Den Unsinn mit der Autobahn A 100, den will nicht einmal Ihr Referatsleiter Böhning mittragen. Sind Sie überhaupt noch Herr im Roten Rathaus, oder dürfen bei Ihnen die Mäuse auf den Tischen tanzen? Was soll denn das, dass Ihre eigenen Leute das Gegenteil von dem, was Sie hier propagieren und vertreten, in Anträge gießen und in der Stadt herumtragen? So unehrlich kann man mit Politiken nicht umgehen.
Die anderen Beispiele haben wir schon zur Genüge erörtert. Frau Junge-Reyer lässt sich vom Regierenden düpieren, und „Bread and Butter“ wird auf einmal für Tempelhof entschieden. Bei der Planung für die Landesbibliothek herrscht munteres Chaos zwischen Ihrer Position und Frau Junge-Reyer. Herr Nußbaum sagt, das können wir uns gar nicht leisten. So geht es stundenlang weiter. So ähnlich läuft es mit den Planungen für das Marx-EngelsForum. Hier wird – hin und her – eine Schlingerpolitik gemacht, die für die Stadt unverträglich ist.
Und der Einstand von Herrn Nußbaum – ich muss es leider so sagen – sieht wirklich traurig aus. Dass Sie die erste Hauptausschusssitzung einfach schwänzen, und dann auch noch die, wo über das Thema Föderalismuskommission und die Auswirkungen auf die Schuldenentwicklung für Berlin diskutiert wird –, das ist peinlich. Von einem erfolgreichen Senat erwarte ich anderes Handeln, gerade in solchen Punkten.
Auch Herrn Körting muss ich einen Satz sagen: Dass Sie die Frauen so widerspruchslos demütigen und herabwürdigen, wie Sie es gemacht haben, ist ein Skandal für sich. Und dass dazu kein Wort des Regierenden Bürgermeisters gesagt wurde, ist der zweite Skandal zu diesem Thema. Das ist für alle Frauen eine große Demütigung. Schämen Sie sich dafür!
[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP – Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Eine unglaublich peinliche Rede!]
Sie lässt ihre BVV-Verordneten munter zur Revolutionären 1.-Mai-Demonstration und zum Steineschmeißen aufrufen. Und auch da: Wo war das kritische Wort des Regierenden Bürgermeisters? Wer hat es gehört? – Ich jedenfalls nicht.
Und dann kriechen Sie wirklich etwas zu oft unter Lafontaines Rockschoß. Sie haben dem EU-Reformvertrag nicht zugestimmt. Sie haben die Arbeit der Föderalismuskommission völlig vergeigt, im Endeffekt der Linkspartei zuliebe, weil die, insbesondere der Kollege Liebich, so eine unendlich große Liebe zum Schuldenmachen hat.
Letztlich haben Sie dem Konjunkturprogramm II nicht zugestimmt, obwohl Sie das Geld schon längst ausgegeben und verteilt hatten – was wir ja in Ordnung finden; dem haben wir ja auch zugestimmt,