Protokoll der Sitzung vom 11.06.2009

[Mieke Senftleben (FDP): Die Linke!]

dass Schüler völlig unabhängig von ihrem Leistungsstand und ihren Möglichkeiten auf das Gymnasium kommen sollen?

[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Eine Schule für alle, Sie haben es nicht kapiert!]

Diese zweifelhafte Zugangsregelung widerspricht der Autonomie der Schulen. Durch das Losverfahren erhalten bildungsschwächere Schüler Zugang zum Gymnasium, ohne dass das Gymnasium zusätzliche Lehrer zu ihrer Förderung erhält, gleichzeitig sollen die Klassen am Gymnasium wesentlich größer sein als an den Sekundarschulen. Eine angemessene Förderung der schwächeren Schüler kann also nicht stattfinden, sie werden alle nach dem Probehalbjahr

[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Es gibt kein Probehalbjahr!]

wieder vom Gymnasium fliegen. – Ja, Probejahr! – Ist das Ihre sozial gerechte Politik? Ist das schülerfreundlich? Ist das seriös? – Nein, das ist ein Verbrechen an den schwächeren Schülern dieser Stadt!

[Beifall bei der CDU – Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Ach Gott!]

Sie suggerieren etwas, was Sie gar nicht einhalten können. Sie suggerieren, die Schwächeren könnten auch aufs Gymnasium, und sie müssen alle nach einem Jahr wieder gehen. Ich bin mir sicher, diese absurde Idee, egal mit welcher Prozentzahl am Ende, wird von den Berlinerinnen und Berlinern entschieden abgelehnt werden, und Ihre Schacherei um Prozente wird auf den massiven Widerstand dieser Stadt stoßen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Dr. Martin Lindner (FDP) – Zurufe von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion) und Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Wir wollen ein strukturiertes Aufnahmeverfahren aus Probeunterricht, einem Gespräch mit dem Schulleiter und einem schüleradäquaten Test, wie es das in anderen Bundesländern auch gibt.

[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Sie meinen Bayern!]

Das wäre eine gute Zugangsregelung an Stelle Ihres Losverfahrens.

[Beifall bei der CDU]

Rot-Rot will die Gymnasien in Berlin zerstören,

[Nein! von der SPD]

das ist mittlerweile jedem klar geworden. Sie senken die Lehrerzumessung in der zehnten Klasse ab, sodass weniger Profilkurse angeboten werden können. Die Gymnasien erhalten weniger Konjunkturpaktmittel als alle anderen Schulformen.

[Zuruf von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Die Gymnasien haben größere Klassenfrequenzen als die Sekundarschulen, und nun sollen sie auch noch die schwächeren Schüler aufnehmen.

[Zuruf von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Um es ganz klar zu sagen: Das Ziel von Rot-Rot ist es, das Gymnasium bei Beibehaltung des Namens von innen kaputt zu machen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Am Ende soll es dann nur noch eine Schulform geben,

[Mieke Senftleben (FDP): Gemeinschaftsschule, die fängt auch mit „G“ an!]

im Prinzip die Gemeinschaftsschule, die heißt dann hier Sekundarschule, da Gemeinschaftsschule und dort Gymnasium – letztlich ist das dann alles das Gleiche. Wir werden es nicht zulassen, dass Sie die erfolgreichste Schulform in Berlin – das Gymnasium – zerstören!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Aber auch die sogenannte Sekundarschule ist Ihnen nicht gelungen. Anstatt ein echtes pädagogisches Konzept für individuelle Förderung vorzulegen, unterschiedliche Bil

Bildungswege aufzuzeigen, sollen die Sekundarschulen – so steht es heute in der Tischvorlage – keine äußere Leistungsdifferenzierung mehr anbieten. Also im Grunde genommen sollen alle Sekundarschulen Gemeinschaftsschulen sein: alle Schüler einfach nebeneinander setzen. Aber so wird man den unterschiedlichen Begabungen und Neigungen der Schüler nicht gerecht. Sie ignorieren einfach die guten Vorbilder von Sekundarschulen, wie es sie in den anderen Bundesländern gibt,

[Christian Gaebler (SPD): Hamburg!]

weil Sie Ihre ideologische Brille aufhaben, dass nämlich im Grunde genommen alle Menschen gleich sind, wenn man sie nur gleich behandelt. Deshalb setzen wir alle Schüler einfach nebeneinander. Nein, meine Damen und Herren! Die Menschen sind unterschiedlich, und deshalb müssen wir ihnen auch unterschiedliche Angebote machen – auch in der Berliner Schule.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Wir wollen Bildungsgänge anbieten, die in einem oder mehreren Schulgebäuden, aber unter einem Dach organisiert werden, kooperieren und verschiedene Wege durch die Berliner Schullandschaft aufzeigen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Harant, Herr Kollege Steuer?

Danke sehr! – Herr Steuer! Wir sollten doch bei der Wahrheit bleiben. Wenn Sie aus unserem Entwurf zur Schulstrukturreform zitieren, dann steht da ganz klar drin: Über die Form der Differenzierung entscheidet die Schule aufgrund ihres eigenen pädagogischen Konzepts. Es ist keineswegs so – –

[Zuruf: Frage!]

Wo haben Sie gefunden, dass die Binnendifferenzierung vorgeschrieben ist?

[Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Frau Harant! Warum lesen Sie genau diesen Absatz nicht zu Ende, in dem steht, dass nach Möglichkeit die äußere Leistungsdifferenzierung aber nicht stattfinden soll? Das ist doch Ihr ganz klares politisches Ziel. Dieses Ziel steht in Ihrem Antrag. Lesen Sie das bitte vollständig vor, und zitieren Sie nicht nur einen Satz!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Das, was Sie vorschlagen, ist ein Bildungsmodell des Abstiegs. Es fängt in der Grundschule an, wo nach der ersten und zweiten Klasse die Schüler, die zu schlecht

sind, nach der zweiten Klasse auf die Sonderschule gehen sollen, und führt beim Gymnasium dazu, dass die Schüler, die zu schlecht sind, nach dem ersten Jahr das Gymnasium wieder verlassen sollen. Wir wollen ein Aufstiegsmodell. Die Schüler sollen sich nach oben entwickeln können. Sie wollen immer nur Abstieg nach unten, nachdem Sie vorher falsche Versprechungen gemacht haben. Erst Wolkenkuckucksheim, dann Demotivierung, Abstieg und Resignation – das ist das Ergebnis rot-roter Bildungspolitik.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Ihre konfuse Schulpolitik zeigt sich an allen Ecken und Enden. Die Lernmittelfreiheit ist das nächste Beispiel. Erst schaffen Sie die Lernmittelfreiheit ab und setzen ein furchtbar kompliziertes Verfahren in Gang: Immer mehr Bürokratie für die einzelnen Schulen und weniger Bildungsgerechtigkeit für die Familien in Berlin, die Ihnen doch sonst angeblich immer so wichtig ist. Nun hat die SPD das endlich erkannt und beschließt: Die Lernmittelfreiheit soll wieder eingeführt werden. Wir unterstützen das und stellen heute den Antrag. Stimmen Sie schnell unserem Antrag zu! Dann sind wir in unserem gemeinsamen Ziel einen Schritt weitergekommen, die Lernmittelfreiheit in Berlin wieder einzuführen.

[Beifall bei der CDU]

Ihre chaotische Bildungspolitik lässt sich auch an Zahlen ablesen: 500 000 Stunden Unterrichtsausfall jedes Jahr und 2 000 dauerkranke Lehrer. Jeder zehnte Berliner Schüler verlässt die Schule ohne Abschluss. Bei der PISA-Studie nehmen wir immer die letzten Plätze ein. Und weil Sie ganz genau wissen, wie schlecht die Ergebnisse Ihrer Bildungspolitik sind, und Ihnen das unangenehm ist, verheimlichen Sie erneut den Bericht über die Schulinspektionen im Land Berlin für das letzte Jahr. Sie wollten den Bericht im Mai dieses Jahres vorlegen, aber Sie haben Angst vor den Ergebnissen, denn es wird in dem Bericht wieder deutlich werden, dass in den Berliner Schulen der binnendifferenzierte Unterricht nicht stattfindet und nicht stattfinden kann. Das, was gerade notwendig ist, um Ihre Sekundarschule zum Erfolg zu führen, können die Berliner Lehrerinnen und Lehrer nicht oder machen es nicht. Deshalb fordern wir Sie heute ganz klar auf: Legen Sie den Bericht der Schulinspektoren vor! Verheimlichen Sie ihn nicht länger! Zeigen Sie ganz deutlich die Defizite Ihrer Bildungspolitik in dieser Stadt auf, bevor Sie weitere Reformen in Angriff nehmen!

[Beifall bei der CDU]

Faule Kompromisse, Kürzungen, Schachereien, überhastete Pressekonferenzen, Verzögerungen von Vorlagen, Zurückpfeifen des Senators, hastig vorgelegte Anträge als Tischvorlage, die Verunsicherung einer ganzen Stadt.

[Gelächter bei der Linksfraktion]

Das sind die Symptome Ihrer Bildungspolitik, Herr Zöllner. Sind Sie eigentlich der Auffassung, Herr Senator, dass Sie Ihrer Aufgabe noch gerecht werden? Können Sie eigentlich im Dauerstreit zwischen SPD und Linkspartei dieses Mammutressort aus Wissenschaft, Bildung, Jugend

und Familie noch steuern? – Ich bin mir sicher: Die Berlinerinnen und Berliner werden Ihnen die Antwort geben. Sie werden in den kommenden Monaten den massivsten Widerstand der Berlinerinnen und Berliner gegen Ihre Politik erleben, den Sie sich überhaupt vorstellen können. Ziehen Sie die Konsequenzen daraus! – Herzlichen Dank!