Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Steuer! Was Sie hier gerade als Sprecher Ihrer Fraktion zu diesem Thema abgeliefert haben, ist ein bildungspolitischer Offenbarungseid der CDU-Fraktion – um es einmal deutlich zu sagen.
Sie haben hier Haltungsnoten verteilt zum Verfahren, obwohl Sie genau wissen, dass das kein Schnellschuss ist. Seit Monaten wird diese Frage in der ganzen Stadt diskutiert, und über ein halbes Jahr werden wir jetzt Antragsberatung und Gesetzgebungsverfahren zu dem Bereich haben. Nur zu einem Thema haben Sie nichts gesagt, Herr Steuer, nämlich was eigentlich die CDU-Fraktion bildungspolitisch in dieser Stadt voranbringen will. Dazu haben Sie überhaupt nichts gesagt.
Und Sie haben sich in kleinteiligen Diskussionen verirrt. Es ist bundesweit, Herr Kollege Steuer – Sie sollten über den Neuköllner Tellerrand und Ihre Probleme mit Frau Vogelsang mal hinaus gucken –, eine Debatte: Wie kommen wir zu einem längeren gemeinsamen Lernen? Wie kann man die Vielgliedrigkeit in unserem Schulsystem auflösen? Wie können wir den Kindern mehr Chancen geben? Und auch in Berlin war es über Jahre eine Diskussion – von vielen Experten, Lehrern, Eltern, Schülern: Wie können wir diesen unhaltbaren Zustand auflösen, dass Schülergenerationen von der Haupt- oder auch der Realschule in die Perspektivlosigkeit entlassen werden, weil sie entweder gar keinen Abschluss haben oder einen Abschluss, mit dem sie in der Berufswelt nichts anfangen können?
Wir lösen diese Situation auf, Herr Kollege Steuer. Über die Sekundarschule bekommen die Kinder eine bildungspolitische Perspektive,
weil wir nicht nur das Schulsystem reformieren, sondern auch entsprechend ausstatten, und zwar mit zusätzlichen Lehrerstellen, zusätzlichen Erzieherstellen, zusätzlichen Sozialarbeiterstellen und auch baulich.
Da lese ich in einer großen Zeitung: 350 Schulen bekommen in dieser Stadt keine bauliche Unterstützung. Im Umkehrschluss heißt das: 350 Schulen bekommen diese Unterstützung, und es kann umgebaut werden.
Von 600 Millionen Euro Konjunkturmitteln gehen 411 Millionen Euro direkt in den Bildungsbereich. Da ist ein bildungspolitischer Schwerpunkt unserer Fraktion zu erkennen.
Das muss man auch mal zur Kenntnis nehmen, dass das der zentrale Kern dieser Reform ist, und nicht wie der Zugang zum Gymnasium geregelt wird, sondern der zentrale Kern ist: Wie löse ich diese bildungspolitische Perspektivlosigkeit auf? –
Herr Kollege Steuer! Um auch das noch einmal zu sagen: Wir wollen starke Schulen, und wir wollen starke Gymnasien!
Das ist überhaupt keine Frage. Aus diesem Grund bekommen die Schulleiter die Möglichkeit, bis zu 70 Prozent der Kinder an ihren Schulen entsprechend ihrem Schulprofil auszuwählen. Das gab es noch nie in dieser Stadt, dass die Schulleiter eine so starke Stellung haben, das Schulprofil ihrer Schule entsprechend ausstatten und die Entscheidung treffen können. Bis zu 70 Prozent! Das ist, glaube ich, auch der richtige Weg für die Gymnasien, sich darüber hinaus zu öffnen. Wir wollen starke Gymnasien, aber keine Gymnasien, die sich abschotten.
Sie sollen mithelfen in dieser bildungspolitischen Situation, in der wir sind. Wir überfordern sie nicht, wenn wir wegkommen von diesem unsäglichen BVG-Fahrplan, wenn wir endlich eine vernünftige Geschwisterregelung haben, –
wenn wir allen Kindern die Chance bieten, in einem gewissen Umfang an das Gymnasium ihrer Wahl zu kommen. Dann überfordern wir sie nicht, sondern dann helfen diese Gymnasien mit.
Aber die Berliner Kinder müssen auch die Chance haben, an den Schulen Leistung zu zeigen. Und deswegen wollen wir diese Schulreform: weil sie Bildungsgleichheit und -gerechtigkeit garantiert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Müller! Ich freue mich darüber, dass Sie sich zum ersten Mal in diesem Hause für die Konjunkturpaketmittel der Bundesregierung bedankt haben. Herzlichen Dank!
Wir haben als CDU Berlin ein eigenes Programm für die Berliner Schulstruktur vorgelegt, und zwar schon im Januar dieses Jahres,
als Sie noch eine Verschiebung nach der nächsten beschlossen haben. Und als die Linkspartei Ihren Senator zum zweiten Mal im Senat zurückgepfiffen hat, lag unser Programm vor.
Ich ging davon aus, dass Sie es längst gelesen haben. Wenn das nicht der Fall ist, gebe ich Ihnen nachher gerne ein Exemplar unseres Programms.
Es reicht eben nicht, Herr Müller, so wie Sie es jetzt gerade wieder hier vorne gemacht haben, sich in Strukturfetischismus zu begeben und zu sagen: Wenn wir nur die Struktur verändern, dann wird schon alles gut.
Nein! Die Rahmenbedingungen – ich weiß gar nicht, warum Sie mir ständig ins Wort fallen – sind entscheidend für jede Schulreform. Mit zu wenig Lehrern, mit Unterrichtsausfall, Gewalt in der Schule, dem Putz, der überall von der Wand fällt, der Kreide, die nicht da ist, den Büchern, die kaputtgehen, wird jede Schulreform scheitern!
Im Mittelpunkt jeder Schulreform muss der einzelne Schüler mit seinen Fähigkeiten, Möglichkeiten und Neigungen stehen.
Das ist der Kern unserer Auffassung von einer guten Bildungspolitik. Und deshalb sind wir dafür, unterschiedliche Bildungswege anzubieten, ohne dass Schüler sich in Schulformen stigmatisiert fühlen. Das ist unsere Idee – der Schüler im Mittelpunkt,
nicht das Schulgebäude, nicht die Schulform und nicht Ihr Strukturfetischismus. Wunschträume und Schachereien um Prozente helfen nicht weiter. Ich bin allerdings fest davon überzeugt, dass das mittlerweile alle Berlinerinnen und Berliner erkannt haben. Denn das, was Sie der Öffentlichkeit in den letzten Tagen dargeboten haben, um 5 Prozent mehr oder weniger zu schachern bei einem Lotteriezugang zum Gymnasium, der bundesweit seinesgleichen sucht – so einen Unsinn gibt es in keinem anderen Bundesland. Sie werden die Quittung dafür bekommen!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorhin wurde gefragt: Was ist denn eigentlich das bildungspolitische Konzept der CDU? – Ich kann weiterhelfen. Letztlich sieht dieses Konzept vor, dass sämtliche integrativen Elemente im Berliner Schulsystem abgeschafft werden.