Protokoll der Sitzung vom 25.06.2009

Wir kommen nun zu einer Anfrage des Kollegen Wansner von der Fraktion der CDU zu dem Thema

Roma und Sinti in Berlin – außer Spesen nichts gewesen?

Bitte schön, Herr Wansner!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Welche Kosten entstanden dem Land Berlin durch die Sinti und Roma, die seit Mai 2009 in Berlin als Touristen eingereist sind – bitte genaue Aufzählung nach Kosten für die Unterbringung im Heim, Verpflegung im Heim, Rechtsberatung und sonstige Beratung seitens des Senates, Sonstiges –?

2. Ist dem Senat bekannt, ob gegen einzelne Personen dieser Sinti- und Roma-Gruppe in der Vergangenheit Ermittlungsverfahren geführt wurden bzw. zur Zeit noch geführt werden?

Wer beantwortet für den Senat? – Frau Dr. KnakeWerner, bitte schön!

Bürgermeister Harald Wolf

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Wansner! Ich beantworte Ihre Anfrage wie folgt: Nach Angaben der Betreiberin der Aufnahmeeinrichtung in der Motardstraße sind voraussichtlich Kosten in Höhe von rund 26 000 Euro für die Unterkunft und Verpflegung der Roma-Gruppe entstanden. Das bezieht sich auf den Zeitraum vom 29. Mai bis zum 11. Juni. Darüber hinaus sind im Wesentlichen Folgekosten im Zusammenhang mit dieser Personengruppe entstanden. Dabei geht es zum einen um Hygieneartikel für Kleinkinder, Getränke und Lebensmittel in Höhe von etwa 450 Euro. Es sind Kosten für den Einsatz von Mediatoren in der Aufnahmeeinrichtung, das ist die von Ihnen angesprochene Beratung, sind 1 000 Euro angefallen. Für die gewährte Rückkehrhilfe sind Kosten in Höhe von etwa 25 000 Euro entstanden.

Nun komme ich zur Ihrer zweiten Frage: Dem Senat ist nicht bekannt, ob gegen einzelne Personen dieser Gruppe Ermittlungsverfahren geführt wurden oder werden. Eine entsprechende Abfrage bei der Staatsanwaltschaft geht nur auf der Grundlage konkreter Personenangaben. Ein solches Auskunftsersuchen ist natürlich an datenschutzrechtliche Vorschriften und Voraussetzungen gebunden. Eine bloße Verdachtsanfrage ist unzulässig. Durch die zuständige Staatsanwaltschaft wurde bisher keine Veranlassung gesehen, das Landesamt für Gesundheit und Soziales um die Übermittlung von Personendaten zu bitten und eine Straftat zu verfolgen.

Danke schön! – Es gibt eine Nachfrage des Kollegen Wansner. – Bitte schön!

Frau Senatorin! Bekommen alle rumänischen Touristen, die jetzt nach Deutschland und insbesondere nach Berlin kommen, von Ihnen die Rückreisekosten erstattet, wenn sie Berlin wieder verlassen werden?

Frau Senatorin Dr. Knake-Werner, bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Wansner! Wir haben nun schon mehrfach über dieses Problem gesprochen. Sie wissen natürlich ganz genau, was in diesem Fall passiert ist. Ich will es Ihnen noch einmal deutlich sagen, damit Sie es auch entsprechend weitertragen. Was haben wir hier gemacht? – Wir haben hier in diesem Fall dazu beigetragen, einer akuten Notlage von Kindern, von Frauen und Familie zu begegnen und abzuhelfen. Das haben wir

erreicht. Ich gehe davon aus, dass die Menschen nun auch mit unserer Unterstützung in die Lage versetzt worden sind, jetzt wieder für sich selbst sorgen zu können.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Danke schön, Frau Senatorin! – Es gibt eine Nachfrage des Kollegen Stadtkewitz von der CDU-Fraktion. – Bitte schön, Herr Stadtkewitz!

Frau Senatorin! Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgten diese Zahlungen?

Frau Senatorin Knake-Werner, bitte!

Es ist üblich und durchaus mit rechtlichen Vorschriften zu vereinbaren, dass die Menschen, die in unserer Stadt in eine Notlage geraten, ob sie sich nun als Touristen oder in einer anderen Funktion hier in der Stadt aufhalten, Hilfe in dem Land erwarten können, in dem sie sich gerade aufhalten. Daran haben wir uns orientiert. Dem sind wir gefolgt. Ich finde es für eine Metropole wie Berlin durchaus angemessen, wenn klar ist, dass es in Notfällen hier humanitäre Hilfe gibt.

Danke schön, Frau Senatorin.

Jetzt geht es weiter mit einer Anfrage des Kollegen Zillich von der Linksfraktion zu dem Thema

Schlechtere Ausstattung für Schulen in Brennpunkten?

Bitte schön, Herr Zillich!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Trifft es zu, dass die Stellen, die im vergangenen Jahr über den Dispositionspool insbesondere Schulen in sozialen Brennpunkten zugewiesen wurden, da diese ansonsten durch das neue Zumessungsmodell an Personalausstattung verloren hätten, in diesem Jahr diesen Schulen nicht mehr zur Verfügung stehen?

2. Trifft es weiterhin zu, dass durch die Neuregelung der Klassenfrequenzvorgaben für Grundschulen bereits im letzten Jahr Klassen zusammengelegt werden müssen

und die Entscheidung von Schulen zur Einrichtung kleinerer Klassen erschwert wird?

Herr Senator Zöllner, bitte schön!

Herr Abgeordneter Zillich! Meine Damen und Herren! Zur Frage 1: Dispositionspools gibt es im Bereich der Sprachförderung – sogenannter Strukturzuschlag – und im Bereich der sonderpädagogischen Förderung. Die Mittel für beide Bereiche sind für das Schuljahr 2009/2010 gegenüber dem laufenden Schuljahr unverändert. Ich darf das noch einmal in Erinnerung rufen: für die Sprachförderung 1 196 Vollzeitlehrereinheiten und für die sonderpädagogische Förderung 1 284. Man sieht daran, welchen Wert und welche große Anstrengung Berlin darauf legt, diesen Besonderheiten Rechnung zu tragen.

Die Höhe der frei verfügbaren Stellen innerhalb dieser Pools ist abhängig von der Zahl der Schülerinnen und Schüler, die im jeweiligen Schuljahr über den Schülerfaktor Stunden erhalten. Erhöht sich die Zahl der gewährten Stunden durch eine höhere Zahl von anspruchsberechtigten Schülerinnen und Schülern, so sind die Kontingente im Dispositionspool, die zur freien Verfügung stehen, im entsprechenden Umfang zu reduzieren. Im Bereich der sonderpädagogischen Förderung ist ein Aufwuchs der anspruchsberechtigten Schülerinnen und Schüler von acht Prozent prognostiziert. Mit den neuen Zumessungsrichtlinien wurde der Faktor für den Förderschwerpunkt „Geistige Behinderung/Autismus“ in der Integration von fünf auf acht Stunden je Kind erhöht. Diese Änderung war insbesondere vom Landesschulbeirat, aber auch von sehr vielen Schulen und Verbänden gefordert worden.

Zur Frage 2: Rechtliche Grundlage für die Einrichtung von Frequenzen in der Schulanfangsphase ist die Grundschulverordnung. Darin heißt es in § 4 Abs. 8:

Jede Lerngruppe in der Schulanfangsphase besteht grundsätzlich aus 24 bis 28 Schülerinnen und Schülern, davon höchstens zwei mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf.

Eine Neuregelung der Klassenfrequenzvorgaben für Grundschulen ist somit nicht erfolgt. Darüber hinaus gilt gemäß den Zumessungsrichtlinien für das kommende Schuljahr unverändert gegenüber dem jetzigen Schuljahr:

Die Festlegung über die Aufnahmekapazität einer Schule trifft die zuständige Schulbehörde im Benehmen mit der zuständigen Schulaufsicht. Die Bildung und Weiterführung von Klassen mit Unterfrequenzen gegenüber der in der Anlage 1 dargestellten Zumessungsfrequenzen bedürfen der Genehmigung durch die zuständige Schulaufsicht.

Die Entscheidungsmöglichkeiten zur Einrichtung kleinerer Klassen sind somit auch nicht erschwert oder verändert worden.

Statistische Unterlagen über die Zahl der Klassenzusammenlegungen liegen nicht vor. Insgesamt kann nur gesagt werden, dass die durchschnittliche Klassenfrequenz in der Grundschule durch die Gesamtveränderung sogar leicht rückläufig, das heißt kleiner, geworden ist. Das schließt nicht aus, dass es in einzelnen Fällen auch zu größeren Klassen gekommen ist.

Man muss allerdings in diesem Zusammenhang sehen, dass eine Verwaltungsvorschrift zurückgenommen worden ist, die die Möglichkeit beinhaltet hat, bei Schulen über 40 Prozent nichtdeutscher Herkunftssprache eine Höchstfrequenz von 26 vorzusehen. Diese Verwaltungsvorschrift war durch ein Verwaltungsgerichtsurteil für rechtlich unerheblich erklärt worden, sodass es im Sinne der Klarheit aus meiner Sicht notwendig war, sie zurückzuziehen. Wir werden in diesem Bereich rechtzeitig vor dem nächsten Schuljahr wieder eine rechtssichere Situation herstellen, damit das in den wenigen Fällen, wo das zu Nachteilen geführt haben mag, nicht mehr passieren wird.

Danke schön, Herr Senator! – Es gibt eine Nachfrage des Kollegen Zillich. – Bitte schön!

Sehen Sie eine Möglichkeit für die Schulen, die jetzt erwarten, dass ihnen aufgrund der Tatsache, dass insbesondere der Dispositionspool für Sprachförderung nicht mehr – wie Sie dargestellt haben – diesen Umfang hat, weniger Stellen als im vergangenen Jahr zugewiesen werden? Sehen Sie eine Möglichkeit, für diese Schulen zu gewährleisten, dass sie das Programm, das sie in den vergangenen Jahren gefahren haben, auch weiterfahren können?

Bitte schön, Herr Senator Prof. Zöllner!

Prinzipiell sehe ich diese Möglichkeit. Das muss im Einzelfall entschieden werden. Es ist die Natur von Dispositionspools, dass sie nicht automatisch Besitzstände darstellen.

Danke schön! – Dann gibt es noch eine Nachfrage von der Frau Kollegin Senftleben. – Bitte schön, Frau Senftleben!

Steffen Zillich

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Senator Zöllner! Ist es richtig, dass der Sprachförderunterricht an Sekundarschulen zukünftig gestärkt werden soll? Wenn ja, frage ich Sie, ob es nicht letztlich wesentlich sinnvoller wäre, diese Kapazitäten an die Grundschule zu verlagern, damit Sprachförderung an Sekundarschulen eine Ausnahme bleibt.

Herr Senator Prof. Zöllner – bitte!

Es gibt vonseiten der Landesregierung keine Vermengung, Sprachförderressourcen oder etwas Ähnliches aus der Grundschule in den Sek.-I-Bereich zu verlagern. Wir werden die Ausstattung der Sekundarschule – das ist öfters unter verschiedenen Aspekten diskutiert worden – insgesamt verbessern.

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Diese ist dann, wenn nötig, adäquat für Sprachförderung einzusetzen. Das bedeutet, dass die schon jetzt vorbildlichen zusätzlichen Ressourcen, die wir in den Bereich der Grundschule schicken, durch ein hohes Maß an Flexibilität arrondiert werden, unter Umständen auch, wenn nötig, durch Sprachfördermöglichkeiten in der Sekundarschule im Sek.-I-Abschnitt.

[Mieke Senftleben (FDP): Warum sehen die Grundschulen das dann anders?]

Danke schön, Herr Senator.