Protokoll der Sitzung vom 10.09.2009

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt ist der Kollege Steuer an der Reihe. Können Sie noch einmal drücken, Herr Steuer, damit wir Sie hier auf den Bildschirm bekommen!

Ich hatte allerdings schon gedrückt, aber gern ein zweites Mal.

Ja, wenn man ein zweites Mal drückt, hat dies immer die Wirkung, dass man weg ist.

Das habe ich nicht gemacht, aber wir lernen ja noch alle.

Ich finde es gut, Herr Senator, dass Sie jetzt dem Druck in der Öffentlichkeit nachgegeben haben und die tatsächlichen Ist-Ausgaben im Haushalt veranschlagt sind. Wäre es nicht richtig – wenn man erkennt, dass die Stunden der Schulhelfer immer mehr steigen, weil es immer mehr Bedarf gibt –, unbefristete Verträge abzuschließen, damit wir nicht jedes Jahr das gleiche Chaos haben und die Kinder und ihre Eltern verunsichern?

Herr Senator – bitte schön!

Ich habe nicht den Eindruck, Herr Steuer, dass ich irgendeinem öffentlichen Druck nachgegeben habe.

[Zurufe von Mieke Senftleben (FDP) und von den Grünen: Nein!]

Ich kann es sogar belegen oder zumindest versuchen zu belegen, wenn Sie geneigt sind, zuzuhören.

[Mieke Senftleben (FDP): Nein, sind wir nicht!]

Die Erhöhung im Haushaltsansatz kam im Zusammenhang mit den Gesprächen über den Haushalt zu einem Zeitpunkt zustande, zu dem noch überhaupt keine öf

fentliche Diskussion stattgefunden hat, und ist völlig im Konsens mit meinem Kollegen im Finanzressort beschlossen worden. Wir waren beide der Meinung, dass es selbstverständlich in der Größenordnung zu etatisieren ist, wie das Ist 2008 gelautet hat. So weit zu diesem Punkt.

Zu dem zweiten Punkt kann ich nur sagen, dass ich finde, dass es kein Chaos gibt, geschweige denn schon wieder ein Chaos. Ich habe eine sehr erlebnisreiche Zeit hinter mir. Ich habe auch mit der Einrichtung von Schuljahren lebhafte Zeiten erlebt. Dieses ist offensichtlich momentan nicht der Fall, was mich im Sinne der Schulen sehr zufrieden stellt. Der Punkt Schulhelfer wird zum ersten Mal diskutiert.

[Oliver Schruoffeneger (Grüne): Zum ersten Mal?]

Ich sage nachdrücklich, dass ich diese Diskussion ausgesprochen ernst nehme, weil das Kriterium der Prüfung aus meiner Sicht ohne Wenn und Aber und geringste Abstriche realisiert werden muss. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass jedem Fall, der mir bekannt wird – entweder schriftlich direkt an mich oder auch die Senatsverwaltung, aber auch die Fälle, die mir durch Berichterstattung in der Presse bekannt werden –, im Einzelnen nachgegangen wird. Dafür werden die Schulen angesprochen und die Situation geklärt. Mir ist bislang kein einziger Fall bekannt, in dem dann, wenn man ihm nachgegangen ist, keine Klärung in dem Sinne erreicht werden konnte, dass der uneingeschränkte Besuch der Schule realisierbar ist.

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt hat Frau Kollegin Jantzen eine Nachfrage. – Bitte Frau Jantzen! Haben Sie das Mikrofon? – Ja!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Zöllner! Mich empört es sehr, wie Sie über die Probleme, die die Eltern von Kindern mit Behinderungen haben, hinweggehen und einen Vortrag halten, wie das Verfahren ist.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Mieke Senftleben (FDP)]

Ich frage Sie vor diesem Hintergrund, wie Sie eigentlich Vertrauen bei Eltern und Beschäftigten in den Schulen in Ihre Schulreformpläne, die eine bessere individuelle Förderung für alle Kinder und die inklusive Erziehung – also die gemeinsame Erziehung behinderter und nicht behinderter Kinder – beinhalten, gewinnen, wenn Sie es noch nicht einmal schaffen, unter dem gegenwärtigen System die notwendige Assistenz und Hilfe für Kinder mit Behinderungen zu sichern – das sind die Schulhelfer, ergänzende Betreuung und die medizinisch-therapeutische Versorgung, die seit Jahren nicht geregelt ist.

Herr Senator, Sie haben das Wort zur Antwort!

Ich will es jetzt nicht bewerten, dass Sie mir unterstellt haben – und zwar mit Empörung –, dass ich offensichtlich gewissenlos oder nicht verantwortlich mit diesem Problem umgehe. Ich fühle mich betroffen,

[Mieke Senftleben (FDP): Uns kommen die Tränen!]

weil das der Punkt ist, der mich in meiner Tätigkeit am meisten berührt. Ich habe Ihnen dargelegt, dass es gelungen ist, im Haushalt für die Zukunft so viel Geld zu veranschlagen, wie die Ist-Ausgaben des letzten Jahres gewesen sind. Ich muss selbstverständlich davon ausgehen, dass dies dem Bedarf entspricht. Dann zu unterstellen, dass der Gesamtansatz, eine möglichst große Anzahl von Schülerinnen und Schülern integrativ beziehungsweise durch Inklusion von ihrem Recht auf Schulbildung Gebrauch machen zu lassen, nicht ernst genommen werde, ist für mich nicht nachvollziehbar. Die Tatsache – das wissen Sie –, dass Berlin das Bundesland ist, das am meisten in der Spitzengruppe von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen von ihrem Schulrecht Gebrauch machen lässt, wäre nicht Realität, wenn der Senat und der Senator es nicht wollten. Dass dieser schrittweise Prozess einer Umstellung des Systems nicht von heute auf morgen im Sinne einer hundertprozentigen Versorgung realisierbar ist, wissen auch Sie. Das Ziel einer möglichst integrierten Beschulung ist für Berlin ein zentrales. Wir haben viele Fortschritte gemacht, wir werden mit den zusätzlichen Möglichkeiten, wie wir mit der integrierten Sekundarschule noch einen weiteren Schritt vor allen Dingen mit den Bereichen Förderschwerpunkt Lernen tun. Der Gesamtkomplex stellt sich so dar, dass verantwortungsvoll vonseiten der Schule und des Senats für diese Gruppe gesorgt wird – auch wenn man Einzelfällen nachgehen muss.

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt kommt eine Nachfrage des Kollegen Mutlu von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön, Herr Mutlu!

Herr Senator! Auch die Eltern sind empört, will ich hier mal deutlich machen. Nicht umsonst protestieren sie. Daher meine Frage, wie Sie das Kunststück bewerkstelligen wollen, auf Grundlage der Ist-Zahlen von 2008 den Haushaltsansatz für diesen Bereich für 2010 und 2011 festzulegen, nämlich das Ist zur Grundlage für 2010 und 2011 zu nehmen, aber uns hier nochmals wiederholt erklärt haben, dass eine Steigerung der Zahl der Kinder, die bedürftig sind, stattgefunden hat, nämlich um 53 Prozent. Das heißt, es hat eine faktische Erhöhung stattgefunden. Sie nehmen aber die Ist-Zahlen von 2008 zur Grundlage. Wie soll das funktionieren? Können Sie uns das erklären? Wie erklären Sie uns eine Deckelung, obwohl es –

Wir haben Ihre Frage verstanden.

eine Steigerung der Schülerzahl deutlich gegeben hat?

Bitte schön, Herr Senator!

Ich möchte noch mal klarstellen, dass ich meine Verwaltung angewiesen habe, dass jeder Fall, der uns zu Ohren kommt, in dem geschilderten Sinne zu lösen ist. Und wenn er nicht gelöst wird, auch aus Sicht der Betroffenen, darf ich Ihnen versichern – lassen Sie mich – –

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Wenn man Wege beschreitet, muss man Kriterien vorher definieren, Herr Mutlu! Ich definiere, was wichtig ist, die Kriterien. Ich sage Ihnen das gleich, wie das aus meiner Sicht zu lösen ist. – Und jeder Fall, der nicht gelöst wird, wird im Zweifelsfalle mir vorgelegt, und ich werde mich um diesen Fall kümmern. Ich muss die umgekehrte Frage stellen, dass es keinen Grund gibt, einen Automatismus in der Anzahl von Schülerinnen und Schülern, die eben einer besonderen Betreuung durch zusätzliche Schulhelferstunden benötigen, implizit in dieser Größenordnung zu unterstellen, wie es in der Vergangenheit stattgefunden hat. Und ich bin sehr wohl der Meinung, dass man – wie in allen anderen Bereichen auch, und dazu stehe ich – durch ein verantwortungsvolles, effektives Verteilungsverfahren Steigerungen, die realistisch kommen können, in einem solchen System abfangen kann, weil ich darauf hingewiesen habe, dass natürlich die Beschulung von entsprechenden Schülerinnen und Schülern, wenn sie in Gruppen stattfindet, auch effektiv durch Betreuung gesichert werden kann, wenn entsprechende Schulhelferstunden einer entsprechenden Gruppe von Schülerinnen und Schülern zugewiesen werden. Und ich weiß aufgrund der mir vorgelegten Unterlagen, dass vor allen Dingen im Bereich der sonderpädagogischen Förderzentren von der Ausnahmemöglichkeit, auch dort zusätzliche Schulhelferstunden zuzuweisen, Gebrauch gemacht wurde, die bei strenger Prüfung der Rahmenbedingungen, die an diesen Schulen vorliegen, das heißt einer Personalausstattung, die im Einzelfall sich so darstellen kann, dass einer Lerngruppe von sechs Schülerinnen und Schülern zwei bis drei Lehrerinnen und Lehrer, Betreuer und Sonderpädagogen zur Verfügung stehen, dass diese gewährleistet werden kann, ohne dass man zusätzliche Schulhelferstunden zuweist, sodass auch bei einer realistischen Veranschlagung für den nächsten Haushalt in der Größenordnung des im letzten Haushalt vorliegenden Ist aus meiner Sicht eine verantwortungsvolle Betreuung mit Schulhelfern gewährleistet werden kann.

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Danke schön, Herr Senator! – Ich darf mal bei der Pressetribüne darauf aufmerksam machen, dass das Runterfilmen auf die Tische der Abgeordneten bitte nicht zulässig ist, auch nicht mit Fernsehkameras. Gerade ist in Ordnung, aber nach unten ist nicht in Ordnung.

Bevor ich Frau Jantzen das Wort gebe, habe ich die große Freude, den Oberbürgermeister von Diyarbakir in der Türkei, Herrn Osman Baydemir, hier im Hause zu begrüßen. – Herzlich willkommen!

[Allgemeiner Beifall]

Herr Baydemir hat gestern an einer Konferenz zu dem Thema „Kurden in Deutschland“ hier im Hause teilgenommen. Wir freuen uns, dass Sie unseren Verhandlungen folgen.

Jetzt hat aber Frau Kollegin Jantzen das Wort zu einer Mündlichen Anfrage zum Thema

Wo ist der rot-rote Stufenplan für Verbesserungen in den Kitas?

Bitte schön, Frau Jantzen!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Warum finden sich im Haushaltsentwurf des rot-roten Senats keine Mittel für den sogenannten „Stufenplan“ der Koalition, obwohl der Regierende Bürgermeister öffentlich erklärt, der Senat setze sich für Verbesserungen in den Kitas ein?

2. Warum beharrt der Regierende Bürgermeister auf der weiteren Gebührenfreistellung für alle, wenn es ihm angeblich darum geht, Familien „knapp oberhalb von ’Hartz IV’“ zu entlasten?

Danke schön, Frau Jantzen! – Jetzt hat der Bildungssenator, vermute ich mal wieder, das Wort. – Bitte schön, Herr Prof. Zöllner!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Jantzen! Zumindest nach meinen Interpretationen und meinem Kenntnisstand ist es so, dass in dem sogenannten Stufenplan der Koalition die Beitragsfreiheit und halbtags auf Teilzeit wichtige und Kernbestandteile sind. Und wie Sie wissen, sind diese beiden Punkte Hintergrund auch der immensen Haushaltssteigerungen im Bereich der Kitas.

[Beifall bei der SPD]

Aber konkret zu Ihren Fragen: Der Senat hat mit dem Haushaltsentwurf deutlich gemacht, dass er, wie ich betone, trotz der angespannten Haushaltslage weiterhin an

dem Schwerpunkt „frühkindliche Bildung im Bereich der Tageseinrichtungen“ festhält und diesen nachdrücklich ausbaut. Im Gesetzentwurf zum Haushaltsplan des Landes Berlin sind im Einzelplan 29 für die frühkindliche Bildung für das Jahr 2010 837 Millionen Euro veranschlagt, 2011 865 Millionen Euro. Im Jahr 2009 war ein Ansatz in Höhe von 740 Millionen Euro im Haushalt vorgesehen.

[Zuruf von Elfi Jantzen (Grüne)]

Die geplanten Ausgaben für den kommenden Doppelhaushalt enthalten damit eine Steigerung von 13 bzw. 16,9 Prozent. Ich kann mir schon vorstellen, dass von meinen Kolleginnen und Kollegen mit einer gewissen Wehmut auf diese Steigerungsraten geblickt wird. Sie machen deutlich, welche Schwerpunktsetzung das ist.

[Beifall bei der SPD]

Der vom Senat in dieser Woche beschlossene Gesetzentwurf enthält auch einen bedarfsunabhängigen Anspruch auf Teilzeitförderung für alle Kinder im letzten Jahr vor der regelmäßigen Schulpflicht und – um zu Ihrer zweiten Frage zu kommen – die Beitragsfreiheit drei Jahre vor der Einschulung.