Von den öffentlichen Mitteln, die in das sogenannte Nachnutzungskonzept Tempelhof investiert werden sollen, haben nur der Regierende Bürgermeister persönlich und Frau Junge-Reyer etwas, die offensichtlich in einer Bundesgartenschau einmal spazieren gehen will.
Die Chancen, für die Nachnutzung von Tempelhof privates Kapital zu akquirieren und Arbeitsplätze für die Berlinerinnen und Berliner zu schaffen, sind völlig vertan, wenn die einzige Idee darin besteht, mit öffentlichen Mitteln ein paar Prestigeprojekte zu initiieren, bei denen dann lediglich einer der Senatoren oder der Regierende Bürgermeister zur Eröffnung hingeht. Das ist eine völlige Fehlentwicklung!
Wir wollen aber nicht nur konsolidieren – was gemacht werden muss –, sondern auch gestalten. Wir unterbreiten Ihnen in den Haushaltsberatungen einen ausfinanzierten Gegenentwurf, der auf wirtschaftliche Impulse und Zukunftstechnologien setzt, in gute Bildung investiert, Sicherheit schafft und eine moderne öffentliche Verwaltung im Blick hat. Zusätzliche Einnahmen und die Generierung von Arbeitsplätzen – das ist eine der Überschriften, die wir mit unseren Vorschlägen durchzusetzen versuchen werden.
Dafür gibt es auch gute Beispiele. Die von der CDU damals eingeleitete Standortpolitik in Adlershof und Buch hat sich bezahlt gemacht. In Adlershof hat sich ein Jobmotor mit 800 Unternehmen und 14 000 Beschäftigten entwickelt, und unsere Berliner Wissenschaftslandschaft ist eine exzellente Grundlage für eine positive wirtschaftliche Entwicklung – bei allen strukturellen Problemen, die Sie sich zu lösen drücken. Charité und UKBF sind dafür Beispiele. Weil es aus CDU-Sicht mit Adlershof ein hervorragendes Beispiel für Entwicklung im wirtschaftlichen Bereich gibt, sagen wir Ihnen: Das können Sie doch ruhig kopieren! Aber nicht einmal zum Kopieren guter Ansätze der CDU sind Sie in der Lage, sondern die Wirtschaftssituation in der Stadt wird einfach so gelassen, wie sie ist. Manchmal habe ich ein wenig den Eindruck, Sie brauchen das, um überhaupt die Existenzberechtigung der Linken demonstrieren zu können.
Wir lassen es aber nicht bei Schlagworten. Mit unserem Vorschlag „Solar- und Industriepark TXXL“ liegt ein modernes, ökologisch und nachhaltige Konzept für ein Leuchtturmprojekt in diesem Cluster vor. Unser Zukunftspark – umfassend mit vielen Fachleuten entwickelt – hat das Potenzial, der ökologischste Industriepark Europas und eine Jobmaschine mit 20 000 Arbeitsplätzen zu werden. So sieht eine Nachnutzung aus und nicht wie eine Bundesgartenschau!
Entlastung der Menschen ist auch ein Thema, das wir immer wieder aufrufen. Der Finanzsenator hat neue Belastungen ins Spiel gebracht. Höhere Fahrpreise beim öffentlichen Personennahverkehr, die Umweltzone, das leidige Thema Straßenausbaubeitragsgesetz – überall erkennen wir die Stichworte Zwang, Verbot, Abzocke. Das sogenannte Klimaschutzgesetz wird sich da nahtlos einreihen. Nach der Erhöhung der Grundsteuer ist es als Nächstes das Mieterhöhungsprogramm für Mieterinnen und Mieter, und Sie wollen auch noch ein bisschen bei den Eigenheimbesitzern herangehen, denn die sind per se eine Melkkuh, die man noch schröpfen kann. Nein, dieser bürger- und wirtschaftsfeindlichen Politik können wir nicht zustimmen!
Das Thema Bildung ist schon angesprochen worden, und die rot-rote Koalition hat beschlossen, die Kitas beitragsfrei zu machen. Schön, das kann man sich leisten, wenn man im Überschuss schwelgt! Nun sind wir anerkanntermaßen nicht in dieser Situation, sondern wir müssen gewaltige Defizite bewältigen. Weil Eltern keine reinen Verwahranstalten wollen, sondern ein qualitativ hochwertiges Betreuungsangebot, ist es notwendig, zunächst in die Qualität der Kita zu investieren und zuzusehen, dass die frühkindliche Bildung endlich auf einem Niveau stattfindet, das auch dem Anspruch Ihrer schönen Papiere gerecht wird. Derzeit ist das nicht der Fall, und deswegen sagen wir – und die Umfragen haben es deutlich gemacht: Über 80 Prozent der Betroffenen sind bereit, weiter Kitabeiträge zu zahlen, wollen aber mehr Qualität. Sie verweigern diesen Eltern die Qualität, und das ist falsch!
Aus diesem ausfinanzierten Ansatz, den wir Ihnen vorstellen werden, ergibt sich auch, das wir das Geld für 300 echte Neueinstellungen von Lehrerinnen und Lehrern haben werden. Das ist auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir hätten uns mehr gewünscht, aber wir haben auch noch andere Baustellen in der Stadt, und so viele Löcher kann man einfach nicht in einem Doppelhaushalt stopfen, wie Sie in den vergangenen Jahren aufgerissen haben.
Wir haben eine Situation, in der in der Stadt in jeder Nacht Autos brennen, in der es Anschläge auf Lofts, auf Restaurants, auf Bauwagen gibt, und zunehmend sind auch Übergriffe auf Polizisten an der Tagesordnung. Für uns ist allerdings Sicherheit die Grundlage des sozialen Miteinanders, und deswegen wollen wir ihr weitaus mehr Gewicht verleihen, als es der Senat tut, nämlich durch 250 mehr Stellen bei der Polizei, 150 bei der Feuerwehr, aber auch 200 im Justizvollzug. Auch Sie haben da Notwendigkeiten gesehen aufzustocken, aber da Sie sich Ihre Prestigeprojekte leisten, nur in einem so geringfügigen Maße, dass es den Problemen, die die Stadt im Sicherheitsbereich hat, überhaupt nicht gerecht wird. Echte Prioritäten zu setzen, damit etwas bei den Leuten an
Lassen Sie mich abschließend noch ein paar Worte zu den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst sagen: Ich habe kein Verständnis für Herrn Wowereit, der sagt, dass wir beim Doppelhaushalt darüber abstimmen müssen, wie wir mit den Prognosen, die wir hinsichtlich der Steuereinnahmen, Sozialausgaben oder Arbeitsplätze bekommen haben, umgehen müssen. Die Prognosen für zwei Jahre sind in einer krisenhaften Situation überhaupt nicht seriös. Wir wissen nicht, wie es in zwölf Monaten um die Weltwirtschaft ausschaut. Wir wissen nicht, wie sich die Konjunktur entwickeln wird, ob sie wieder angesprungen ist oder ob wir in eine längere Rezession hineingehen. Trotzdem haben Sie wider besseres Wissen einen Doppelhaushalt und keinen Einzelhaushalt präsentiert. Das finden wir nicht in Ordnung.
Aber nun müssen wir darüber beraten, und neben dieser Unsicherheit kommt noch eine weitere hinzu, nämlich die Unsicherheit, dass Sie dem Parlament nichts zu dem Thema vorgelegt haben, welche finanziellen Dimensionen wir bei den Tarifverhandlungen zu erwarten haben. Worüber reden wir? 5,9 Prozent, wie es die Linke herausposaunt haben? – Eher nicht, wie es der Finanzsenator gesagt hat? Sie haben ausreichend Zeit gehabt, ein Angebot für den öffentlichen Dienst zu erstellen. Schließlich liegen sowohl Ihr Haushaltsentwurf als auch Ihre Finanzplanung schon einige Wochen zurück.
Sie sollten nicht nur mit den Beschäftigten anders umgehen, die Sie schon im vergangenen Jahr massiv vor den Kopf gestoßen haben, sondern auch mit dem Parlament. Sie lassen einen Riesenbrocken von mehreren Milliarden Euro im finanzpolitischen Dunkel. So kann man keine seriösen Haushaltsberatungen führen.
Wir wollen einen leistungsfähigen und motivierten öffentlichen Dienst als Standortfaktor. Wir brauchen ein umfangreiches Paket, das einen Personalentwicklungsplan beinhaltet, das die Fragen nach Beschäftigungssicherheit, der Ausbildungssituation und möglichen Außeneinstellungen beantwortet. Wir empfehlen dringend, die Rückkehr in die Tarifgemeinschaft der Länder zu prüfen. Haben die Beschäftigten im öffentlichen Dienst keinen ausreichenden Konsolidierungsbeitrag geleistet, der die Perspektive bieten sollte, die Tarifinsel Berlin wieder mit dem Festland zu verbinden? Diese Fragen gilt es zu beantworten. Dafür werden wir in den Haushaltsberatungen einen Vorschlag machen.
Dieser Haushalt ist fiskalpolitisch absolut unsicher. Sie lassen uns darüber im Dunkeln, welche Entscheidungen Sie uns bei relevanten Haushaltspositionen im Rahmen der Haushaltsberatungen noch präsentieren werden. Dieser Haushalt setzt darauf, dass Sie jetzt den Schluck aus der Pulle nehmen und im übernächsten Jahr der Regierung, mit der Sie nichts mehr zu tun haben werden, die
Konsolidierung überlassen. Dieser Haushalt beantwortet nicht die Fragen, die Sie, Herr Finanzsenator eben aufgeworfen haben, sondern ist ein Einstieg in den finanzpolitischen Ausstieg. Wir werden am Ende dieser Zeit so viele Schulden haben, dass sich Berlin nicht mehr aus eigener Kraft befreien kann. Angesichts der Tatsache, dass in wenigen Jahren auch die Vereinbarungen über den Länderfinanzausgleich auslaufen werden, stehen Sie mit diesem Politikansatz vor dem Ruin, denn die Solidarität der Bundesländer und des Bundes wird nicht über Berlin kommen, wenn in dieser Weise ohne Sinn und Verstand Ausgaben getätigt werden. Das führt uns in die finanzpolitische Sackgasse.
Vielen Dank, Herr Goetze! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Zackenfels das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erörtern hier heute einen Krisenhaushalt. Das muss man sich immer wieder vor Augen führen. Der Doppelhaushalt 2010/2011 umfasst nach aktuellen Stand ca. 21,9 Milliarden Euro an Ausgaben. Dem stehen rd. 13,2 Milliarden Euro Einnahmen aus Steuern gegenüber, 2 Milliarden Euro aus Bundesergänzungszuweisungen und 4 Milliarden Euro aus sonstigen Einnahmen. Bildet man die Differenz, hat man in jedem der beiden Jahre Schulden in Höhe von 2,7 Milliarden Euro. Damit hat man die Schwierigkeit Berlins vor Augen: rd. 5,5 Milliarden Euro mehr Schulden in zwei Jahren. Das macht bis Ende 2011 insgesamt 66 Milliarden Euro Schulden. Die Frage ist natürlich: Hatten wir eine Alternative? – Die Antwort wird Sie nicht verblüffen: Nein! Wir hatten sie nicht. Wir müssen sparen, wo es geht, dürfen nicht nachsparen, wo es sinnlos erscheint, und müssen Akzente setzen, wo wir es für richtig halten.
Im Bereich Sport hätte der Senat auf die Austragung der Frauenfußball-WM im Jahr 2011 verzichten und dadurch 1,4 Millionen Euro sparen können. Wir denken, der Senat hätte das nicht tun sollen. Es ist gut, dass die Frauenfußball WM von uns mitfinanziert wird.
Der Austausch und die Neubeschaffung von Dienst- und Schutzkleidung bei der Polizei und der Feuerwehr hätte ebenfalls infrage gestellt werden können. Stattdessen ist uns das zweimal 6,4 Millionen Euro wert. Wir von RotRot wollen das so, und das ist auch gut so.
Im Bereich der frühkindlichen Erziehung hätte der Senat in der Tat seine Zusage, das zweite und dritte Kitajahr beitragsfrei zu stellen, infrage stellen können. Stattdessen steht er zu seinem Wahlkampfversprechen und hat
97 Millionen Euro mehr – vom Jahr 2009 zum Jahr 2010 – und 18 Millionen Euro mehr – vom Jahr 2010 zum Jahr 2011 – vorgesehen. Der Haushalt spiegelt die Beitragsfreiheit, den erweiterten Rechtsanspruch und das Entgelt für Tagesmütter wider. Genauso wollen wir es auch.
Ich finde, werter Herr Goetze, dass man diesen Haushalt eigentlich nicht bar jedes Gedankens an die allgemeine Wirtschafts- und Finanzlage besprechen kann, wie Sie es eben getan haben. Da greifen Sie meines Erachtens zu kurz.
Wir müssen an dieser Stelle noch einmal ein wenig ausholen: Als Dr. Sarrazin im Jahr 2002 sagte, der Haushalt sei verfassungswidrig, wähnte sich der Rest der Republik noch weit überlegen. – Sie können sich vielleicht daran erinnern. – Ob Eichel, Hendricks, Oettinger und Stoiber, sie alle waren sich in der Einschätzung einig, Berlin sei an seinen Schulden selbst schuld. Das Ganze gipfelte in einem Urteil des Bruder des Ex-Senators Hassemer, der sich heute nicht zu schade ist, mit Ihnen von den Grünen schlaue Sprüche zur Lage der Stadt zu organisieren. Während Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition – das muss man sich immer wieder in Erinnerung rufen –, uns wenig unterstützt haben – ich bin mit meiner Formulierung sehr freundlich – und sich bei reichen Ministerpräsidenten südlicher Bundesländer zum Frühstück eingefunden haben, um dann das lindnerische Dampfgeplauder abzulassen, haben wir von Rot-Rot in den letzten Jahren mit einer republikweiten Einmaligkeit die Arbeitszeiterhöhung für alle Landesbeamten auf 42 Wochenstunden, den Austritt aus den Arbeitgeberverbänden und den Solidarpakt mit den Gewerkschaften geschlossen. Wir haben die Anschlussförderung beendet, freiwillige Sozialleistungen wie das Blindengeld gekürzt, bezirkliche Vergleichsrechnungen als Instrument der Kontrolle eingeführt, Liegenschaften veräußert und Flächenmanagement auf die Tagesordnung gesetzt. Deswegen sind Ihre Vorwürfe, in den letzten Jahren seien keine Einsparbemühungen unternommen worden, objektiv nicht gerechtfertigt. Mag sein, Sie hätten mehr gemacht, wenn Sie an der Regierung gewesen wären, liebe Kollegen von der CDU, mag sein, man könnte mehr als Sarrazin sparen, aber bereits das Gemachte war ein Höllenritt, der seinesgleichen sucht.
Ich erkenne daher den Elan der Opposition an, von einer neuen Haushaltsnotlage zu sprechen. Der Punkt ist nur – und das ist paradoxerweise zugleich unsere Hoffnung –, dass wir in Berlin kein Einzelfall mehr sind. Ihre Feststellung ist das, was man im Amerikanischen einen „no brainer“ nennt. Dazu bedarf es wahrlich keines Hirns mehr. Inzwischen sagt die CDU-Bürgermeisterin von Frankfurt am Main, Kollegin Roth, in der Juni-Mitteilung des Deutschen Städtetages:
Die guten Jahre bis 2008 konnten die Haushaltsnöte vieler Städte nicht beseitigen. Auf die Dauer brauchen die Städte, im besonderen Maße finanz
schwache Städte, eine Finanzausstattung, mit der sie ihre Aufgaben bewältigen können. Dazu muss das kommunale Steuersystem weiterentwickelt werden sowie die zugesagte Entlastung bei den Sozialausgaben umgesetzt werden.
Das Aufkommen der gewinnabhängigen Steuern wird weiter zurückgehen. Die Situation wird sich auch in den Jahren 2010 und 2011 nicht bessern. Der Mai-Monatsbericht der Deutschen Bundesbank ist dazu erfrischend deutlich:
Im kommenden Jahr wird sich die Lage der Staatsfinanzen weiterhin erheblich verschlechtern. Schulden und Defizitquote werden voraussichtlich nochmals stark steigen.
Natürlich sind dafür defiziterhöhende Maßnahmen wie die Konjunkturpakete mit verantwortlich. In unserem Fall – das sei an dieser Stelle betont – sind das 158 Millionen Euro bei einem Gesamtvolumen von 632 Millionen Euro. Das ist Geld, das direkt in die Stadt fließt. Allen, die unken, das Geld komme nicht an, sage ich: Lassen Sie diese Miesmacherei! – Wir setzen K II um, und zwar vollständig und schnell.
Natürlich spielt bei der Gesamtlage auch die Rekapitalisierung von Kreditinstituten wie der HSH Nordbank, der LBBW und der Bayerischen Landesbank mit hinein.
Deswegen überspringe ich diesen Teil der rot-roten Erfolgsstory der letzten Jahre. Am Ende können wir uns einer Tatsache nicht verschließen, und auch diese Tatsache finde ich in dem Bundesbankbericht sorgfältig herausgearbeitet. Ich zitiere:
Insgesamt tragen durch politische Entscheidungen verursachte Mehrausgaben erheblich zu dem starken Anstieg der Verschuldung bei.
Die prognostizierte Einnahmeentwicklung wird maßgeblich durch die politischen Entscheidungen zu Steuerentlastungen bestimmt.
Dann ist hier auch der Ort, an dem wir doch etwas Bundestagswahlkampf machen müssen, werte Damen und Herren von der Opposition. Schwarz-Gelb wäre für dieses Land ein Desaster. Das haben wir hier schwarz auf weiß. Für die Länder, für die Kommunen, für die Städte, für die Menschen. Hören Sie auf, den Menschen in diesem Land etwas vorzulügen! Das ist nicht die Zeit für Steuersenkungen. Sie reiten, werte Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU/CSU, die Gebietskörperschaften in den Ruin. Den Wählerinnen und Wählern muss man von dieser Stelle aus noch einmal sagen: Glauben Sie den Steuersenkungssirenen nicht!