Protokoll der Sitzung vom 10.09.2009

die lfd. Nr. 8 – VO 16/177 – Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen an der Freien Universität Berlin für das Wintersemester 2009/2010 auf

Antrag der Fraktion der Grünen an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung,

die lfd. Nr. 12, VO-Nr. 16/181 – Achte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Vergütung der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure auf Antrag der Fraktion der CDU an den Ausschuss für Bauen und Wohnen,

die lfd. Nr. 13, VO-Nr. 16/182 – Vierundzwanzigste Verordnung zur Änderung der Polizeibenutzungsgebührenordnung auf Antrag der Fraktion der Grünen an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und

die lfd. Nr. 20, VO-Nr. 16/189 – Verordnung über die äußere Gestaltung baulicher Anlagen an der Straße Unter den Linden, auf der Museumsinsel und um den Gendarmenmarkt im Bezirk Mitte, Ortsteil Mitte auf Antrag der Fraktion der CDU an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr.

Weitere Überweisungswünsche liegen mir nicht vor. Von den übrigen Verordnungen hat das Haus Kenntnis genommen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 29:

Antrag

Den Kulturtourismus in Berlin fördern, Vermarktungspotenziale besser nutzen, starre Spielzeitregelungen flexibilisieren.

Antrag der FDP Drs 16/2527

Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten. Hierzu höre ich keinen Widerspruch.

Die lfd. Nr. 30 war Priorität der Fraktion der CDU und wurde unter dem Tagesordnungspunkt 4 e aufgerufen. Die lfd. Nr. 31 wurde verbunden mit der Aktuellen Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 3. Die lfd. Nr. 32 steht als vertagt auf unserer Konsensliste. Die lfd. Nrn. 33 bis 38 finden Sie auf unserer Konsensliste.

Auch der Punkt 39 der Tagesordnung stand auf der Konsensliste, und zwar

lfd. Nr. 39:

Antrag

Grundwasserregulierung in Mahlsdorf-Kaulsdorf

Antrag der CDU Drs 16/2605

Hierzu haben sich aber die Fraktionen inzwischen auf eine Ausschussüberweisung verständigt, nämlich federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr und mitberatend an den Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Ich komme jetzt zur

lfd. Nr. 40:

Antrag

Mehr Wohlstand durch Wettbewerb (XI): Transparenz bei Vergabeverfahren herstellen

Antrag der FDP Drs 16/2606

Hier ist keine Beratung gewünscht. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Hauptausschuss. Dazu höre ich keinen Widerspruch, also wird so verfahren.

Die lfd. Nr. 41 war Priorität der FDP und wurde unter dem Tagesordnungspunkt 4 c aufgerufen. Die lfd. Nr. 42 war Priorität der Fraktion der Grünen und wurde unter dem Tagesordnungspunkt 4 b aufgerufen.

Ich rufe jetzt auf

lfd. Nr. 42 A:

Dringlicher Entschließungsantrag

20 Jahre Gründung Neues Forum in der DDR

Entschließungsantrag der CDU, der Grünen und der FDP Drs 16/2615

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Hierzu ist eine Beratung vorgesehen. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Das Wort für die Fraktion der Grünen hat der Kollege Otto.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt kommt ein angenehmer Punkt, wie ich denke. Wir wollen erinnern an die Gründung des Neuen Forums, was heißt die Gründung – an einen Aufruf! Das 20. Jahr nach der friedlichen Revolution schreitet voran. Wir sind schon über die Hälfte gekommen. Wir als Bündnis 90/Die Grünen möchten mit Ihnen an verschiedenen Punkten in diesem Jahr daran denken, was da geschehen ist. Es war sehr viel, es ging alles sehr schnell, und gerade im Zeitraum von September bis November ist jeden Tag irgendetwas passiert.

Viele, die im Osten, in der DDR, gelebt haben, aber ich glaube, auch die Westberliner, die damals schon dabei waren, können sich erinnern, wie ein Volk aufbegehrte und letztendlich seine Partei- und Staatsführung davonjagte. Ein wichtiges Datum jährt sich heute, am 10. September, zum 20. Mal. Am 10. September 1989 haben sich 30 Leute in Grünheide bei Berlin im Hause Robert Havemanns, der Staatsfeind Nr. 1 war bis zu seinem Tod im Jahr 1982, zusammengefunden und haben einen Aufruf verfasst, der die Überschrift trug: „Aufbruch 89 – Neues Forum“. Der Aufruf ist recht kurz und endet mit den Worten: „Die Zeit ist reif.“

Die Menschen, die da zusammenkamen, wurden ganz schnell eine Sammlungsbewegung, der Tausende, Zehn

tausende ihre Unterschrift gaben. Sie trafen sich – und das war neu – außerhalb der Kirchen, wo zuvor viele Oppositionsgruppen ein Dach gesucht hatten. Kaja Havemann und Bärbel Bohley sind nur zwei Namen, die ich hier nennen möchte, hatten dazu eingeladen, Menschen aus der ganzen DDR, aus dem Norden, dem Süden, aus Berlin, aus allen möglichen Berufen und verschiedenen sozialen Schichten.

Der Aufruf, den sie am 10. September 1989 veröffentlichten, war, wenn man das heute liest, fast lapidar. Damals – und die DDR-Bürger konnten zwischen den Zeilen lesen – war es eine Sprengladung. Die SED fühlte sich unter Druck. Und zunächst fragten sich alle, was dieser Text bewirken würde. Die Initiatoren – das wirft vielleicht ein Licht auf deren Denken an diesen Tagen – hatten sich für den 1. Advent, also Anfang Dezember, zu einem Folgetreffen verabredet, um dann festzustellen, was aus dem Aufruf geworden sein würde. Wir wissen alle, dass am 1. Advent die Mauer offen war, da wurde auf den Straßen gerufen: Wir sind ein Volk! – Da war viel passiert. Das hatten diese Leute nicht geahnt. 30 hatten den Aufruf unterzeichnet. Innerhalb weniger Wochen gab es 20 000 Unterschriften, in einem Land, in dem Unterschriftensammlungen, wenn sie nicht genehm waren, ins Gefängnis führen konnten.

Es war eine Sammlungsbewegung, in der viele Menschen waren, die nur der Wunsch nach Veränderung einte. Einige fanden sich wenig später in Parteien wieder. Wenn Sie sich erinnern, es gab Leute, die unterzeichnet haben und inzwischen sehr bekannt sind: Wolfgang Thierse, heute Mitglied der SPD im Bundestag, oder Arnold Vaatz, heute Mitglied des Bundestags bei der CDU. Das hat sich sehr schnell in ganz verschiedene Richtungen entwickelt.

Jens Reich, einer der Erstunterzeichner, hat das Ereignis einmal so beschrieben:

Es war ein Streichholz, das in einem politischen Pulverfass die Zündung für die gewaltlose basisdemokratische Revolte lieferte.

Und so war es dann auch.

In der Folge – Sie entsinnen sich – gab es die großen Demonstrationen in Leipzig, in Berlin, es gründeten sich neue Gruppierungen, neue Parteien. Ich will nur einige hier nennen: Demokratie Jetzt, Demokratischer Aufbruch, Die Vereinigte Linke oder auch die Sozialdemokratische Partei. Später gab es noch viele andere. Das Neue Forum legte, glaube ich, eine Grundlage dafür, obwohl der Zenit dieser Bewegung relativ schnell überschritten war. Im März bei der Volkskammerwahl war es schon fast wieder vergessen.

Wir haben in den Antragstext geschrieben:

Das Abgeordnetenhaus von Berlin erinnert in der heutigen Plenarsitzung an den 20. Jahrestag des Aufrufs und fordert in diesem Sinne alle Berlinerinnen und Berliner auf, das Handeln der Be

gründerinnen und Begründer des Neuen Forums als Ansporn für die Gestaltung des Gemeinwesens auch in der heutigen Gesellschaft zu sehen.

Wir glauben, die Demokratie braucht jeden Tag unser aller Einsatz. Denken Sie an geringe Wahlbeteiligung, denken Sie an Unzufriedenheit, denken Sie daran, wie schwer es auch uns fällt, direkte Demokratie zu entwickeln. All das, glaube ich, ist eine Aufgabe, die uns vielleicht auch die Leute des Neuen Forums vom 10. September 1989 mitgegeben haben, genauso wie sie uns mitgegeben haben, dass die Menschenrechte in anderen Ländern, wo es Diktaturen gibt, unseren Einsatz verlangen, unsere Solidarität und unser politisches Engagement.

In diesem Sinn würde ich Sie bitten, diesem Antrag zuzustimmen. Die CDU und die FDP haben mit unterzeichnet. Ich habe gehört, es soll noch ein Debatte über eine Ausschussüberweisung geben. Ich halte das nicht für gut, denn an einem Tag, an dem so ein Jubiläum stattfindet, sollte man sich auch positionieren. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei den Grünen und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Hilse das Wort. – Bitte schön, Herr Hilse!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Otto! Auch uns ist das Anliegen, die Verdienste der Bürgerrechtsbewegung des Herbstes 1989 zu würdigen, ans Herz gewachsen und wichtig. All jenen Menschen, die Sie beschrieben haben, die Mut und persönlichen Einsatz aufbrachten, um die friedliche Revolution in der DDR voranzubringen und herbeizuführen, gebührt unser und Ihr Dank und unsere Hochachtung. Sich gegen Willkür und Diktatur aufzulehnen, war – daran haben Sie erinnert, daran erinnere ich noch mal – mit Gefahren und Nachteilen verbunden. Wenn dennoch immer mehr Menschen Mut fassten und die undemokratischen Verhältnisse nicht mehr hinnehmen wollten, so ist das auch dem Neuen Forum zu verdanken. Aber, sehr geehrter Herr Otto, die Bürgerrechtsbewegung der DDR bestand nicht allein aus dem Neuen Forum.