Protokoll der Sitzung vom 10.09.2009

Bei Nichterreichen dieser gesetzten Werte gibt es diese Abzüge,

[Zurufe von den Grünen]

bis zu 15 Millionen Euro pro Jahr.

[Zuruf von Michael Schäfer (Grüne)]

Herr Schäfer! Das gilt nur für erbrachte Fahrleistungen. Für nicht erbrachte Fahrleistungen wird nichts gezahlt.

[Claudia Hämmerling (Grüne): Das ist selbstverständlich! – Zurufe von den Grünen]

Ihr Vorwurf, man könne die ausgefallenen Züge – –

[Zuruf von Michael Schäfer (Grüne)]

Sie behaupten doch immer, man könne nichts abziehen für nicht erfolgte Fahrten. Das ist falsch!

[Zurufe von den Grünen]

Selbstverständlich werden nicht erbrachte Fahrleistungen nicht bezahlt. Deshalb ist es richtig, dass der Senat jetzt 15 Millionen Euro allein für September einbehält. Das sind 75 Prozent der vertraglich vereinbarten Zahlungen. Nicht fünf, nicht fünfzehn, 75 Prozent! Also, Frau Hämmerling, hören Sie mit der Lüge auf, es gäbe keine Abzüge, und die wären so knapp begrenzt, dass sie für die Bahn nicht wirksam wären! 75 Prozent von der – –

Herr Kollege Gaebler! Es wird beanstandet, dass Sie das Wort Lüge mehrfach gebraucht haben. Ich darf Sie bitten, das Wort Lüge durch das Wort Unwahrheit zu ersetzen. Das ist dann parlamentarisch.

[Allgemeine Heiterkeit]

Herr Präsident! Wenn Frau Hämmerling versichert, dass sie dann das Wort Lüge, das sie mindestens drei Mal benutzt hat, ebenfalls zurücknimmt, dann können wir darüber reden. Aber da haben Sie es nicht beanstandet, wenn ich Ihnen das mit auf den Weg geben darf.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Noch einmal dazu, wie Franziska Eichstädt-Bohlig sich Verkehrsverträge vorstellt und zu ihrer Vorstellung, was man alles in einem Vertrag regeln kann: von der Anzahl der Werkstattmitarbeiter bis hin zu Wartungsintervallen und vermutlich auch den Anzugsdrehmomenten für Dichtungsschrauben.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Genau! – Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Wenn Sie eine detaillierte Einflussnahme auf den Betriebsablauf wollen, müssen Sie ein Unternehmen beauftragen, das dem Land Berlin gehört. Dann können Sie das über Aufsichtsrat, über Eigentümerweisung, über die Gesellschafterversammlung machen. Alles andere wäre eine staatsgelenkte Wirtschaftsphilosophie, die ich von Ihnen, aber insbesondere von der FDP und der CDU nicht erwartet hätte.

[Och! von den Grünen]

Was für Verträge wollen Sie denn schließen? Wie sollen die denn aussehen?

[Volker Ratzmann (Grüne): Formale!]

Sollen sie Handlungsanweisung für jeden Mitarbeiter sein, der morgens erst einmal bei der Senatsverwaltung anrufen muss, ob er jetzt die Schraube so herum oder so herum anbringen soll?

[Zurufe von den Grünen]

Das ist doch absurd, was Sie hier machen! Absurdes Theater!

Herr Gaebler, Entschuldigung! Gestatten Sie Zwischenfragen? – Frau Eichstädt-Bohlig und Frau Hämmerling haben dann das Wort. – Bitte!

Erstens frage ich Sie, ob Sie mitbekommen haben, dass ich das so detailliert nicht gefordert habe. Aber wäre es bei dieser S-Bahn, bei der offenbar mehr Schrauben locker sind, als man es sich überhaupt vorstellen kann, nicht notwendig? Frau Junge-Reyer hat eben deutlich gesagt, dass sie die Nichtbegrenzung der Sanktionen ihrerseits für notwendig hält. Wie wollen Sie das erreichen, wenn nicht durch Kündigung und Neuverhandlung dieses Vertrages? Es gibt überhaupt kein anderes Instrument! Machen Sie sich endlich ehrlich, dass es nicht anders geht!

[Beifall bei den Grünen]

Man kann einen Vertrag in beiderseitigem Einvernehmen auch nachverhandeln, ohne dass er gekündigt werden muss. Wenn ich ihn kündige, habe ich keine Grundlage mehr für Verhandlungen, dann gibt es keinen Vertrag mehr. Deshalb ist das, was Sie gesagt haben, schon von sich aus schlicht Unsinn.

[Claudia Hämmerling (Grüne) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Das Zweite, Frau Kollegin Eichstädt-Bohlig, Sie haben das nicht gesagt. Sie betreiben die gesamte Zeit ein perfides Spiel.

[Beifall von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion]

Sie sagen immer: Man müsste mal, man sollte mal, der Senat hat dies und jenes nicht gemacht. – Wenn man Ihnen dann einmal erzählt, wie es nach Ihrer Logik aussehen würde, bis hin zu den Drehmomentanzugsstärken, dann sagen Sie: So habe ich das nicht gesagt. – Aber so haben Sie es gemeint, denn alles andere steht in dem Vertrag drin.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Jetzt noch einmal etwas – –

Herr Gaebler! Frau Hämmerling möchte noch eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie sie zu?

Bitte schön, Frau Hämmerling!

Schönen Dank! – Herr Gaebler! Kennen Sie den S-Bahnvertrag? Wenn ja, wie erklären Sie, dass fünf Prozent Pönale von 230 Millionen Euro Ihrer Meinung nach 15 Millionen Euro sind? Meiner Meinung nach sind es 11 Millionen Euro.

Halten Sie es zweitens für eine besondere Ruhmestat, dass man für nicht erbrachte Leistungen kein Geld zahlt? Oder zahlen Sie, wenn Sie in die Regionalbahn nicht einsteigen, vorher ein Ticket?

[Beifall bei den Grünen]

Sagen wir einmal so: Das ist immer das Problem bei Suggestivfragen, die auch noch Doppelfragen sind, dass man sie nicht mehr beantworten kann.

Das ist hämmerlingsche Logik!]

Deshalb sage ich Ihnen: Sie haben doch die Behauptung aufgestellt, dass man der S-Bahn nichts abziehen könnte für nicht erbrachte Fahrleistungen, nicht ich!

[Claudia Hämmerling (Grüne): Zu wenig, habe ich gesagt!]

Zu wenig für nicht erbrachte Fahrleistungen? Ich habe doch gerade gesagt, nicht erbrachte Fahrleistungen werden nicht bezahlt. Dann können Sie nicht sagen, es wird ihnen zu wenig für nicht erbrachte Fahrleistungen abgezogen.

Man kann ja nicht mehr abziehen, als im Vertrag vorhanden ist. Frau Hämmerling! Belegen Sie mal ein Semester Betriebswirtschaft oder Vertragsrecht oder etwas in dieser Richtung, und wenn Sie dann wiederkommen, können wir uns vielleicht darüber unterhalten! Denn auch Ihr Vorschlag, das Verhältnis zwischen Gewinnen und Strafgeld solle im Vertrag verankert werden, ist eine spannende Sache. Erstens: Wie stellen Sie Gewinne eines Unternehmens fest? – Das ist schon mal schwierig. Zweitens: Wenn Sie bei einem Vertrag mit einer Laufzeit von 15 Jahren einen möglichen Gewinn in das Verhältnis zu einem möglichen Strafgeld setzen wollen, stellt sich die Frage, wie Sie das überprüfen wollen. Das ist eine völlig absurde Forderung. Die kann nur von jemandem kommen, der überhaupt keine Ahnung hat, wie ein Verkehrsvertrag aussieht und wie ein Betriebsablauf organisiert ist.

[Zuruf von Dr. Martin Lindner (FDP)]

Deshalb sollten Sie sich einmal bei Herrn Dr. Lindner erkundigen. Der erklärt Ihnen vielleicht, wie das geht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der die Gewinne in das Verhältnis zu den Strafgeldern setzen und eine Gewinnbegrenzung vertraglich festschreiben will. Das kann ich mir nicht vorstellen, und an dem Punkt ist Jamaika auch schon am Ende.

[Michael Schäfer (Grüne): In Jamaika ist es auch nicht schlimmer als hier!]

Abschließend – weil Sie immer sagen, sie möchten das Geld der S-Bahn wieder zurückhaben –: Das möchte ich auch. Aber ich möchte es in das Unternehmen investiert sehen. Sie sagen, man könne durch Ausschreibung mit weitaus weniger Geld auskommen. Aber das ist absurd. Die Deutsche Bahn hat doch gerade gezeigt, dass Sicherheitsmängel auftreten und der Betrieb in die Katastrophe geht, wenn man versucht, mit weniger Geld als dem durch den Vertrag vorgesehenen auszukommen.

[Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]