Danke schön, Herr Kollege Goetze! – Für die SPDFraktion spricht nunmehr der Kollege Zackenfels. – Bitte schön, Herr Zackenfels!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kern ist Ihres Anliegens, Herr Goetze, ist es, im Grunde genommen eine Aussprache zu erzwingen, wo gar keine Aussprache vorgesehen ist. Dem stellen wir uns jedoch gern. Ich sage dazu Folgendes: Zum Ersten skandalisieren Sie mit dieser Ernennung zu einer obersten Landesbehörde einen Sachverhalt, der sowohl in anderen Bundesländern als auch in Berlin die Regel ist.
In Bayern ist Rechnungshofpräsident Dr. FischerHeidelberger, in der bayerischen Staatskanzlei, persönlicher Referent des bayerischen Ministerpräsidenten, Büroleiter des Leiters der Staatskanzlei, Leiter der Abteilung Richtlinien der Politik, Leiter der Abteilung Wirtschaft, Wissenschaft, Verkehrspolitik und Amtschef des bayerischen Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz gewesen.
In Schleswig-Holstein war der seit 2004 amtierende Landesrechnungshofpräsident, Dr. Altmann, von 2001 bis 2003 Staatssekretär im Ministerium für ländliche Räume, Landesplanung, Landwirtschaft und Tourismus. Auch in Berlin war Präsident Horst Grysczyk, Präsident in der
Zeit von 1992 bis 2000, seit 1977 in der Finanzverwaltung Abteilungsleiter, also integraler Bestandteil dessen, was er danach kontrollieren sollte und was er danach auch kontrolliert hat.
Sie tun dem Rechnungshof Unrecht, Herr Goetze. Das muss ich Ihnen einfach einmal so mitgeben. Ich bin nun schon seit einigen Jahren Mitglied im zuständigen Ausschuss und kann Ihnen versichern, dass die Direktoren des Rechnungshofs selbstbewusste, mit der richterlichen Unabhängigkeit ausgestattete Persönlichkeiten sind. Die Kollegen sind selbständig, Herr Goetze, und bleiben es auch.
Wenn man dem Rechnungshof mehr Rechte geben will, muss man anders, als es die beiden Gesetzesanträge vorsehen, die Sie hier zum Anlass genommen haben, weniger die Personalauswahl reformieren als vielmehr den Vollzug stärken. Ein Problem ist nämlich regelmäßig, dass selbst die von Regierungskoalitionen naturgemäß abgeschwächten Beschlussempfehlungen aus dem Haushaltskontrollausschuss seitens der Exekutive ignoriert werden. Dort liegt ein Problem, Herr Goetze, aber nicht in der Auswahl der Persönlichkeiten oder bei der Präsidentschaft.
Wer den Rechnungshof also stärken möchte, muss sich über Sanktionsmöglichkeiten und Zwangsmittel zur Durchsetzung seiner bzw. unserer Forderungen gegenüber der Exekutive Gedanken machen. Das haben Sie zu keinem Zeitpunkt getan, geschweige denn, in den letzten Jahren. Daher halte ich auch, werte Kollegen der CDU, Ihren Gesetzesantrag zur Amtszeitbegrenzung für wenig zielführend. Es ist gerade die Ernennung auf Lebenszeit, die der Funktion der Präsidentschaft die materielle und ideelle Unabhängigkeit garantiert, die wiederum Grundlage für unbequeme Fragen, unbequeme Entscheidungen und unbequeme Auseinandersetzungen ist.
Das jedoch meines Erachtens gewichtigste Argument ist und bleibt die Person der Kandidatin selbst. Mit der Ernennung von starken Persönlichkeiten, die natürlich dann auch immer eine Lebens-, eine Meinungs-, eine Partei- und eine Wirkungsgeschichte haben, zu hohen Ämtern, gehen regelmäßig politische Auseinandersetzungen einher. Aber es ist unser aller Recht, als Menschen sowieso, aber ich finde auch als die einer Berufung zur Gestaltung öffentlichen Lebens nachgehenden Personen, auf der Grundlage ordentlicher Verfahren, neue Aufgaben in dieser Architektur öffentlicher Institutionen mit dem notwendigen Vertrauen beginnen zu dürfen. Das ist ein Recht, und das sollten wir nicht infrage stellen.
Nehmen Sie daher Abstand von Vorverurteilungen. Sie haben keine Hinweise – ich fordere Sie hier um der intellektuellen Redlichkeit halber nachdrücklich auf, dies nicht zu behaupten –, dass Frau Dunger-Löper den Eid, den sie auf die Verfassung leisten wird, nicht ernst nehmen könn
könnte. Frau Dunger-Löper wird sich ganz sicher nicht in falschen Loyalitäten gegenüber Weggefährten ihrer bisherigen Arbeit verstricken.
Anders ist es da mit der Überlegung eines Vorschlagsrechts seitens des Parlaments. Hier gestehe ich Ihnen Gestaltungsmöglichkeiten zu. Das sollte dieses Haus ruhig einmal debattieren.
Werte Kolleginnen, werte Kollegen! Mit der Wahl von Hella Dunger-Löper zur ersten Frau an der Spitze des Berliner Landesrechnungshofs verbindet meine Fraktion die Gewissheit einer unparteiischen, souveränen, selbstbestimmten Führung dieses Verfassungsorgans. Diese wiederum gewährleistet eine harte, sachliche Kontrolle der Exekutive. Und das genau ist es, was wir letztendlich alle in diesem Haus wollen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Danke schön, Herr Kollege Zackenfels! – Für die FDPFraktion spricht der Fraktionsvorsitzende Meyer. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst, dass ich Dr. Harms begrüße, den ehemaligen Rechnungshofpräsidenten, in einer anderen Perspektive, aber immer noch mit einem wachsamen Auge auf das Parlament. – Herzlich willkommen, Herr Harms!
Der von uns eingereichte Antrag hat zunächst – Herr Zackenfels hat darauf hingewiesen – zum Ziel, dass künftig die Wahl des Rechnungshofspräsidenten auf eine deutlich breitere Basis gestellt wird. Wir sind der Auffassung, dass es uns deswegen sehr gut anstehen würde, wenn wir dazu kommen könnten, dass künftig nicht mehr die einfache Mehrheit der Sitze des Abgeordnetenhauses, sondern eine Zweidrittelmehrheit, und zwar auf Vorschlag des Abgeordnetenhauses selbst, in eine Wahl münden würde. Ich glaube schon, dass zwischen dem Vorschlag der CDU, 10 Jahre Amtszeitbegrenzung, und einer lebenslangen Ernennung ein Mittelweg gangbar sein und gefunden werden muss, das ist unser Vorschlag: eine zwölfjährige Amtszeit einzuführen. Das Letzte, der adäquate Weg, um der Frage der politischen Unabhängigkeit eines Kandidaten angemessen zu begegnen, ist die Frage, inwieweit es möglich ist, eine fünfjährige Karenzzeit für Mitglieder oder ehemalige Mitglieder des Senats inklusive Staatssekretäre einzuführen.
Wie notwendig diese Vorschläge sind, zeigt schon die aktuelle Debatte, die wir hier anhand des Vorschlags Dunger-Löper führen und auch in den letzten Wochen in der Öffentlichkeit geführt haben. Sie alle wissen, dass
gerade die Stadtentwicklungsverwaltung ein Bereich ist, der in den letzten Rechnungshofberichten immer an vorderster Stelle geprüft wurde. Hier gab es immer die meisten Prüfaufträge, es gab die meisten Beanstandungen. Auch deswegen ist der Hinweis von Herrn Zackenfels, dass in den Bereichen, wo die Rechnungshofspräsidentin selbst tätig war, sie nicht mitprüfen kann, ein irreführender. Denn eines der Hauptschwerpunktfelder des Rechnungshofs liegt gerade im Bereich Stadtentwicklung, deswegen geht das Argument fehl.
Wenn Sie sich dazu noch ansehen, in welchen Bereichen Frau Dunger-Löper in den letzten Jahren und aktuell als Aufsichtsratsmitglied tätig ist, die BVG, die BIM, WISTA-Management, DEGEWO, Stadt und Land oder die WBM, dann sehen Sie auch hier, dass eine umfangreiche Prüffähigkeit in weiten Bereichen der Verwaltung und der verwaltungsnahen Teile durch Frau DungerLöper gar nicht möglich sein wird.
Wir fragen uns aber schon, wie dieser Vorschlag mit dem von Rot-Rot seit 2001 beschworenen Mentalitätswechsel in dieser Stadt einhergehen kann.
Sie haben in den letzten Jahren immer formuliert, dass Sie an vorderster Front gegen Filz und den Verdacht von Filz und Verfilzung vorgehen wollen. Sie dokumentieren mit diesem Vorschlag genau das Gegenteil. Sie müssen sich fragen, wie genau dieser Vorschlag zu diesem Ansatz passt. Sie müssen sich vor allem auch fragen, wie dieser Vorschlag dazu passt, wenn man mal vergleicht, was an Kritik aus Ihren Reihen in der Endphase der großen Koalition genannt wurde. Wie bringen Sie das in Einklang? – Sie müssen sich auch fragen, was Sie Frau Dunger-Löper als Person antun, wenn Sie sich in den letzten Wochen die Debatten in der Öffentlichkeit angehört haben.
Die Linke hat, sicherlich zu Recht, Kritik geäußert. Dass sie bei der Wahl an Ihrer Seite steht, ist nicht verwunderlich. Deswegen bleibt es aber dabei, dass es eine Frage der SPD und der SPD-Fraktion ist. Meiner Meinung nach haben Sie hier Ihren moralischen Kompass komplett verloren.
Das merken auch die Menschen auf der Straße, oder mit den Worten eines Ihrer Abgeordneten aus der heutigen „Morgenpost“, der darauf hinwies, dass auch landespolitische Gründe dafür ausschlaggebend waren, dass Sie mittlerweile schlechtere Wahlergebnisse als der Bundesschnitt der SPD in Berlin einfahren, indem er sagte: Wir haben Dinge knallhart durchgezogen. – Genau das versuchen Sie heute auch wieder. Und genau deswegen wird Ihr Ansehen in der Öffentlichkeit in den nächsten Monaten und Jahren auch nicht besser werden.
Sie müssen sich fragen lassen, wie Sie aus der Sackgasse, die sich selbst gebaut haben, herauskommen. Die Nichtwahl der Rechnungshofpräsidentin heute könnte eine Lösung sein.
Sie könnte ein Zeichen sein, dass Sie erkannt haben, dass Sie einen Fehler begangen haben. Daher bitte ich Sie: Gehen Sie noch einmal in sich! Überlegen Sie, ob wir nicht gemeinsam auf einer breiten Basis in den nächsten Wochen eine geeignete Kandidatin oder einen geeigneten Kandidaten für den Posten des Rechnungshofspräsidenten finden können. – Ich danke Ihnen!
Mensch, Herr Dr. Lindner, Sie haben doch Zeit, im Bundestag viel zu reden, da müssen Sie doch nicht jetzt auch noch hier in der Provinz ran. Aber zwei Parlamente ist schöner, nicht?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zuerst zu den Anträgen reden, die ja hier ein bisschen untergehen. Wir haben zwei Anträge vorliegen, die Artikel 95 der Verfassung von Berlin betreffen, der FDP-Antrag darüber hinaus das Rechnungshofgesetz. Alle haben sie einen Bezug zur Präsidentschaft des Rechnungshofs. Der Antrag der CDU-Fraktion ist knapp und kurz, beinhaltet letztlich die Amtszeitbegrenzung auf zehn Jahre, und das sollen wir dann in die Verfassung schreiben. Darüber kann man ja reden, lieber Herr Goetze.