Klaus Lederer
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Last Statements
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde, man muss gar nicht den Bankenskandal und das LandowskyVerfahren heranziehen,
wenn man sich über den Gegenstand dieses Antrags verständigt. Man kann auch einfach über die Weltwirtschafts- und Finanzkrise 2008 reden, die uns in großer Dimension vor Augen geführt hat, was sich mit systemischen Ursachen und durchaus auch mangels wirksamer Regulierung im Kleinen abspielt, nämlich Handeln von wirtschaftlichen Akteuren – dabei ist mir völlig egal, ob in öffentlichen Unternehmen oder in der Privatwirtschaft – mit krimineller Dimension. Der Antrag, den wir heute verabschieden, befasst sich mit einem kleinen Ausschnitt dessen, mit einem kleinen Ausschnitt der notwendigen Regulierung und Pönalisierung. Der Kollege Zimmermann hat das Landowsky-Urteil zum Anlass genommen, weil in der Tat eines stimmt: Es hat die Spielräume verengt, den Untreuetatbestand auf wirtschaftliche Verhaltensweisen anzuwenden. Ich finde, an der Stelle muss
man die Debatte seriös führen, was der Gesetzgeber auf Bundesebene tun kann und was er auf Bundesebene tun sollte. Klar ist: Die gegenwärtige Bundesregierung tut da nichts.
In Bezug auf die Wirtschafts- und Finanzkrise ist eine Menge an Regulierung angekündigt worden. Es sollte eine strengere Regulierung von Finanzprodukten stattfinden, es ist damals über das Verbot von Leerverkäufen diskutiert worden, über die Demokratisierung der Ratingagenturen. All das hat sich in Luft aufgelöst, in all diesen Bereichen ist de facto nichts passiert.
Ferner stelle ich mir die Frage: Inwieweit trägt das derzeitige Strafrecht angesichts der Tatsache, wie existenziell wirtschaftliche Prozesse für das öffentliche Leben sind, den Notwendigkeiten moderner Strafrechtspolitik Rechnung? Dazu stelle ich fest: Bis heute sind die unternehmensbezogenen Rechtsfolgen strafrechtlichen Handelns der Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen, also des Managements und der Aufsichtsorgane, nicht Teil des Wirtschaftsstrafrechts, jedenfalls nicht mit Strafbarkeit im engeren Sinne. Ich stelle zweitens fest: Bis heute sind die Vorschriften des Wirtschaftsstrafrechts allenfalls fragmentarisch, und sie setzen auf die klassischen Zurechnungszusammenhänge individuellen strafbaren Handelns. Das versagt schon dann, wenn Aufsichtsgremien oder Gruppen von Akteuren unterwegs sind, weil man natürlich das Handeln eines jeden Einzelnen hinwegdenken kann und der strafrechtliche Erfolg dennoch eintreten würde. Also: Auf Wirtschaftsstraftaten sind die klassischen strafrechtlichen Zurechnungsnormen schlicht und ergreifend schwer anwendbar.
Der dritte Punkt ist, dass bis heute Managements mit krimineller Energie von der schwierigen Nachweisbarkeit von Tatbestandsmerkmalen profitieren, die sich auf die wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Folgen von Spekulation und Hochrisikoengagement beziehen. All das führt dazu, dass Wirtschaftsstrafprozesse heutzutage ewig dauern, Unsummen kosten und nicht selten ohne Verurteilung enden, und das, obwohl die in der jeweiligen Beweisaufnahme festgestellten Fakten vom skrupel- und rücksichtslosen Verhalten der Handelnden künden. Ohne jede Bedenken werden für eine entsprechend hohe Rendite nahezu unbegrenzte gesellschaftliche Risiken in Kauf genommen. Da entsteht dann in der Tat schon der Eindruck: Die Kleinen werden gehängt, die Großen lässt man laufen.
So muss das nicht sein. Wir können das auch anders machen. Ich finde es richtig, darüber nachzudenken, inwieweit Gefährdungstatbestände da Vorkehrungen bieten können, ich finde es auch richtig, an die gesellschaftsrechtlichen Sorgfaltspflichten der Organmitglieder strafrechtlich anzuknüpfen. Natürlich ist es auch richtig, dass das alles nicht alle Probleme löst, und dass der strafrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz und die Justizgrundrechte hier auch zwingend beachtet werden müssen. Aber ich finde, es ist überfällig, diese Debatte zu führen. Sie muss
geführt werden. Das ist auch der Grund, weshalb meine Fraktion diesen Antrag hier mit eingereicht, mit entwickelt hat und unterstützt.
Wir wollen überhaupt nicht davon reden, was windiges Handeln von Managern und Managerinnen für die Altersvorsorge von Kleinanlegern und Kleinanlegerinnen bedeutet oder welche Folgen es für die Realwirtschaft hat. Wir haben das in Anflügen erlebt. Selbst manche europäische Nationalökonomie ist da ins Wanken geraten. Präventive wie repressive Instrumente der Verhaltenskontrolle von Unternehmen, von Branchen und Managements sind hochgradig lückenhaft. Diese Lücken müssen systematisch geschlossen werden. Ein Beitrag dazu ist unser Antrag, für den ich Sie um Zustimmung bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Braun! Die Linke Berlin braucht Ihren Nachhilfeunterricht nicht.
Nicht nur, dass sie Ihren Nachhilfeunterricht nicht braucht. Wir haben diesen Antrag nicht eingereicht, weil wir uns von irgendetwas zu distanzieren hätten oder weil wir an dieser Stelle irgendwie die Notwendigkeit hätten, uns von irgendetwas abzugrenzen. Damit das auch Ihnen, der Sie offenbar nichts weiter lesen als die Zeitungen, in denen Sie sich Ihre Konstrukte zusammenreimen können, um eine Fraktion dieses Hauses und den Landesverband Berlin der Partei Die Linke zu beleidigen, klar wird, stelle ich an dieser Stelle fest:
Erstens: Die Linke Berlins hat sich nicht nur fortgesetzt und immer wieder zum Existenzrecht Israels bekannt, und das nicht nur durch plakatives Gerede, sondern durch praktisches Handeln.
Zweitens: Sie hat sich nicht nur immer dann, wenn in dieser Stadt antisemitische Vorfälle stattgefunden haben, an die Seite derjenigen gestellt, die mit aller Entschiedenheit gegen diese antisemitischen Vorfälle aufgetreten sind, und zwar nicht nur durch Gerede, sondern durch tätiges Handeln.
Drittens müsste Ihnen aufgefallen sein – für den Fall, dass Sie mal Ihre Scheuklappen ablegen und anfangen, sich
einen etwas breiteren Blick für diese Welt zuzulegen –, dass wir uns insbesondere auch mit all diesen Vorfällen auseinandergesetzt haben, und zwar klar und deutlich, die in den letzten Wochen und Monaten in der Presse immer mal wieder eine Rolle spielten, egal ob das Einstaatenlösungen, Blockadeaufforderungen oder Schals sind, auf denen der Staat Israel nicht mehr vorkommt. All diese Dinge haben immer unsere entschiedene Ablehnung gefunden. Bei all diesen Dingen hat unser Landesverband immer eine klare Position gehabt, und das wird auch zukünftig so bleiben.
Es wäre schön gewesen, wenn Sie den Punkt, den Sie eingangs betont haben, nämlich den Konsens in der Frage des Gedenkzeichens, in den Mittelpunkt gestellt hätten, anstatt Ihre platte und dümmliche Art und Weise hier in den Raum zu tragen, einfach nur die Kolleginnen und Kolleginnen in diesem Rund zu diskreditieren. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kam mir zwischenzeitlich vor wie am Infostand und habe mir die Frage gestellt, ob es überhaupt noch sinnvoll ist, einen Redebeitrag zum eigentlichen Thema zu halten, denn das scheint keinen mehr wirklich zu interessieren, einschließlich der einreichenden Fraktion.
Liebe Frau Bayram! Ich hätte die Bitte: Wenn Sie mich schon zitieren, dann zitieren Sie mich bitte richtig.
Zitieren Sie das, was ich gesagt habe, und nicht das, was Sie davon verstanden haben. Das muss nämlich nicht dasselbe sein.
Der zweite Punkt, den ich Ihnen gern mitgeben möchte: Sie können sich nicht einerseits hinstellen und sich darüber aufregen, dass alle vier Fraktionen dieses Hauses sich gegen diesen Antrag aussprechen, wenn Sie vorher den Antrag eingereicht haben in Ihrer krampfhaften Suche nach Alleinstellungsmerkmalen, der gar nichts anderes ermöglicht – weil Sie eine verfassungsrechtliche Frage zu einer politischen machen und es sich dabei relativ leicht machen.
Ich kann es Ihnen erklären, Herr Kollege Lux, damit auch Sie es verstehen!
Hören Sie doch einfach mal zu!
Es ist Folgendes: Ich hätte mich zum Beispiel gern mit Herrn Wansners Position zum Drittstaatenwahlrecht auseinandergesetzt, über die BVV. Das hätte ich gern gemacht.
Ich muss mich stattdessen mit Ihrem Antrag und den verfassungsrechtlichen Hintergründen auseinandersetzen und muss an dieser Stelle feststellen, dass hier zwei Fraktionen, die mit Ihnen das Anliegen teilen, einem Antrag nicht zustimmen können, der auf das Anliegen scheinbar
ausgerichtet ist, es aber eigentlich konterkariert. Das ist das, wofür Sie hier verantwortlich sind. Das ist das, was Sie hier zuwege gebracht haben. Damit haben Sie die Debatte, über die Sie sich beklagen, erst möglich gemacht.
Ich will noch mal zur ersten Lesung zurückkommen. Frau Bayram hat schon damals etwas getan, was ich persönlich ausgesprochen unappetitlich finde, sie hat nämlich im Kern erklärt: Wer unserem Antrag nicht zustimmt, der teilt das Anliegen überhaupt nicht, der gibt nur Lippenbekenntnisse ab, der will sogar recht eigentlich das Gegenteil dessen, nämlich den Berlinerinnen und Berlinern ohne EU-Pass das Kommunalwahlrecht vorenthalten. – Das finde ich eine bodenlose Unverschämtheit, und ich finde es ausgesprochen unappetitlich, Frau Bayram, was Sie hier schon in der ersten Lesung gemacht haben.
Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage. Frau Bayram kann dann gern eine Kurzintervention machen. Darin hat sie ja Übung.
Im Ausschuss hat sie das in gewisser Weise fortgesetzt und noch einmal zugelegt. Sie hat die Tragfähigkeit ihres Antrags nicht mehr als Rechtsfrage gesehen, sondern zu einer Frage des politischen Muts erklärt und gemeint, wer dem Antrag nicht zustimmt, sei feige und würde sich – ich zitiere – hinter den Vorschriften des Grundgesetzes verstecken.
Dass diese Argumentation einigermaßen krude ist, scheint den Grünen inzwischen auch aufgegangen zu sein. Jedenfalls argumentieren sie jetzt damit, dass sämtliche verfassungsrechtlichen Bedenken ausgeräumt seien. Frau Bayram hat das eben noch einmal wiederholt und die Anhörung im Ausschuss auf eine ziemlich schlichte Aussage reduziert: Ich habe das komplexer wahrgenommen, aber dieser Herausforderung muss sich ja nicht zwingend jeder oder jede stellen.
Herr Kollege Dr. Hanschmann hat am Ende der Anhörung gesagt – Zitat! Frau Bayram! Lesen Sie sich das Wortprotokoll noch einmal in Gänze durch! –:
Was ich referiert habe, basiert auf dem Prinzip Hoffnung oder einer antizipierten Regelung.
Das hat Kollege Hanschmann am Ende der Anhörung gesagt: Auf dem Prinzip Hoffnung oder einer antizipierten Regelung!
Das Prinzip Hoffnung soll uns also motivieren, hier einer Regelung zuzustimmen, die im Falle einer Nichtigerklärung ganze Wahlen ungültig macht.
Es soll uns motivieren, die mit einer solchen Nichtigerklärung wohl verbundenen schweren Rückschläge für das eigentliche Anliegen einfach in Kauf zu nehmen, damit Sie hier einen kleinen Wahlkampferfolg feiern können. Frau Bayram! Sicherlich lässt sich Recht ändern, aber das ist keine Frage des politischen Mutes, sondern der entsprechenden gesellschaftlichen und politischen Mehrheiten, und denen haben Sie hiermit einen Bärendienst erwiesen. Dass weder zur Kenntnis noch ernst zu nehmen, ist gnadenloser Populismus, aber nachdem sich die Grünen mit ihrem Wahlprogramm und ihrer Haltung zum Integrationsgesetz dermaßen desavouiert haben, haben sie das wohl nötig und muss das wohl sein.
Ich möchte noch etwas zitieren. Frau Bayram und Herr Lux! Vielleicht hören Sie mal zu. Ich zitiere:
Stärker einbinden wollen wir auch die ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Sie sind Teil unserer Gesellschaft, und sie sollen mitentscheiden, was vor Ort geschieht. Wir werden uns daher auf Bundesebene dafür stark machen, dass auch Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger das aktive und passive Kommunalwahlrecht erhalten.
Wissen Sie, woher ich das habe? – Aus der Koalitionsvereinbarung zwischen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD in Baden-Württemberg für die Legislaturperiode 2011 bis 2016.
Nach Ihrer Lesart ist Herr Kretschmann ein windelweicher Feigling, und Renate kann alles und das besser. Künast ist offenbar die große Heldin. – Liebe Grüne! Jede und jeder macht sich so unmöglich, wie es geht. Das haben Sie heute getan, und die Forderung nach namentlicher Abstimmung schlägt dem Fass den Boden aus.
Wie gesagt, ich glaube, Sie haben sich hier eine Peinlichkeit erlaubt, und das wird niemand in dieser Stadt goutieren. Sie haben darüber hinaus noch dafür gesorgt, dass drei Fraktionen, die sich im Anliegen eigentlich einig sind, hier gespalten sind und Sie ein vermeintliches Al
leinstellungsmerkmal im Wahlkampf vor sich hertragen können. Peinlich, liebe Grüne, peinlich!
Frau Senatorin! Gibt es Erkenntnisse darüber, in welchem Umfang wiederholte Beförderungserschleichung – sie muss ja wiederholt sein – in Berlin tatsächlich zu Gefängnisaufenthalten führt? Kann man etwas zur Sozialstruktur der Täter und ihrer Motivation etwas sagen? Strafrecht soll ja General- und Spezialprävention zur Folge haben. Wenn das aber gar nicht das geeignete Instrument ist,
müsste man in der Tat darüber nachdenken, welche anderen Mittel man ergreifen sollte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben mit dem Land Brandenburg gemeinsame Fachobergerichte gebildet. Wir haben auch in anderen Bereichen die Kooperationen der Justiz zwischen beiden Bundesländern voran getrieben. Es ist überfällig, dass sich Berlin und Brandenburg auf ein gemeinsames Richterrecht einigen. Das ist umso mehr zu begrüßen, als es vor dem Regierungswechsel in Brandenburg unmöglich war, sich mit mehreren verschlissenen christdemokratischen Justizministerinnen auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf zu einigen. Das ist erst einmal der Ausgangspunkt, vor dem wir die ganze Debatte führen.
Zweitens: Wir haben tatsächlich zügig und gründlich gearbeitet, wobei für meine Fraktion sehr wichtig war, dass das zwischen den Justizverwaltungen geschnürte Paket nicht wieder völlig geöffnet wird. Aber von Durchpeitschen, lieber Kollege Rissmann, kann wirklich nicht die Rede sein. Wir haben zwei Anhörungen durchgeführt, wir haben insgesamt drei Beratungen im Ausschuss zu diesem Vorgang stattfinden lassen. Eines ist klar, dass keine der Fraktionen, die die Vorbereitungsarbeiten mitgetragen haben, ein Interesse daran hatten, dieses Vorhaben dem Diskontinuitätsgrundsatz verfallen zu lassen,
wenn sich eine Legislaturperiode dem Ende neigt. Das ist völlig normal. Das liegt auf der Hand. Ich kann mich erinnern, dass die CDU-SPD-Koalition in Brandenburg mit dem gemeinsamen Richtergesetz so lange getrödelt hat, bis die Legislaturperiode zu Ende war. Danach konnte man wieder bei null anfangen. Das ist auch keine Art, wie man gemeinsame Justizpolitik betreibt. Daran möchte ich an dieser Stelle noch einmal erinnern.
Ich weiß, dass es immer nicht ganz unproblematisch ist, wenn Gesetzesvorhaben zwischen zwei Bundesländern gestaltet werden. Das erinnert ein wenig an die Situation wie bei Staatsverträgen. Man befindet sich am Ende immer in der Situation, dass man sich mit dem Verhandlungsergebnis auseinanderzusetzen hat. Danach kann man noch an der einen oder anderen Stelle drehen und sagen, dass man dieses gut findet und anderes nicht gefällt. Aber man ist ein Stück weit in den Korridoren drinnen, die durch die vorherigen Verhandlungen geöffnet wurden. Dazu kann ich sagen, dass für mich mit diesem Gesetz auch nicht alle Blütenträume reifen, aber doch, dass ein solides Stück Arbeit geleistet worden ist.
Es ist auch auf dem Weg zur Einbringung des Gesetzentwurfs ins Parlament schon das Eine oder Andere abgeräumt worden, beispielsweise, lieber Kollege Behrendt, die Kritik zur Frage des Planstellenverzichts. Diese ist durchaus im Verfahren teilweise aufgegriffen und aufgenommen worden. Wir mussten uns im Ausschuss bei den Beratungen schon gar nicht mehr in dem Maß auseinandersetzen. Das sollte zumindest auch anerkannt werden.
Eine Änderung, die meiner Fraktion ziemlich wichtig war, ist zum einen die, dass in den Richterwahlausschuss nicht nur Abgeordnete und ausschließlich Abgeordnete gewählt werden können, soweit es um die Besetzungsrechte des Abgeordnetenhauses geht. Wir wissen, dass es in Brandenburg die Tradition hochgradiger Parlamentarisierung des Richterwahlausschusses gab. Es haben auch über Jahre die CDU-Justizministerinnen nichts daran geändert. Es schien ihnen also gefallen zu haben. Ich verstehe nicht, warum die Berliner Union an der Stelle ein so großes Problem damit hat. Ich sage persönlich, dass mir die Berliner Regelung auch lieber gewesen ist. Ich hätte mich gefreut, wenn wir sie hätten einbringen und erhalten können. Ich weiß, dass es der Koalitionspartner nicht in jeder Hinsicht so sieht. Unterschiedliche Sichtweisen gehören aber zu einem solchen Verfahren dazu.
Nun sind wir in einer Situation, dass wir nach dem neuen, jetzt hier zu beschließenden Gesetz auch kundige Personen, die auf Vorschlag der Fraktionen in den Richterwahlausschuss gewählt werden, entsenden können. Das ist für mich ein ganz erhebliches Stück Verbesserung. Ich habe in erster Lesung darauf hingewiesen, dass mir das wichtig ist. Das ist jetzt aufgenommen worden.
Was auch ein wenig unterschlagen wurde, ist – das hat es in Berlin nie gegeben –, dass Versetzungen auf der Ebene der Gerichtspräsidentinnen und -präsidenten sowie ihrer Vize künftig in Berlin der Entscheidung des Richterwahlausschusses unterworfen werden. Das ist eindeutig ein Fortschritt. Den muss ich an dieser Stelle würdigen. Darüber freue ich mich auch sehr.
Alles Andere sind Petitessen. Auch an der Stelle haben wir nachgebessert. Lieber Herr Kollege Rissmann! Erst aufzurufen, dass sich alle Anzuhörenden mit großer Verve gegen den Gesetzentwurf gewandt haben, und dann am Ende eineinhalb Minuten über den Gottesbezug zu reden, anstatt die säkulare Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in den Ländern Berlin und Brandenburg zur Kenntnis zu nehmen, ist einigermaßen grotesk und albern. An der Stelle versuchen Sie nichts anderes, als überkommene Privilegien der Großkirchen aufrecht zu erhalten. Mit moderner Rechtspolitik hat das nichts zu tun.
Ich habe kein Problem damit, wenn Leute den Gottesbezug in ihre Eidesformel aufnehmen wollen. Ich habe aber ein Problem damit, wenn einer Mehrheit der Bevölkerung durch Gesetz vorgeschrieben werden soll, diesen Gottesbezug zu verwenden oder sich dagegen aussprechen zu müssen. Das ist schlichtweg Unsinn. Das ist das, was Sie wollen. Das ist Quatsch.
Wenn sich viele Beteiligte sich einigen müssen, wird es immer etwas schwieriger.
Vor diesem Hintergrund zählt für mich mehr, dass wir es geschafft haben. Das freut mich ausgesprochen. Wir werden in den nächsten Jahren verfolgen müssen, wohin die Tendenz geht. Ein wenig mehr Selbstverwaltung der Justiz, auch stärkere Evaluierung, hätte ich mir an dieser Stelle durchaus wünschen wollen. Hier bin ich etwas mehr auf der Linie des Kollegen Behrendt. In Brandenburg ging es auch. Nichtsdestotrotz wird meine Fraktion dem jetzt zustande gekommenen Gesetzentwurf heute die Zustimmung geben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Stehen die Eckpunkte für den Vollzug der Sicherungsverwahrung, die die rot-roten Regierungen in Berlin und Brandenburg gemeinsam entwickelt haben, im Einklang mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011, oder müssen sie grundlegend überarbeitet werden?
2. In welcher Weise beabsichtigt der Senat, sich in die Diskussion über die Neuregelung der Sicherungsverwahrung auf Bundesebene einzubringen, und wird hier ein gemeinsames Vorgehen mit der brandenburgischen Landesregierung angestrebt?
Vielen Dank, Frau Senatorin! Wird im Senat angesichts des beträchtlichen Aufwands, der den Ländern bei der Umsetzung vorhergesagt wurde, und angesichts der bis zum Jahresende auflaufenden, wahrscheinlich notwendigen Kosten für die nochmalige Überprüfung der derzeit in Sicherungsverwahrung Befindlichen und schließlich angesichts der Tatsache, dass Rot-Rot wiederholt gezeigt hat, dass wir auf kurzfristige Herausforderungen schnell und unbürokratisch reagieren können, schon darüber diskutiert, wie man solche zusätzlichen Aufwendungen abdecken kann, ohne Kapazitäten aus dem derzeitigen Vollzug, aus dem regulären Vollzug der Strafen, abzuziehen, und ist das schon bezifferbar?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich 2003 ins Abgeordnetenhaus gekommen bin, führten wir eine intensive Debatte, durchaus fraktionsübergreifend mit der SPD und den Grünen – die Christdemokraten und die FDP haben sich später auch angeschlossen – zu der Frage, wie man öffentliche Unternehmen solide und transparent aufstellen kann. In dieser Zeit haben wir mit dem Public Corporate Governance Kodex und der Überarbeitung der Beteiligungshinweise begonnen, fortgesetzt haben wir mit neuen Besetzungsvorschriften für die Aufsichtsratsmitglieder, wir haben es geschafft, die Institution des Beteiligungsausschusses zu etablieren, und wir haben mit dem Transparenz- und Vergütungsgesetz von 2005, lieber Herr Kollege Wegner, zumindest etwas vorweggenommen, was später in NRW sicherlich detaillierter gemacht wurde als wir es 2005 in Berlin getan haben. Man kann aber schon sagen, dass Berlin da Trendsetter war, und darauf können wir alle ein bisschen stolz sein!
Es war eine Zeit, in der das Parlament handeln musste, denn die Konsequenzen aus Bankenskandal, Fehlsteuerung und Misswirtschaft in den öffentlichen Unternehmen Berlins, jedenfalls denjenigen, die noch nicht an die Wand gefahren und privatisiert worden waren, stellten eine ernsthafte Herausforderung für dieses Parlament dar. Es musste damit umgegangen werden, und wir erinnern uns alle an den paradigmatischen Buchtitel von Mathew D. Rose „Hauptstadt von Korruption und Filz“. Wenn man zurückblickt und schaut, wo wir heute gelandet sind, kann man sagen, die Unternehmen Berlins werden durchaus anders, sie werden durchaus gut geführt. Verbesserung von Transparenz und guter Steuerung ist aber eine permanente Aufgabe, und insofern muss man da, wo sich Handlungsbedarf zeigt, auch Konsequenzen ziehen.
Der Handlungsbedarf beim Transparenz- und Vergütungsgesetz von 2005 lag auf der Hand. Es war damals ein großer Fortschritt, aber es hat sich als ein zu grobes Maß erwiesen, um die beabsichtigte Transparenz für Vergütungen von Vorständen und Geschäftsführungen in vergleichbarer Weise darzustellen. Wir hatten die Situation, dass Äpfel mit Birnen verglichen wurden. In jedem Sommerloch wurden die verschiedenen Vergütungen der unterschiedlichen Unternehmensleitungen nebeneinander gestellt, und es wurde gesagt, der verdient so viel, der andere verdient so wenig, was in gewisser Weise grotesk war. Die reinen Zahlen sagen nämlich überhaupt nichts aus; sie sagen z. B. nichts darüber aus, wie es mit der Altersvorsorge steht, sie sagen nichts darüber aus, was
variabel, was fix vereinbart war und wie die Kennziffern in die letztendlich ausgeschütteten Vergütungen eingeflossen sind. Unsere Kollegin Kolat hat bereits auf die einzelnen Details hingewiesen, die nach dem neuen Gesetz ausgewiesen werden müssen.
Wir haben einen ziemlich detaillierten Regelungsgehalt, wir haben die Einzelbestandteile, die bei Mehrheitsbeteiligungen Berlins sicherzustellen sind, bei den Minderheitsbeteiligungen des Landes Berlin gibt es eine Hinwirkungspflicht. Kollege Wegner hat darauf hingewiesen, dass dies problematisch sei. Ich glaube, dass es aus anderen Gründen rechtssystematisch sinnvoll ist, es so zu tun, denn wir haben bei Minderheitsbeteiligungen die Einforderung der Hinwirkungspflicht zur Voraussetzung beim Eingehen einer Beteiligung nach der LHO gemacht. Genau genommen wären wir in der Situation, wenn das Land Berlin sich mit der Festsetzung dieser Bestandteile nicht durchsetzen kann, dass dann die Aufsichtsratvertreter des Landes Berlin zur Senatsfinanzverwaltung gehen und sagen müssten, die Voraussetzungen für die Beteiligung nach der LHO liegen nicht vor. Das Land müsste dann nach dem Gesetz sofort die Beteiligung beenden. Das will wohl niemand in diesem Hause. In diesem Zwiespalt bewegen wir uns, und deswegen ist es richtig, dass es wie in jeder Kommunalordnung, wie in jeder anderen Landeshaushaltsordnung auch geregelt ist, dass es bei Minderheitsbeteiligung eine Hinwirkungspflicht gibt und die Aufsichtsratsvertreter alles tun müssen, um die Durchsetzung dieser Hinwirkungspflicht in dem Minderheitsbeteiligungsunternehmen sicherzustellen. Wir finden, dass dies der richtige Weg ist.
Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass wir nicht mehr nur Vorstände und Geschäftsführer, sondern sämtliche Organe der Unternehmen in die Offenlegungspflicht einbeziehen. Wir haben auch die Typen von Unternehmen deutlich ausgeweitet, die betroffen sein sollen – auch Landesbetriebe, Sondervermögen, Körperschaften, Stiftungen, Anstalten und die institutionellen Zuwendungsempfänger bei außertariflicher Vergütung der Geschäftsführung. Auch das ist ein deutlicher Fortschritt und macht unser Transparenzgesetz zu einem deutlich schärferen Schwert als es das 2005er-Gesetz gewesen ist.
Wir haben Erfahrungen damit gesammelt, wir werden den Anforderungen an das Gesetz wesentlich deutlicher gerecht, und wenn es zukünftig gilt, weitere Schritte zu gehen – u. a. in dem Bereich, in dem wir derzeit noch rechtliche Unsicherheiten haben, z. B. bei nichtinstitutionellen Zuwendungsempfängern –, dann werden wir das diskutieren und dort ggfs. Nachbesserungen vornehmen.
Meine Fraktion kann sich für die Konstruktivität bei den Beratungen nur bedanken; wir können stolz auf dieses Gesetz sein, und deswegen werden wir ihm selbstverständlich zustimmen. Über nächste Schritte kann man künftig diskutieren, das ist im Miteinander in diesem Hause sicherlich auch möglich. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Melzer hat zu allem Möglichen geredet, nur nicht zum Inhalt des Antrags.
Kommen wir also zum Thema des Antrags zurück! Das hilft auch bei der Findung von Ergebnissen. – Mit Verlaub, liebe Frau Kosche: Ihr buntes Potpourri von Klagen über Stuttgart 21 bis zu Westerwelle und die Hoffnung auf die grüne Erweckungsmesse mit Pastorin Renate Künast am 18. September hat mit dem Antrag auch überhaupt nichts zu tun. Auch da hätte ich mir gewünscht, dass Sie ein bisschen substanzieller werden.
Was steht in dem Antrag eigentlich drin? – Der Senat wird aufgefordert, das Ergebnis des Volksentscheids „Unser Wasser“ zu respektieren. Das steht im ersten Teil, und, jawohl, das tut der Senat. Darüber haben wir auch des öfteren schon diskutiert. Es läuft gegenwärtig ein bisschen so ab wie bei „Und täglich grüßt das Murmeltier“: jede Plenarsitzung einmal das Thema Wasserbetriebe, ohne großen Erkenntnisfortschritt und Erkenntnisgewinn, insbesondere auf den Bänken, wo Herr Czaja gerade so freundlich nickt.
Aber – geschenkt. Wir haben die Verträge offengelegt, und ich kann mich an dieser Stelle auf die nichtbehandelte mündliche Anfrage des Kollegen Thiel beziehen – das ist die Drucksache 16/20783 –, in der im Einzelnen dargelegt wurde, dass bereits am 10. November 2010 der Intention des Volksentscheids gemäß die Verträge veröffentlicht wurden. Ich habe inzwischen auch noch eine Kleine Anfrage dazu nachgeschoben. Da kann man das alles nachlesen. Also, dieser Punkt ist erledigt.
Dann kommt die Anmerkung: Der Rückkauf von Anteilen soll nicht hinter dem Rücken von Bevölkerung und Parlament verhandelt und die bisher eingeleiteten Verkaufsverhandlungen sowie Verkaufsangebote und alle weiteren Schritte sollen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Da stelle ich mir die Frage: Wie stellen Sie sich das allen Ernstes vor?
Liebe Frau Kosche! Sie sind ja nun Mitinitiatorin des Wassertischvolksentscheids gewesen, wo Ihre Partei Sie bis auf die vorletzten Meter ganz schön im Regen hat stehen lassen. Beim Wassertisch verbanden sich die Hoffnungen auf eine Rekommunalisierung mit der Möglichkeit der Anfechtung – mit der Möglichkeit der Anfechtung und Nichtigerklärung der Verträge. Richtig? – Richtig! Die Grünen – gerade die Grünen und die Fraktion der Grünen – können ja seit 1999 diese Verträge lesen. Ich frage mich, was Sie in den letzten zwölf Jahren unternommen haben, um diese Verträge zur Anfechtung zu bringen. Sie hätten zwölf Jahre lang alle Gelegenheit gehabt, zu einem Zivilgericht zu gehen und diese Verträge für nichtig erklären zu lassen, wenn das denn so einfach ist, wie Frau Kosche uns das immer erzählt.
Aber daran sieht man auch, dass die Grünen ein rein instrumentelles Verhältnis zu dem ganzen Vorgang haben. Ich habe es schon öfter erwähnt: Bei den Personalversammlungen rennt Frau Kubala herum und sagt, man brauche nicht rekommunalisieren, das könne man alles mit Gesetzen machen, man könne alles regulieren. Aber auch da kein praktikabler Vorschlag der Grünen, wie man das alles mit Gesetzen machen und mit Gesetzen regulieren kann – nur Geschwätz!
Die Verhandlungen laufen jetzt. Veolia und RWE müssen mit dem Senat gemeinsam verhandeln, weil auch die Rücknahme der RWE-Anteile der Zustimmung des Mitgesellschafters Veolia bedarf. Das heißt, wir haben Verhandlungen in einer Dreierkonstellation, und es ist durchaus üblich – im Übrigen auch in Landesregierungen, an denen die Grünen beteiligt sind –, dass Verhandlungen durch die Exekutive geführt werden und die Ergebnisse danach gut begründet und durchgerechnet dem Parlament vorgelegt werden. Das Parlament kann dann entscheiden, ob es mit Ja, mit Nein oder mit Enthaltung stimmen will. Jeder einzelne Abgeordnete kann sich dazu eine Position bilden. Im Unterschied zu früher unter Schwarz-Rot werden diese Verträge öffentlich gemacht. Das ist die neue Qualität des Vorgangs.
Die Grünen stellen solche Schaufensteranträge, um sich opportunistisch bei allen und jedem anzuwanzen, der bei diesem Thema in der Stadtgesellschaft irgendetwas erzählt,
und sie glauben, dass sie damit ihrer grünen Erweckungsmesse am 18. September näherkommen. Schon deswegen ist dieser Antrag abzulehnen.
Seine Substanzlosigkeit ist ein zusätzlicher Grund. Sie erzählen uns hier jedes Mal etwas Neues, aber Sie haben noch keinen konkreten Vorschlag zustande gebracht, wie mit den Berliner Wasserbetrieben umzugehen ist. Deswegen sage ich es noch einmal: Opportunistische Anwanzerei, aber in der Sache haben Sie nichts, aber auch gar nichts zu bieten!
Mit dem Antrag zur Veröffentlichung sämtlicher Details der Verkaufsverhandlungen – inklusive Bionade und Birkenstock-Plätzchen – können Sie dann wieder kommen, wenn Herr Kretschmann seine Koalitionsverhandlungen in Baden-Württemberg per Live-Stream übertragen lässt. – Vielen Dank!
Liebe Kollegin Kosche! Auf den „Dr.“ lege ich keinen gesteigerten Wert.
Das war auch nicht mein Zwischenruf vorhin. Sie können weiterhin gern „Herr Lederer“ zu mir sagen. Das macht den Inhalt der Gespräche für mich nicht wesentlich komplizierter, aber es macht die Gespräche mit Ihnen auch nicht inhaltsreicher.
Was wir in den letzten Jahren – und zwar damals gemeinsam mit den Grünen – als PDS vor dem Verfassungsgericht durchgestritten haben, ist das Recht jeder Abgeordneten und jedes Abgeordneten, die Verträge einzusehen. Das sollten auch Sie wissen. Wenn einzelne Abgeordnete nicht den Mut oder die Kraft hatten, dieses Recht am Ende auch durchzusetzen, dann ist das gewiss die Peinlichkeit dieser einzelnen Abgeordneten und nicht die Schuld dieses Senats.
Dass sich die Grünen gern daran beteiligen, ein solches Herumgeheimnissen zu erzeugen – wonach es irgendwo in irgendeinem Aktenschrank noch irgendwelche vertraulichen und relevanten Sachen gebe –, ändert nichts daran, dass alles, was offenzulegen war, offengelegt ist. Und wenn Sie wollen, können Sie endlich klagen.
Frau Kosche! Der dritte und letzte Punkt – ob seminaristisch oder nicht –: Sie sollten sich vielleicht einfach mal der Mühe unterziehen, das, was ich inhaltlich in den letzten Veranstaltungen vorgetragen habe, zur Kenntnis zu nehmen. Ich finde, es ist auch kein Zufall, dass man ausgerechnet bei diesem peinlichen Antrag wieder Sie nach vorne schickt, während der gesamte Rest der Fraktion an diesem Punkt – ich glaube, fast ein bisschen peinlich berührt – schweigt.
Denn dieser Antrag ist so peinlich, dass selbst einige Kolleginnen und Kollegen von Ihnen in der Öffentlichkeit nicht so richtig dazu stehen wollen.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Präsident! Ich empfinde schon ein bisschen Überdruss angesichts der Tatsache, dass wir das Thema im Zweiwochenrhythmus behandeln, offenbar aber in den luftleeren Raum reden, ohne dass darauf in irgendeiner Weise Bezug genommen wird oder darüber nachgedacht wird, welche Argumente im Raum stehen. Herr Melzer erzählt den selben Unsinn wie immer, und dass Herr Schmidt sich da nicht so gut auskennt, das stelle ich mal beiseite. Hier hätte die FDP Herrn Thiel reden lassen können, dabei wäre vielleicht ein bisschen mehr rumgekommen. Sie erzählen einfach Unfug, und ich werde gleich noch genauer darlegen, an welcher Stelle.
Das Ganze fängt schon damit an, dass Sie eine ideologische Pirouette drehen – CDU wie FDP. Der Volksentscheid hieß nicht „Berliner Wasser“, sondern „Wir Berliner wollen unser Wasser zurück“. Man kann schon einigermaßen schwer rechtfertigen, wie man hier vorne gegen den Rückkauf der Berliner Wasserbetriebe argumentiert und dafür als Begründung einen Volksentscheid heranzieht, der unter dem Titel stand „Wir Berlinerinnen und Berliner wollen unser Wasser zurück“.
Da muss man schon schwer einen Schlag haben!
Nun aber zum Punkt Preisentwicklung – was tut Rot-Rot? Herr Melzer! Ihre Geschichtslosigkeit sei Ihnen nachgesehen, Sie waren damals noch ein sehr junger Mensch, und wahrscheinlich haben Sie sich damals für diesen Vorgang nicht sonderlich interessiert – ich erinnere an § 23 Abs. 7 des Konsortialvertrags, der eine Ausgleichspflicht des Landes Berlin beinhaltet bei der Schmälerung der Gewinne der Privaten aus den von Ihrer Partei mitgetragenen, 1999 hier verabschiedeten Verträge. Das heißt, sobald das Land die Privaten in irgendeiner Weise in ihrem Gewinninteresse beeinträchtigt, zahlt Berlin selbstverständlich den Ausgleich dafür. Das musste dann 2004 Harald Wolf – Ironie der Geschichte – in der Fünften Änderungsvereinbarung zum Konsortialvertrag umsetzen, nachdem drei Jahre lang künstlich die Preise stabil gehalten wurden. – Herrn Melzer interessiert das überhaupt nicht, was ich hier erzähle. Das heißt, er wird in zwei Wochen wieder denselben Unsinn erzählen, weil er nicht bereit ist, sich mit einer Sicht auseinanderzusetzen, die nicht seiner eindimensionalen, ideologischen Sicht entspricht.
Entlarvt haben Sie sich. Aber dazu komme ich gleich noch. –
Dass wir das Kartellverfahren eingeleitet haben, ist die einzige Möglichkeit, an der Preisschraube nach unten zu drehen und die Gewinne der Privaten zu schmälern, ohne die Ausgleichspflicht des Landes greifen zu lassen. Das heißt, mit der Einleitung des Kartellverfahrens hat RotRot sehr wohl etwas getan, um die Wasserpreise zu senken. Es dauert halt nur, bis das Kartellverfahren mit seinen Ermittlungen am Abschluss ist.
Zweitens – das Thema Kommunalabgaben –: Das Grundwasserentnahmeentgelt und die Konzessionsabgaben Berlins liegen absolut im Limit. Das hat das Bundeskartellamt in dem Schreiben, das Sie einfach mal lesen sollten, wunderbar herausgearbeitet: Der preistreibende Faktor bei den Berliner Wasserpreisen ist die Rendite. – Das hat das Bundeskartellamt eins zu eins belegt.
Wenn Sie sich das anschauen, dann stellen Sie fest, dass Berlin ganz vernünftige, durchschnittliche Kennziffern bei der Erbringung dieser Wasserdienstleistungen hat. Die Berliner Wasserbetriebe müssen sich da nicht verstecken. Wenn Herr Melzer jetzt etwas von In-die-eigene-TascheWirtschaften sagt, muss ich sagen: Die CDU wusste nie, was ein Landeshaushalt ist, aber die CDU wusste jahrelang, was In-die-eigene-Tasche-Wirtschaften heißt. Da wissen Sie in der Tat offenbar nicht, wovon Sie reden.
Die Aktionäre von RWE und Veolia haben eigene Taschen, in die das Geld fließt. Die haben eigene Taschen. Die Einnahmen des Landes Berlin gehen in einen Landeshaushalt und werden zur Bereitstellung der öffentlichen Infrastruktur in dieser Stadt benutzt. Bevor die CDU das nicht begriffen hat, wird sie hier nie regieren. Aber für die Stadt ist das auch besser so.
[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den Grünen – Frank Henkel (CDU): Gottlob entscheiden Sie das nicht. Die Berliner sind klüger, als Sie glauben!]
Nein, die Wählerinnen und Wähler entscheiden das. Aber die wissen sehr genau, was Sie an Ihnen auf der Oppositionsbank haben, und da werden sie Sie auch sitzen lassen. –
Die Rückabwicklung der Verträge ermöglicht es in der Tat, den Wasserpreis zu stabilisieren, wenn nicht gar zu dämpfen. Das Ergebnis des Auftragsgutachtens der IHK wundert mich nicht. Es ist nicht seriös. Ich habe es heute mal überflogen. Es kann gar nicht die unterschiedlichen, zum Teil sich erst in der Zukunft deutlich zeigenden
Stellschrauben im Kopf haben, mit denen am Wasserpreis und letztlich auch an der Refinanzierung des Rückkaufs der Anteile gedreht wird. Woher Herr Schwalbach das hat, möchte ich gern mal wissen. Es ist ein VoodooGutachten, und es ist im Auftrag der IHK erbracht worden.
Mich wundert jetzt nicht besonders, dass es genau das bestätigt, was die IHK vorher auch schon immer erzählt hat. Das ist ein Auftragsgutachten.
Der letzte Punkt – das kann ich recht kurz machen –: Die FDP hat leider auch die 2000er-Auseinandersetzung zwischen BMWi und Bundesumweltministerium zu wettbewerbsfähigen Strukturen in der Wasserwirtschaft verpasst. Dort können Sie noch einmal nachlesen, wie sich das mit den wettbewerbsfähigen Strukturen verhält. Es gibt keinen Markt, sondern bestenfalls einen Wettbewerb um den Markt. Angesichts langlebiger Anlagegüter und eines hohen Fixkostenanteils ist da außer Betreiber- und Betriebsführungsmodellen nicht viel zu machen. Aber auch dazu müssten Sie erst einmal alle Anteile zurückkaufen, und dann müssten Sie sie nach EU-Recht ausschreiben. Ich glaube, das würde Veolia nicht mitmachen. Insofern ist das, was Sie in den Raum stellen, undurchdachtes, konzeptionsloses Zeug, und es ist wirtschaftspolitisch von keinem besonderen Sachverstand geprägt. Schauen sie sich mal in Frankreich an, wie Wettbewerb um den Markt funktioniert! Was dabei gut lebt, ist die Korruption. – Herzlichen Dank!
Das ist eine Aufregung! Ich habe noch kein einziges Wort gesagt. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist ein Stück aus dem Tollhaus. Die Privatisierungspartei CDU wird von den Grünen schön aus der Schusslinie genommen.
Die seinerzeitige Privatisierungspartei SPD mit ihrem Regierenden Bürgermeister, der dem Vorgang seinerzeit, 1999, zugestimmt hat, zeigt auf den Wirtschaftssenator, Linke, der damals gegen die Teilprivatisierung geklagt hat. Am Ende finde sich ein schönes schwarz-grünes Bündnis, wahrscheinlich auch noch mit Unterstützung der FDP. Die SPD kommt gar nicht so richtig heraus aus dem Einerseits und Andererseits, und der Kollege Jahnke windet sich in einer Weise, dass es schon an Peinlichkeit grenzt. Es ist ein Stück aus dem Tollhaus.
In der Begründung der Grünen steht manches, was stimmt: Ja, Harald Wolf ist Aufsichtsratsvorsitzender der Berliner Wasserbetriebe. Ja, Harald Wolf ist auch Senator für Wirtschaft. Ja, in der Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender ist Harald Wolf an der Festsetzung der Wassertarife beteiligt, weil es so im Berliner Betriebe-Gesetz steht, dass der Aufsichtsrat die Tarifvorschläge des Vorstands genehmigt. Ja, Harald Wolf hat aktiv dazu beigetragen, die derzeitige Höhe der Wasserpreise festzulegen. Das ist alles völlig richtig.
Allerdings: Nein, Harald Wolf hat nicht alle Tarifvorstellungen des Vorstands einfach durchgewunken. Aber das ist nicht in öffentlicher Sitzung erfolgt, deswegen können die Grünen das nicht wissen. Und interessieren tut es sie auch nicht.
Ich habe ihn gefragt. Man kann ihn ja einfach mal fragen.
Ja, Harald Wolf hat dem Senat das Zinsniveau für die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals für die Festlegung durch Rechtsverordnung vorgeschlagen. Und: Ja, Harald Wolf hat als Senator für Wirtschaft kein Landeskartellverfahren eingeleitet, nachdem der Bundesgerichtshof im vergangenen Februar die Anwendbarkeit des Kartellrechts auf die Preisfestsetzung für privatrechtliche Rechtbeziehungen zwischen Versorgern und Wasserkunden im Fall Enwag, Wetzlar, festgestellt hat,
sondern er hat das Bundeskartellamt eingeschaltet und dieses gebeten, seine Zuständigkeit zu prüfen, aber auch das Preisgebaren der Berliner Wasserbetriebe. So weit die Fakten!
Woraus sich da allerdings ein auf die Person des Wirtschaftsenators bezogener Interessenkonflikt ergeben soll, das bleibt das Rätsel der Grünen.
Hören Sie doch mal zu! Da lernen Sie noch was! – Im Gegenteil, dass Harald Wolf als Wirtschaftssenator das Kartellamt eingeschaltet hat, ist Ausdruck des Fakts, dass er die Rollen als Aufsichtsratsvorsitzender einerseits und als Wirtschaftssenator andererseits sehr wohl zu trennen weiß.
Deshalb ist es auch einigermaßen abenteuerlich, dass die Grünen fordern, dass der Wirtschaftssenator vorher beim Aufsichtsrat oder beim Vorstand der Berliner Wasserbetriebe nachfragt, ob er gegen das Unternehmen ein Kartellverfahren wegen Machtmissbrauchs anregen darf. Wo leben Sie denn? Es ist völliger Wahnsinn, was Sie reden!
Ich bin einigermaßen erstaunt, dass der Anwalt Ratzmann diesen Blödsinn unterschrieben und hier auch noch mit Verve vorgetragen hat. Solch einen Antrag kann man nur ablehnen.
Es gibt einen realen Interessenkonflikt. Er sieht aber anders aus und ist völlig unabhängig davon gegeben. ob die Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden von diesem Senator oder einer anderen Senatorin wahrgenommen wird. Selbst dann, wenn diese Senatorin oder dieser Senator – und das war 2001 schon einmal der Fall – von der grünen Teflon-Partei gestellt werden würde – was der Stadt angesichts der Geschichts- und Kenntnislosigkeit, die sich in Ihren Beiträgen in diesem Haus zu diesem Thema immer wieder offenbart, hoffentlich erspart bleibt –, wäre dieser
Interessenkonflikt gegeben. Aus dem kommen Sie nicht heraus. Er ist nämlich im Vertragswerk mit RWE und Veolia aus dem Jahr 1999 angelegt
und bindet die Interessen des Landes an die Interessen der privaten Investoren. Das ist das Problem. Und vor einem Jahr haben in diesem Haus noch alle Fraktionen diesen Fakt zur Kenntnis genommen. Haben Sie es in diesem Jahr alle vergessen, insbesondere die Grünen? Pennen Sie jetzt nur noch?
Dann erzählt Frau Künast irgendetwas in Steglitz, dass Thilo Sarrazin die Berliner Wasserbetriebe verkauft hätte.
Das ist auch ein Maß an Kenntnis, da sage ich nur: in der Stadt noch nicht angekommen.
Ich frage mich, was die Grünen für ein Interesse daran haben, ausgerechnet Schwarz-Rot zu entlasten, ausgerechnet den Regierenden Bürgermeister aus der Schusslinie zu nehmen,
der 1999 Mitverantwortung getragen hat. Das ist peinliche Anwanzerei der Grünen an die SPD, und ich schäme mich dafür ein bisschen.
Für die Grünen, dafür fremdschäme ich mich ein bisschen.
Wie anders ist zu erklären, dass Sie die Verträge, die ja nun im Netz stehen, offenbar nicht gelesen haben oder nicht lesen wollen. Ich zitiere noch einmal etwas:
Nun wird behauptet, der öffentliche Einfluss und damit die öffentliche Kontrolle über die BWB seien durch die Mehrheitsbeteiligung des Landes gesichert. Wir bestreiten das. Die Anstalt öffentlichen Rechts ist immerhin der privatrechtlichen Holding unterstellt. Die unternehmerische Führung – sehen Sie sich das Vertragswerk an – liegt eindeutig bei den Privatinvestoren. Daran ändert auch die Einrichtung eines Weisungsausschusses der Holding, in dem die vom Land Berlin entsandten Mitglieder die Mehrheit haben, nichts. Die Mitglieder des Weisungsausschusses sind als Aufsichtsratsmitglieder der Holding allein dem Wohl der Holding verpflichtet und von Weisungen des Landes unabhängig.
Ich kann hier nur Konrad Adenauer zitieren, der auf die Frage, was der Unterschied zwischen einer Hundehütte und einem Aufsichtsrat sei, geantwortet hat: Die Hundehütte sei für den Hund, der Aufsichtsrat für die Katz.
Das hat Harald Wolf am 1. Juli 1999 in diesem Haus gesagt: in der Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe.
Das sollten Sie sich noch einmal durchlesen, Sie geschichtsvergessenen Grünen. Irgendwann sollten Sie den Berlinerinnen und Berliner einmal erzählen, was Sie jetzt mit den Wasserbetrieben eigentlich machen wollen.
Lieber Herr Kollege Jahnke! Mich hat einfach ein bisschen überrascht, dass Sie hier Onkel Volkers Märchenstunde mitgemacht haben
und dass Sie so getan haben, als sei das Berliner Betriebegesetz und auch die Novelle im Jahr 2003 von Harald Wolf hier beschlossen worden und nicht von diesem Parlament mit Mehrheit,
sodass ich mir die Frage stelle, wer eigentlich die Berliner Wassertarifverordnung im Jahr 1999 festgelegt hat. Wer hat denn das gemacht? Hat das Harald Wolf gemacht? Wer hat denn die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals durch Rechtsverordnung festgesetzt? Hat das der Senator allein gemacht?
Das ist hier alles lange diskutiert worden. Das kennen Sie alle. Dass gerade die SPD – tut mir leid, Herr Kollege Jahnke –, die 1999 Mitverantwortung trug für die Teilprivatisierung, die zwischenzeitlich schon mal begonnen hatte, so etwas wie ein gewisses Geschichtsbewusstsein und eine gewisse Selbstkritik zu äußern, jetzt wieder zurückfällt in alte Zeiten, das finde ich bedauerlich. Ich habe gehofft, es bleibt ein Einzelfall und wird im Parlament hier heute nicht noch einmal exerziert, Herr Jahnke.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachhaltige Integrationspolitik erfordert gleichberechtigte Teilhabe von Migranten und Migrantinnen an allen gesellschaftlichen Bereichen. Das ist richtig und schließt politische Teilhabe und Mitwirkung selbstverständlich ein. Appelle an die Integrationsbereitschaft von Migranten und Migrantinnen aus der Mehrheitsgesellschaft klingen wie Hohn, wenn sie sich, als Einbahnstraße verstanden, nicht den für ihre Erfolge erforderlichen Konsequenzen stellt.
Das Kommunalwahlrecht für sogenannte Drittstaatsangehörige, also für nichtdeutsche Staatsangehörige und Nicht-EU-Bürger, wäre ein erster und wichtiger Schritt
dahin, Diskriminierungshürden bei der politischen Teilhabe abzubauen.
Die Linke vertritt dieses Anliegen schon sehr lange und setzt sich engagiert dafür ein. Bereits vor mehr als zehn Jahren, nämlich im Jahr 2000, hat die damalige PDSFraktion hier im Haus einen Antrag auf eine Bundesratsinitiative zur Änderung von Artikel 28 Abs. 1 Grundgesetz gestellt. Das ist die Drucksache 14/666 vom 20. September 2000. Das können Sie sich alle ansehen. Es gab diverse Initiativen in der Länderkammer, z. B. eine Initiative der Länder Rheinland-Pfalz, Brandenburg, Schleswig-Holstein und Berlin. Es gab dafür keine Mehrheit, das ist hier schon erwähnt worden. Unsere Bundestagsfraktion hat mehrfach im Deutschen Bundestag diesbezügliche Anträge gestellt, allesamt erfolglos. Langer Rede kurzer Sinn: Das Anliegen des Antrags teilt meine Fraktion ohne Wenn und Aber. Mehrheiten gab es dafür im Bund nie.
Die zentrale Frage ist allerdings: Kommen wir angesichts dessen mit dem gewählten Weg, nämlich einer Änderung der Landesverfassung diesem Ziel näher?
Ohne Wenn und Aber heißt nicht ohne jegliche rechtliche Erwägung! Wir sind hier ja in einem Rechtsstaat!
Wir sind ja hier nicht auf einem Grünen-Parteitag, so ist es! –
Ja, ich finde das schon einigermaßen erstaunlich, dass ich den Grünen das sagen muss, insbesondere einer ausgebildeten Juristin! Ich will eingangs sagen: Meines Erachtens hätten Sie mindestens die Änderung von § 22 a Landeswahlgesetz und § 40 a Landeswahlordnung mit beantragen müssen, wenn Sie das ernst gemeint hätten. Aber das ist eine Petitesse und ließe sich gewiss einfach nachholen.
Aber besonders sorgfältig gearbeitet hat die Volljuristin Βayram nicht!
Machen wir auch besser! Wir arbeiten im Übrigen seit zehn Jahren daran und fangen nicht am Ende der Legislaturperiode an, solche Anträge zu stellen, nachdem wir vorher in einer anderen Fraktion saßen und zu Beginn der Legislaturperiode die Chance gehabt hätten, wenn wir es ernst gemeint hätten!
Es gibt einige verfassungsrechtliche Einwände, das ist schwerwiegender!
Hören Sie mir doch mal zu, Kollege! Vielleicht lernen sogar Sie, der Sie immer alles besser wissen, noch etwas! –
Das Wahlvolk in der Bundesrepublik Deutschland entspricht im Bund systematisch und verfassungsrechtlich dem Staatsvolk. Artikel 28 Abs. 1 des Grundgesetzes fordert die Kohärenz der verfassungsmäßigen Ordnung des Bundes, der Länder und auch der Kreise und Gemeinden und nimmt Bezug auf Artikel 116 Grundgesetz. Das Homogenitätsgebot des Grundgesetzes gilt auch im Land Berlin, liebe Grüne! Satz 3 von Artikel 28 Abs. 1 sagt explizit: Es gibt eine Ausnahme für EU-Bürgerinnen und -Bürger. Das bedeutet im Umkehrschluss: Sogenannte Drittstaatsangehörige sind explizit vom Kommunalwahlrecht ausgeschlossen. Explizit! Das ist die abschließende Regelung, die unsere Bundesverfassung trifft. Nun könnte man ja mit der Fraktion der Grünen argumentieren, aber auf diese Feinheiten juristischer Auseinandersetzung hat sich Frau Bayram hier nicht herabgelassen, dass das Wahlvolk und das Staatsvolk nicht identisch sind, weil es ein EU-Kommunalwahlrecht gibt, was diesbezüglich Modifizierungen erfordert.
Ja, nun lassen Sie mich mal ausreden! – Dann könnte man auch noch sagen, Artikel 28 Abs. 1 Satz 2 sei nicht einschlägig, weil Bezirke keine Gemeinden sind, sondern unselbstständige Selbstvertretungskörperschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Das erste Argument scheint einleuchtend. Das rechtliche Gegenargument drängt sich aber sofort auf. Soweit Staatsvolk und Wahlvolk nicht identisch sein sollen, kann sich die zulässige Abweichung davon nur aus der Verfassung selbst ergeben. Da steht aber nichts drin. Oder zeigen Sie es mir, Frau Bayram! Im Grundgesetz steht dazu nichts drin.
Für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger ist das geschehen, aber für sogenannte Drittstaatsangehörige ist es eben nicht geschehen.
Nein! Sie sollte mir mal besser zuhören.
Das zweite Argument – die Bezirke sind nicht Gemeinden – ist zunächst einmal richtig, aber das bedeutet nicht, dass die Bezirke und ihre Verwaltung einschließlich der Bezirksverordnetenversammlungen jenseits des Grundge
setzes stehen. Die Bezirke sind Teile der Landesverwaltung. Dort findet amtliches Handeln mit Entscheidungscharakter statt – also die Ausübung von Staatsgewalt. Als Teil der Landesverwaltung sind die Bezirke über die Erwähnung der Länder in Artikel 28 Abs. 1 GG ebenfalls vom Homogenitätsprinzip umfasst. Mit anderen Worten: Wir können das nicht machen, ohne die Bundesverfassung zu ändern. – Wenn die Grünen sagen: Lasst es uns trotzdem mal machen! –, riskieren sie eine Wahlanfechtung und eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Aber es ist ja schön, wenn man auf anderer Leute Arsch durch das Feuer reitet.
Die Grünen müssen ja die Verantwortung dafür nicht wahrnehmen. Und selbst wenn niemand in diesem Hause klagt, warte ich nur auf eine Klage der NPD oder anderer. Die Migrantinnen und Migranten wären die Leidtragenden, niemand sonst. Wollen Sie dafür die Verantwortung übernehmen? – Dann sagen Sie das!
Abschließend kann ich nur sagen – –
Ja! Ich komme zum Schluss. – Antidiskriminierungsarbeit ist das Bohren dicker Bretter und kein Populismus. Frau Bayram! Darum möchte ich Sie ernsthaft bitten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Zukunftsfähige Energieversorgung für Berlin“ – der Antrag der FDP trägt dazu nichts, aber auch gar nichts bei. Antrag 1 wie Antrag 2 tragen dazu nichts bei,
und die halbe FDP-Fraktion scheint es auch nicht besonders zu interessieren, wenn die FDP hier ihre Priorität abhandelt. Die scheinen in der Kantine zu sitzen oder in ihrem Büro oben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion! Ihr erster Satz:
Das Abgeordnetenhaus fordert den Senat auf, sich bei künftigen Maßnahmen der Energiepolitik auf die Bereiche zu fokussieren, in denen die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger am besten gefördert werden können, und von undurchdachten und teuren Rekommunalisierungen Abstand zu nehmen.
Das brauchen wir nicht zu beschließen, das machen wir schon. Mit der Linken und SPD wird es hier keine undurchdachten und teuren Rekommunalisierungen geben, sondern durchdachte und vernünftige Konzepte zur Entwicklung der Netze,
denn anders als die FDP-Fraktion haben wir den Energiekonzernen nichts zu schenken.
Was reden Sie für wirres Zeug? Meinen Sie den Atomkompromiss, den Sie aufgekündigt haben, um dann noch ein paar Milliarden an die Energiewirtschaft rüberzureichen? Oder meinen Sie den Rückbau des ErneuerbareEnergien-Gesetzes? Dafür sind Sie auf Bundesebene verantwortlich. Das ist Ihre Energiepolitik. Das hat mit Energiesicherheit nichts zu tun.
Sie reden wirres Zeug, ordnungspolitischen Unfug, und Sie haben von Ökonomie keine Ahnung. Das werde ich Ihnen gleich nachweisen.
Unter Punkt 1 steht bei Ihnen, der Senat soll endlich ein neues Energiekonzept vorlegen. Ich kann Ihnen versichern, meine Damen und Herren von der FDP, im März wird im Senat ein neues Energiekonzept behandelt, und wir werden dann auch die Gelegenheit haben, uns über die konkreten Vorschläge aus diesem Konzept hier auseinanderzusetzen. Da können Sie dann zeigen, was Sie draufhaben.
Zweitens: Den Kauf der Energienetze muss man gar nicht zwingend vollständig absolvieren, aber mitunternehmerisch tätig zu werden, ist schon schlau, denn – das könnte ja eine sich wirtschaftspolitisch als kompetent einschätzende Partei wissen – private Akteure stehen unter Renditedruck. Das ist normal. Ihre Investitionen richten sie erst dann ein, wenn sie die Kapitalreproduktion gewährleistet haben. Deshalb sind solche Konzerne bisher auch nicht besonders innovativ gewesen. Sie können sich ja mal angucken: Vattenfall wollte in Berlin ein Steinkohlekraftwerk bauen. Was hat das mit erneuerbaren Energien zu tun? Sie reden von Atomenergie als Übergangstech
nologie. Was hat das mit erneuerbaren Energien zu tun? Was soll dabei Fruchtbares für Berlin herauskommen? Das haben Sie überhaupt nicht erklärt.
Das gilt natürlich auch für die Netze. Trotz Anreizregulierung sind Netzgeschäfte keine Minusgeschäfte, sonst würden es Private nicht machen. Eine Partei, die von Wirtschaftskompetenz redet, muss doch zumindest zu dem klaren Gedanken in der Lage sein.
Dritter Punkt: In den neuen Konzessionsverträgen werden wir natürlich Qualitätskriterien definieren. Das muss man schon machen. Aber wir haben doch bei der S-Bahn die Grenzen unvollkommener Verträge kennengelernt. Von Transaktionskosten-Ökonomie und externen Effekten sollte eine angebliche Wirtschaftspartei irgendwann auch mal was gehört haben.
Ich weiß, Sie haben Jura studiert. Aber das heißt nicht, dass man ein wirtschaftspolitischer Knallkopf sein muss.
Das eine oder andere in den modernen ökonomischen Theorien sollte eine FDP-Politikerin oder ein FDPPolitiker schon mal zur Kenntnis nehmen.
Ihr zweiter Antrag ist genauso platt, flach und ideologisch durchsetzt. Natürlich werden wir alle Chancen nutzen, um dezentrale Energieerzeugung, aber auch die Nutzung erneuerbarer Energien in Berlin voranzubringen. Da brauchen wir gar nicht die FDP, um so was zu beschließen. Bedauerlicherweise hat die CDU- und FDP-Regierung auf Bundesebene die Bedingungen für erneuerbare Energien nicht verbessert, sondern verschlechtert. Aber wir werden trotzdem hier in Berlin alles tun und unsere Einflussmöglichkeiten nutzen, um moderne Energieerzeugung in Berlin voranzubringen.
Auf Bundesebene können Sie sich doch einsetzen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, um bessere rechtliche Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien zu schaffen. Sie sind doch an der Bundesregierung beteiligt. Was reden Sie denn hier für Zeug? Rufen Sie da Ihre komischen Minister an! Reden Sie mit denen! Sprechen Sie mit Ihren Fraktionskollegen im Deutschen Bundestag! Unser Ex-Kollege Lindner kann da kämpfen für die erneuerbaren Energien! Ich gucke mir das gerne mal an.
Was mich überrascht, ist Ihre Ignoranz gegenüber ökonomischer Theorie. Wettbewerb belebt das Geschäft. Die Monopolkommission und die EU heben permanent die Defizite im oligopolisierten Energiesektor hervor. Wollen Sie uns daran hindern, sukzessive und verantwortungsvoll die konzeptionelle Arbeit an der Errichtung eines zusätz
lichen Anbieters voranzutreiben? Warum? Das hat mit ökonomischem Sachverstand nichts zu tun.
Immer mehr Kommunen gehen dazu über, sich selber den Zugriff auf diese wichtigen Infrastrukturen zu sichern. Die haben ihre Gründe dafür. Dezentrale Infrastrukturen können am ehesten lokal gesteuert werden. Hier in der Stadt verstehen wir etwas davon, wie wir unsere Energieinfrastruktur einrichten wollen.
Entschuldigen Sie! Wenn wir nichts davon verstehen würden, was sollten wir dann Ihrer Meinung nach in die Konzessionsverträge reinschreiben, und wie sollten wir Ihrer Meinung nach die Energiesektoren regulieren? Sie reden doch permanent vom starken Staat.
Wenn der Staat keine Ahnung hätte, dann könnte er all das gar nicht leisten.
Wir werden so handeln, Ihre Anträge aber lehnen wir ab. Und wenn hier irgendjemand ideologischen Unsinn erzählt hat, dann war es Herr Schmidt in Fortsetzung mit Kurzintervention und allem Drum und Dran. Von Wirtschaft hat die FDP wirklich keine Ahnung.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Linke hat direkte Demokratie immer gewollt.
Jetzt liegen die Ergebnisse vor, und diese Ergebnisse sind ernst zu nehmen.
Jenseits der Interpretationen über Sieg und Niederlage, über angeblichen Rückenwind oder angebliche Klatsche für den Senat: Die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe von 1999, die Vertraulichkeit der Verträge, die Renditegarantien, die Wasserpreisentwicklung, das alles sind zentrale Themen in dieser Stadt und zentrale Themen, die jetzt auf der Tagesordnung stehen.
Meine Partei hat sich mit diesen Fragen immer beschäftigt. „Die Koalition setzt sich für eine Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe ein“, so heißt es in der Koalitionsvereinbarung vom 20. November 2006. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass dieser Satz seinerzeit belächelt worden ist, abgetan, als folgenloses ideologisches Bekenntnis bezeichnet worden ist, und zwar im ganzen Rund außerhalb von SPD und Linke, sogar bei Teilen der SPD. Fünf Jahre später sind wir an dem Punkt, an dem die Frage sehr real geworden ist. Jetzt hat sich der Wind gedreht, und dass das der Fall ist, hat auch damit zu tun, dass es in der Stadt eine Bewegung gegeben hat, die nicht lockerließ. Es hat immer wieder Meinungsverschiedenheiten meiner Partei mit dem „Wassertisch“ gegeben, nicht in der Frage des Ziels, sondern über den Weg. Diese Differenzen haben sich auch in unserer Haltung zum Volksbegehren und zum Volksentscheid manifestiert. Manchmal haben wir uns als Linke vielleicht auch ein wenig in diesen Differenzen verzettelt.
Wo sich jetzt alle Beteiligten feiern,
gestehe ich gern noch einmal ein: Die Partei Die Linke hat nicht zu diesem Entscheid mobilisiert, auch weil wir davon ausgegangen sind, dass mit der Offenlegung der Verträge dieser Volksentscheid de facto gegenstandslos geworden sei. Ich erinnere mich daran: Alle anderen hier im Haus haben das auch nicht, Herr Esser, aus welchen Gründen auch immer, von Frau Kosche abgesehen. Von Heidi Kosche abgesehen, haben sich alle in diesem Haus nicht anders verhalten.
Diese Mobilisierung ist kein Ergebnis von Ihnen, Herr Henkel, Frau Pop, Herr Meyer! Dieses Ergebnis war eine Mobilisierung von unten, eine reale Initiative von unten. 665 000 Berlinerinnen und Berliner haben die Dinge anders gesehen als wir. Sie wollten auf Nummer sicher gehen. Sie wollten deutlich machen: Transparenz und öffentliche Kontrolle sind uns wichtig. An unserem Gut Wasser soll nicht verdient werden. – Das neue Gesetz ist das Ergebnis einer klaren politischen Willensbekundung, und der haben wir jetzt gerecht zu werden.
Es ist kein Umgang mit diesem Ergebnis direkter Demokratie, sich jetzt plötzlich als Sieger zu präsentieren, quasi als Trittbrettfahrer auf den Zug aufspringen zu wollen, nachdem er am Sonntag in den Zielbahnhof eingefahren ist.
Schauen wir uns die ersten Reaktionen dann, dann zeigt sich: Insbesondere CDU und Grüne starten den Versuch, aus diesem Ergebnis politisches Kapital für die jeweils eigene Klientel und die eigenen Interessen zu schlagen.
Henkel erzählt, was er immer erzählt hat: Das Land soll zugunsten der privaten Anteilseigner verzichten. – Das ist der Geist, Herr Henkel, das ist die Logik der Verträge, die 1999 hinter dem Rücken der Berlinerinnen und Berliner geschlossen worden sind. § 23 Abs. 7 des Konsortialvertrags sagt: Gewinne werden garantiert. Notfalls verzichtet das Land, notfalls zahlen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Das einzufordern, rennen Sie jetzt durch die Welt und verkünden, mit Ihnen würden die Wasserpreise sinken. Ich halte das für skandalös, Herr Henkel.
Einen ähnlichen Ton hat Frau Pop in ihrer ersten Reaktion angeschlagen: „Der Senat wirtschaftet sich die Gewinne in die eigene Tasche.“ Frau Pop, Herr Henkel! Das ist nicht die Tasche des Senats. Das sind die existenziellen öffentlichen Leistungen. Es ist die Daseinsvorsorge für die Berlinerinnen und Berliner, die zurückgefahren werden müsste, damit die Gewinnansprüche von RWE und Veolia subventioniert werden können. Das wollen Sie? – Das wollen Sie allen Ernstes! Herr Henkel, Frau Pop! Das war aber nicht Gegenstand des Volksentscheids, das war nicht beantragt, und darüber ist am vergangenen Sonntag nicht abgestimmt worden. Herr Henkel! Wie kommen Sie eigentlich darauf, dass die 665 000 Menschen ausgerechnet Ihnen vertrauen würden? – Denken Sie darüber mal nach!
Wir Berlinerinnen und Berliner wollen unser Wasser zurück, Private sollen an unserem Wasser nicht verdienen – das war das Motto, unter dem die Initiatoren des „Wassertischs“ mobilisiert haben. Transparenz, das war die Forderung, öffentliche Kontrolle und Beteiligung, das war das Anliegen des Volksentscheids.
Erstmalig hatte in Berlin ein Volksentscheid Erfolg. Den Buchstaben des Gesetzes, das am Wochenende beschlossen worden ist, mag der Senat mit der Veröffentlichung der Verträge im November vergangenen Jahres Genüge getan haben. Den Berlinerinnen und Berlinern hat dieses Maß an Transparenz nicht gereicht, und deshalb ist es richtig, dass der Senat nun eine unabhängige Prüfung aller Unterlagen über die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe in die Wege leiten wird, und ich sage: alle Unterlagen!, und dass er darüber hinaus bereit ist, weiterzugehen, selbst weiter als das neue Gesetz es fordert.
Dabei darf der „Wassertisch“ nicht Zaungast sein, es muss das Gespräch gesucht werden, man muss sich darüber verständigen, welche Persönlichkeiten das sein könnten, ob Edda Seifert von Transparency oder der Verfassungsexperte Bernhard Schlink oder andere Persönlichkeiten. Ich wünsche mir umgekehrt aber auch, dass der „Wassertisch“ diesen Diskurs mit uns tatsächlich sucht. Herr Roloff sitzt beispielsweise auf der Tribüne – nehmen Sie das mit!
Das alles muss unverzüglich geschehen, es darf nicht der Eindruck erweckt werden, hier solle irgendwer hingehalten werden.
Dabei wollen wir aber nicht stehenbleiben. Wir wollen die öffentliche Kontrolle über die Berliner Wasserbetriebe verstärken, wir wollen eine Neuverhandlung der Skandalverträge, wir wollen – wenn möglich – die Anteile der privaten Investoren zurückgewinnen. Dafür sind erste Schritte eingeleitet. RWE hat seine Bereitschaft zu Rückkaufverhandlungen bekundet, Veolia möchte eine „Modernisierung der Verträge“, was auch immer das heißt, da muss dann mal Butter bei die Fische. Immerhin aber bietet sich die Chance, die 1999er-Fehlentscheidung zumindest teilweise zu korrigieren.
Der Senat hat die Aufgabe, das anzugehen, und das wird anders aussehen als 1999, Herr Henkel, das kann ich Ihnen versprechen. Nun glaube ich kaum, dass RWE bereit ist, diese Verhandlungen unter Videoübertragung oder Livestream zu führen – wer so etwas fordert, liebe Grünen, will offenbar, dass sie nicht stattfinden oder scheitern.
Aber selbstverständlich werden die Ergebnisse solcher Verhandlungen transparent und öffentlich sein müssen, sie werden einer offenen Debatte standhalten müssen – hier im Hause und unter den ganz sicher äußerst kritischen Augen und Interventionen der Öffentlichkeit. Wir werden zu entscheiden haben, ob unter den dann ausgehandelten Bedingungen ein Rückkauf der Anteile akzeptabel oder nicht, ob er finanzierbar oder nicht, ob er tatsächlich eine Entlastung der Berlinerinnen und Berliner ist oder nicht. Entscheidend wird sein, dass hier tatsächlich ein neuer Stil Einzug hält, und dieser Stil wird nicht nur für Berlin, sondern bundesweit beispielgebend sein. Das werden harte Verhandlungen werden, Berlin wird nichts geschenkt bekommen, wir jedenfalls sind nicht bereit, für Erfolgsmeldungen einen politischen Preis zu zahlen!
Wenn der „Wassertisch“ und die Grünen sagen, setzt doch die Verhandlungen erst einmal aus – die Hoffnung, dass die Verträge nichtig sein könnten, ist bislang durch niemanden belegt, dass uns die Anteile quasi für lau zufallen werden, weil die Vertragsgrundlage nicht trägt,
scheint mir abwegig zu sein. Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, aber eines steht fest: Seit 1999 hatte jedes Mitglied dieses Hauses die Möglichkeit, die Verträge zu prüfen. Auch aus der Anwaltspartei Die Grünen ist mir bisher keine Argumentation untergekommen, die die Nichtigkeit dieser Verträge bestätigt. Ich kenne keine parlamentarische oder juristische Initiative aus diesem Haus, die darauf abzielte, die Verträge oder auch nur Teile davon für nichtig zu erklären. Auch wenn die Initiatoren des Volksentscheids eine solche Prüfung und auch eine Klage in Aussicht gestellt haben – bisher ist die Aussicht, sie auf diesem Weg aus der Welt zu schaffen, mehr als vage und inhaltlich nicht untersetzt.
Aber vielleicht ist es ja eine Option, eine Art Besserungsschein in die Rückkaufsverträge mit RWE einzufügen, also Eventualitäten, die heute nicht vorhersehbar sind, zu berücksichtigen, den Ausgang des Kartellverfahrens, meinethalben auch eine nachträgliche Feststellung ihrer Nichtigkeit oder was auch immer. Das muss man ernsthaft in Betracht ziehen, wir sollten uns da absichern.
Jetzt auf die Verhandlungen zu verzichten, lieber Herr Esser, wäre sträflich und würde bedeuten, eine große Chance zu verpassen.
Wer brüllt, hat nicht immer Recht, Herr Esser!
Ich finde es aber auch richtig, darüber hinaus zu denken. Harald Wolfs Initiative für eine Gesetzes- oder gar Verfassungsänderung, die Privatisierungen einem Volksentscheid unterwirft, finde ich richtig. Ich kann Ihnen versichern, dass wir weitere Vorschläge erarbeiten werden, die auf eine nicht nur formale, sondern auf eine tatsächliche Beteiligung der Berlinerinnen und Berliner an der Kontrolle und Steuerung der wichtigen öffentlichen Unternehmen ausgerichtet sein werden.
Bei der Bürgerentscheidung von vergangenem Sonntag haben wir es mit einer völlig neuen Herausforderung für unser Parlament und für die politischen Parteien zu tun. Wer diese Entscheidung nur instrumentalisieren will, hat wenig begriffen. Die Berlinerinnen und Berliner werden sehr genau hinschauen, wie wir, wie Sie, damit umgehen, und sie werden es registrieren, wenn der Versuch unternommen wird, damit nur das eigene Süppchen zu kochen, das kann ich Ihnen versichern.
Wenn Frau Kubala durch die Personalversammlung der Wasserbetriebe rennt und sagt, die Rekommunalisierung ist Zeug, das kann man alles gesetzlich regeln, und wenn auch die Grünen sich bisher zu der Übernahme des Wassertischgesetzentwurfs in diesem Haus nicht bereit gefunden haben und damals sagten, wir können doch nicht ernsthaft ein verfassungswidriges Gesetz durchgehen lassen, wenn die Transparenzforderung pure Heuchelei ist, weil sie bei der BIH plötzlich nicht gilt, und wenn Sie
noch nicht einmal in der Lage sind, auf Ihren dringlichen Antrag die Fußnote zu schreiben, von wem Sie ihn geklaut haben, in einem gnadenlosen Opportunismus und in einer gnadenlosen Spielerei, die Ihnen eigentlich durchaus die Schamesröte ins Gesicht treiben sollte, dann ist hier noch viel zu tun.
Auf den 120 Seiten Wahlprogrammentwurf der Grünen findet sich nicht einmal das Wort Berliner Wasserbetriebe.
Vielleicht ändert sich das ja noch, aber Ihre Haltung, meine lieben Grünen, die Sie zu den Berliner Wasserbetrieben eingenommen haben, die haben Sie bisher der Öffentlichkeit noch nicht mitgeteilt, aber die Öffentlichkeit wird sie interessieren. – Vielen Dank!