Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Interkulturelle Öffnung der Verwaltung, das hört sich zunächst mindestens so sperrig an, wie es auch tatsächlich ist. Gewachsene, zum Teil Jahrzehnte alte Strukturen zu verändern, zu dynamisieren, zu verbessern und interkulturell zu öffnen, ist ein langwieriger und schwieriger Prozess. Es ist umso schwieriger, als wir seit vielen Jahren nur wenige Menschen in den öffentlichen Dienst des Landes Berlin neu einstellen können.
Deshalb ist es umso wichtiger, dass sich auch die vielen Beschäftigten ohne Migrationshintergrund interkulturelle Kompetenzen aneignen, und wir als Dienstherrin des Landes Berlin sind verpflichtet, das auch zu ermöglichen. Der Senat hat mit dem Integrationskonzept vom Juli 2007 die programmatische Basis seiner Integrationspolitik für die aktuelle Legislaturperiode dargelegt und darin zwei grundlegende Handlungsprinzipien unterstrichen: die Partizipation von Migrantinnen und Migranten und die interkulturelle Öffnung von Verwaltung und sozialen Diensten. Zudem hat der Senat die interkulturelle Öffnung als Aufgabe für alle Verwaltungsbereiche in seinem Regierungsprogramm für die aktuelle Legislaturperiode festgeschrieben.
Ihre Fragen, Frau Demirbüken-Wegner und Kollegen der CDU-Fraktion, hat der Senat schriftlich umfassend beantwortet. Zudem haben wir im Mai den ersten Bericht zur Umsetzung des Integrationskonzepts vorgelegt. Daraus kann man ablesen, wie weit wir mit dem Prozess der interkulturellen Öffnung vorangeschritten sind. Daher will ich mich hier heute auf drei wesentliche Aspekte dieses Konzepts beschränken. Ich will etwas zu interkulturellen Aspekten der Personalentwicklung, zur Beförderung von interkulturellen Öffnungsprozessen in einzelnen Verwaltungsbereichen und zur interkulturellen Öffnung in den Berliner Bezirken sagen.
Zum Ersten, zur Personalentwicklung: Es ist erklärtes Ziel des Senats, den Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in der öffentlichen Verwaltung zu erhöhen. Zwar haben wir immer noch wenig Möglichkeiten zu Neueinstellungen, aber 2008 und 2009 konnten wir jeweils 50 Stellen im gehobenen Dienst neu besetzen, und da gab es einen Anteil der neu eingestellten Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter aus Zuwandererfamilien, der nicht unerheblich ist. Wir haben in den letzten Jahren einen Schwerpunkt auf die Gewinnung von Nachwuchskräften gelegt. Mit unserer Kampagne „Berlin braucht dich“ ist es seit 2006 gelungen, den Anteil von Migrantinnen und Migranten von 8,7 im Jahr 2006 auf immerhin 14,3 Prozent im Jahr 2008 zu erhöhen.
In der Tat ist es ein Erfolg, weil es uns gelungen ist, sinkende Schülerzahlen mit der Möglichkeit zu verbinden, neu im öffentlichen Dienst auszubilden, die Ausbildungsquote deutlich auf knapp unter 1 000 zu steigern und jungen Menschen mit Migrationshintergrund das Interesse an einer Ausbildung im öffentlichen Dienst nahezubringen. Wir schließen uns jetzt auch noch mal an dieses erfolgreiche Konzept „Berlin braucht die Schulen“ an, wo die Schülerinnen und Schüler insbesondere mit Migrationshintergrund noch früher vorbereitet werden können und ihr Interesse tatsächlich auch qualifizieren können für eine Ausbildung im öffentlichen Dienst und in Bundesbehörden.
Zum Dritten schließen sich jetzt auch die Landesunternehmen, also die Unternehmen mit Landesbeteiligung dieser Initiative an. Heute Morgen haben sie bei der Anfrage zur Charta der Vielfalt auch etwas darüber erfahren, dass die Unternehmen auch die Steigerung des Anteils von Migrantinnen und Migranten an ihren zur Verfügung zu stellenden Ausbildungsplätzen als einen Aspekt der Unterzeichnung der Charta der Vielfalt betrachten. Wir gehen davon aus, dass diese Vorbildfunktion dann auch an die Unternehmen des Landes weitergereicht werden kann, weil auch da natürlich die Frage von beginnendem Fachkräftemangel bei zurückgehenden Schülerzahlen sehr lehrreich sein und dazu führen wird, dass auch hier das Interesse an Migrantinnen und Migranten größer werden wird.
Zum zweiten Punkt, zur interkulturellen Organisationsentwicklung: Sehr gute Erfahrungen haben wir in den letzten Jahren mit interkulturellen Organisationsentwicklungen in unterschiedlichen Verwaltungen gemacht. Begonnen haben wir mit einer Strategie in der Aufnahmestelle für Asylbewerber des LAGeSo im Jahre 2003. Weitere interkulturelle Organisationsprozesse folgten in der Ausländerbehörde, in den Berliner Jobcentern und in bezirklichen Einrichtungen. Dabei spielen die Kompetenzschulungen und Fortbildungen für die bereits Beschäftigten eine zentrale Rolle, denn nur wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter interkulturelle Fähigkeiten erwerben können, lassen sich auch die Verwaltungsstrukturen und das Verwaltungshandeln tatsächlich ändern.
Der dritte zentrale Punkt für die interkulturelle Öffnung liegt in den Bezirken. Darauf haben wir in diesem Jahr einen deutlich Akzent gesetzt. Zum Stand der interkulturellen Öffnung in den Bezirken findet ein kontinuierlicher Austausch zwischen dem Integrationsbeauftragten des Senats und den bezirklichen Integrationsbeauftragten statt. Das Thema hat in vielen Bezirken mittlerweile eine
hohe Priorität. Und das Interesse der Bezirke an Unterstützung und Beratung ist hoch. Gut ist, dass wir ab 2011 in allen Bezirken auch tatsächlich Bezirksbeauftragte haben müssen. Dazu gehört aber auch, dass diese eine gewisse Durchsetzungsmacht in den Bezirksämtern bekommen und dass es auch auf Bezirksebene überall Integrationsbeiräte mit klaren Kompetenzen gibt. Daran werden wir gemeinsam mit den Bezirken weiter arbeiten.
Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Die interkulturelle Öffnung ist wie die Integrationspolitik insgesamt eine Querschnittsaufgabe. Es ist eine Aufgabe für alle Arbeitsgebiete. Das gilt horizontal für alle Fachverwaltungen und vertikal für alle Hierarchieebenen, wie wir diesen Querschnittsansatz weiter entwickeln, haben wir in unserem Umsetzungsbericht zum Integrationskonzept systematisch dargelegt. Berlin ist im Vergleich mit anderen Bundesländern bei der interkulturellen Öffnung gut aufgestellt, auch weil wir sie konzeptionell in die Integrationspolitik des Landes eingebettet haben. Zur langfristigen und erfolgreichen Integration gehört, dass die hier lebenden Migrantinnen und Migranten gleiche Entfaltungs- und Zukunftschancen haben wie die sogenannten Biodeutschen. Folglich zeigt der Grad der interkulturellen Öffnung einer Verwaltung auch, wie ernsthaft die integrationspolitischen Ziele verfolgt werden. Wir setzen viel daran, die interkulturelle Öffnung voranzutreiben, wissen aber auch, dass der Weg nicht leicht ist, aber wir werden ihn unumkehrbar gehen. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Für die Besprechung der Großen Anfrage stehen den Fraktionen auch hier wieder jeweils fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt für die CDU-Fraktion Frau Demirbüken-Wegner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gelingen von Integration ist, wie wir alle wissen, von vielen Faktoren abhängig. Davon ist ein nicht unwesentlicher die sogenannte interkulturelle Öffnung von sozialen Angeboten und Diensten, Einrichtungen und Verwaltung, kurz IKÖ genannt. Inhaltlich versteht man darunter die stärkere Kundenorientierung gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund, zu denen mittlerweile 25 Prozent der Berlinerinnen und Berliner zählen. Insbesondere für sie sollen durch die interkulturelle Öffnung immer noch vorhandene Zugangsbarrieren z. B. bei Sprachschwierigkeiten bzw. unterschiedlichen kulturellen Hintergründen abgebaut und damit auch mehr Chancengerechtigkeit erreicht werden.
Meine Fraktion möchte deshalb gerne wissen, wo die Berliner Verwaltung in dieser Frage steht, denn im Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetz ist die interkulturelle Öffnung als ein wichtiges Ziel ausdrücklich benannt. Wenn wir uns dazu aber einmal die schriftliche Antwort
des Senats ansehen, zu der er sich nach langem Hin und Her doch noch dankenswerterweise aufgerafft hat, dann beginnt die Drucksache mit der Feststellung, dass die interkulturelle Öffnung bereits Querschnittsaufgabe ist und in allen Verwaltungen auch werden muss. Hierbei bescheinigt der Senat sich selbst – haben wir auch vorhin gehört – gute Ergebnisse und wenige bis keine Probleme.
Die Wirklichkeit jedoch scheint anders auszusehen, denn sonst – Gott sei Dank haben Sie ja, Frau Senatorin Bluhm, dazu auch etwas gesagt, die Begrifflichkeit „sperrig“ genannt – hätte beispielsweise der Berliner Familienbeirat in seiner Stellungnahme zum Demografiekonzept nicht formuliert, er – der Familienbeirat – stellte kritisch fest, dass der Ansatz der interkulturellen Öffnung, wie vom Beirat bereits empfohlen, nicht als generelles Prinzip verankert worden ist. Insofern stimmt hier Ihre Aussage nicht, dass es auf alle Verwaltungen zutrifft und auch alle Fachverwaltungen in Bezug auf die IKÖ ihren Beitrag geleistet haben, sonst hätten Sie diese Aufforderung vom Familienbeirat nicht erhalten. Sie sind dieser Empfehlung nicht nachgekommen. Das ist eigentlich ein vernichtendes Urteil, weil am Demografiekonzept viele Verwaltungen mitarbeiten. So fällt auch bei der Beantwortung des Senats auf, dass nur wenige und immer wieder die gleichen Senatsverwaltungen namentlich genannt werden, die interessante und erfolgreiche Aktivitäten aufzuweisen haben.
Kommen wir zum Schwerpunkt interkulturelle Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! Hier schreibt der Senat auf Seite 7:
Wohl wahr, wenn man dafür nicht das richtige Instrument nutzt! Und das heißt ganz praktisch gesehen, dass § 6 Abs. 3 des bereits angeführten VerwaltungsreformGrundsätze-Gesetzes nicht ernst genommen wird, in dem es heißt:
Die für den erfolgreichen Einsatz in einem Aufgabengebiet erforderlichen wesentlichen Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten und sonstigen Eigenschaften, auch soziale, interkulturelle und methodische Kompetenzen, werden in einem Anforderungsprofil zusammengefasst. Es bildet die Grundlage für die dienstliche Beurteilung, eine Ausschreibung und das Auswahlverfahren.
Das bedeutet, dass bei der Beurteilung und beim Auswahlverfahren zu Führungsaufgaben die interkulturelle Kompetenz wohl kaum einen hohen Stellenwert haben kann, sonst hätte der Senat hinsichtlich seiner Messbarkeit nicht eine so traurige Bilanz gezogen.
Das lässt aber auch den Schluss zu, dass nicht auf allen Hierarchieebnen der Haupt- und Bezirksverwaltung üblich sein wird, die Fragen interkultureller Personalentwicklung ausreichend zu kommunizieren. Deshalb bleibt nur zu hoffen, dass die in diesem neuen Zusammenhang
Was mich aber vollends empört, ist die Tatsache, dass ein so wichtiges Leitprojekt wie die Angebote der Sprach- und Kulturvermittlung gar nicht ausbaufähig sein kann, weil man die Finanzierung den Bezirken zugeschoben hat. Aus welcher Rippe, das frage ich Sie, sollen sich die Bezirke das noch rausschneiden?
Der öffentliche Gesundheitsdienst der Bezirke brauchte in der Tat insbesondere für die aufsuchende Arbeit bei Familien mit Migrationshintergrund geschulte Kräfte, aber dafür ist kein Geld da.
Als ebenfalls sehr unbefriedigend empfinde ich die Antworten zu Maßnahmen der Jugendarbeit und Erfahrungen aus anderen Kommunen. Sie sind wenig konkret und geben keine Auskunft darüber, was denn eigentlich praktisch läuft, welche Erfahrungen sich daraus ergeben und welche Projekte und Ideen weiterverfolgt werden sollen. In diesem Zusammenhang ist es bedauerlich, dass eine umfassende externe Evaluation nicht vorgesehen ist.
Ich komme gleich zum Schluss. – Denn wie will man ohne entsprechende Erkenntnisse entscheiden, welche Maßnahmen unter welchen Zielsetzungen fortgesetzt werden sollen? Wie sollen vergleichbare Standards in dieser wichtigen Arbeit entwickelt werden? – Mein Eindruck ist, dass die Berliner Verwaltung noch einen langen Weg zurücklegen muss, um sich europafähig zu machen. Der Senat muss aber gehörig aufpassen, dass der interkulturellen Öffnung nicht vorher schon die Luft ausgeht! – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, das wir heute ausführlich über die Große Anfrage der CDU-Fraktion mit dem Titel „Wo steht die Berliner Verwaltung in Sachen interkulturelle Öffnung?“ debattieren können.
Die Große Anfrage und die Antwort der zuständigen Senatsverwaltung geben einen Überblick über den momentanen Stand der kulturellen Öffnung in der Berliner Verwaltung. Die Antwort zeigt einen Stand, der Mut
Das hat die Senatorin auch gerade – wie ich finde – für den Senat gut ausgeführt. Der Berliner Senat hat in seinem Integrationskonzept von Juni 2007 die interkulturelle Öffnung als eine wichtige Aufgabe für die öffentliche Verwaltung und die sozialen Dienste herausgestellt. Die interkulturelle Öffnung ist eine Querschnittsaufgabe. Ich darf aus dem Integrationskonzept von 2007 zitieren:
So wie die Integrationspolitik nicht Aufgabe einer speziellen Fachverwaltung sein kann, sondern von jedem Fachbereich im Rahmen seines Aufgabengebietes verwirklicht wird, ist auch interkulturelle Öffnung eine Querschnittsfunktion, die in allen Verwaltungszweigen und auf allen Ebenen durchgeführt werden muss.
Zu loben sind die vier Instrumente und Handlungsstrategien, die in der Antwort der Senatsverwaltung zu finden sind. Erstens: Strategie zur Erhöhung des Anteils von Beschäftigten mit Migrationshintergrund. Zweitens: die kontinuierliche Stärkung interkultureller Kompetenzen durch Fortbildungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. Drittens: die Stärkung der interkulturellen Öffnungsprozesse. Viertens: die interkulturelle Öffnung in den Bezirken, und da ist Neukölln mit einem Anteil von sage und schreibe 44 Prozent Spitzenreiter in Berlin – großes Kompliment!
Eine Grundlage für ein Gelingen des Zusammenhalts in der Gesellschaft ist dann gegeben, wenn sich die Gesellschaft in ihrer Vielfalt in den wesentlichen Bereichen des öffentlichen Dienstes und der Gesellschaft widerspiegelt. Der Bericht zeigt, wo der Prozess der Teilhabe in der öffentlichen Verwaltung funktioniert. Es werden aber auch Bereiche genannt, wo noch Handlungsbedarf besteht, so bei der Feuerwehr.
Nein! – Geht man von einem Migrationsanteil von ca. 25 Prozent in Berlin aus und vergleicht dies mit dem Anteil von 10 Prozent an Beschäftigten mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst, so wird deutlich, dass wir mit diesem Prozess – und ich betone, es ist ein sehr junger Prozess in Berlin – erst am Anfang stehen. 42 Prozent aller Jugendlichen in Berlin haben einen Migrationshintergrund. Es ist also das Ziel, einen entsprechenden Anteil an Auszubildenden mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst zu haben. Das wird durch Maßnahmen wie „Berlin braucht dich!“ gefördert. An dieser Stelle gilt unser Dank der zuständigen Stelle des Berliner Integrationsbeauftragten, Herrn Piening, der mit
viel Engagement und viel Kraft die Kampagne durchführt, um Jugendlichen Mut zu machen, sich im öffentlichen Dienst zu bewerben.
Und ich kann nur sagen: Von 2006 8,7 Prozent auf 2008 14,3 Prozent – das kann sich sehen lassen! Wir sind auf einem guten Weg.