Protokoll der Sitzung vom 10.12.2009

Senatorin Carola Bluhm

Das ist nicht abgesprochen!

Das ist sicherlich ungewöhnlich, aber es ist leider nötig. – Herr Saleh! Was halten Sie denn davon, wenn Herr Henkel heute morgen erzählt, wie wichtig ihm die Integrationspolitik ist, und die CDU-Fraktion jetzt quasi gar nicht anwesend ist? Wie schätzen Sie das ein?

[Oh! von den Grünen – Zurufe von der Linksfraktion]

Herr Kollege Saleh! Fahren Sie fort!

Das zeigt die Priorität der CDU, das zeigt, dass der CDU das Thema anscheinend nicht so wichtig ist.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Genau! von der SPD]

Die Kampagne „Berlin braucht dich“ ist erfolgreich und wird ausgeweitet. Die Einbürgerungskampagne „Passt mir“ wird weiterentwickelt.

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Für bereits bestehende Programme, für Maßnahmen zur beruflichen Qualifizierung von Migrantinnen und Migranten werden insgesamt für das Jahr 2010 906 000 Euro und 2011 895 000 Euro aufgewendet.

Die Projekte gegen Rechtsextremismus sind durch Landesmittel abgesichert. Für das Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Stärkung der Demokratie und Schutz vor Diskriminierung und Gewalt stellen wir 2010 2,075 Millionen Euro und 2011 2,325 Millionen Euro zur Verfügung.

Wir haben das Kompetenz Zentrum Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe kom-zen mit einer weiteren Stelle unterstützt. Der Ausschuss hat beschlossen, dass Gelder aus dem Einzelplan für ein Aktionsprogramm „Integration und Arbeit“ verwendet werden – damit wird der Tandemcharakter der bisherigen Aktionsprogramme aufgegriffen.

Zum Thema Integrationsgesetz hat die Senatorin gerade ausgeführt: Der Beirat – und auch an der Stelle von uns ein großes Dankeschön – arbeitet mit Nachdruck an so einem Gesetz. Ich bin mir sicher, dass wir noch in dieser Legislaturperiode so ein Gesetz einbringen können. Und darauf freuen sich auch beide Koalitionsfraktionen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Eines ist klar, Integration und die Erhöhung der Chancen auf Teilhabe und somit für viele Gruppen den Aufstieg zu ermöglichen, zieht sich als Gedanke durch den gesamten Haushalt des Landes Berlin. Ob im Bereich der Kita, wo

oftmals die Weichen für Integration gestellt werden, oder im Bereich der Wirtschaft, wenn es um die Förderung kulturspezifischer Unternehmen geht, Integration ist für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Berlin ein durchgehender roter Faden. Besonders ist zu betonen, dass das größte Projekt dieser Legislaturperiode eine der größten Integrationsmaßnahmen unseres Landes darstellt. Wir können stolz sein, dass mit der Einführung der Sekundarschule und mit der zeitgleichen Abschaffung der Hauptschule berlinweit Aufstieg und Teilhabe gestärkt werden.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Udo Wolf (Linksfraktion) – Özcan Mutlu (Grüne): Dazu musstet ihr getrieben werden!]

Viel Geld ist im Bereich der Bildung und Jugend eingeplant worden. Somit ist auf diesen Feldern auch ein Schwerpunkt für die Integration der jungen Berlinerinnen und Berliner mit Migrationshintergrund gesetzt worden. Im Bereich der Stadtentwicklung ist vieles in den letzten Jahren getan worden, um Integration in den Kiezen und Teilhabe von Migrantinnen und Migranten in den Quartieren zu erhöhen. Soziale Stadt und somit solidarische Stadt ist auch in diesem Haushalt eine herausragende Integrationsmaßnahme. Auch auf vielen anderen Feldern wie dem Arbeitsmarkt, der Sozial- und Familienpolitik zieht sich die Integration wie ein roter Faden durch den Haushalt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Danke schön, Herr Saleh! – Jetzt ist für die CDU-Fraktion der Kollege Wansner dran. – Hier haben Sie auch ein Glas zum Trinken, Kollege Wansner, und das Wasser ist auch noch frischer.

[Zuruf]

Das wird bei den Diäten oben abgerechnet. – Sie haben das Wort, Herr Wansner!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von den Reden zur Integration aus dem Senats- bzw. Regierungslager hätten wir uns endlich einmal mehr versprochen. Vor allem ist hierzu nichts Neues und noch weniger Konkretes, Frau Senatorin, gesagt worden.

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Na, dann erzählen Sie mal, Herr Wansner!]

Und Herr Saleh! Möglicherweise ist Ihnen entgangen, dass es zwischenzeitlich Migranten in Ihrer Partei gibt, die sie fluchtartig verlassen, weil sie von der Arbeit, die Sie in den letzten Jahren im Bereich Integration geleistet haben, bitterlichst enttäuscht sind.

[Zuruf von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Das haben Sie möglicherweise entweder vergessen, oder Sie nehmen die Menschen, die bei Ihnen austreten, möglicherweise auch nicht ernst.

[Beifall von Florian Graf (CDU)]

Seit die Bundesregierung unter der Führung der Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel die Integrationsarbeit im Bund mit zur Hauptaufgabe ihrer politischen Arbeit erklärt hat, sind die Erfolge in der Bundespolitik bereits erkennbar.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Wo denn? – Zurufe von der SPD]

Und viele Migranten beteiligen sich mit enormem persönlichen Einsatz an dieser wichtigen und gemeinsamen Arbeit. Deutschland ist ein Integrationsland, und wir fordern doch schon seit längerer Zeit, dass Berlin die Hauptstadt dieses Integrationslandes werden müsste. Der Senat hätte doch im Ansatz mit dem gleichen Elan wie die Bundesregierung die für unsere Stadt so wichtige Aufgabe angehen müssen. Vorschläge, Frau Senatorin, von der CDU-Fraktion in den letzten Jahren gab es dazu ausreichend.

[Zuruf von links: Echt?]

Aber wir sind leider in unserer Stadt von Erfolgen, wie sie die Bundesregierung vorweisen kann, weit entfernt. Obwohl andere Städte in Deutschland einen höheren Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund haben, liegen auch sie mit ihren Integrationserfolgen weit vor Berlin, und das bei einer so wichtigen Aufgabe hier in unserer Stadt. Für diese Stadt ist dieser Zustand kein hinnehmbarer Bereich. Das heißt, irgendwann werden Sie es sich überlegen müssen, wie Sie Ihr Versagen hier kaschieren können, denn eine erfolgreiche Integrationsarbeit enthält die Chance, kulturelle und soziale Vielfalt konstruktiv zu nutzen. Zugleich trägt sie dazu bei, für die Erfordernisse der globalen Welt besser aufgestellt zu sein. Möglichen kulturellen und religiösen Konflikten müssen wir heute schon vorbeugen. Die beste Integration ist die gesellschaftliche Teilhabe aller. Sie stärkt die innere Einheit und den Zusammenhalt der Gesellschaft. Wie weit wir in Berlin davon entfernt sind, zeigen bzw. beweisen zwei Zahlen: 25 Prozent aller Arbeitslosen in Berlin sind Menschen nichtdeutscher Herkunft. 20 Prozent aller Schulabgänger mit Migrationshintergrund haben keinen Schulabschluss. Diese Zahlen müssten doch eigentlich jeden erschüttern, der sich auch nur im Ansatz mit Integration beschäftigt. Sie werden auch nicht besser, indem dieser Senat dieses Problem einfach ausblendet bzw. nicht wahrnimmt. Stattdessen unterstützen Sie trotz unserer Kritik seit Jahren vorrangig lieber immer wieder die Berufsbetroffenen, die Ihnen politisch sehr nahe stehen und sich nachweislich mehr mit sich selbst beschäftigen oder ständig neue theoretische Integrationsansätze formulieren, die Sie nie umsetzen bzw. auch nicht umsetzen können. Dabei wäre es doch viel einfacher, sich mit den Integrationserfolgen anderer Bundesländer auseinanderzusetzen und die erfolgreichen Ansätze in dieser Stadt zu übernehmen.

Was wäre von diesem Senat endlich einmal zu tun? – Sie müssen die Integrationskraft von Kindergärten und Schulen verstärken. Diese frühe Förderung hilft insbesondere den Zuwandererfamilien. Wie lange fordern wir das von Ihnen? Denn die Integration moderner Wissensgesellschaften hängt mehr von der Bildungsfrage ab. Eine Stadtentwicklung, die die Integration zum Inhalt macht, die allerdings auch die Wohnungswirtschaft, Frau Senatorin, insbesondere mit einbinden – –

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

[Özcan Mutlu (Grüne): Sie haben ja was gelernt!]

Die Verbesserung, Stabilisierung und Aufwertung des Wohnumfelds in Problemquartieren, auch das ist doch eine Forderung, die wir seit längerer Zeit stellen und wo wir keine Erfolge sehen. Die weitaus stärkere Unterstützung des bürgerlichen und ehrenamtlichen Engagements von Deutschen und Migranten – Frau Senatorin, massivste Unterstützung der im Integrationsbereich tätigen Sportvereine, das übrigens ist mit der größte Fehler dieses Senats, diese Vereine nicht ausreichend zu unterstützen, denn Sport führt Menschen durch gemeinsame Interessen zusammen.

[Zuruf von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel: Wenn Sie die Aktion in Kreuzberg sehen, Stopp Tokat, dieses ist nicht eine Arbeit dieses Senats, sondern ist eine Arbeit der zuständigen Sicherheitsbehörden und gleichzeitig vieler Wirtschaftsverbände, die dieses hervorragend unterstützen.

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Und dann habe ich noch eine Bitte: Können Sie nicht endlich ein Redeverbot dieses wirklichen Dummschwätzers Buschkowsky in Neukölln erreichen?

[Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Özcan Mutlu (Grüne)]

Ich sage mit aller Deutlichkeit, was dieser Mann in dieser Stadt anrichtet, können Sie mit keinerlei Integrationsansätzen wieder geradebiegen.

[Özcan Mutlu (Grüne): Letztes Jahr war er noch Ihr bester Freund! – Weitere Zurufe]

Sie beleidigen und Sie bringen das Lebensgefühl dieser Menschen deshalb nicht zu Gange, weil dort ein Bezirksbürgermeister zwischenzeitlich fast ausgeflippt ist. Das wäre übrigens mal eine Arbeit des Regierenden Bürgermeisters, der sich für Integrationsarbeit in dieser Stadt nicht im Ansatz interessiert.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Rainer-Michael Lehmann (FDP)]

Danke schön, Herr Kollege Wansner! – Das Wort Dummschwätzer ist eigentlich nicht parlamentarisch.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich muss Sie dafür zur Ordnung rufen, Herr Kollege Wansner, auch wenn in Kreuzberg die Maßstäbe nicht so scharf sind.

[Beifall bei der SPD]