Lars Oberg
Sitzungen
16/6
16/12
16/14
16/15
16/20
16/24
16/27
16/30
16/33
16/35
16/39
16/40
16/42
16/43
16/44
16/46
16/50
16/52
16/54
16/55
16/56
16/57
16/58
16/60
16/65
16/67
16/69
16/71
16/72
16/73
16/75
16/77
16/78
16/79
16/80
16/81
16/82
16/85
Letzte Beiträge
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Wegner! Zunächst einmal möchte ich Ihnen meinen Respekt zollen. Sie haben mit Ihrer Rede bewiesen, dass sich in der CDU in den letzten Jahren einiges bewegt hat und dass Sie nach langen Wirren und langen Mühen dann doch auch im 21. Jahrhundert angekommen sind
und endlich akzeptiert haben, dass Deutschland und Berlin eine Einwanderungs- und Integrationsgesellschaft ist. Wir haben nicht vergessen, dass das lange nicht der Fall war.
Dann haben Sie es so sehr mit Fakten gehabt und auch mir gleich zugerufen, mit Fakten hätte ich es nicht so. Da
gibt es dann einige Fakten, die ich Ihnen auch nicht vorenthalten kann.
Ich kann Ihnen nicht vorenthalten, dass es Ihr Parteifreund Rüttgers war, der mit dem widerlichen Versuch, Kinder gegen Inder auszuspielen, in den Wahlkampf gezogen ist.
Ich kann es Ihnen nicht ersparen, dass Ihr Parteifreund Koch mit einer Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft unter dem Motto „Wo kann man hier gegen die Ausländer unterschreiben“ an die Macht gekommen ist.
Ich kann es Ihnen auch nicht ersparen, dass Sie es hier in diesem Parlament waren, die sich gegen das Integrationsgesetz gestellt haben und die auf wirklich merkwürdige Art versucht haben, es verächtlich zu machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Gehen Sie auf die Straße, sprechen Sie mit den Leuten! Dann werden Sie erleben, dass das, was Sie als Fakten verkaufen, einer anderen Realität gegenübersteht. Gehen Sie zu den Menschen und sprechen Sie darüber, wie die sich in dieser Gesellschaft akzeptiert fühlen! Sie und Ihre Partei haben einen großen Anteil daran, dass Menschen, deren Eltern in diesem Land geboren sind, deren Großeltern nach Deutschland gekommen sind, sich heute hier noch fremd fühlen, weil sie schlichtweg nicht akzeptiert werden. Ich schäme mich, wenn ich mich mit solchen Menschen unterhalte und sie mir offen ins Gesicht sagen: Herr Oberg! Wann ist es endlich so weit, dass wir hier akzeptiert werden? – Wir kämpfen dafür, dass diese Menschen hier akzeptiert werden, und Ihre Partei hat noch einiges aufzuarbeiten, denn Sie haben einen wesentlichen Anteil daran, dass diese Menschen heute in dieser Gesellschaft um Anerkennung ringen. So viel zu den Fakten. – Vielen Dank!
Das scheint ein wichtiges Thema zu sein. – Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat den Vorschlag des Bundes, die Charité in eine Bundesuniversität umzuwandeln, und gibt es dazu Gespräche zwischen dem Land Berlin und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung?
2. Welche weiteren Finanzierungsmöglichkeiten des Bundes hält der Senat für sinnvoll, um Spitzenforschung und exzellente Lehre an den Berliner Hochschulen weiter auszubauen?
Vielen Dank! – Diese interessante Idee umzusetzen, ist sicherlich keine leichte Aufgabe, zumal die Charité gegenwärtig auch eine Konstruktion hat, an der HU und FU beteiligt sind. Meine Frage dazu ist: Herr Senator, werden die Gremien bzw. die Hochschulleitungen der Humboldt und der Freien Universität an den Gesprächen zur zukünftigen Ausgestaltung der Charité beteiligt, weil man sicherlich auch deren Interessen und Bedürfnisse im Blick haben muss?
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Mit dem heutigen Beschluss geht eine lange Diskussion über die Ausgestaltung des Berliner Hochschulgesetzes zu Ende. Ich möchte mich bei allen bedanken, die sich an diesem intensiven, aber auch sehr kontroversen Austausch beteiligt haben. Das hat dem Gesetz gut getan und dazu beigetragen, dass wir heute ein gutes und modernes Gesetz verabschieden werden, das die „taz“ in ihrer heutigen Ausgabe – und die „taz“ ist sozialdemokratischer Umtriebe sicherlich unverdächtig – als dringend notwendig bezeichnet hat.
Es liegt auf der Hand, dass bei der Vielzahl der Betroffenen und ihren zum Teil vollständig gegensätzlichen Interessen ein solcher Dialog nicht dazu führen kann, dass man es am Ende allen recht macht. Uns wurde und wird auch heute sicherlich wieder vorgehalten werden, dass quasi alle gegen dieses Gesetz seien
und wir es niemandem recht gemacht hätten. Das klingt dramatisch, ist aber eigentlich eher kurios.
Wir sollten uns mal genauer anschauen, wie dort die Ablehnungsfront eigentlich aufgestellt ist. Da haben wir auf der einen Seite die Hochschulleitungen, die sind gegen dieses Hochschulgesetz, weil sie gerne hohe Hürden aufstellen würden beim Übergang vom Bachelor zum Master. Da sind auf der anderen Seite ebenfalls in der Koalition der Gegner die Studierenden. Die sind gegen das Gesetz, weil darin kein Rechtsanspruch für jeden Studierenden enthalten ist, nach dem Bachelor auch einen Master zu machen.
Ich kann ein weiteres Beispiel geben. Die Studierendenvertreter kritisieren das Gesetz, weil es kein Kreuzwahlrecht und keine Drittelparität gibt. Die Hochschulleitungen kritisieren das gleiche Gesetz, weil es kein Selbstberufungsrecht gibt und weil insgesamt die Hochschulleitungen nicht stark genug und Autonomie von uns behandelt werden würden. Dies zeigt, dass die Positionen vollständig unvereinbar sind; und es ist unmöglich, ein Gesetz zu machen, das allen diesen Positionen Rechnung trägt. Würden wir versuchen, so etwas zu machen, blieben wir am Ende bei einem Scheitern. Und deshalb bekenne ich hier freimütig: Ja, dieses Gesetz ist ein Mittelweg und
keine radikale Lösung. Dies ist eine evolutionäre Weiterentwicklung des Hochschulgesetzes und keine Revolution. Angesichts der Vielzahl und der Kakophonie der Interessen, die ich skizziert habe, wäre alles andere als ein Mittelweg politisch unverantwortlich.
Der Gesetzentwurf setzt die richtigen Schwerpunkte. Der Bologna-Prozess wird umgesetzt, die Studierbarkeit wird verbessert, die Arbeitsbelastung für Studierende wird reduziert. Der Zugang für beruflich Qualifizierte wird verbreitert, die Situation der Lehrbeauftragten wird deutlich verbessert und die Lehre wird durch Wissenschaftliche Mitarbeiter mit dem Schwerpunkt in der Lehre gestärkt.
Nach der Anhörung und den zahlreichen Gesprächen, die wir geführt haben, haben wir einige Anregungen aufgegriffen und diese Schwerpunkte zusätzlich akzentuiert. Die Koalition sichert mit dem Änderungsantrag, der heute vorliegt, die frei wählbaren Studienanteile. Wir haben das Schreckgespenst der Zwangsexmatrikulation abgeräumt und klargestellt: Uns geht es um Beratung und Unterstützung der Studierenden. Deshalb sind die Sanktionen dramatisch reduziert worden. Gleichzeitig haben wir die Anforderungen an die Rahmenstudien- und Prüfungsordnungen reduziert und so die Autonomie der Hochschulen gestärkt und schlussendlich einen weiteren Weg für beruflich Qualifizierte an die Hochschule geschaffen.
Das alles sind handfeste Verbesserungen, die die Studierenden in ihrem Alltag spüren werden. Das sind handfeste Verbesserungen, die auch die Hochschulleitungen zu schätzen lernen werden. Unsere Philosophie dabei ist ganz eindeutig: Wir definieren Untergrenzen. So definieren wir z. B. bei der Beratung, was im schlimmsten Fall möglich ist. Abweichungen nach oben sind aber jederzeit möglich.
Und jetzt kann man diesen Gesetzentwurf – das ist passiert – dafür kritisieren, dass er kein großer Wurf ist und sich hinstellen und einfordern: Wir brauchen einen großen Wurf!
Das, lieber Herr Kollege Dragowski, ist nichts anderes als das Getöse eines Menschen, der sich an die Oppositionspolitik gewöhnt hat. Wir haben das auch von den Grünen gehört. Wer sich hier hinstellt und einen großen Wurf fordert und glaubt, mit einem großen Wurf die dargestellten grundsätzlichen Unterschiede und Interessen, die es an den Hochschulen gibt, wegfegen zu können, der irrt und wird gewaltig scheitern.
Ein Dialog kann unüberbrückbare Positionen sicherlich nicht ausgleichen.
Ein Wort sei mir noch gestattet. Bei den Beratungen ist eines sehr deutlich geworden: Liebe Kolleginnen und
Kollegen von den Grünen! Wir hören es uns hier in diesem Haus immer wieder an, Ihr Mantra lautet – erstens: Am 18. September gewinnen wir die Wahl. Zweitens: Danach werden wir regieren. Und drittens: Wir machen alles anders. Was Sie aber nie sagen, ist, was Sie konkret anders machen würden.
Genauso auch hier bei diesem Hochschulgesetz, da haben Sie in den Beratungen gesagt, das ist nicht weitgehend genug, alles falsch.
Sie haben aber für sich behalten, wie Sie es anders machen wollen. – Ich komme zu meinem Schlusssatz. – Ich sage Ihnen auch, warum Sie es uns nicht sagen: Sie wissen es schlicht nicht. Sie sind so erschöpft, dass Sie nicht mehr sagen können, wo sie langlaufen, und hoffen, dass der 18. September schnell naht und es keiner merkt. Wir haben mit diesem Gesetz bewiesen, –
dass wir die Kraft und den Mut haben, ein kompliziertes Thema anzugehen und zum Erfolg zu bringen. Und das unterscheidet uns und Sie ganz eindeutig. – Vielen Dank!
So, ich nehme an, es sind alle wach. Herr Kollege Zimmer! Ich hoffe, dass Sie jetzt auch wach sind, denn als Sie an den Beratungen um den Gesetzentwurf teilgenommen haben und auch bei der Lektüre des Hochschulgesetzes scheinen Sie dann im tiefen Schlummer gelegen zu haben. Denn sonst hätten Sie sich jetzt nicht ernsthaft hier hinstellen können und Behauptungen aufstellen, die nichts, aber auch gar nichts mit der Realität des Gesetzentwurfs zu tun haben. Sie haben pauschal behauptet, die Autonomie würde eingeschränkt werden. Sie haben behauptet, dass man den Hochschulen nichts zutraut. Sie haben aber
und das hat seinen Grund – keinen einzigen Beleg dafür angeführt. Und ich kann Ihnen sagen, warum Sie keinen Beleg angeführt haben: Sie kennen keinen. Und es gibt auch keinen. Lassen Sie es mich an einem Beispiel festmachen, die Einführung von Rahmenstudien- und Prüfungsordnungen. Klingt kompliziert, ist aber eigentlich ganz einfach, weil bislang müssen nämlich die Hochschulen jede Studien- und Prüfungsordnung dem Senat zur Genehmigung vorlegen. Künftig werden sie das nicht mehr müssen, sondern sie können einmal, jede Hochschule, eine Rahmen- und Studienprüfungsordnung verabschieden, dem Senat vorlegen und danach autonom innerhalb dieses gesetzten Rahmens agieren. Sie wissen das. Sie wissen auch, dass das Gesetz, wie es bisher gilt, deutlich mehr Bürokratiekosten verursacht. Sie haben das beim letzten Mal hier behauptet. Sie behaupten es immer noch. Ich weiß nicht, wer hier welcher Autosuggestion unterliegt.
Dann noch ein Wort zum Thema der zentralen Kritik der wissenschaftlichen Mitarbeiter mit dem Schwerpunkt Lehre. Das ist ja der einzige konkrete Punkt, den irgendwie alle ablehnen. Den lehnen Studierende ab. Den lehnen die Mitarbeiter ab. Und den lehnen die Hochschulleitungen ab. Ja, da ist zunächst mal festzustellen, wenn ihn alle so blöd finden, diesen Vorschlag, ja, dann muss ihn ja keiner umsetzen, denn dieses Gesetz sieht es als Chance, als Option für die Hochschulen vor. Wenn man einhellig der Meinung ist, dass man diese qualifizierte Lehrkraft zur Bewältigung der steigenden Studierendenzahl nicht braucht, dann müssen die Hochschulen das nicht tun. Jetzt haben wir die Kritik sehr ernst genommen, dass ein solcher wissenschaftlicher Mitarbeiter mit dem Schwerpunkt in der Lehre ggf. zu einer Spaltung von Forschung und Lehre führt. Deshalb gab es da wesentliche Änderungen. Im ersten Entwurf war vorgesehen, dass der 18 Semesterwochenstunden unterrichtet und nicht forschen darf. Jetzt kann er bis zu 18 Semesterwochenstunden unterrichten, er soll forschen, und er kann sein Lehrdeputat reduzieren. Das belegt, erstens, wir sind imstande, Kritik aufzunehmen, zweitens, der Vorwurf, dass dort ein Lehrknecht eingeführt würde, der ist absurd und spiegelt aus meiner Sicht nur wider, dass offensichtlich die Lehre von denjenigen, die sie anbieten müssen, ganz schön gering geschätzt wird. Offensichtlich ist an den Hochschulen nur die Forschung sexy, das Lehren, das ist Mist, und deswegen sind diejenigen, die lehren sollen und lehren müssen, also Knechte. Das ist eine wissenschaftspolitische Vorstellung, der wir uns ausdrücklich nicht anschließen. Wir wollen, dass es starke Lehre gibt. Und wissenschaftliche Mitarbeiter mit dem Schwerpunkt in der Lehre können dazu einen ganz wesentlichen Beitrag leisten.
Und jetzt noch ein Letztes zu der Frage: Warum sind eigentlich alle dagegen? – Nun, das mit der Spaltung, das ist auch etwas, was in der Hochschullandschaft relativ weit verbreitet ist. Mir liegen E-Mails vor. Mir gegenüber wurden persönliche Äußerungen getätigt, dass das Gesetz eigentlich eine ganz gute Idee sei, dass die richti
gen Impulse aufgegriffen worden seien und dass das jetzt eine gute Lösung sei.
Dass man in offenen Briefen etwas ganz anderes schreibt, das müssen Sie denen zurechnen, die hier so und da so reden. Dafür tragen wir keine Verantwortung!
Sehr geehrte Kollegin Schillhaneck! Aller guten Dinge sind drei. Deswegen möchte ich Ihnen weitere drei Minuten schenken, damit Sie vielleicht im dritten Anlauf einen Satz dazu zu sagen, was Sie eigentlich für ein Hochschulgesetz wollen. Nichts, gar nichts kommt von Ihnen.
Sie sind so blank wie sonst noch etwas. Und sich dann noch hier hinzustellen und allen alles zu versprechen – den Hochschulleitungen mehr Autonomie, den Studieren
den eine demokratische Hochschule, den wissenschaftlichen Mitarbeitern, dass sie nicht mehr lehren müssen, gleichzeitig eine Verbesserung der Lehre –, das ist dreist und frech. Das können wir Ihnen nicht durchgehen lassen.
Das ist selbst für grüne Verhältnisse in einer Situation, in der Ihnen der Kopf sonst wo steht und Sie nicht mehr klar denken können, unwürdig und inakzeptabel. Nutzen Sie deshalb die drei Minuten! Erklären Sie diesem Haus und den Leuten draußen, was Sie eigentlich wollen und wie Sie allen alles recht machen wollen, auch wenn die jeweils komplett das Gegenteil wollen. Wenn Sie das schaffen, haben sie es verdient, als hochschulpolitische Sprecherin der grünen Fraktion ernst genommen zu werden. Ansonsten sind Sie tatsächlich nichts anderes als die Luftblasenbeauftragte Ihrer Fraktion. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Herr Steuer! Wie passen denn diese beiden Aussagen, die Sie heute hier im Plenum gemacht haben, zusammen? Sie haben heute Morgen bei der Begründung Ihres Antrags zur Aktuellen Stunde festgestellt, dass sich neun von zehn Eltern in Deutschland mehr Vergleichbarkeit wünschen, dass sie sich einheitliche Bildungsstandards wünschen, und haben jetzt gerade gesagt, dass Sie die pädagogischen Ziele der Volksinitiative „Schule in Freiheit“ teilten und haben etwas von einer Balance gesprochen. Beide Dinge sind aber elementar weit auseinander, denn die Volksinitiative fordert nicht weniger, als dass jede Schule inhaltlich macht, wozu sie gerade Lust hat. Wo ist also da die Balance, von der Sie gesprochen haben?
Ich frage den Senat:
1. Sind aus Sicht des Senats die Hochschulen in der Lage, die im Jahre 2012 aufgrund des doppelten Abiturjahrgangs und der Aussetzung der Wehrpflicht zu erwartenden höheren Studienanfängerzahlen bei der Zulassung zu berücksichtigen?
2. Mit welchen Mitteln fördert der Senat die Einrichtung zusätzlicher Studienplätze, und welche Möglichkeiten sieht er zur Förderung Berliner Abiturientinnen und Abiturienten?
Herr Senator! Werden sich alle Berliner Hochschulen an dem vorgezogenen Ausbau der Kapazitäten beteiligen? Hintergrund meiner Frage sind Aussagen, die man von der Technischen Universität hören konnte, dass man sich partout nicht an einem Aufwuchs beteiligen könne und wolle, weil dies die eigenen Möglichkeiten nicht hergäben.
Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Herr Zimmer! Es hat sich gelohnt, dass ich erst nach Ihnen reden darf, weil ich so die Möglichkeit habe, auf das einzugehen, was Sie gesagt haben. Und das war durchaus bemerkenswert.
Sie haben zu Beginn und zu Ende Ihrer Rede mit großen Kanonen auf doch recht kleine Spatzen, das heißt Re
gelungen des Gesetzes, geschossen. Das, was Sie dazwischen aber geboten haben, waren im Folgenden drei Dinge. Entweder haben Sie Dinge kritisiert, die heute schon geltendes Recht sind, und haben skandalisiert, dass das nun eingeführt werde; sehr merkwürdig. Oder Sie haben erklärt, dass Sie das Ziel teilen, aber rumgemäkelt, wie das denn gehen soll. Oder, das Dritte – und das ist das, was ich Ihnen eigentlich am übelsten nehme –, Sie haben Dinge behauptet, die nicht im Gesetz stehen. Ich werde in den weiteren Ausführungen darauf eingehen. Und ich hoffe, dass Sie sich die Zeit nehmen bis zum nächsten Mittwoch, wenn wir die Anhörung im Wissenschaftsausschuss haben, das Gesetz dann vielleicht doch mal zu lesen.
Wir sehen die Modernisierung des Hochschulgesetzes als erforderlich an. Und es ist auch richtig, dass wir das in dieser Legislaturperiode machen. Anders als andere Fraktionen und Parteien haben wir uns noch nicht in den Wahlkampf verabschiedet. Nein, wir werden unserer Verantwortung bis zum 18. September gerecht und auch darüber hinaus und werden darum dieses Hochschulgesetz jetzt beraten und aller Voraussicht nach dann auch verabschieden.
Warum brauchen wir dieses Hochschulgesetz bzw. die Modernisierung des Hochschulgesetzes zum jetzigen Zeitpunkt? – Unser Berliner Hochschulgesetz kennt in der heutigen Fassung weder den Bachelor noch den Master. Es stammt aus einer Zeit vor Bologna. Und wenn wir das Hochschulgesetz und die Berliner Hochschule fit für Bologna machen wollen, dann brauchen wir dieses Modernisierungsgesetz. Und es ist klar: Es gab bei der Einführung und Umsetzung des Bolognaprozesses Probleme. Auch hierfür brauchen wir das Gesetz, um eben diese Probleme abzustellen. Wir wollen die Öffnung der Hochschule, und wir teilen das nicht nur so als Randbemerkung wie Sie, Herr Zimmer: Ist ja nett, aber wo sollen denn die Studienplätze herkommen?, sondern wir bekennen uns dazu. Wege an die Hochschule müssen zahlreich und vielfältig sein. Neben dem Abitur muss es weitere breite und offene Zugänge für junge und auch ältere Menschen an die Berliner Hochschulen geben. Deshalb ist es gut, dass das vorliegende Gesetz diese Wege weit aufmacht. Klar ist aber auch, dass die Hochschulen sich auf diese neuen Studierenden vorbereiten müssen und dass das eine Aufgabe ist, die wir nicht allein mit diesem Gesetz lösen können.
Und, Herr Zimmer, es war mir klar, Sie würden sich hier hinstellen und Krokodilstränen vergießen, dass die Autonomie mit diesem Gesetz eingeschränkt wird. Das Erstaunliche an der Sache ist, dass das Gegenteil richtig ist
und Sie das eigentlich auch wissen müssten. Die Autonomie wird mit diesem Gesetz ausgebaut. Das ist richtig, und das ist auch gut. Ich werde Ihnen das anhand eines schönen Beispiels belegen, das Sie zu skandalisieren versucht haben. Künftig, so möchte es das Gesetz, sollen nur
noch die Rahmenstudienordnung und die Rahmenordnung der Senatsverwaltung zur Genehmigung vorgelegt werden. Wie ist es denn heute? – Heute ist es so, dass in § 24 geregelt ist, dass jede Studien- und Prüfungsordnung dem Senat zur Genehmigung vorzulegen ist. In § 90 ist geregelt, dass jede übrige Ordnung außer den Studienordnungen, da das in § 24 geregelt ist, auch zur Genehmigung vorgelegt werden muss. Gegenwärtig muss also jede Ordnung der Senatsverwaltung zur Genehmigung vorgelegt werden. Was macht das Modernisierungsgesetz? – Es streicht § 24 und beschränkt in § 90 die Genehmigung allein auf die Rahmenordnungen. Das heißt, die Hochschulen erlassen einen Rahmen, und innerhalb dieses Rahmens, der von der Senatsverwaltung genehmigt wurde, sind sie frei. Das ist eine Entlastung für die Hochschule. Das ist ein Bürokratieabbau in ganz erheblichem Umfang. Das ist mehr und nicht weniger Autonomie. Und Herr Zimmer, ich bin mir sicher, Sie wissen es besser, als Sie es hier dargestellt haben.
Richtig ist aber auch, dass Autonomie immer mit Verantwortung einhergehen muss und mit Rückbindung an die Gesellschaft. Verantwortung, da sind die Hochschulen vor allem gefragt, wenn es darum geht, Studienberatung sicherzustellen und den Studierenden zu helfen, ihren Weg durch die Hochschule erfolgreich zu gehen. Es ist gut, dass der Gesetzentwurf dort eine Stärkung vorsieht. Die gesellschaftliche Rückbindung findet sich an anderer Stelle, z. B. in § 5a, wo es darum geht, dass Gleichstellungsstandards etabliert werden sollen.
Und, Frau Schillhaneck, heute Morgen oder heute Nachmittag haben Sie in einer anderen Rederunde gesagt, dass das „Berliner Programm zur Stärkung von Chancengleichheit von Frauen in Forschung und Lehre“ ja hübsch sei, aber im Hochschulgesetz, da müsste was gemacht werden. Und dann haben Sie hinzugefügt, in der Novelle, da haben Sie es aber verpasst. Ja, Frau Schillhaneck, dann empfehle ich Ihnen gemeinsam mit Herrn Zimmer, vielleicht bei einem guten Glas Wein: Werfen auch Sie doch mal einen Blick in das Gesetz und schauen sich den § 5a an! Er ist neu und beinhaltet genau das. Wir finden das richtig.
Insgesamt schlägt der vorliegende Gesetzentwurf die richtige Richtung ein. Aber es gibt auch noch Gesprächsbedarf. So wollen wir mehr Beratung, ja, das ist richtig, aber Beratung soll helfen und unterstützen und nicht als Drohung funktionieren. Wir wollen nicht, dass die drohende Exmatrikulation infolge von Beratung zum Damoklesschwert über jeder Studentin, über jedem Studenten in dieser Stadt wird. Hier haben wir Beratungsbedarf, und hier denken wir auch über Änderungen nach.
Auch der Spielraum des einzelnen Studenten bei der Gestaltung des Studiums ist ein Wert, der uns sehr am Herzen liegt. Wir wollen die Anhörung dafür nutzen, um mit den Betroffenen genau diese Frage zu erörtern. Insgesamt soll es ein Gesetz für die Hochschulen und für die Studierenden werden und nicht gegen sie. Deshalb möchten wir die
sehr ausführlichen Beratungen und Anhörungen der nächsten Wochen dafür nutzen, in Details darüber zu beraten, wie man dieses Gesetz so machen kann, dass es unseren hohen Ansprüchen gerecht wird und wie es tatsächlich am Ende für Hochschulen und für Studierende eine Verbesserung darstellt.
Jetzt haben wir in der Beratung dieses Gesetz verbunden mit zwei Anträgen der FDP zur Studienberatung und zur Studienfinanzierungsberatung und zur Frage des Berufungsverfahrens. Und auch hier haben Sie, Herr Zimmer, Einlassungen gemacht. Und auch hier haben Sie beide Male sich nicht zutreffend geäußert. Erstens: Finanzierungsberatung, steht im Gesetz, sollen die Hochschulen machen. Ja, hätten Sie die Begründung gelesen, dann wüssten Sie, dass da ausdrücklich drinsteht, auf Finanzierungsberatungen, da sollen keine eigenen Infrastrukturen etabliert werden, da soll nichts Neues gemacht werden, sondern da sollen die bestehenden Möglichkeiten eingebunden und soll darauf verwiesen werden.
Sie haben sich hier hingestellt und haben gesagt: Skandal! Die Hochschulen sollen ohne mehr Geld neue Strukturen aufbauen. – Das ist falsch. Richtig ist, dass die bestehenden Strukturen eingebunden werden sollen. Und, Herr Dragowski, die FDP fordert nun, vor dem Mittleren Schulabschluss eine Beratung für Schülerinnen und Schüler anzubieten, wie das nun mit dem Studium ist.
Ja, das ist richtig! Nicht nur in dem Studium muss beraten werden, sondern auch zum Studium hin. Und auch hierzu haben wir eine Anhörung durchgeführt. Und die Anzuhörenden haben uns unmissverständlich auf meine direkte Frage, wann denn nun der richtige Zeitpunkt für die Beratung, gesagt: Na ja, also elfte Klasse ist zu früh, wir haben gute Erfahrungen gemacht mit der zwölften. – Sie wollen von der Anhörung nichts wissen und sagen: Nein, Mittlerer Schulabschluss, ehe das gemacht wird, da muss mit der Beratung begonnen werden, wir werden diesem Antrag nicht zustimmen, weil es nicht der richtige Zeitpunkt ist, den Sie vorschlagen.
Und zu der Frage der Berufungsverfahren: Herr Zimmer! Ich glaube, das Berliner Hochschulgesetz muss nicht in allen Punkten geändert werden. Dort, wo sich Regelungen bewährt haben, dort, wo Dinge eingespielt sind und wo sie nachweislich eine Stärke und kein Problem sind, da muss man auch nichts ändern. Und bei den Berufungsverfahren ist das genau ein solcher Fall. Es ist gut, und es ist bewährte Praxis, dass am des von den Hochschulen durchgeführten Verfahrens die Verwaltung noch einmal draufschaut, ohne das Ergebnis zu ändern und ohne es zu verzögern, und dann eine Entscheidung getroffen wird.
Danke! Ich komme zum letzten Satz. – Diese Entscheidung treffen die Hochschulen autonom. Die Verwaltung schaut noch einmal drauf. Das zu ändern, dafür gibt es überhaupt keinen Bedarf.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen! Wir wissen, welche Bedeutung das Berliner Hochschulgesetz für die 150 000 Studierenden in der Stadt hat. Deshalb werden wir mit der notwendigen Sensibilität die Details beraten.
Wir freuen uns auf diese Beratungen, und ich bin mir sicher, dass wir in dieser laufenden Legislaturperiode noch einen guten Entschluss fassen werden, der die Hochschulen stärkt und den Studierenden Sicherheit gibt. – Vielen Dank, auch für Ihren Langmut, Frau Präsidentin!
Die Sehnsucht nach Peinlichkeit besteht manchmal auch darin, etwas zu tun, von dem man es besser wissen müsste, und das auch noch im zweiten Anlauf. Herr Zimmer, schauen Sie sich den § 24 noch mal an! Da steht ausdrücklich drin: Sie sind der Senatsverwaltung vorzulegen, die Prüfungsordnungen. – Und diese hat drei Monate Zeit, dort Änderungen und eine Genehmigung vorzunehmen. Das heißt, momentan kann jede Prüfungsordnung, die von einer Hochschule beschlossen wird, hat den Regelweg zur Senatsverwaltung, und diese hat die Möglichkeit, dort inhaltlichen Einfluss zu nehmen und ihre Rechts- und Fachaufsicht darüber zu ergießen. Und das ist eine Möglichkeit, die es künftig so nicht mehr geben wird, und wir finden das richtig, dass man diesen bürokratischen Ablauf strafft, denn von den 240 Prüfungsordnungen, die allein die TU hat, mussten bislang 240 Studien- und Prüfungsordnungen ausgefertigt, an die Senatsverwaltung geschickt werden, die Rückstellungnahme bearbeitet werden oder aber die Dreimonatsfrist abgewartet werden, bis die Verschweigensfrist dann abgelaufen ist. Sie wollen mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass das ein Verfahren ist, von dem Sie sagen würden, dass das unbürokratisch ist und dass das autonomiefreundlich ist. Und dass Sie sich dann hinstellen und sagen, dass man dieses Verfahren streicht und die Hochschule nur noch einmal sich eine Rahmenprüfungsordnung genehmigen lassen muss, einmal, und danach dann alle anderen Prüfungsordnungen sich daran orientierend festlegen kann, dass das nicht mehr Autonomie ist, sondern weniger, Herr Zimmer, das zu behaupten, das ist nicht nur schräg, sondern genau das, was Sie hier eben genannt haben, nämlich peinlich.
Und jetzt zur Studienfinanzierungsberatung: Ich meinte immer, Sie seien der Jurist von uns beiden. Wie ist das eigentlich, wenn Hochschulen klagen? Wie ist das, wenn ein Gericht ein Gesetz auslegt? Spielt die Begründung
eine Rolle oder nicht? Spielt dort die Begründung, die den Willen des Gesetzgebers stärker ausdefiniert, eine Rolle oder nicht? Sie grinsen, weil Sie zugeben müssten, ja, das wird eine Rolle spielen.
Und das mit dem Klagen ist ja so eine Sache, denn Sie haben ja noch eine olle Kamelle aufgewärmt. Sie haben sich darüber mokiert, dass die Regelung beim Übergang vom Bachelor auf den Master nicht weitere Hürden zulässt. Die Kamelle ist so oll, dass das Verfassungsgericht die vor viereinhalb Jahren schon zurückgewiesen hat. Die Hochschulen haben gegen diese bestehende Regelung bereits geklagt, sie haben die Klage verloren, und sich jetzt hier hinzustellen und so zu tun, als ob diese Regelung ein großer Skandal wäre, das ist wieder wirklich ein merkwürdiges Verständnis davon, bestehende Regelungen zu einer neuen umzudeuten, sie dann zu skandalisieren. Also wenn das alles ist, was Sie an Kritik an diesem Gesetzentwurf haben, dann empfehle ich Ihnen Folgendes: Entweder stimmen Sie zu, oder Sie such nach echten Gründen, um das Ding zu kritisieren. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Ich frage den Wissenschaftssenator, Herrn Prof. Zöllner: Wie beurteilen Sie das gestern bekannt gewordene Ergebnis in der zweiten Runde der Exzellenzinitiative – also dieses Zwischenergebnis – aus Sicht Berlins?
Vielen Dank! – Noch ist nicht allzu viel gewonnen. Die endgültige Entscheidung steht ja aus. Bis September haben die Hochschulen nun Zeit, sich zu bewerben. Was wird der Senat unternehmen, um die Hochschulen in dieser Bewerbungsphase, die auch Ressourcen bindet, zu unterstützen?
Vielen Dank! – Herr Schäfer! Wo Sie hier so muntere Legendenbildung mit der grünen Brille betreiben, wollte ich Sie fragen, ob Sie sich daran erinnern können, wie wir in diesem Hause im Jahr 2007 die Entscheidung über den Verkauf der Bankgesellschaft getroffen haben und vor welchem EU-rechtlichen Hintergrund dies geschehen ist.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Nach dem etwas wilden und wirren Wahlkampfritt des Herrn Schäfer verspreche ich Ihnen, dass wir wieder zur Sachpolitik zurückkommen
und zu den wichtigen Themen für die Stadt.
Erstmals hat der Senat mir der Charité einen Hochschulvertrag verabredet. Erstmals diskutiert heute dieses Haus über einen eigenen Hochschulvertrag der Charité. Das ist eine kleine Zäsur, eine Zäsur hin zu einer neuen Normalität nach den vielen Jahren der Einsparungen
und der Umorganisation der Hochschulmedizin in Berlin. Das erprobte Instrument der Hochschulverträge wird künftig dafür genutzt, die Forschung und Lehre an der Charité verlässlich zu finanzieren. Wir freuen uns über diese neue Normalität.
Mit dem vorliegenden Hochschulvertrag gelingt – das begrüßen wir sehr – eine Trendumkehr. Nach bald einem Jahrzehnt mit harten Einschnitten und Kürzungen bekommt die Charité in den nächsten drei Jahren erstmals wieder mehr Geld für Forschung und Lehre.
Die Charité hat einen schmerzhaften, aber sehr wichtigen Beitrag für die Konsolidierung des Landes seit 2002 geleistet. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und bei allen Studierenden der Charité dafür bedanken, dass sie diesen harten, aber notwendigen Weg mit uns gegangen sind.
In den Jahren 2011, 2012 und 2013 – jetzt hören Sie zu, Herr Dragowski, dann brauchen Sie nachher nichts falsches zu erzählen – wird die Charité, so sieht es der Hochschulvertrag vor, insgesamt rund 40 Millionen Euro mehr für Forschung und Lehre erhalten. Damit reifen sicher nicht alle Blütenträume, aber es ist ein Einstieg und der weist in die richtige Richtung. Es wäre falsch, so zu tun, als wären damit alle Probleme der Charité gelöst. Es wäre aber ebenso falsch, diesen Aufwuchs kleinzureden und ihn per se als zu gering zu verdammen. Denn mehr Geld kann man immer fordern. Wer sich aber an dieses Pult oder draußen vor die Kameras stellt und das tut, der soll dann bitte auch sagen, woher dieses Geld kommt.
Auch das Land Berlin kann jeden Euro nur einmal ausgeben. Deshalb: Wer jetzt sagt, wir brauchen mehr Geld für die Charité, mehr als die 40 Millionen Euro, die in diesem Hochschulvertrag zusätzlich stehen, der soll dann auch sagen, wo er es hernimmt oder konkreter, wem er es wegnimmt.
Im Doppelhaushalt hatten wir 7 Millionen Euro jährlich mehr für die Charité eingeplant. Dass das nun in dem Hochschulvertrag steht, ist keine große Überraschung. Eine positive Überraschung ist es hingegen, dass es Senator Zöllner gelungen ist, 20 Millionen Euro zusätzlich aus dem Hochschulpakt für die Charité zu mobilisieren.
Lassen Sie mich auf zwei weitere Punkte eingehen. Den Einstieg in eine leistungsbasierte Mittelzuweisung begrüßen wir grundsätzlich. Wie genau das für die Charité gängig gemacht werden kann, wird noch zu beraten sein.
Zweitens: Die Investitionsmittel bleiben ein Thema für die Zukunft. Ja, da haben wir noch eine große Herausforderung vor uns.
Die etwas über 30 Millionen Euro für Investitionen in diesem Jahr, die im Hochschulvertrag vorgesehen sind, reichen selbstverständlich nicht aus, um den Investitionsstau abzubauen. Das sollen sie auch gar nicht, denn dafür gibt es den Masterplan, der mit 330 Millionen Euro deutlich besser ausgestattet ist.
Viel wichtiger ist mir aber, dass dieser Betrag von 30 Millionen Euro, was doch sehr viel Geld ist, nicht dafür ausreicht, um zu verhindern, dass sich erneut ein Investitionsstau auftürmt. Ich glaube, das ist ein Problem. Hier werden wir bei kommenden Haushaltsberatungen einen Weg finden müssen, wie wir die Investitionen der Charité so sichern, dass wir in diese schwierige Situation, die wir heute vorfinden, dass es einen Investitionsstau gibt, nicht wieder hineinkommen.
Wir Sozialdemokraten betonen immer wieder, dass uns die Charité wichtig ist.
Ja, unser Universitätsklinikum liegt uns am Herzen, und nicht nur, weil dort 14 000 Menschen arbeiten. Der vorliegende Hochschulvertrag ist ein Beleg, dass die Charité uns wichtig und auch viel Geld wert ist. – Ja, Herr Czaja, es wird gehandelt. Und das Handeln weist in die richtige Richtung. Die Charité wird gut finanziert. Sie ist nach wie vor enorm leistungsfähig. Ich habe in einem Artikel gelesen, der morgen im „Tagesspiegel“ erscheinen wird, dass die Charité zu Recht darauf hinweist, dass sie ein Exzellenzcluster und ein Graduiertenkolleg erfolgreich in der Exzellenzinitiative für Berlin durchgebracht hat.
Das ist richtig. Und Sie können sich immer hinstellen und sagen, das passiert trotz Berlin
oder trotz des Senats. Nein, das passiert auch wegen dieses Senats und der Verlässlichkeit, die wir der Charité geben.
Die Charité – und damit komme ich zum letzten Satz – ist uns viel Geld wert, weil wir wissen, dass es in der Charité als hervorragender medizinischer Fakultät mit guter Lehre und exzellenter Forschung sehr gut angelegt ist. – Vielen Dank!
Herr Goiny! Es tut mir leid, dass ich Ihnen das nicht ersparen kann, aber Sie haben mich direkt angesprochen. Und Sie haben mir auch einen Vorwurf quasi auf den Tisch gelegt, den ich nicht unwidersprochen stehen lassen kann.
Es ist mitnichten so, dass ich hier den Eindruck erwecke, dass wir als rot-rote Koalition, als Sozialdemokratie, nichts mit dem Kurs der letzten zehn Jahre zu tun haben wollen. Ich habe mich klar dazu bekannt, dass das ein schmerzhafter, aber richtiger und wichtiger Weg war. Ich habe ausdrücklich all denjenigen, die den erst möglich gemacht haben, dafür gedankt. Dass dieser Weg nicht nur notwendig war, sondern verantwortlich gestaltet wurde, zeigt sich daran, dass die Charité nach wie vor extrem leistungsfähig ist. Wir haben die Charité also mitnichten kaputtgespart.
Aber wenn Sie sich hier hinstellen und eine Umkehr einfordern, dann würde ich gerne einmal hören, wohin Sie eigentlich umkehren wollen. Wo soll Ihr Weg langgehen? Einfach nur eine 90-Gradwende, wohin auch immer, einzufordern, das kann doch nicht das vollständige Ergebnis von politischer Überlegung einer Oppositi
onspartei sein. Sie können sich nicht hinstellen und sagen, es ist zu wenig Geld oder es reicht nicht. Sie können sich nicht hinstellen und sagen, es muss eine Umkehr geben, aber sagen nicht, wohin. Wenn Sie sagen, dass das alles unzureichend ist, dann sagen Sie doch mal, was Sie stattdessen wollen!
Da Sie nun aus Steglitz-Zehlendorf kommen, ist mir völlig klar, dass Sie mit der Vorklinik am Standort Mitte ein Problem haben. Ihr Hauptproblem sind nicht die Baukosten, sondern ist der Standort, dass es eben nicht mehr in Steglitz-Zehlendorf ist. Aber – und das zeigt auch, dass wir die Charité nicht am Gängelband haben – wir haben die Entscheidung, darüber, wie gebaut wird und was gebaut wird, der Charité überlassen. Dass es dort zu Baukostensteigerungen gekommen ist, ist ein ärgerlicher Vorfall. Aber den beim Senat abzuladen, das zeigt dann doch, dass Sie nicht so genau wissen, wer die Verantwortlichkeiten trägt und wer hier mit welcher Autonomie versucht umzugehen.
Wir bleiben dabei: Die Charité ist stark, weil wir sie stützen. Wir bleiben dabei: Die Charité hat einen harten Beitrag zur Konsolidierung geleistet, der war aber notwendig. Aber dennoch ist die Charité so wie sie heute ist, in ihrer Leistungsfähigkeit auch ein Ergebnis unserer Politik der letzten zehn Jahre.
Vielen Dank! – Herr Prof. Zöllner! Sie haben relativ umfangreich darauf hingewiesen, welche baulichen Probleme es bei der Charité auch am Standort Mitte gibt. Gehen Sie denn davon aus, dass die jetzt zur Verfügung gestellten 330 Millionen Euro ausreichen, um alle diese Mängel dauerhaft zu beseitigen?
Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat den Vorschlag von Bundesministerin Schavan zur Einrichtung von Bundesuniversitäten, und welche Auswirkungen würde dieses Modell für die Hochschulen des Landes Berlin haben?
2. Welche weiteren Finanzierungsmöglichkeiten des Bundes hält der Senat für sinnvoll, um Spitzenforschung und exzellente Lehre an den Hochschulen weiter auszubauen?
Ja, möchte ich! Vielen Dank! – Herr Senator! Man kann heute in der Zeitung lesen, dass die Fernuni Hagen die erste Bundesuniversität werden soll. Das heißt, der Prozess ist da bereits im Gang. Wie stellen Sie sich in diesem Zusammenhang zu dem Problem, dass die Etablierung von Bundesuniversitäten zu einer Art Zweiklassenhochschulen in Deutschland führen könnte, die für Studierende und Forschende zu sehr ungleichen Bedingungen führen könnte, weil Bund und Länder finanziell sehr ungleich ausgestattet sind?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir können stolz sein, dass Berlin eine der beliebtesten Städte in Deutschland ist, wenn es um das Studieren geht. Jedes Jahr bewerben sich weit über 100 000 junge Menschen an den Berliner Hochschulen. Das ist ein Ausdruck der Attraktivität der Stadt, vor allem aber auch der Hochschulen und der Studiengänge. Das große Interesse an der Studienstadt Berlin und den Hochschulen ist aber vor allem auch ein Erfolg von zehn Jahren rot-roter Wissenschaftspolitik.
Es war und ist immer das Ziel sozialdemokratischer Wissenschaftspolitik gewesen, möglichst vielen Menschen den Weg an die Hochschulen zu eröffnen.
Darum haben wir in den letzten Jahren die Zahl der Studienplätze ausgebaut wie kaum in einem anderen Land in der Bundesrepublik. Dieser Ausbau geht weiter. Bis 2013 werden wir zusätzlich 6 000 Studienplätze gemeinsam mit den Hochschulen schaffen. Dafür nutzen wir das Geld des Bundes, das im Rahmen des Hochschulpaktes zur Verfügung gestellt wird, geben aber auch Landesmittel in beträchtlicher Höhe dazu. Im Rahmen der Hochschulverträge, die noch bis 2013 laufen, sind das insgesamt 300 Millionen Euro zusätzlichen Geldes aus dem Land Berlin.
Das unterscheidet uns ganz deutlich von anderen Bundesländern. Dort, wo CDU und FDP regieren, werden die Mittel für die Hochschulen gekürzt. Ihre Wissenschaftspolitik besteht aus Studiengebühren und Mittelkürzungen. Wir hingegen bekennen uns dazu, möglichst viele Studienplätze zu schaffen, und das selbstverständlich zu vernünftigen Studienbedingungen. Die Zahl der Studienplatzbewerber in Berlin zeigt, dass uns das gelingt. Wären die Studienbedingungen in Berlin schlecht, würde sich niemand bewerben. Das Vertrauen von über 100 000 jungen Menschen, das sie in den Studienstandort Berlin stecken, belegt, dass wir es hier schaffen, viele Studienplätze zu guten Bedingungen anzubieten.
Darum lehnen wir Ihren Antrag zur Kapazitätsneutralität ab. Ja, wir wollen alle Kapazitäten ausschöpfen. Ja, wir wollen alle Kapazitäten nutzen, und zwar gerade im Interesse der Berlinerinnen und Berliner Abiturienten. Wenn wir auf den doppelten Abiturjahrgang und auf die Abschaffung der Wehrpflicht schauen, so wissen wir, dass es zusätzlich wahnsinnig viele Bewerber geben wird. Wir brauchen hier eine Antwort. Unsere Antwort heißt: Mehr Studienplätze und nicht weniger Studienplätze. Deswegen machen wir die Zugänge breiter und nicht enger. Das unterscheidet uns von der FDP. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.
Ich komme zu den privaten Hochschulen. Ja, in Berlin gibt es eine große Zahl privater Hochschulen. Darunter sind auch viele, die gute Arbeit leisten. Jetzt fordern Sie, Herr Kollege Dragowski, eine massive, vor allem materielle Unterstützung dieser privaten Hochschulen durch das Land und fordern eine Gleichbehandlung ein.
Ich bin der Meinung, dass man Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandeln sollte. Private und staatliche Hochschulen kann man nicht gleichsetzen, weil sie nicht gleich sind. Ich kann Ihnen auch gern erklären, warum. Erstens: Private Hochschulen haben keinen öffentlichen Forschungs- und Lehrauftrag, sondern sind in der Regel private Unternehmungen, die nicht selten eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen. Zu deutsch: Sie wollen Geld verdienen. Einem Unternehmen, das Geld verdienen möchte, kostengünstig landeseigene Grundstücke zur Verfügung zu stellen, das wäre eine Subvention.
Ich weiß nicht so genau, wo Ihr ordnungspolitischer Kompass Sie langführt; meiner sagt mir, dass das keine gute Idee ist.
Zweitens: Private Hochschulen bieten keinen finanziell diskriminierungsfreien Zugang zu ihren Angeboten und haben deshalb auch keine Gleichberechtigung zu den anderen Hochschulen zu erwarten.
Drittens – und das ist Ihr grundsätzlicher Denkfehler –: Es ist nicht so, dass Berlin ein starker Wissenschaftsstandort wäre, weil es hier so viele private Hochschulen gäbe, sondern es ist genau umgekehrt: Es gibt so viele private Hochschulen, weil Berlin ein so starker und erfolgreicher Wissenschaftsstandort ist. Er ist dann auch für Dritte attraktiv, die hierherkommen, um an dem Angebot zu partizipieren, einen Teil vom Kuchen abzubekommen und dort Geld zu verdienen.
Daraus ziehe ich folgenden Schluss: Erstens, private Hochschulen brauchen einen klaren und verlässlichen Rechtsrahmen. Den bekommen sie nicht zuletzt mit der anstehenden Änderung des Hochschulgesetzes. Zweitens brauchen private Hochschulen kein öffentliches Geld. Drittens: Wir investieren unser öffentliches Geld in öffentliche Hochschulen, weil für uns Bildung, Wis
senschaft und Forschung eine öffentliche Aufgabe ist. Und die ist in den Händen der öffentlichen Universitäten ganz hervorragend aufgehoben. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Ich denke, Sie können davon ausgehen, wenn der Herr Kollege Dragowski gesprochen hat und ich die Ehre habe, nach ihm zu reden, dann kommt in der Regel immer eine Kurzintervention. Ich glaube, er geht von einem Gewohnheitsrecht aus.
Herr Kollege Dragowski! Ich weiß ja, dass Sie Wissenschaftspolitiker sind, aber wenn Sie hier Behauptungen über den Haushalt des Landes Berlin aufstellen, so sollten Sie vorher einen Blick in denselbigen geworfen haben.
Jetzt können Sie sich hier hinstellen und sagen, die Hochschulen hätten nicht genug Geld, Sie können sagen, es ist nicht ausreichend, was wir zur Verfügung stellen, aber seien Sie wenigstens so ehrlich oder so klug, und schauen Sie in den Haushalt und vergleichen Sie die Zahlen der Jahre 2010, 2011, 2012 und 2013 mit den vorigen vier Jahren, der vorherigen Hochschulvertragsperiode. Sie werden feststellen, das sind in der Summe über 300 Millionen Euro mehr Landeszuschuss. Wir haben in den Hochschulverträgen genau auseinandergehalten, was Geld des Landes ist und was das Geld ist, das wir vom Bund erwarten. Da hat der Finanzsenator darauf bestanden, klugerweise, weil er deutlich machen wollte, was die Leistungen des Landes sind und was das ist, was wir vom Bund erwarten. Wir haben dann eine im Übrigen von Ihnen scharf kritisierte Klausel hinzugefügt: Kommt das Geld vom Bund nicht wie erwartet, dann müssen wir noch einmal darüber reden. Aber diese Formulierungen müssten selbst Ihnen die Möglichkeit geben, zu verstehen, dass wir 300 Millionen Euro mehr Geld in die Hochschulen stecken. Das ist mehr und nicht weniger.
Dann empfehle ich doch einen Blick nach Hessen oder nach Schleswig-Holstein. In beiden Bundesländern tragen Sie, oder das, was von Ihrer Partei übriggeblieben ist,
politische Verantwortung.
In Hessen reißen Sie den Hochschulen quasi den Stuhl unterm Hintern weg, weil Sie in laufenden Finanzierungsvereinbarungen Gelder kürzen. In SchleswigHolstein geben Sie die Vereinbarungen, die Sie mit dem Bund im Rahmen des Hochschulpakts getroffen haben, zurück und reichen die Verpflichtungen weiter nach Niedersachsen, weil Sie nicht imstande sind, Ihre gegenüber dem Bund eingegangenen Verpflichtungen was die Zahl der Schaffung zusätzlicher Studienplätze angeht, zu er
füllen. Das ist eine vollständige Bankrotterklärung, zumal in Bundesländern, in denen Sie die Studierenden schröpfen, indem Sie soziale Selektion über Studiengebühren betreiben. Und sich dann hier hinzustellen und irgendetwas von konkreten Vorschlägen zu faseln, ist schon ziemlich dreist.
Und der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist: Wir machen keine Vorschläge, sondern wir treffen Entscheidungen. Wir haben klare zukunftsweisende Entscheidungen für die Wissenschaftspolitik in Berlin getroffen. Wir haben die Hochschulen besser finanziell ausgestattet. Wir haben zusätzliche Studienplätze geschaffen. Wir haben eine Antwort gegeben auf den doppelten Abiturjahrgang. Wir schaffen echte Zukunftschancen. Und wir schaffen eine Perspektive für das Land Berlin, was wirtschaftliches Wachstum angeht, weil wir die forschungs- und lehrstarken Universitäten unterstützen. Dass es private gibt, die ihres dazutun, ist in Ordnung. Es ist aber nicht die Aufgabe des Staates, private Hochschulen zu fördern und zu finanzieren. Wir tun das Unsere bei den öffentlichen Hochschulen. Das tun wir gut. Das tun wir erfolgreich. Das werden wir auch in den nächsten fünf Jahren tun. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Dragowski! Ich war sehr gespannt auf Ihren Redebeitrag, weil ich mir erhofft habe, neue Argumente und Erkenntnisse von Ihnen zu hören, die für Ihren Antrag sprechen. Seien wir doch mal ehrlich! Die letzten Debatten hier in diesem Haus und im Ausschuss haben gezeigt: Die Sach- und die Gefechtslage sind recht eindeutig. Sie wollen die Studierendenschaften schleifen, mit recht merkwürdigen Argumenten, wie Sie das eben wieder getan haben. Ich gehe gleich darauf ein. Alle übrigen Fraktionen hier im Haus wollen das nicht und wollen die verfassten Studierendenschaften erhalten. Wir wollen starke Studierendenschaften, wir wollen eine lebendige Demokratie an den Hochschulen. Und deshalb wollen wir Beteiligungsrechte nicht zurückfahren. Es ist schon merkwürdig, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen: Es gibt dort schlimme Beschlüsse, die von den demokratisch gewählten Gremien an den Hochschulen getroffen werden, die von den Studierenden in ihrer Mehrheit abgelehnt werden. – Und dann machen Sie eine ganze Reihe auf. Dann frage ich mich: Warum werden in demokratischen Wahlen immer wieder diejenigen gewählt, die Sie hier so hart kritisieren? Haben Sie vielleicht ein Problem damit, das Ergebnis von demokratischen Wahlen zu akzeptieren? Haben Sie ein Problem damit, wenn andere Menschen nicht Ihre Meinung teilen?
Ich teile auch nicht unbedingt die Meinungen, die Sie hier vorgetragen haben. Aber ich habe zu akzeptieren, dass demokratisch gewählte und verfasste Studierendenschaften das Recht haben, zu diesen Positionen zu kommen. Und wenn ich als Studierender an einer anderen Position interessiert bin, dann kämpfe ich dafür, dann werbe ich dafür, dann stelle ich mich auf, und dann organisiere ich in demokratischen Wahlen die Mehrheiten, die ich dafür brauche. Und dann brauchen Sie sich auch nicht hinzustellen und hier Krokodilstränen zu vergießen.
Es ist alles klar, und ich frage mich, warum wir hier darüber reden. Herr Dragowski! Ich möchte mich nicht länger zum Helfershelfer Ihrer sadomasochistischen Gelüste – ich bin dafür, alle anderen dagegen, ich lasse mich verprügeln – machen. Und ich muss mich auch nicht zum Helfershelfer Ihrer öffentlichkeitswirksamen Inszenierung machen. Deshalb beende ich hier meine Rede.
Wir bleiben dabei: Der Antrag ist Blödsinn. Wir lehnen ihn ab. Ich glaube, Sie wissen, dass das alle anderen im Haus außer Ihnen und dem traurigen Rest der FDP genauso sehen. – Vielen Dank!
In aller Kürze, Herr Kollege Dragowski: Ich möchte Ihnen für den weiteren Abend die Lektüre des Berliner Hochschulgesetzes empfehlen. Dort finden Sie alles, was zur demokratischen Verfassung an den Berliner Hochschulen in diesem Land gilt. Das ist ein gutes Gesetz. Das wird so bleiben. Deshalb lehnen wir Ihren Änderungsantrag ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Herr Kluckert! Ich kann es leider nicht so kurz machen wie Sie. Anders als Sie habe ich mir erstens Ihren Antrag angeschaut, und zweitens glaube ich auch, dass man nicht so einfach in den Raum stellen kann, das sei kein Problem, dem könne man einfach zustimmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP! Sie tragen mit diesem Antrag einen Konflikt in dieses Haus, der bereits auf Bundesebene und vor allem in Sachsen schwelt. Es ist Ihnen zugutezuhalten, dass Sie nicht Urheber dieses Quatsches sind, aber es ist Ihnen vorzuhalten, dass Sie ihn relativ plump abgeschrieben haben.
Zur Sache: Was fordern Sie eigentlich? – Sie fordern – und das ist auf den ersten Blick eigentlich harmlos –, dass alle diejenigen, die im Bereich der politischen Bildungsarbeit im Land Berlin unterwegs sind und Geld vom Land Berlin erhalten, sich zur Verfassung des Landes Berlin und zum Grundgesetz bekennen.
Das klingt auf den ersten Blick ganz harmlos, allerdings nur auf den ersten Blick, denn auf der zweiten Blick wird deutlich, was Sie damit eigentlich machen. Sie unterstellen nämlich all denjenigen, die in der politischen Arbeit
unterwegs sind, dass sie ein grundsätzliches Problem mit der Verfassung haben, und fordern, dass sie jetzt Bekenntnis abzulegen hätten, ob sie denn auch wirklich auf diesem Boden der gemeinsamen Verfassung stehen. Damit stellen Sie alle Akteure der politischen Bildungsarbeit unter einen Generalverdacht, den wir so definitiv nicht mittragen werden.
Wenn wir uns das in der Erweiterung anschauen, ist es ziemlich ungeheuerlich – und Sie zielen ja gerade auf die Antifa ab –, wie Sie diejenigen, die sich für Demokratie und Toleranz und gegen Rechtsextremismus engagieren, in völliger Verkennung der Tatsachen zu Verfassungsfeinden umdeuten. Das heißt, die, die gegen Verfassungsfeinde auf die Straße gehen, die dort täglich Arbeit machen, sind diejenigen, die Sie jetzt verdächtigen, dass sie den Boden der Verfassung nicht beachten, obgleich sie ihn mit ihrer tagtäglichen Arbeit für Toleranz, für Menschenrechte und für Demokratie verteidigen. Das ist pervers!
Und es wirft ein bedeutendes Licht auf das von Ihnen beantragte Vorhaben, dass man diesen Antrag im Verfassungsschutzausschuss beraten muss. Für Sie ist offensichtlich politische Bildung ein Thema für den Verfassungsschutz. Dazu haben wir eine andere Auffassung. Das machen wir nicht mit. Deshalb werden wir dieser Überweisung in den Verfassungsschutzausschuss auch nicht zustimmen.
Sie proklamieren hier ein Problem, können aber nicht schlüssig belegen, dass es dieses Problem überhaupt gibt. Sie erklären in Ihrem Antrag, dass es dringend notwendig sei, dass man in Berlin endlich solch eine Regelung schafft. Sie begründen sie aber nicht etwa mit konkreten Einzelfällen, sondern damit, dass es Kritik an Ihrem merkwürdigen Antrag auf Bundesebene gab. Das ist ein ziemlich merkwürdiger Zirkelschluss.
Aber gerne doch, Herr Jotzo!
Das ist doch gar nicht das Thema. Herr Jotzo! Das ist ja schön, dass Sie nun versuchen, hier einen Ausweg zu finden. – Nein! Sie wollen diesen Antrag in den Verfassungsschutzausschuss, weil Sie unterstellen, dass diejenigen, die in diesem Land politische Bildungsarbeit machen, ein Fall für den Verfassungsschutz sind. Sie wollen nicht über die politische Arbeit des Verfassungsschutzes reden, sondern Sie wollen diejenigen, die politische Bildungsarbeit machen, diskreditieren und vom Verfassungsschutz überprüfen lassen. Das ist es, was Sie hier machen.
Wenn wir nach Sachsen schauen, dann können wir sehen, wo das hinführen soll. In Sachsen wird gerade nicht nur diskutiert, dass diejenigen, die politische Bildungsarbeit machen, ein Bekenntnis ablegen – Nein! Dort wird verlangt, dass sie auch noch alle ihre Partner überprüfen, ob diese auf dem Boden der Verfassung stehen. Wenn es dann heißt es: Wie soll man das denn machen? – dann wird ihnen anheimgestellt: Wendet euch doch an den Verfassungsschutz!
In der Praxis bedeutet das: Wir haben einen Träger, der politische Bildungsarbeit macht, dann kommt ein Herr Jotzo und sagt: Jetzt unterschreiben Sie mal, dass Sie auch auf dem Boden der Verfassung stehen, und Sie müssen garantieren, dass jeder Einzelne, mit dem Sie zusammenarbeiten, dies auch tut. – Dann fragt der Träger Herrn Jotzo: Wie soll ich das denn machen? – und dann sagt Herr Jotzo: Dann gehen Sie doch zum Verfassungsschutz! – Damit erzeugen Sie eine Form der Bespitzelung, der Spitzelei und des Generalverdachts – das ist absolut absurd!
Letztendlich muss man diesen Antrag, wie eigentlich jeden, in einem historischen Kontext sehen. Der historische Kontext, auf den ich mich beziehe, reicht ein knappes halbes Jahr zurück. Da haben Sie hier in völlig inakzeptabler Art und Weise bewiesen, dass Sie denjenigen Menschen, die für Demokratie und Toleranz auf die Straße gehen und sich manchmal auch auf die Straße setzen, in den Rücken fallen und dass Sie den Verfassungsfeinden zur Seite stehen, indem Sie erklären, das eigentlich diejenigen zu verfolgen sind, die auf der Straße sitzen, und nicht diejenigen, gegen die demonstriert wird. Dieses Spiel setzen Sie hier fort.
Das machen wir nicht mit. Wir stehen weiter an der Seite derjenigen, die für Demokratie kämpfen, die gegen Intoleranz kämpfen und die sich auch gegen Rechtsextremismus stellen. Wir lassen es nicht zu, dass Sie diejenigen unter Extremismusverdacht stellen, die gegen die Extremisten vorgehen. – Vielen Dank!
Herr Kollege Jotzo! Wenn Sie mir sagen, dass etwas abgeschmackt sei, so nehme ich das ernst, denn der Experte für Abgeschmacktes in diesem Haus sind schließlich Sie.
Sie sind aber nicht nur der Experte für Abgeschmacktes, sondern offensichtlich sind Sie auch in völliger Unkenntnis der Zuwendungspraxis des Landes Berlin.
Denn man könnte, wenn man Ihren Antrag liest, meinen, dass die Zuwendungspraxis darin besteht, dass das Land Berlin einfach Geld an einen Dritten ausgibt, ohne das zu prüfen. Sie sagen, Sie wollen überprüfen, ob diejenigen überhaupt auf dem Boden der Verfassung stehen. Das habe Sie gerade noch einmal erklärt.
Und ich repliziere auf Ihren Schwachsinn! Deshalb: Gönnen Sie mir die zwei Minuten, die ich noch habe, auch wenn es Ihnen schwerfallen mag, dass man Sie mit Ihrer eigenen Position konfrontiert. Das heißt, die Zuwendungspraxis des Landes Berlin mit der Prüfung sowohl des Projekts als auch der Zuwendungsempfänger stellt sicher, dass das, was Sie hier einfordern, bereits Realität ist.
Selbstverständlich müssen Sie sich auch in eine gesamtgesellschaftliche Diskussion einordnen. Sie können nicht von der Hand weisen, dass gerade in Sachsen ein Träger, der für seine hervorragende politische Bildungsarbeit ausgezeichnet wurde, diesen Preis nicht angenommen hat, weil er es als Zumutung empfunden hat, dass man von ihm, der für Demokratie und Toleranz eintritt, verlangt, dass er das zur Annahme des Preises noch einmal explizit unterschreibt, und ferner von ihm verlangt, dass er sicherstellt, dass alle, die mit ihm zusammenarbeiten, dies auch tun.
Herr Jotzo! Sie legen die Axt an das gesellschaftliche Engagement vieler. Sie zerstören die gesellschaftlichen Strukturen, die unsere Gesellschaft verteidigen, und tun das auch noch im Gewande des Schützers unserer Verfassung. Das ist abgeschmackt! – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Ich habe eine Frage an den Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner. – Herr Zöllner! Welche Auswirkungen wird Ihrer Einschätzung nach die Aussetzung der Wehrpflicht auf die Zahl der Studienplatzbewerber in Berlin haben?
Herr Zöllner! Haben Sie denn schon Gespräche mit dem Bund darüber geführt, inwieweit dieser bereit ist, sich im Sinne eines Verursacherprinzips an den Kosten für zusätzliche Studienplätze, deren es offensichtlich bedarf, zu beteiligen?
Ich frage den Innensenator: Waren an dem Einsatz im Stuttgarter Schlossgarten am 30. September Berliner Polizisten beteiligt?
Herr Innensenator! Wie würden Sie mit Anforderungen in der Zukunft umgehen, wenn Berliner Polizisten für derartige Einsätze nachgefragt werden, angesichts des Umstandes, dass eklatante Mängel bei der Planung und Durchführung derartiger Einsätze in Stuttgart offensichtlich wurden?
Ich hoffe, dass es mir gelingt, Senator Zöllner eine Frage zu stellen, die zugelassen wird. – Herr Senator! Können Sie mir sagen, in welchem Umfang sich die Berliner Hochschulen und Universitäten an der zweiten Runde der Exzellenzinitiative beteiligen werden?
Herr Senator! Es war der Zeitung zu entnehmen, dass Sie den Hochschulen einen nennenswerten zweistelligen Millionenbetrag zur Vorbereitung der Anträge zur Verfügung gestellt haben. Können Sie uns sagen, inwieweit diese Mittel abgerufen wurden?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zehntausende Studierende haben in den letzten zwölf Monaten zweimal in Deutschland demonstriert – für bessere Studienbedingungen, für eine Revision des BolognaProzesses, aber auch für mehr demokratische Beteiligung an den Hochschulen. Sie haben dafür gestritten, dass diejenigen, die betroffen sind, auch beteiligt werden. Die Proteste haben bewiesen: Erstens: Studierende haben gemeinsame Interessen, und zweitens: Diese gemeinsamen Interessen lassen sich am besten auch gemeinsam durchsetzen. Die Solidarisierung ist also der Schlüssel zum Erfolg, wenn es darum geht, studentische Interessen durchzusetzen.
Wir Sozialdemokraten wollen eine breite, demokratische Beteiligung von Studierenden. Unser Leitbild ist das einer demokratischen Hochschule. Hochschulen sind besondere Orte für die Gesellschaft, und sie sind prägende Orte für die Gesellschaft. Darum kann man sie auch nicht wie ein Unternehmen organisieren oder wie eine x-beliebige Behörde. Wir wollen demokratische Aushandlungspro
zesse mit Studierenden als echten und einflussreichen Akteuren. Die verfasste Studierendenschaft ist genau ein solcher Garant dafür, dass Studierende wirkungsvoll ihre Interessen artikulieren und dann am Ende auch durchsetzen können. Wir stehen zu der verfassten Studierendenschaft. Sie ist eine Errungenschaft, um die uns manch anderes Bundesland beneidet. Deswegen werden wir das auch nicht preisgeben.
Die FDP schlägt nun vor, dass Studierende auf eigene Entscheidung aus der Studierendenschaft austreten können. – Herr Dragowski! Sie wollen, dass Studierende auf Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten verzichten können, weil ihnen 17 Euro im Jahr zu viel sind.
Das ist für mich eine absurde Vorstellung. Das ist ungefähr so, als ob ein Bürger in Deutschland seine Steuerpflicht gegen sein Wahlrecht tauschen könnte. Das ist wirklich absurd. Eine solche Vorstellung von einer Organisation an der Hochschule können wir nicht teilen!
Ich habe versucht, Ihren Antrag wirklich ernst zu nehmen, und habe mir überlegt: Was könnte das bringen? Wo könnten Vorteile sein, wenn man den Studierenden die Wahlfreiheit gibt, ob sie nun Mitglieder der Studierendenschaft sein wollen oder nicht?
Da ist zunächst die finanzielle Entlastung, die Sie anführen. – Herr Dragowski! Das können Sie nicht ernst meinen, weil 17 Euro zwar schon ein Betrag sind, aber es ist Ihre Partei, die Studierenden am Liebsten 1 000 Euro im Jahr für Studiengebühren abknöpfen möchte.
Da kann es doch nicht ernsthaft sein, dass man für 17 Euro seine demokratischen Beteiligungsrechte verkauft. Wo leben wir eigentlich?
Die zweite Möglichkeit wäre der Nutzen für die Studierendenschaft – die Studierendenschaft wird revitalisiert durch einen freiwilligen Austritt. Auch das ist Nonsens, also haben auch die Studierendenschaften nichts von Ihrer Regelung. Die dritte Möglichkeit wäre, dass der einzelne Studierende jenseits des monetären Aspekts einen Vorteil hat. Auch da ist mir trotz langen Nachdenkens wahrlich nichts eingefallen, sodass also auch das ausscheidet.
Am Ende bleiben wir bei einem verschrobenen Liberalismusbegriff und einem sehr merkwürdigen Freiheitsbegriff stehen. – Herr Dragowski! Sie wollten mal wieder den Beweis antreten, dass die FDP Freiheit vor allem als Freiheit zur Entsolidarisierung begreift.
Sie wollten Ihr merkwürdiges Gesellschaftsmodell auch auf die Hochschulen ausweiten. Es tut mir leid, das ist nicht die Aufgabe dieses Parlaments, und wenn Sie sich hier kraftvoll hinstellen und sagen: Wir werden das durchsetzen! – so schlage ich vor: Schauen Sie sich mal um. Jetzt sind Sie, glaube ich, noch elf Abgeordnete. Sie werden das nicht durchsetzen, und wir werden Ihnen nicht helfen, diesen Blödsinn Wirklichkeit werden zu lassen!
Wenn man Ihren Antrag bis zum Schluss liest, Herr Dragowski, dann stellt man fest: Sie trauen Ihrem Antrag selber nicht. Sie schreiben kleinmütig, in Sachsen-Anhalt wurde das auch gemacht, und es ist da alles nicht so schlimm gekommen. Da sind nur ein paar ausgetreten. – So, als ob Sie Sorge hätten, dass irgendjemand das ernst meint, was Sie da schreiben, und dann wirklich große Zahlen von Studierenden aus der Studierendenschaft austreten. Das trauen Sie sich nicht zu. Das wollen Sie nicht, und deswegen schreiben Sie so einen kleinmütigen Satz am Ende Ihrer Begründung hinein.
Herr Dragowski! Ich rufe Ihnen zu: Sorgen Sie sich nicht! Das, was Sie hier als fixe Idee zu Papier gebracht haben, wird eine fixe Idee bleiben. Wir werden dem nicht zustimmen. Wir werden die verfasste Studierendenschaft in Berlin weiter verteidigen, und Ihr Antrag ist nichts anderes als der hilflose Ausdruck einer intellektuell ausgebluteten FDP-Fraktion, die mit ihrem Liberalismusbegriff nichts mehr anzufangen weiß. – Vielen Dank!
Herr Dragowski! Wie Sie aus eigener Anschauung wissen, liegen uns die Minderheiten und Beteiligungsrechte der Opposition sehr am Herzen. Deshalb haben wir auch den Anspruch, dass an den Hochschulen demokratische Gepflogenheiten entsprechend ausgelebt werden. Wenn es dort Mängel geben sollte, so muss man den Finger in die Wunde legen und schauen, wie man Abhilfe leistet. Aber es kann ja wohl nicht die Idee sein, ein Problem dadurch zu lösen, indem man einfach nicht mehr mitmacht. So funktioniert Demokratie nicht!
Demokratie heißt mitmachen. Demokratie heißt streiten.
Demokratie heißt, auch wenn man in der Minderheit und dann in der Opposition ist – damit kennen Sie sich aus – und dies dann ein schmerzhafter – Herr Meyer, ich kann es an Ihrem Gesicht ablesen –, langjähriger Prozess ist, so sollte man dennoch nicht die Flinte ins Korn werfen. Was Sie, Herr Dragowski, machen, ist: Sie rufen alle oppositionellen Kräfte, wer auch immer das an den Hochschulen sein soll, auf, sich durch Enthaltung, durch Nichtbeteiligung dem demokratischen Aushandlungsprozess zu entziehen.
Demokratie braucht Demokraten. Das gilt auch für die Hochschule. Deswegen: Wenn man in einer verfassten Studierendenschaft der Überzeugung ist, dass es anders sein sollte, dann soll man für seine Position kämpfen, dann soll man sich nicht für 17 Euro von der Verantwortung freikaufen und aus der Studierendenschaft austreten.
Herr Dragowski! Irgendwo beschleicht mich dann doch die Idee, dass es Ihnen insgeheim um etwas anderes geht. Eigentlich wollen Sie das machen, was Ihre Kollegen in vielen anderen Bundesländern tun: Sie wollen der verfassten Studierendenschaft an den Kragen.
Sie trauen sich aber nicht, das hier zu sagen. Deswegen versuchen Sie es durch die Hintertür. Wir machen Ihnen diese Hintertür nicht auf. Sie müssen schon durch die Vordertür gehen. Dummerweise sind bei dieser Vordertür auch wiederum die Mehrheitsverhältnisse nicht anders als sonst. Sie sind in der Minderheit. Das tut weh. Aber wir schätzen die demokratischen Gepflogenheiten. Wir schätzen Ihre Minderheitenrechte. Das zwingt uns aber nicht, diesem Antrag zuzustimmen, weil: Am Ende bleibt er Nonsens.
Ich finde es interessant, wie ein Auflagenbeschluss interpretiert wird.
Meine Nachfrage bezieht sich aber nicht auf den Auflagenbeschluss, der übrigens ein Beschluss und keine Kleine Anfrage ist, die beantwortet werden muss.
Wie wollen Sie Fehlanreize verhindern, durch die die Bezirke in eine Situation kommen, in der sie steuern müssen, und zwar zulasten der Eltern bzw. auf dem Rücken der Kinder?
Danke für die Richtigstellung, ich denke, die Linksfraktion kann für sich selbst sprechen.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Vor einiger Zeit traf ich in der S-Bahn einen Bekannten, der vor rund 20 Jahren aus einem afrikanischen Land nach Berlin zum Studieren gekommen war. Mittlerweile hatte er eine Familie gegründet und sich hier dauerhaft niedergelassen. Er erzählte mir, dass er auf dem Weg zu einem Treffen mit einer ehemaligen Kommilitonin sei, die damals mit ihm nach Berlin gekommen war und mittlerweile – zurückgekehrt in das Herkunftsland – dort Ministerin sei. Ich war sehr beeindruckt und fragte ihn, wo er sie denn treffe. Er sagte mir: Ich treffe sie in der Charité, dort liegt sie gerade, sie hat ein Kind bekommen. Etwas verschämt fügte er hinzu: Na ja, das mit der medizinischen Versorgung ist in dem Land nicht so prima, und da hat sie sich die Charité ausgesucht, um ihr Kind zu bekommen.
Diese Frau hätte sich jedes Krankenhaus auf der ganzen Welt aussuchen können, diese Frau hat sich für die Charité in Berlin entschieden, und sie hat das aus guten Gründen getan, weil man nicht nur in Berlin die Charité für ein ganz hervorragendes Krankenhaus hält.
Die Charité ist, und das zeigt nicht nur dieses Beispiel, weltweit an der Spitze.
Es ist natürlich spannend – –
Ich nehme Zwischenfragen gerne entgegen – wenn Sie Näheres wissen wollen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Ja, sehr gerne!
Herr Schruoffeneger! Die Krankenhäuser der Charité, alle drei, haben selbstverständlich die Aufgabe, auch Regelversorgungen vorzunehmen. Wenn Sie Kinder haben – das weiß ich nicht genau –, dann wissen Sie, dass die Entscheidung über das Geburtskrankenhaus eine hoch sensible Frage ist.
Das hat etwas mit Vertrauen zu tun und dem guten Gefühl. Ich kann jeden Berliner und jede Berlinerin verstehen, die für die Geburt des eigenen Kindes das bestmögliche Krankenhaus haben möchte. Wenn das das Universitätsklinikum ist, dann ist das keine Schande für Berlin, sondern ein gutes Zeichen.
Die Charité spielt weltweit in der Spitze mit, und, Herr Czaja, es ist immer wieder faszinierend zu beobachten, dass immer dann, wenn etwas in der Stadt gelingt, dies trotz der Regierung, trotz Rot-Rot gelingt. Wenn es nicht gelingt, dann sind wir schuld.
Dieses Spiel haben Sie vorhin auch abgezogen, und das ist peinlich, das ist schlicht, und das ist das Ergebnis von vielen Jahren Opposition. Das ist das Pfeifen im Walde und letztendlich das Rufen nach weiteren Jahren der Opposition.
Jetzt ist die Charité an der Weltspitze, und noch schwieriger, als an die Weltspitze zu kommen, ist es, an der Weltspitze zu bleiben. Die Charité hat große Herausforderungen vor sich beim Erreichen dieses Ziels, an der Weltspitze zu bleiben. Ich möchte Ihnen gern drei dieser zentralen Herausforderungen kurz skizzieren.
Die erste Herausforderung ist die Sanierung und Modernisierung der Infrastruktur, der Gebäude ebenso wie der Geräte. Wir wissen, es gibt einen Investitionsstau in der Charité, und wir wissen auch, dass die Ausstattung aktuell nicht zu einem wirtschaftlichen Ergebnis der Charité beiträgt. Wären die Gebäude moderner, wäre die Ausstattung moderner, dann hätten wir ganz andere Jahresergebnisse. Die Charité hat nun durch den Senatsbeschluss eine Grundlage dafür erhalten, rasch mit Sanierungsarbeiten zu beginnen. Der Senat hat – und das ist ein hoher Betrag – insgesamt 330 Millionen Euro im Zusammenarbeit mit diesem Parlament als Haushaltsgesetzgeber für die Sanierung der Charité zur Verfügung gestellt. Wir unterstützen es, dass der Senat sich entschieden hat, alle drei bettenführenden Standorte der Charité zu erhalten. Die Charité steht auf vielen Standbeinen gut, und das wird sie auch in Zukunft weiterhin tun. Das ist eine richtige Entscheidung, das ist gut für Berlin, gut für die Gesundheitsstadt und für die Wissenschaftsstadt.
Jetzt könnte man einwenden, dass dieser Beschluss für Steglitz nichts wert sei, wenn man nicht im gleichen Atemzug zusätzliches Geld zur Verfügung stellt. Diese Argumentation geht ins Leere, weil sie von falschen Voraussetzungen ausgeht.
Nein, ich möchte den Gedanken gern zu Ende bringen. – Sie geht deshalb von falschen Voraussetzungen aus, weil erstens der Investitionsbedarf in Steglitz noch gar nicht abschließend geklärt ist. Zweitens werden diese Mittel frühestens im Jahr 2013 verbaut werden könne, weil bis dahin Planungen vorgenommen werden müssen. Drittens stehen uns aktuell – und das werden alle, die sich mit dem Haushalt auskennen, wissen – keine seriösen Möglichkeiten des Haushaltsrechts zur Verfügung, um für die Jahre 2013, 2014, 2015 und 2016 Millionen Euro in den Haushalt einzustellen. Diese Koalition und der Senat sind mit der Entscheidung für alle drei Standorte eine Verpflichtung eingegangen. Diese Verpflichtung heißt, in den Jahren 2012 und folgende für die Finanzierung eben dieses
Projekts Sorge zu tragen. Wir stehen zu diesem Wort – alles andere, sich hier hinzustellen und zu fordern, sofort die Millionen auf den Tisch zu legen, ist entweder naiv oder populistisch.
Die zweite Herausforderung der Charité ist es, die Medizinerausbildung zu modernisieren. Seit mittlerweile bald einem Jahrzehnt gibt es einen Modellstudiengang, der die Trennung zwischen klinischer und vorklinischer Ausbildung durchbrochen hat. Wir finden, dass es höchste Zeit ist, die Erfahrungen daraus in einen Reformstudiengang zu überführen. Wir finden es sehr schön und begrüßenswert, dass die Charité genau auf diesem Weg momentan Schritte in die richtige Richtung macht. Das Ganze bedarf allergrößter Sensibilität und – das wissen wir auch sehr genau – zusätzlicher Ressourcen. Wir erwarten, dass bei den anstehenden Verhandlungen zu den Hochschulverträgen der Charité die Mehrbedarfe, die aus einer Umstellung der Studiengänge entstehen, berücksichtigt werden. Wir haben im Haushalt bereits Vorsorge getroffen und mehr Geld für die Charité eingestellt. Ich denke, dass man da im Rahmen der Verhandlungen relativ rasch zu einem produktiven Ergebnis kommen wird.
Die dritte Herausforderung ist die Klärung des Binnenverhältnisses zwischen Charité und Vivantes. Wir haben in Berlin zwei große Krankenhausakteure. Wir Sozialdemokraten stehen dazu, dass in Berlin in diesem wichtigen Bereich der Daseinsvorsorge der Staat einen nennenswerten Anteil des Angebots vorhält. Wir finden es gut, dass beide, Charité und Vivantes, vollständig in öffentlicher Hand sind. Beide Unternehmen haben von uns die Vorgabe, dass sie wirtschaftlich agieren müssen, dass am Ende des Jahres mindestens eine schwarze Null stehen muss. Beide Unternehmen haben die Schwierigkeit, dass in einem normalen Verfahren zu erreichen, und beide haben sich eine Expansionsstrategie vorgenommen, um das zu realisieren.
Es liegt auf der Hand, dass in einem so begrenzten Markt wie dem Krankenhausmarkt eine Expansionsstrategie zweier so wichtiger Akteure in der Regel nicht für beide aufgeht. Deshalb heißt für uns das Zauberwort nicht Konkurrenz, sondern Kooperation. Wir wollen verstärkte Kooperation zwischen Charité und Vivantes, und der erste Schritt ist eine Fusion der Labore. Dass dieser Schritt nicht der erste Schritt in eine Privatisierung ist, untermauern wir mit dem Antrag, den wir heute eingebracht haben, dass nämlich bei einem fusionierten Labor der Verkauf von Anteilen oder des gesamten Labors an Dritte ausgeschlossen wird. Wir stehen dazu: Das ist öffentliche Aufgabe, und auch in einem fusionierten oder herausgelösten Betrieb wird das eine öffentliche Aufgabe bleiben.
Wir glauben aber auch, dass ein gemeinsamer Weg nur dann funktioniert, wenn es ein gemeinsames Ziel gibt. Deshalb möchten wir sehr gründlich darüber diskutieren, ob ein Zusammengehen beider Institutionen nicht doch Vorteile bringt und ob das mit den Zielen, die wir für die Gesundheitsstadt Berlin haben, in Einklang zu bringen ist.
Synergien sind möglich durch Kooperation, aber eine Kooperation braucht eine Perspektive, und eine solche Perspektive kann eben auch eine Fusion sein.
Lassen Sie mich abschließend darauf eingehen, was hier an sonstigen Vorschlägen für die Charité auf dem Tisch liegt. Wir haben die schöne Situation, dass eigentlich fast alle Fraktionen in diesem Haus Farbe bekannt haben. Das begrüße ich ausdrücklich, denn viel zu oft machen Sie sich, wenn es konkret wird, in die Büsche, sind zu schüchtern – um nicht zu sagen zu faul oder zu feige –, konkrete Vorschläge zu machen. Diesen Vorwurf kann man Ihnen hier tatsächlich nicht machen.
Es liegen uns drei konkrete Vorschläge vor. Aber ein Vorschlag ist, nur weil er gemacht wird, nicht auch automatisch gut. Und er ist auch nicht deshalb schon gut, weil er möglichst radikal daherkommt. – Ich schaue da die Kollegen Meyer und Czaja an. Was Sie mit der Charité vorhaben, ist nichts weniger als eine Zerschlagung. Sie wollen Hunderte Wissenschaftler auf die Straße setzen. Sie wollen die Krankenversorgung in Mitte abholzen, und Ihren übrig gebliebenen Trümmerberg schichten Sie dann im Südwesten auf. Das ist mit Sicherheit keine Lösung, die der Charité, Vivantes oder der Gesundheitsstadt Berlin gerecht wird.
Die Grünen haben eine Holding ins Gespräch gebracht. Das ist etwas, worüber man tatsächlich nachdenken kann. Aber Sie irren, wenn Sie glauben, das in zwei Jahren hinzubekommen.
Sie irren auch, wenn Sie glauben, dass Sie mehr Investitionen mit weniger Investitionsmitteln hinbekommen. Insgesamt wird man nicht so recht schlau aus dem, was Sie vorgeschlagen haben. Das mag daran liegen, dass Sie selber nicht so genau wissen, was Sie wollen. Oder haben die Herren Schruoffeneger und Ratzmann mittlerweile ihre Differenzen beigelegt?
Die CDU hat letztes Jahr, im Sommerloch 2009, eine fixe Idee des Herrn Lenzen aufgegriffen und gefordert, das UKBF zu privatisieren und damit die Charité zu zerschlagen.
Sie rannten Herrn Lenzen hinterher. Dumm war nur, dass Herr Lenzen Ihnen weggerannt ist und Sie schon im Herbst im Hamburger Regen hat stehen lassen. Diese Idee ist substanzlos und absurd. Sie haben sie seitdem zum Glück auch nicht wieder aufgewärmt. Aber, Herr Czaja, Sie können uns gleich im Einzelnen erklären, was das eigentlich für eine Lösung sein soll, wo Sie einen Teil der Charité verkaufen, ein ungeklärtes Verhältnis zur FU und HU übriglassen und mit dem Rest dann irgendwas anfangen. Das ist nicht seriös. Das mag zwar ein Vorschlag sein, aber ein guter ist das bestimmt nicht.