Protokoll der Sitzung vom 10.12.2009

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit der Vision von Prof. Zöllner anfangen.

[Lars Oberg (SPD): Haben Sie keine eigenen?]

Er sieht die Hochschulen als eigenverantwortlichen Motor für die Gesellschaft von morgen. Gut, das sehen wir auch. Aber unter Umständen unterscheiden wir uns im Weg dahin. Die Kollegen Schillhaneck und Zimmer haben schon dargestellt, dass es eher um Eingriffe in die Hochschulautonomie als um mehr Hochschulautonomie geht. Insofern, Herr Zöllner, passt Ihre Vision nicht zu Ihrem Handeln. Überdenken Sie Ihr Handeln!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Anja Schillhaneck (Grüne)]

Herr Kollege Oberg! Wenn Sie sagen, Sie möchten mehr Studierenden die Chance zu studieren geben, dann – das haben die Kollegen auch schon gesagt – teilen wir diesen Wunsch, nur – das haben die Kollegin Schillhaneck und der Kollege Zimmer auch dargestellt – unter welchen Bedingungen? Wir alle kennen die Hochschulen in Berlin und wissen, wie überfüllt die Hörsäle und Seminare sind. Ihren Ansatz Masse statt Klasse können wir in der Lehre schon gar nicht teilen.

[Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

Mit den Hochschulverträgen wird die Unterfinanzierung der Berliner Hochschulen fortgeschrieben. Die Hochschulverträge, die den Hochschulen aufgezwungen wurden, bieten noch weniger Planungssicherheit und vorenthalten den Hochschulen das Geld, welches sie benötigen. Denn das ist doch wohl eine Erkenntnis, die auch bei Ihnen angekommen sein müsste, bei Rot-Rot, dass durch den Bologna-Prozess 15 Prozent mehr Mittel für die Leh

re benötigt werden. Von diesen 15 Prozent ist weit und breit nichts zu sehen, im Gegenteil, Sie bauen hier irgendwelche Attrappen auf und schmücken sich mit fremden Federn, also Mitteln des Bundes, wie die Kollegin Schillhaneck dargestellt hat. Das kann nicht sein. Hier entlarven wir Sie auch.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU und den Grünen]

Anstatt für eine auskömmliche Finanzierung im Etat für Wissenschaft und Forschung im Senat zu kämpfen, geben Sie, Herr Senator Zöllner, noch 32 Millionen Euro weg. Da ist es völlig egal, Herr Kollege Albers, ob das Geld jetzt für die Hochschulen planmäßig oder zusätzlich war oder nicht. Fakt ist, es war Geld,

[Udo Wolf (Linksfraktion): Es ist immer noch Geld!]

welches für den Bereich Wissenschaft und Forschung gedacht war. Da sind wir uns doch alle einig, dass jeder Euro gut angelegt ist. Insoweit können wir nur sagen: Das war keine Glanzleistung, Herr Senator Zöllner! Denn unterfinanzierte Hochschulen statt Zuschlag für Bologna, das verstehen wir von der FDP-Fraktion überhaupt nicht.

[Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

Kommen wir zur Einstein-Stiftung, die auch schon angesprochen wurde. Herr Kollege Albers! Wenn wir sehen, dass die Mittel von 2008 und 2009 jetzt für die Kitas verwendet werden, dann ist es wohl so, dass entgegen Ihrer Aussage im Wissenschaftsausschuss die EinsteinStiftung sehr wohl ein Steinbruch von Begehrlichkeiten geworden ist. Da werden wir in den nächsten Jahren auch genauer hinschauen, wie sich die Entwicklung da ergibt.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Nicolas Zimmer (CDU)]

Des Weiteren wurde bei der Einstein-Stiftung immer davon gesprochen, es solle auch private Zustiftungen geben, was ein sehr sinnvoller Ansatz ist, durch eine Kofinanzierung öffentlicher und privater Mittel die Exzellenz in der Stadt zu stärken. Aber von Ihren in Aussicht gestellten privaten Zustiftungen können wir bisher nichts sehen. Also werden Sie auch hier endlich aktiv, Senator Zöllner!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Zu dem Thema Charité hat der Kollege Zimmer auch schon etwas gesagt. Hier muss auf die Beratung im Ausschuss verwiesen werden. Wir sind nicht mit Rot-Rot mitgegangen und haben die Mittel für die Charité bewilligt, weil Sie uns auf mehrfaches Fordern kein Konzept vorlegen konnten. Da können Sie sich noch so herausreden, wie Sie wollen, es ist ein Armutszeugnis, dass Sie immer noch kein Konzept für die Charité haben und die Mittel einfach so fließen sollen. Das ist keine seriöse Haushaltspolitik, keine zukunftsorientierte Wissenschaftspolitik. Aus dem Grund können wir den Punkt auch nicht mittragen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Anja Schillhaneck

Ich will auch nicht auf den Punkt BAföG eingehen, wo sich angemessene Rücklagen in Ihrem Haushalt finden, falls die Bundesregierung das BAföG in diesem oder im nächsten Jahr erhöhen sollte. Das werden wir dann sicherlich beobachten. Aber festzuhalten ist: Wir sind für Hochschulverträge, die auch den Bedarf der Bologna-Reform berücksichtigen und den Hochschulen Planungssicherheit bieten. Des Weiteren sind wir für die Autonomie der Hochschulen und für einen konstruktiven Dialog mit den Hochschulen.

Herr Senator Zöllner! Wir fordern Sie auf, dass Sie endlich für die Wissenschaft und Forschung in unserer Stadt kämpfen und sich nicht freudestrahlend zig Millionen Euro aus dem Etat nehmen lassen. Deshalb können wir diesem Haushalt in der Form nicht zustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege Dragowski! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wer nun dem Einzelplan 10 – Bildung, Wissenschaft und Forschung – unter Berücksichtigung der Änderungen des Hauptausschusses gemäß Drucksache 16/2850 und den Auflagenbeschlüssen des Hauptausschusses Nummern 45 bis 66, vorbehaltlich der am Ende der Sitzung abzustimmenden Änderungsanträge der Fraktionen, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD und der Linken. Wer ist dagegen? – Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer enthält sich? – Dann ist der Einzelplan 10 so beschlossen.

[Beifall von Dr. Andreas Köhler (SPD)]

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1 i:

Einzelplan 11 – Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz –

hierzu: Änderungen des Hauptausschusses gemäß Drs 162850

Das Wort für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Winde. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu vorgerückter Stunde komme ich heute zum Einzelplan 11, zum Bereich Gesundheit.

Der Haushalt umfasst für beide Jahre ca. 160 Millionen Euro pro Jahr. Davon entfallen auf folgende Bereiche: Krankenhausfinanzierung ca. 90 Millionen Euro, Krankenhaus des Maßregelvollzugs ca. 45 Millionen Euro, Drogen- und Suchthilfe ca. 2,8 Millionen Euro. Und der

Integrierte Gesundheitsvertrag umfasst ca. 11,5 Millionen Euro.

Was hat sich verändert? – Der Integrierte Gesundheitsvertrag bekommt eine Aufstockung von 300 000 Euro. Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband erhält für seine Steuerungsleistung jetzt 250 000 bzw. 254 000 Euro pro Jahr. Die inhaltliche Gewichtung des Vertrags zu den drei Handlungsfeldern wird derzeit noch verhandelt, sie steht noch nicht fest. Das sei noch einmal ausdrücklich gesagt, es gibt durchaus noch Diskussionen.

Bei den Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen gibt es jeweils jährlich 500 000 Euro mehr, sodass in diesem Bereich jetzt jährlich 2 550 000 Euro fließen. Hinzu kommen noch – die Summe mag gering sein, aber die Wirkung ist um so größer – 40 000 Euro für eine Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle im Kontext der Pränataldiagnostik. Dies ist durch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen möglich geworden.

Beratungen vor, während und nach der Pränataldiagnostik – insbesondere bei auffälligem Befund innerhalb der Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchung oder nach einer speziellen weiteren Untersuchung – sind trotz Festschreibung im Schwangerschaftsberatungsgesetz auch heute noch keine Selbstverständlichkeit. Deswegen soll hier, auf unsere Initiative hin, ein zusätzliches Angebot in Berlin entstehen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ein Schwerpunkt der Politik der Koalition liegt im Bereich des Kinderschutzes. Wir haben heute das Gesetz zum Schutz und Wohl des Kindes verabschiedet, das damit 2010 in Kraft treten kann. Hierzu sind 277 460 Euro für den laufenden Betrieb der sogenannten zentralen Stelle an der Charité vorgesehen,

[Zuruf von der FDP]

die das verbindliche Einladungswesen zu den Vorsorgeuntersuchungen organisieren und durchführen wird.

Nicht im Einzelplan 11, sondern im Einzelplan 29 als zusätzliche Sonderausgabe sind 1,1 Millionen Euro für das zusätzlich notwendige bezirkliche Personal vorgesehen – je eine Beschäftigungsposition im Bereich Kinder, Jugend und Gesundheitsdienst und eine im Bereich Jugendamt.

Ein anderer Bereich des gesundheitlichen Kinderschutzes liegt bei den Sozialpädiatrischen Zentren. Hierfür sind die Ausgaben gleich geblieben und umfassen fast eine Millionen Euro. Sicher könnte man sich hier noch mehr vorstellen, aber in Zeiten knapper Kassen ist das immerhin ein ganz schön großer Schluck aus der Pulle.

Vor zwei Wochen hat die Koalition schließlich noch einmal in der parlamentarischen Beratung Gelder für zwei Projekte beschlossen. Für die Beratungsstelle für alkoholgeschädigte Kinder, die FASD-Beratungsstelle, werden erstmals 50 000 Euro gegeben, um ihr nach der dreijäh

Mirco Dragowski

rigen Förderung durch die Aktion Mensch einen Neuanfang im Evangelischen Waldkrankenhaus zu ermöglichen. Nachdem ich das Projekt fast zwei Jahre lang begleitet habe, bin ich sicher, dass die Arbeit dort in guten Händen liegt, und kann allen Beteiligten nur viel Erfolg wünschen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ein weiteres neues Projekt ist das Projekt Stop-Stalking, das ebenfalls 50 000 Euro erhält. Stop-Stalking widmet sich im Gegensatz zu anderen bereits etablierten Einrichtungen nicht den Opfern, sondern den Tätern und arbeitet mit denen, um Rückfälle vorzubeugen oder zu vermeiden. Wir fanden das einen sehr wichtigen und guten Ansatz und wünschen auch diesem Projekt viel Erfolg.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Sicher könnte der Bereich Gesundheitspolitik in unserer Stadt mehr Geld verkraften – das kann man aber sicher von jedem Politikfeld sagen. Die Koalition hat in diesen Zeiten der begrenzten finanziellen Mittel einen ordentlichen Haushalt aufgestellt, der die Schwerpunkte an der richtigen Stelle setzt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]