Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da der Wunsch bestand, der Senat möge aktiver in die Debatten eingreifen, will ich diesem Wunsch gern nachkommen und mache von meinem geschäftsordnungsmäßigen Recht, mich jederzeit zu Wort zu melden, Gebrauch. Es soll nicht umsonst gewesen sein, dass ich hierher gekommen bin.
Das war ein wieder ein klassischer grüner Beitrag. Es gibt noch keine Vorlage für das operationelle Programm. Die Grünen wissen aber schon genau, was darin enthalten ist, oder wissen ganz genau, was nicht darin steht. Das ist wunderbar. Ich möchte erst einmal ein paar Dinge richtigstellen.
Zum einen sind in dieser Förderperiode noch keine Mittel an die EU zurückgegeben worden. Es mussten auch noch keine Mittel zurückgegeben werden. Es gibt eine Bugwelle nicht ausgeschöpfter Mittel. Das ist richtig. Daran müssen wir arbeiten. Liebe Frau Kollegin Eichstädt-Bohlig, Sie können die einzelnen Bestandteile der Bugwelle addieren und zum Schluss noch einmal die Bugwelle selbst dazurechnen. Das ist doppelt gerechnet. Bitte bleiben Sie bei der Realität. Das Problem ist erkannt. Es liegt aber nicht daran, dass der Senat damit lässig umgegangen oder hasenfüßig gewesen ist, sondern daran, dass wir in den letzten Jahren eine Investitionsschwäche hatten und deshalb in entsprechendem Umfang Fördermittel nicht abgerufen worden sind. Die verwaltungsmäßigen Voraussetzungen dafür, dass wir energisch an der Abarbeitung dieser Bugwelle arbeiten, sind geschaffen.
Nein! Jetzt rede ich erst einmal. – Zum anderen sind Sie falsch über meine Äußerungen im Wirtschaftsausschuss informiert wurde, Frau Eichstädt-Bohlig. Ich sagte, dass der Termin, zu dem wir bei der EU-Kommission die ope
rationellen Programme einreichen müssen, der 5. März 2007 ist. Ich habe nicht gesagt, dass der Senat beabsichtigt, erst am 5. März einzureichen.
Das ist richtig. In dieser Chronologie steht, dass wir Ende Januar einreichen wollen. – Sie haben aber, Frau Eichstädt-Bohlig, berichtet, ich hätte gesagt, dass am 5. März eingereicht wird. Das ist falsch. Das habe ich Ihnen auch schon im Ausschuss gesagt. Das Thema ist für die nächste Senatssitzung angemeldet. Dort werden wir das behandeln. Wenn die Grünen bei all ihren Ankündigungen nur eine Verzögerung von 4 Tagen haben, sind sie gut. Der Senat wird das Thema jetzt behandeln. Damit kann, wenn es zu der Beschlussfassung kommt, das operationelle Programm eingereicht werden. Das waren die Ausführungen zum Formalen.
Ich komme nun zum Inhaltlichen. Es ist eine Legende, die die Grünen immer gern verbreiten, wir hätten keine Schwerpunktsetzung. Sie werfen uns vor, wir hätten keine Schwerpunktsetzung und machten nur Politik nach der Gießkanne, wie es Herr Schäfer im Wirtschaftsausschuss formuliert hat, äußern dann aber den Wunsch, noch folgende Schwerpunkte aufzunehmen. Das ist in der Logik völlig konsequent. So machen sie es in der Haushaltspolitik. Der Senat muss radikal sparen. Wenn wir die Einsparungen an irgendeiner Stelle aber tatsächlich vornehmen, wird geschrieen, es solle bloß nicht dort erfolgen. Genauso verfahren sie mit Schwerpunktsetzung und Prioritätenforderung. Wenn der Senat Prioritäten setzt und nicht 8 oder 9 Schwerpunkte formuliert, sondern 3 große strategische Ziele benennt, kommen die Grünen, lehnen die Schwerpunktsetzung ab und fordern die Aufnahme weiterer Punkte.
Ich komme zum Thema Solar. Das ist das einzige Thema, das den Grünen zur Frage Wirtschaftspolitik und Steigerung von Wettbewerbsfähigkeit in dieser Stadt einfällt.
Es ist das einzige Thema, das seit einiger Zeit kommt. Das Thema ist in der Stadt und der Region sehr wichtig. Die Koalition wird durch die gesetzlichen Regelungen weiterhin die Solarwirtschaft in dieser Stadt fördern. Wir arbeiten auch an der Ansiedlung von Solarunternehmen. Ich habe gerade in der letzten Sitzung auf die Anfrage des Kollegen Buchholz gesagt, dass wir wichtige Investitionen in Adlershof in die Solarwirtschaft haben. Bei der Solarwirtschaft in Berlin – das ist das Ergebnis der Enquetekommission, der die ehemalige Grüne-Fraktionsvorsitzende Sybill Klotz vorgestanden hat – sind die Cluster anders definiert worden. Solar ist nicht Bestandteil dieses Clusters. Wir nehmen die Enquetekommission ernst und sind der Meinung, dass wir hier eine konsequente Politik machen müssen. Wir müssen uns an dem orientieren, was im Konsens verabredet worden ist.
Das heißt nicht, dass das Thema Solarwirtschaft herunterfällt. Es hat einen Stellenwert. Wir sind dabei, bei der Technologiestiftung Berlin das Thema alternativer Energien so zu entwickeln, dass es in den Status eines Kompetenzfeldes dieser Stadt kommen kann. Diesen Status hat es leider noch nicht erreicht. Wenn die Grünen darin mitwirken wollen, sind sie dazu herzlich eingeladen. Wir brauchen aber keine Belehrung, dass dies ein wichtiges Thema ist. Es ist aber kein Thema, bei dem wir sagen, dass wir einen eigenständigen Schwerpunkt bilden können.
Ich komme zum Thema Querschnittsaufgabe und Chancengleichheit. Das ist richtig: In den alten operationellen Programmen war das Querschnittsthema Chancengleichheit nur für den Bereich des ESF – des europäischen Sozialfonds – konkretisiert, nicht aber für EFRE. Ich habe dazu aber im Wirtschaftsausschuss mitgeteilt, dass wir beispielsweise bei der Frage der Förderschwerpunkte und der Ausgestaltung der Förderung im Bereich des EFRE das Thema Chancengleichheit nicht nur als Merkposten formulieren werden, sondern dass wir hier auch Maßnahmen konkretisieren werden. An dieser Stelle werden wir einen deutlichen Fortschritt erzielen.
Deshalb möchte ich den Damen und Herren von den Grünen noch einmal sagen, dass die operationellen Programme im Februar bei der europäischen Kommission nach der Beschlussfassung innerhalb des Senats eingereicht werden. Die operationellen Programme sind auf die wesentlichen strategischen Handlungsfelder und auf die Kompetenzfelder ausgerichtet, die wir innerhalb dieser Stadt haben. Es gibt eine klare Prioritätensetzung. Diese Schwerpunktfelder sind mit den Akteuren außerhalb des Parlaments, den Sozialpartnern, mit den Kammern, mit den Gewerkschaften abgestimmt.
Der Senat hat das nicht allein gemacht. Auch die Grünen waren dazu eingeladen. Im Dezember 2005 hat es eine große öffentliche Veranstaltung mit den Sozialpartnern und einen öffentlichen Dialog über die Nutzung der europäischen Strukturfonds gegeben. Es gab darüber hinaus noch eine Reihe weiterer Veranstaltungen. Über die Frage der öffentlichen Beteiligung, die weit über das Parlament hinausgeht, müssen wir nicht diskutieren. Das hat stattgefunden und ist nicht nur im engen Kreis eines Ausschusses sondern in der Stadt erörtert worden. Es ist über weite Teile ein Konsens erzielt worden.
Es gibt eine klare Prioritätensetzung. Es gibt eine klare Schwerpunktsetzung. Es gibt eine Abstimmung der Strategie bei den europäischen Strukturfonds mit den anderen Strategien in der Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, der Umwelt- und Geschlechterpolitik. Insofern muss sich der Senats nichts vorzuwerfen. Wir können übrigens kenntnisreicher über das Thema diskutieren, wenn Sie die Vorlage des Senats über die operationellen Programme haben. Sie ersparen sich unnötige Debatten, wenn Sie sich nicht auf Ihre prophetischen Fähigkeiten verlassen, wonach der Senat immer alles schlecht macht,
sondern können Sie sich dann mit den Realitäten auseinandersetzen. Ich finde es besser, über die Wirklichkeit – auch die von Senatsvorlagen – und nicht über gefühlte Missetaten des Senats von Berlin zu diskutieren. Das wäre der Debatte im Parlament etwas zuträglicher. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und die Gelegenheit, die Sie mir gegeben haben, mich zu dieser Thematik noch einmal zu äußern, indem Sie um meine Anwesenheit gebeten haben. Danke!
Danke, Herr Senator! – Diese Gelegenheit hat 9 Minuten gedauert. – Das Wort für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Jahnke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Irgendwie trifft es mich in der letzten Zeit immer, dass ich zu den Prioritäten der Grünen reden kann.
Allerdings werde ich – anders als beim letzten Mal – heute kaum sagen, dass die Grünen mit ihrem Anliegen recht haben, sondern hier liegt ein Antrag vor, der Schaumschlägerei ist. Auch der Senator hat schon einiges dazu gesagt. Es ist im Grunde ein Antrag, der in diesem Stadium gar nicht angebracht ist. Es geht darum, dem Senat populistisch Vorwürfe für Dinge zu machen, die man ihm noch gar nicht vorwerfen kann – übrigens auch nicht für die vergangene Förderperiode, Frau Eichstädt-Bohlig, denn die Fördermittel sind noch nicht verfallen. Wie oft soll man das noch sagen?
Ich will mich mit den Themen grundsätzlich befassen, mit dem, was man heute schon sagen kann. Die neue Förderperiode stellt für das Land Berlin insgesamt weniger Mittel zur Verfügung. Dies ist kein Wunder; wir haben am 1. Mai 2004 eine Beitrittswelle von Ländern gehabt, die einen erheblichen Entwicklungsrückstand im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt der Europäischen Union haben.
Ich will jetzt erst einmal die Grundlagen erläutern. – Und diese Länder, die neu beigetreten sind, haben den Durchschnitt des Bruttoinlandsprodukts erst einmal nach unten
gezogen. Demzufolge kann man nicht mehr davon reden, dass Berlin zu den Regionen mit dem größten Entwicklungsrückstand in Europa gehört, auch nicht Ostberlin. Insofern ist das Fördergefälle innerhalb der Stadt von Ziel 1 zu Ziel 2 verschwunden. Allerdings – und dies ist ärgerlich und wird in der Praxis auch ein Problem sein – haben wir die Fördergrenze nun an der Stadtgrenze. Brandenburg – es sei ihm gegönnt – ist noch Ziel-1-Gebiet, obwohl das – betrachtet man spezielle Regionen – durchaus nicht für jeden Teil Brandenburgs gerechtfertigt ist. Im Berliner Speckgürtel ist der Förderrückstand sicher nicht erheblicher als in Berlin. Aber es ist, wie es ist. Wir sind nicht mehr eine Arbeitsmarktregion, und wir müssen mit Brandenburg klarkommen. Die eingesetzten Wirtschaftsfördermittel dürfen nicht dazu verwendet werden, um Unternehmen aus Berlin abzuwerben, sondern man muss mit Brandenburg übereinkommen, dass Unternehmen, die für die Region Berlin-Brandenburg insgesamt gewonnen werden können, zwar hiermit geholt werden, aber damit keine Konkurrenz zwischen den Ländern gefördert werden darf.
Ich komme nun auf Berlin selbst zurück. Wir behalten über die Förderperiode immerhin noch gut 1 Milliarde € im EFRE-Programm und 335 Millionen € im ESFProgramm. Der Einsatz dieser Mittel muss gemäß der Ziele, die die Europäische Union vorgegeben hat, verwandt werden, um die Entwicklungsrückstände abzubauen. Und diese Ziele, Frau Eichstädt-Bohlig – jetzt ist sie gerade in einem anderen intensiven Gespräch und hört mir nicht zu –,
diese Ziele sind von der Europäischen Union keineswegs in einer solchen Klarheit definiert, wie Sie das hier gesagt haben. Sie sagten, die Europäische Union hat diese Ziele im Grunde klarer definiert, als Berlin es tut. Das kann man nicht sagen bei Zielen, die da formuliert sind: Stärkung der Anziehungskraft Europas und seiner Regionen für Investitionen und Arbeitskräfte, Förderung von Wissen und Innovation für Wachstum, mehr und bessere Arbeitsplätze. Das klingt nicht schlecht, das wollen wir auch machen, aber es ist keine sehr präzise Spezifizierung.
Hier hat der Senat durchaus versucht, in seinem Konzept Entsprechendes vorzunehmen, nämlich mit den drei Schwerpunkten: Innovation, das heißt im Sinne von Produkt- und Dienstleistungsentwicklung, um Ideen aus der Region und aus der Stadt Berlin für die Produktion in Berlin einzusetzen. Dies meinen wir, wenn wir von einer Revitalisierung des Industriestandorts Berlin reden. Für solche Produkte, zu denen auch Solar gehört, aber eben nicht nur Solar, werden wir unseren Beitrag leisten und die Mittel dafür einsetzen.
Zweiter Punkt – Entwicklung des Humankapitals und soziale Kohäsionen: Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Der Senat hat in seinem Konzept klar dargelegt, in welchen Bereichen der beruflichen Bildung und Weiterbildung dieses unterstützt werden soll.
Schließlich die Nachhaltigkeit, auf die Sie in Ihrem Antrag so abheben: Dies ist sowohl ökologische Nachhaltigkeit als auch nachhaltige Stadtentwicklung. Dies wird – auf dem Niveau, auf dem es erst einmal dargestellt werden kann – in einzelnen Punkten bereits sehr genau vom Senat dargestellt. Die operationellen Programme – das sagte der Senator bereits – kommen erst noch.
Ein Problem haben wir mit der Kofinanzierung. Sie ist nicht in allen Senatsverwaltungen gleichermaßen gegeben. Wir haben erst einmal einen Wunschkatalog „Anmeldungen der einzelnen Ressourcen“, wie die Mittel verwendet werden können. Sie sind erst einmal überbelegt. Es sind schon mehr als 1 Milliarde € EFRE-Mittel und mehr als 335 Millionen € ESF-Mittel angemeldet. Der Senat musste bereits eine Gewichtung vornehmen, das geht aus dem Konzept hervor.
Erstmalig sind im EFRE-Programm private Kofinanzierungen möglich. Ihr Vertreter äußerte im Ausschuss den Vorwurf, dass man für diese privaten Kofinanzierungen eine Rückfallposition hat, dass hierfür der Staat eventuell einsteigen könnte, wenn es nicht klappt. Ist das denn falsch? Das muss man doch tun, wenn man nicht will, dass die EFRE-Mittel verfallen! Sie werfen uns vor, wir lassen Mittel verfallen, aber wenn man Vorsorge trifft, damit sie nicht verfallen, ist das auch falsch. Natürlich haben wir das Problem, dass in erster Linie Unternehmen diese EFRE-Mittel abrufen müssen. Selbst bei Überbuchung in Höhe von 140 % beträgt die Ausschöpfung immer noch nicht 100 %, weil Unternehmen ihre Pläne ändern. Das können wir als Staat nur bedingt beeinflussen. – Einerseits laden Sie die Verantwortung also beim Senat ab, andererseits wollen Sie verhindern, dass der Senat tätig wird – das ist widersprüchlich, das ist unsinnig!
Komme ich! – Wir werden diesen Antrag im Ausschuss beraten, so wie wir allgemein die Vorlage in dieser Woche schon beraten haben. Wir werden ihn uns ansehen. Ich fürchte, er wird Schaumschlägerei bleiben. Vielleicht können Sie noch etwas nachlegen. Ich bin jedenfalls zuversichtlich, dass der Senat mit dem, was er dann vorlegen wird, in der kommenden Förderperiode ein vernünftiges Konzept für die EFRE- und ESF-Mittel besitzt. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Das Wort für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Scholz. – Bitte schön, Herr Scholz!
Um es schon einmal vorwegzunehmen, sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren: Wir sind froh darüber, dass Ihre Fraktion, Frau Eichstädt-Bohlig, die Initiative ergriffen hat, wenngleich einige Punkte aus Ihrem Antrag im Ausschuss noch sehr differenziert zu betrachten und zu diskutieren sind.
Da wäre zum Beispiel Ihre Forderung nach der Verdoppelung der Kulturförderung. Da müsste man schauen, wo Sie an anderer Stelle etwas wegnehmen wollen.
Wir möchten auch nicht, dass unter dem Stichwort „lärmarme Mobilität“ die neuen Tempo-30-Schilder möglicherweise aus EU-Mitteln bezahlt werden – von denen wir leider erst aus der Presse erfahren haben, weil die Senatorin uns nicht darüber informiert hat.