Protokoll der Sitzung vom 01.02.2007

Ich selbst bin Mitglied der Schulkonferenz einer Schule, an der es durchweg eine Altersmischung gibt. Natürlich kann das gut funktionieren. Es gibt Schulen, an denen auch die Schuleingangsstufe gut funktioniert hat. Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied: Dass, was an einigen Schulen gut funktioniert und eine Superlösung für eine Schule ist, muss anderswo noch lange nicht funktionieren. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege Steuer! – Für die SPDFraktion hat Frau Dr. Tesch das Wort. – Bitte schön, Frau Dr. Tesch!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben in letzter Zeit viel von Kontinuität gehört, vor allem aus dem Mund des Senats und der Regierungsfraktionen – Kontinuität in der Koalition, Kontinuität bei den Haushaltskonsolidierungen usw. Nun stelle ich mit diesem Antrag eine gewisse Kontinuität auch bei der Opposition, jedenfalls bei der CDU-Fraktion, fest, nämlich eine Kontinuität in sinnlosen Anträgen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Viele Ihrer Anträge der letzten Legislaturperiode hatten Reformen zum Ziel, die wir bereits beschlossen hatten und deren Umsetzung bereits begonnen hatte. In diesem Fall handelt es sich um einen Antrag, der eine sinnvolle Reform wieder rückgängig machen will. Weiter so, liebe CDU, wenn Sie keine eigenen Ideen haben!

Wie Sie wissen, haben wir zum 1. Februar 2004 ein neues Schulgesetz auf den Weg gebracht, das vorher jahrelang diskutiert wurde, auch mit Ihnen. Ein wichtiges Paket waren dabei die Reformen, die die Grundschule betrafen. Wir haben das Einschulungsalter gesenkt und die Schulanfangsphase eingeführt. Herr Steuer, die Schulanfangsphase ist ein sinnvolles Projekt, da alle vorausgegangenen Schulversuche dazu einen Erfolg zeitigten. Das wissen Sie auch. Nun wollen Sie aus dieser Schulanfangsphase eine Kann-Regelung machen. Das widerspricht doch allen pädagogischen Überlegungen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Mieke Senftleben (FDP): Nein!]

Die in diesem Antrag enthaltene Unterstellung einer fehlenden oder zu kurzfristig in Gang gebrachten Vorbereitung ist grundsätzlich falsch. Es haben bereits seit Beginn des Jahres 2004 zahlreiche Fortbildungen stattgefunden. Ein Unterstützungsteam von Fachmultiplikatoren ist im Einsatz. Eine praxisorientierte Qualifizierungsoffensive ist vorbereitet und für Januar bis Juni terminiert. Eine flankierende Begleitung für diejenigen Schulen, die mit der flexiblen Schulanfangsphase im Schuljahr 2007/2008 beginnen, ist konzipiert.

Da uns aber auch bewusst ist, dass die eine oder andere Schule noch Probleme mit der Umsetzung hat, haben wir in den Koalitionsvereinbarungen die verbindliche Einführung der Schulanfangsphase auf das Schuljahr 2008/2009 verschoben. Außerdem werden die Fortbildungsangebote für das pädagogische Personal verstärkt. Es aber jeder Schule freizustellen, ist sinnlos und daher abzulehnen.

Herr Steuer, diese Schulanfangsphase schert eben gerade nicht alle Kinder über einen Kamm, wie Sie dies behauptet haben.

[Mieke Senftleben (FDP): Das hat Herr Steuer nicht behauptet!]

Das Gegenteil ist der Fall. Sie wissen genauso gut wie ich, dass man diese Schulanfangsphase in verschiedenen Geschwindigkeiten durchlaufen kann. Da können sie den kognitiv weiteren Kindern entgegenkommen, indem sie dies in einem Jahr machen können. Die „normalen“ Kinder durchlaufen die Phase in zwei Jahren und die Kinder mit etwas mehr Förderbedarf in drei Jahren. Ihr Beispiel von den Hauptschulkindern der 7. Klasse eignet sich hervorragend dafür: Wenn mehr Bedarf ist, werden sie diese Phase in einer längeren Zeit durchlaufen und dann auch besser auf die Oberschule vorbereitet werden.

Es ist auch nicht so – machen wir uns nichts vor –, dass die jetzigen Grundschulklassen homogen wären. Wir haben es jetzt schon mit einer heterogenen Schülerschaft zu tun, und damit müssen Lehrerinnen und Lehrer schon heute umgehen.

Neu allerdings – und das ist ein guter Ansatz der Koalition – sind die Sprachstandsmessungen und die damit verbundenen verpflichtenden Vorkurse, die wir jetzt noch einmal von einem halben Jahr auf ein ganzes Jahr und auch stundenmäßig auf drei Zeitstunden pro Tag ausweiten.

Dieser Antrag stand schon mehrmals auf der Tagesordnung. Einmal fiel er dem Sturm zum Opfer, und er wurde vorab überwiesen in den Schulausschuss. Dort haben die Grünen einen Änderungsantrag eingebracht, und dieser Änderungsantrag ist in seiner Zielsetzung sehr sinnvoll, da er die verpflichtende Einführung der Schulanfangsphase akzeptiert.

[Beifall von Elfi Jantzen (Grüne)]

danke, Frau Jantzen und Herr Birk – oder wer das war!

Es ist auch richtig, dass eine Intensivierung der personellen Ausstattung für das Gelingen individueller Förderung unverzichtbar ist.

[Mieke Senftleben (FDP): Ja, richtig, das haben wir aber nicht!]

Eine Änderung zum Vorziehen der Feststellungsverfahren für sonderpädagogischen Förderbedarf in das erste Schulbesuchsjahr ist notwendig und wird auch von uns angestrebt. Eine spezifische Beratung und gezielte Begleitung durch die Schulaufsicht müssen für die Schulen gewährleistet sein, die mit der Altersmischung erst 2008/2009 beginnen wollen. Dies muss aber – und das fehlt in Ihrem Antrag, meine lieben Grünen! – im Zusammenhang mit den Schulträgern – sprich: den Bezirken – geschehen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Außerdem muss eine flankierende Begleitung der Schulen stattfinden, die bereits im Schuljahr 2007/2008 mit der Schulanfangsphase beginnen. Wir werden daher diesen Antrag der Grünen wohlwollend im Schulausschuss am 15. Februar 2007 behandeln. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Das Wort für die Grünen hat nun Kollege Mutlu. – Bitte!

Dieser letzte Satz von Frau Dr. Tesch steht im Protokoll, und ich werde sie bei der Beratung im Schulausschuss daran erinnern.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Steuer! Wenn Sie den Senat dafür kritisieren, dass er ohne

vernünftige Beteiligung und Vorbereitung den Schulen – insbesondere den Grundschulen – zahlreiche Reformen übergestülpt hat, bin ich bei Ihnen. Deshalb haben wir gemeinsam den Senat dafür kritisiert, dass er die Schulen in der letzten Legislaturperiode weder personell noch materiell für die notwendigen Reformen angemessen ausgestattet hat. Aber diesen Antrag verstehe ich nicht, Herr Steuer! Auch Ihren Redebeitrag habe ich nicht verstanden.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Die flexible Schulanfangsphase wurde genau aus dem Grund eingeführt, um mehr individuelle Förderung zu ermöglichen, denn wir müssen mit den Schülerinnen und Schülern umgehen, die wir haben, und können sie uns nicht backen. Genau aus dem Grund haben wir das gemacht.

[Beifall bei den Grünen – Christian Gaebler (SPD) und Dr. Felicitas Tesch (SPD): Wir haben es gemacht! – Weitere Zurufe]

Wir haben die Schulanfangsphase unterstützt.

[Zurufe von der SPD: Nein!]

Lieber Herr Gaebler! Einfach zuhören! Ich sage nichts gegen Sie, sondern ich rede gerade in Richtung CDU. –

[Beifall bei der SPD]

2004 hat dieses Haus nach längerer Diskussion ein neues Schulgesetz verabschiedet, und mit dem neuen Schulgesetz wurde die Schulanfangsphase endlich gesetzlich verankert. Zuvor lief ein längerer Schulversuch, bei dem die Schulanfangsphase und das jahrgangsübergreifende Lernen erprobt, untersucht und erfolgreich abgeschlossen wurden. Herr Steuer und die CDU scheinen das nicht mitbekommen zu haben, zumindest wollen sie nichts mehr davon wissen. Die CDU will auch nicht hinnehmen, dass sie die Abstimmung zur Schulgesetzgesetzgebung in diesem Punkt verloren hat.

Das ist aber nicht alles: Nachdem wir den Senat in der vergangenen Legislaturperiode wiederholt für die Hauruck-Reformen kritisiert und gefordert haben, dass die Beteiligten – also die Schulen, die Lehrerinnen und Lehrer und die Erzieherinnen und Erzieher – mitgenommen werden, hat der Senat eingelenkt. Mit dem Rundschreiben Nr. 67 vom 6. Dezember 2006 hat nämlich der Senat den Schulen die Möglichkeit eröffnet, die Einführung der leistungsheterogenen Schulanfangsphase und des jahrgangsübergreifenden Lernens um ein Jahr – das Schuljahr 2008/2009 – zu verschieben. Wir halten das für sinnvoll, da die Schulen ohne Vorbereitung und Motivation nicht in der Lage sind, das jahrgangsübergreifende Lernen so zu gestalten, dass alle Kinder besser individuell gefördert werden.

Herr Steuer! Deshalb verstehe ich nicht, dass Sie nicht diesen Prozess abwarten wollen und den Schulen diese Entscheidung nicht überlassen wollen,

[Mieke Senftleben (FDP): Doch, das will er doch gerade!]

nein! –, sondern mit dieser Gesetzesänderung schaffen Sie Tatsachen, die nicht im Interesse der Schulen sind. Ihnen geht es um etwas anderes, wie Sie auch in Ihrer gestrigen Presseerklärung verdeutlicht haben. Sie wollen die Schulanfangsphase zu einer freiwilligen Angelegenheit machen und damit ad absurdum führen.

[Mieke Senftleben (FDP): Warum?]

Ich sage: Nicht mit uns! Wir unterstützen die Schulanfangsphase, und wir unterstützen auch das jahrgangsübergreifende Lernen.

[Beifall von Lars Oberg (SPD)]

Nur durch jahrgangsübergreifendes Lernen und entsprechende Lerngruppen können Kinder die Schulanfangsphase als pädagogische Einheit ohne Wechsel der sozialen Gruppe und diskriminierungsfrei je nach Lernfortschritt in ein oder in drei Jahren durchlaufen.

[Mieke Senftleben (FDP): Wir malen uns die Welt wieder schön!]

Liebe Frau Senftleben, Sie können gleich von hier vorn zu uns reden! Hören Sie jetzt einfach nur zu! – Deshalb fordern wir die Mehrheit dieses Hauses erneut auf, die Schulanfangsphase an den Grundschulen personell und materiell zu stärken. Der Senat muss die Schulen bei der Lösung ihrer inhaltlichen und organisatorischen Probleme gezielt unterstützen und die notwendige Qualifizierung und Fortbildung organisieren, um eine bessere individuelle Förderung aller Kinder beim Schulstart zu schaffen.

[Beifall bei den Grünen]

Auch die Kitas müssen personell und materiell aufgewertet werden, damit das Kitabildungsprogramm endlich flächendeckend umgesetzt werden kann.

[Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Die Kitas und die Grundschulen dürfen wir hierbei nicht allein lassen. Sie brauchen unser aller Unterstützung, und wir – die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – sind bereit, diesen Beitrag zu leisten.

[Beifall bei den Grünen]