Protokoll der Sitzung vom 11.03.2010

Insofern unterstütze ich auch den Ansatz des Fördervereins Bauakademie, der hier ein Umdenken des Senats fordert. Wir sind der Meinung, dass mit der TU, mit ihrer Plansammlung und mit dem Desiderat eines Berliner Architekturmuseums hinreichend viel öffentliche Trägerschaft und Nutzung mobilisierbar wäre. Wenn wir das heute noch nicht realisieren können, sollten wir es dennoch als öffentliche Bauaufgabe definieren und zurückstellen – und damit leben können, dass hoffentlich ohne Werbung demnächst das Land Berlin die Planen als Versprechen in die Zukunft weiterhin aus öffentlichen Mitteln finanziert. – Vielen Dank!

[Beifall bei der Linksfraktion, der SPD und den Grünen]

Als Letzter in dieser Rederunde hat Herr Weingartner von der FDP-Fraktion das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Die Thematisierung der schinkelschen Bauakademie ist richtig. Dieses stadtgeschichtlich wichtige Highlight muss endlich realisiert werden. Der Meinung sind wir offensichtlich im Gegensatz zu „Die Linke“.

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Sie hätten zuhören sollen!]

Dazu haben die Christdemokraten in der Vergangenheit schon einige Initiativen hier eingebracht. Das war auch notwendig, weil seitens unserer Landesregierung hierbei relativ wenig Dynamik vorhanden ist.

[Beifall bei der FDP]

Die Regierung hat unrealistische Vorgaben gemacht, hat Fehlentscheidungen getroffen und offensichtlich auch ein untaugliches Verfahren gewählt. Dadurch ist der berlintypisch zähflüssige Fortschritt in der Sache selbst entstanden. Ergebnis bisher: Stillstand – keiner weiß, wie es weitergeht! Da sollte und muss Bewegung und Dynamik hinein.

[Beifall bei der FDP]

Leider entsprechen die Initiativvorschläge der CDU aus unserer Sicht nicht den Verfahren, die geboten sind. Im Antrag vom 29. April 2008 wird gefordert, der Senat solle in Abstimmung mit der IBB vorliegende Angebote privater Investoren zur Finanzierung prüfen. Nach dem Antrag vom 1. September sollen möglichst viele BauakademieInitiativen einbezogen werden, und nach dem jetzt vorliegenden Antrag soll leider nur noch mit einem Architekten und einem Unternehmer verhandelt werden. Das geht nach unserer Auffassung so nicht. Die Zeit der Gesprächszirkel in einsamen Sitzungen muss bei solch wichtigen und bedeutenden Aufträgen endlich ein Ende finden.

Es sind transparente Verfahren festzulegen, fairer Wettbewerb für Bieter und Investoren. Das Verfahren „Man kennt sich eben“ darf in Berlin und sonst wo keine Zukunft haben. Es ist schlimm genug, was sich da in letzter Zeit offenbart hat. Wegen dieses vorgeschlagenen Verfahrens zur Ausschreibung können wir leider den Christdemokraten unsere Zustimmung zu diesem Antrag erst mal nicht in Aussicht stellen.

Auch wir haben allerdings großes Interesse an der zeitnahen Wiedererrichtung der schinkelschen Bauakademie. So, wie ein faires, transparentes Verfahren dabei unabdingbar ist, müssen aber auch die Rahmenbedingungen angepasst werden. Daher die Aufforderung an den Senat, die Bedingungen entsprechend nachzubessern. Nur 25 Prozent Eigenvermarktung bei einem Bauvorhaben von 45 Millionen Euro mit Sponsorengeldern, ist zu wenig für den Investor. 75 Prozent als Geschenk einzu

Dr. Thomas Flierl

fordern, ist ein Eigentor, in den Bedingungen schon gelegen. Wenn wir, wie in diesen Antrag gefordert, auf Biegen oder Brechen realisieren würden – so wie sich das jetzt darstellt, würde das Berlin 30 Millionen Euro kosten, Herr Flierl –, das können wir als Liberale leider nicht mittragen.

[Beifall bei der FDP]

Wir favorisieren eine Lösung zu fairen Bedingungen bei Ausschreibung, Reduzierung der öffentlichen Flächenbeanspruchung und ohne zusätzliche öffentliche Mittel aus dem Landeshaushalt. Insofern, da es hier die Erste Lesung ist, kann der Antrag noch etwas umgestrickt werden, sodass er am Ende vielleicht konsensual ist und dann hier im Hohen Hause auf Zustimmung stößt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Weingartner! – Für den Senat ergreift der Regierende Bürgermeister das Wort. – Bitte, Herr Wowereit!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß, es ist immer ein bisschen problematisch, wenn sich der Senat einmischt, aber ich glaube, es ist angesagt, die Position des Senats noch mal deutlich zu machen.

Viele haben darauf hingewiesen, dass das schon eine längere Vorgeschichte hat. Das Land Berlin hat – darüber bestand eigentlich Konsens – immer die Absicht gehabt, die Grundstücke in das Projekt Wiederaufbau der Bauakademie kostenlos einzubringen. Sie wissen, dass die Vereine, die da tätig waren, engagierte Bürgerinnen und Bürger hauptsächlich aus dem Architektenbereich, selber den Ansatz hatten, aufgrund von privater Spendentätigkeit, nicht eines Großspenders, sondern durch viele Einzelspender, dieses Projekt zu verwirklichen. Das war die Ausgangsposition für den Wiederaufbau der Bauakademie. Dann hat man die Demonstration mit der einen Fassadenseite gemacht, nachher mit der Plane, die gemacht worden ist – alles, um Aufmerksamkeit für den Wiederaufbau zu erzielen.

Dies ist leider gescheitert. Auch das ist eine Erkenntnis in der Stadt Berlin, dass viele dieser Privatinitiativen, so begrüßenswert sie auch sind, zwar gut gemeint waren, irgendwann in der Realisierung aber nicht den Ertrag gebracht haben, der notwendig war. Da haben wir noch andere Beispiele. Darüber können wir noch weiter diskutieren. Das ist ein schwieriges Unterfangen in der Stadt Berlin, das wissen wir auch. Trotzdem sollte man nicht von vornherein solche Initiativen zum Scheitern erklären, sondern sie durchaus unterstützen. Das haben wir auch gemacht.

Dann war, nachdem das gescheitert war, erst mal Stillstand der Rechtspflege. Dann kam die Idee, das Angebot, das öffentlich unterbreitet worden ist, eines verdienten Bürgers dieser Stadt, der sich in vielen Bereichen wie im Sponsoring, in der Unterstützung von sozialen und kulturellen Projekten usw. engagiert hat. Selbstverständlich ist dieses Angebot auch aufgegriffen worden. Nur, da möchte ich mich ausnahmsweise mal der FDP anschließen

[Beifall bei der FDP]

Sie wissen doch noch gar nicht, in welchem Punkt –, uns hier zum Vorwurf zu machen, Herr Lehmann-Brauns, dass wir ein Vergabeverfahren daraus gemacht haben, damit auch eine Transparenz herstellen müssen, wie man dann ein öffentliches Grundstück zum Nullpreis an einen Privaten vergibt, der dort dann auch eine öffentliche Nutzung zulässt, aber nicht ausschließlich eine öffentliche Nutzung, ich glaube, das ist ganz natürlich, dass man das will. Da wundern mich ein bisschen die Debatten, die wir gerade aktuell hier geführt haben. Das kann es ja wohl nicht sein. Dann müssen Kriterien festgelegt werden, und die Kriterien waren natürlich auch festgelegt, dass der wesentliche Zweck die Interessen der Bauakademie und der öffentlichen Nutzung sein müssen. Das Gebäude ist ja nicht so riesig. Es muss auch eine Fläche da sein, damit alle Zwecke, die Herr Lehmann-Brauns zu Recht beschrieben hat, auch erfüllt werden können. Deshalb limitiert sich die private Nutzung, und deshalb musste ausgeschrieben werden.

Es waren anfangs durchaus mehrere Interessenten da. Dann hat sich das bei den Geboten verändert. Im Rahmen der Ausschreibung war das letztvorliegende Gebot nicht entsprechend der Ausschreibung. Deshalb ist die Ausschreibung zu Recht beendet und aufgehoben worden. Da gibt es aus meiner Sicht überhaupt nichts zu kritisieren. Der Liegenschaftsfonds hatte da gar keine Alternative dazu, es so zu tun. Dieses Ergebnis haben wir jetzt.

Selbstverständlich bemüht sich der Senat – ich habe selber schon Gespräche dazu geführt –, trotzdem das weiterhin im Raum stehende Angebot, einen nicht unerheblichen Geldbetrag von privater Seite dort zur Verfügung zu stellen, jetzt so zu eruieren: Geht das, und unter welchen Bedingungen geht das? – Ja, Herr Lehmann-Brauns, es geht aber nicht so, dass da ein Limit gesetzt wird, und der Rest des Risikos bleibt dann bei der öffentlichen Hand. Ich kann nicht sagen: Das wird für 15 Millionen Euro oder wie viele Millionen gebaut, und anschließend sind es im Baufortschritt 30 Millionen Euro, 35 Millionen Euro. Wer weiß denn das? Da ist dann das Limit, aber es ist privat genutzt, und das Risiko trägt das Land Berlin. Das kann nicht das Ergebnis eines Vertrages sein. – Da sind noch ein paar Dinge zu bereden, wer welches Risiko übernimmt und ob man es für 15 Millionen Euro bauen kann usw. Das muss noch überprüft werden.

Wir gehen weiterhin davon aus, dass der private Sponsor oder Investor – wie Sie das auch nennen wollen, das ist ein bisschen überlappend in dem Fall –, unter welchen Konditionen es gehen könnte, ob das ausreichend sein

Albert Weingartner

würde. Selbstverständlich ist eine private Nutzung dort limitiert, und zwar erheblich. Ob das jetzt im Dachgeschoss oder im Erdgeschoss ist, ist jetzt erst mal egal. Das werden wir dann herausbekommen, und das muss man dann sehen, ob das geht oder nicht. Das ist jedenfalls mein Ansatzpunkt dabei. Darüber sind wir aber auch nach wie vor in Gesprächen, und das versuchen wir hinzubekommen. Es muss eine saubere Lösung sein. Es muss eine Lösung sein, wo die Risiken festliegen, bevor man damit angefangen hat. Ich glaube, so sollten wir da weiter vorgehen, im Interesse einer Verwirklichung der Bauakademie.

Sonst geht das nur über eine normale investive Maßnahme im Haushalt. Bitte, das kann man machen. Wenn sich dafür die Mehrheiten finden, ist das eine ganz klare Linie. Wenn es aber bei der Ursprungsidee bleibt: Wir bringen das Grundstück ein, der Rest muss privat finanziert werden –, sind wir in der jetzigen wirtschaftlichen Situation in der Lage, die wir gerade miteinander zur Kenntnis nehmen mussten. Es ist nicht so leicht, dieses mit privaten Mitteln zu finanzieren.

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Regierender Bürgermeister! – Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags auf Drucksache 16/3009 federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr und mitberatend an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten, wozu ich keinen Widerspruch höre.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4 c:

a) Beschlussempfehlung

Umsetzung Gender-Mainstreaming I: geschlechtsdifferenzierte Datenerhebung und -auswertung

Beschlussempfehlung WiTechFrau Drs 16/2996 Antrag der Grünen Drs 16/1882

b) Beschlussempfehlung

Umsetzung Gender-Mainstreaming II: Verwaltung genderorientiertes Fachwissen vermitteln

Beschlussempfehlung WiTechFrau Drs 16/2997 Antrag der Grünen Drs 16/1883

Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Frau Kofbinger hat das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jetzt wird es spannend. Gender-Mainstreaming ist mal wieder auf der

Tagesordnung. Das ist leider kein Grund, sich zu freuen. Wir sprechen heute über zwei Anträge, die wir vor ungefähr anderthalb Jahren eingebracht haben, weil wir schon zum damaligen Zeitpunkt den Eindruck hatten, dass dieser Gender-Mainstreaming-/Gender-Budgeting-Prozess in dieser Stadt ein bisschen vor sich hindümpelt. Wir wollten dem Ganzen mal einen kleinen Anstoß geben und haben richtig gute Vorschläge gemacht.

Um es kurz zu machen: Sie haben diese Anträge im Verwaltungsreformausschuss besprochen, bis zur Unkenntlichkeit verändert und dort abgestimmt. Den so geänderten Anträgen können wir heute nicht zustimmen. Unser Fazit lautet, wie es eigentlich immer lautet in der Gleichstellungspolitik: Grün will verbessern – Rot-Rot will verwässern.

[Beifall bei den Grünen]

Im ersten Antrag geht es um eine bessere und qualifiziertere Datenerhebung. Das macht auch Sinn, denn die regelmäßigen Berichte zur Umsetzung von Gender-Mainstreaming und Budgeting in Berlin machen deutlich, dass der Berliner Senat von einer konsequenten geschlechterdifferenzierten Datenerhebung noch sehr weit entfernt ist.

Ein Problem ist sicherlich, dass fast ausschließlich quantitative Daten erfasst wurden. Zur erfolgreichen Umsetzung muss die Auswertung und Analyse auch unter qualitativen Gesichtspunkten erfolgen. Damit Sie das alle verstehen, gebe ich Ihnen ein ganz einfaches und allgemein bekanntes Beispiel, von dem Sie alle schon gehört haben. Seit einiger Zeit diskutieren wir die Tatsache, dass Jungen in der Schule teilweise erschreckend schlecht abschneiden. Nach Bekanntmachung dieses bedauerlichen Zustandes, den wir wohl alle verbessern wollen, wurden sofort Zahlen erhoben – quantitative Zahlen, die besagten, dass es z. B. neben den Schülern auch den Lehrkörper gibt und dieser in der Grundschule zu 90 Prozent aus Frauen besteht. Aufgrund dieser quantitativen Erhebung wurde der auf den ersten Blick logische Schluss gezogen, dass Jungen durch zu viele Lehrerinnen offensichtlich benachteiligt werden. Es sollten jetzt also mehr Männer in den Lehrerberuf gelockt werden, und schon ist das Problem fast gelöst. Mittlerweile gibt es aber mehrere Studien und mehr vergleichbare Zahlen, die das als blanken Unsinn enttarnen. Dankeswerterweise hat das Bundesjugendkuratorium zum Jahresende neun Anregungen für die politische Debatte gegeben. An erster Stelle, als TOP 1, steht dort, man glaubt es kaum, es ist aber wahr: „Mit Hilfe des Gender-Mainstreaming Ansatzes sollen Handlungsmuster und Strukturen dahingehend untersucht werden, ob sie zur Förderung der Chancengleichheit von Jungen und Mädchen geeignet sind.“ So einfach kann Gender-Mainstreaming sein, wenn man die richtigen Daten hat. Wenn das BJK auf Ihre Art der Datenerhebung angewiesen gewesen wäre, wäre es zu dem Ergebnis gekommen, wir stellen ein paar Lehrer mehr ein, und nach fünf oder zehn Jahren hätten Sie dann festgestellt, dass dadurch die Lesekompetenz der Jungen auch nicht besser wird. Das BJK war aber so schlau, das schon vorher zu untersuchen, und deshalb kam es zu einem anderen Ergebnis.

Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit

Das und viele andere spannende Ergebnisse, die es dabei gab, kann man generieren, wenn die Daten richtig bzw. wenn die richtigen Daten erhoben werden. So kann Gender Mainstreaming und Budgeting in Berlin wirkungsvoll verankert werden.

[Beifall bei den Grünen]

Die Frage ist natürlich, was machen Sie mit unserem Antrag? – Einen Prüfantrag für den Senat, der feststellen soll, ob es und wo es vielleicht noch Bedarf gibt! Dieser Antrag geht völlig an der Intention vorbei und wird von uns deshalb auch abgelehnt.