Protokoll der Sitzung vom 11.03.2010

Lfd. Nr. 7:

a) Beschlussempfehlung

Zweite Stufe der Umweltzone verschieben – Moratorium zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit und zur einheitlichen Regelung bundesweit nutzen

Beschlussempfehlung GesUmVer Drs 16/2936 Antrag der CDU Drs 16/2794 Neu

b) Beschlussempfehlung

Alternativen zur Umweltzone (I) – innovative Lösungen für den Wirtschaftsverkehr

Beschlussempfehlung StadtVerk Drs 16/2953 Antrag der FDP Drs 16/0636

c) Beschlussempfehlung

Wissenschaftliche Begleitung der Umweltzone

Beschlussempfehlung StadtVerk Drs 16/2954 Antrag der CDU Drs 16/0694

Beratung ist nicht mehr vorgesehen. Der Fachausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen CDU und FDP die Ablehnung des Antrags der Fraktion der CDU Drucksache 16/2794 neu, Stichworte: Zweite Stufe der Umweltzone verschieben. Wer diesem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Das sind die anderen Fraktionen. Wer enthält sich? – Keine Enthaltung. Dann ist der Antrag abgelehnt.

Zum Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/0636, Umweltzone I, empfiehlt der Verkehrsausschuss mehrheitlich gegen FPD die Ablehnung auch mit Änderung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die FDP-Fraktion. Wer ist dagegen? – Das sind die anderen Fraktionen. Wer enthält sich? – Dann ist der Antrag abgelehnt.

Zum Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/0694, Wissenschaftliche Begleitung, empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen die CDU und bei Enthaltung der FDP die Ablehnung, auch mit dem geänderten Berichtsdatum 30. Juni 2010. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CDU. Wer ist dagegen? – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Grünen. Wer enthält sich? – Das ist die FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Die Tagesordnungspunkte 8 und 9 befinden sich auf der Konsensliste. Die lfd. Nr. 10 ist bereits als Priorität unter dem Punkt 4 a der Tagesordnung behandelt worden.

Ich rufe auf

Claudia Hämmerling

lfd. Nr. 11:

Beschlussempfehlung

Jahrgangsübergreifendes Lernen ohne Zwang

Beschlussempfehlung BildJugFam Drs 16/2987 Antrag der CDU Drs 16/2381

Es beginnt die antragstellende Fraktion. Für die CDUFraktion hat der Kollege Sascha Steuer das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Schulgesetzänderung von 2003 hat es massive Veränderungen in den Berliner Grundschulen gegeben. Es wurden die Rückstellungen von einer Einschulung nicht mehr möglich gemacht. Das Einschulungsalter wurde vorgezogen. Der Förderbedarf der Schüler wurde nicht mehr festgestellt. Die ersten beiden Klassen der Sonderschulen wurden aufgelöst. Alle Schüler, also jünger, mit Förderbedarf, egal, ob sie in der Lage sind, in diesem Alter bereits in die Schule zu gehen oder nicht, mussten in die Grundschule gehen. Die Schulen waren vielerorts mit diesen Veränderungen massiv überfordert.

Das Ergebnis haben wir dann in der Statistik in den letzten Jahren zur Kenntnis nehmen dürfen. In dieser sogenannten flexiblen Schulanfangsphase blieben 16,5 Prozent der Schüler der zweiten Klassen sitzen oder, wie der Senat es euphemistisch nennt, sie verweilen in der so flexiblen Schulanfangsphase. 16,5 Prozent der Schüler eines Jahrgangs, die sitzenbleiben, um die Klasse zu wiederholen – das ist eine Katastrophe! Man muss ganz deutlich sagen: Das, was Sie mit der flexiblen Schulanfangsphase verbunden haben, hat sich nicht erfüllt. Die flexible Schulanfangsphase ist in dieser Form gescheitert.

[Beifall bei der CDU]

Sie wollten, dass die Schüler mitgenommen werden, dass sie von den älteren Schülern lernen, dass Lehrer sich um Teillerngruppen in den Klassen kümmern. Viele Lehrer haben das auch anfangs gewollt und haben sich viel Mühe gegeben, diese pädagogische Reform umzusetzen. Aber sie mussten feststellen, dass es zu wenig Personal in den Grundschulen gibt, dass die Mehrbelastungen der Lehrkräfte kaum mehr auszuhalten sind.

Viele Eltern haben zunehmend Angst vor dieser Reform bekommen und haben gesehen, dass sie gerade in den Innenstadtbezirken, an den schon ohnehin belasteten Schulen nicht umzusetzen ist. Sie haben dennoch daran festgehalten und die Hilferufe ignoriert. Sie haben die Schülerinnen und Schüler dieser Stadt zu Versuchskaninchen Ihrer ideologischen Bildungspolitik gemacht!

[Beifall bei der CDU]

Auf der letzten Sitzung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie hat Frau Harant dann für die SPDFraktion erklärt, man habe 2003 vielleicht etwas zu viel gemacht und zu viel erwartet. Ich würde sagen: Sie haben das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Deshalb haben wir

ja in diesem Haus einen Teil der Reform wieder rückgängig gemacht. So ist es jetzt wieder möglich, Kinder von der Einschulung zurückzustellen, damit sie noch ein Jahr länger zuhause erzogen und gebildet werden können, bevor sie in die Schule gehen und dort völlig überfordert werden. Ich rufe Sie auf, meine Damen und Herren von der Koalition: Machen Sie das, was Frau Harant richtigerweise zu einem Teil gemacht hat, nach! Es ist in der Politik nicht schlimm, einen Fehler einzugestehen und einzugestehen, dass man über das Ziel hinausgeschossen ist. Gehen Sie ab von dem Zwang des jahrgangsübergreifenden Lernens hin zu einer Freiwilligkeit! Gestehen Sie ein, dass der Zwang nicht richtig war, und lassen Sie uns gemeinsam den Schulen die Botschaft übersenden: Jawohl, ihr könnt das machen, ihr bekommt zusätzliches Lehrpersonal dafür, aber nur, wenn ihr das wollt, wenn ihr euch in der Lage seht, das umzusetzen. Also, endlich Zwang weg, und Freiheit für die Schulen in Berlin!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Ich war anlässlich des bundesweiten Vorlesetages an einer Grundschule und habe dort in mehreren Klassen vorgelesen. Ich bin dort auf einen Schüler der dritten Klasse getroffen, der mir gesagt hat: An unserer Schule gilt das jahrgangsübergreifende Lernen nicht nur für Klasse 1 und 2, sondern auch für die dritte Klasse. Ich bin unzufrieden damit. – Er hat das natürlich in seinen Worten gesagt. – Ich bin unzufrieden damit, weil ich endlich mal etwas lernen möchte und nicht nur die Erst- und Zweitklässler unterrichten möchte. – Ich muss Ihnen sagen, das ist mir nahegegangen. Vielleicht verlangen wir von den Schülerinnen und Schülern etwas zu viel. Und Sie verlangen von den Schülerinnen und Schüler zu viel, wenn Sie das als Zwang für alle Schulen beibehalten.

Tun Sie das, was alle anderen Bundesländer machen, und gehen Sie ab von dem Berliner Sonderweg. Berlin ist das einzige Bundesland, das das jahrgangsübergreifende Lernen als Zwang hat. Das gibt es nirgend woanders. Sie kennen ja die wissenschaftliche Untersuchung aus Brandenburg, die zu dem Ergebnis gekommen ist, dass das jahrgangsübergreifende Lernen vielleicht nichts schadet, aber dass es auch nichts bringt. Es bringt nur dann etwas, wenn alle motiviert sind, es umzusetzen und wenn es an der einzelnen Schule funktioniert. Gehen Sie ab von dem Durchsetzen des Zwangs für alle! Weil es an einer Schule richtig ist, muss es nicht für alle richtig sein. Geben Sie den Schulen endlich die Freiheit zurück, das pädagogische Experiment des jahrgangsübergreifenden Lernens nur dann umzusetzen, wenn sie es wollen und sich dazu in der Lage sehen! – Danke sehr!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat jetzt die Kollegin Frau Dr. Tesch.

Vizepräsident Dr. Uwe Lehmann-Brauns

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf Sie daran erinnern, wir haben bereits im Jahr 2004 und nicht im Jahr 2003 ein neues Schulgesetz beschlossen, das das Einführungsalter um ein halbes Jahr zurückgesetzt und die Schulanfangsphase eingeführt hat.

[Mieke Senftleben (FDP): Ja! Richtig!]

Ersteres war notwendig, Frau Senftleben, weil in Berlin das Einschulungsalter damals durchschnittlich bei 6,8 Jahren lag.

[Mieke Senftleben (FDP) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Dies konnten wir aufgrund der Neuerung sofort auf 6,2 Jahre herabsetzen, um im deutschlandweiten und erst recht im internationalen Bereich kompatibel zu sein.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Senftleben?

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Tesch! – Natürlich war es richtig, das Einschulungsalter herunterzusetzen.

[Dr. Felicitas Tesch (SPD): Schön!]

Aber Sie müssen doch zugeben, dass es offensichtlich falsch war, das für alle gleichermaßen gültig zu machen, das heißt, dass kein Kind mehr zurückgestellt werden durfte. Darum geht es doch! Es geht nicht darum, das Schulalter zu senken.

[Zurufe von der SPD und der Linksfraktion: Frage!]

Wie stehen Sie dazu?

Das war keine Frage, sondern eine Stellungnahme, Frau Kollegin! – Ich stehe dazu wie folgt: Natürlich gibt es in Ausnahmefällen Kinder, die zurückgestellt werden könnten. Aber es waren in Berlin einfach viel zu viele Kinder, die zurückgestellt wurden, wo es nicht erforderlich war. Deshalb kam es zu so einem hohen Durchschnittsalter. Außerdem ist es auch wissenschaftlich erwiesen, dass jahrgangsübergreifendes Lernen sinnvoller ist als eine Eingruppierung rein nach Lebensalter. Das schafft übrigens auch keine homogenen Gruppen.

Mir liegt noch eines am Herzen: Ich möchte wieder einmal betonen, dass JÜL etwas anderes ist als die Schulanfangsphase. Das merkt man immer wieder in der Bevölkerung, aber anscheinend hat es auch die CDU-Fraktion nicht kapiert, so wie sie auch einiges andere nicht kapiert hat.

[Lars Oberg (SPD): Das wundert uns nicht! – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

JÜL umfasst die ersten drei Klassen. Manchmal auch die Klassen vier bis sechs, wie es z. B. die Peter-PetersenSchule macht. Sie erzielt damit sehr gute Erfolge. Ich habe mich durch Hospitationen davon überzeugen können. Dieses JÜL ist freiwillig. Dazu wird keine Schule in Berlin gezwungen. Was wir allerdings im Gesetz festgeschrieben haben, ist die Schulanfangsphase, die die ersten beiden Jahrgangsstufen umfasst und die je nach Kind in einem, zwei oder drei Jahren durchlaufen werden können. Das ist gerade das Flexible an dieser Schulanfangsphase. Deswegen heißt sie in Brandenburg auch FLEX. Hier besteht kein Beschlussrecht der Schulkonferenz. Das haben wir im Gesetz so festgeschrieben. Es gab aber – das konzediere ich durchaus – am Anfang durchaus noch Probleme. Deswegen wurden kulante Regelungen geschaffen.