Protokoll der Sitzung vom 25.03.2010

Sie haben 2004 dafür gesorgt, dass die Privaten ihre Renditevorstellungen nicht erst 2008, sondern sofort 2004 umsetzen können. Das waren Punkte, an denen Sie Hebel hatten, mit den Privaten darüber zu verhandeln, aus den Verträgen auszusteigen, neu zu verhandeln, andere Vorschriften zu implementieren. Sie haben es jetzt noch nicht einmal geschafft, die Privaten dazu zu bringen, eine Vereinbarung zu unterschreiben, mit der Sie einen festen Betrag für die Neuinvestitionen in die vorhandene Infrastruktur festschreiben.

Entschuldigung!

Nein! Keine Zwischenfragen! – Wie, bitte schön, wollen Sie sie dazu bekommen, grundsätzlich auf die ihnen garantierten Renditen aus diesem Geschäft zu verzichten? Ich sage Ihnen, Herr Wolf, wir glauben da nicht mehr an Ihre Fähigkeiten, dass Sie tatsächlich in der Lage sind, hier etwas zu verändern. Diese Chancen haben Sie verpasst, und Sie haben das Vertrauen gegenüber den Berlinerinnen und Berlinern verspielt.

[Beifall bei den Grünen – Steffen Zillich (Linksfraktion): Das ist nicht identisch: Volker Ratzmann und die Berlinerinnen und Berliner!]

Das Gleiche gilt für die S-Bahn. Auch da hätten wir gern von Ihnen gehört, wie Sie das anstellen wollen, die S-Bahn tatsächlich aus dem DB-Konzern herauszulösen. Ich habe gerade gestern Herrn Ramsauer im Radio vollmundig verkünden hören: Wir haben überhaupt kein Interesse, die S-Bahn zu verkaufen! Wir haben null Interesse, sie aus dem Konzern der DB zu entlassen! –

Wie bitte schön wollen Sie Ihre Strategie umsetzen? Erklären Sie sich doch in diesem Bereich einfach einmal! Wir würden gerne mit Ihnen darüber diskutieren, wie wir sinnvoll eine Infrastruktur aufbauen, die garantiert, dass die Berlinerinnen und Berliner einen vernünftigen öffentlichen Personennahverkehr haben. Sie bleiben aber bei Ihren wolkigen Formulierungen und werden nicht konkret. Ich sage Ihnen: Jetzt ist der Moment, darüber zu diskutieren, und nicht erst, wenn wir Sie wieder vors Verfassungsgericht zerren müssen, damit Sie die von Ihnen geschlossenen Geheimverträge offen legen müssen. Hier ist der Ort, wo wir darüber reden müssen.

[Beifall bei den Grünen]

Das gilt auch für Ihre Ankündigung, dass sie die Infrastruktur zurückhaben wollen. 2006 und 2007 hatten Sie die Chance, die Verträge zu kündigen. Da hätten Sie sagen können: ja, wir kündigen das auf. Wir gehen den Weg und suchen uns Partner, mit denen wir die Netze wieder unter den kommunalen Einfluss bekommen können. Diese Chance haben Sie verstreichen lassen. Warum sollen

wir Ihnen denn jetzt noch glauben, dass Sie willens und in der Lage sind, das umzusetzen.

Sie reden darüber, dass Verträge und Strukturen controlled werden müssten. Auch das haben wir gesehen. Wir haben heute in der Aktuellen Stunde über ein beredtes Beispiel geredet und gesehen, wie schwierig es ist und wie unfähig die Berliner Verwaltung ist, Private in diesen Bereichen zu kontrollieren. Jetzt wollen Sie uns erzählen, man müsste einfach nur ein Controlling hinstellen, und das würde dann irgendwie funktionieren. Wie wollen Sie ein Controlling in der Berliner Verwaltung aufbauen? Sie werfen der Stadtentwicklungssenatorin vor, sie hätte mit ihrer Strategie einen Prozess gegen die Wasserbetriebe, in dem es um die Entwässerungsentgelte ging, vergeigt. Das steht in Ihrem Papier. Aber einen Ansatz, wie und mit welchen Konsequenzen und Strukturen Sie vielleicht in Ihrem eigenen Haus etwas aufbauen wollen, vermissen wir leider in den von Ihnen vorgelegten Papieren.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Florian Graf (CDU) und Björn Jotzo (FDP)]

Herr Wolf! Sie schreiben schöne Worte an die Wand. Die klingen ganz gut. Aber Sie haben in der Vergangenheit einfach zu viele Chancen verstreichen lassen. Sie haben zu viel Papier mit zu vielen schönen Worten beschrieben. Wir glauben Ihnen nicht mehr, dass Sie das, was Sie in Ihrem Papier dargelegt haben, auch umsetzen wollen, geschweige denn können. Deswegen sind Sie die Falschen, um die Stadt so zu organisieren, wie es gehört, nämlich zum Wohle der Berlinerinnen und Berliner. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Ratzmann! – Herr Lederer hat jetzt das Wort für eine Kurzintervention. – Bitte!

Da ich die Chance, eine Zwischenfrage zu stellen, nicht bekommen habe, muss ich jetzt eine Frage nachschieben, zumal von Herrn Ratzmann so vehement Klarheit, Erkennbarkeit und programmatische Festigkeit von meiner Fraktion eingefordert wurden. Da muss die Frage legitim sein, was eigentlich die Position der Grünen ist.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Wir haben jetzt mehrere Fraktionen gehört. Herr Thiel und Herr Schmidt haben versucht, das Debattenangebot seriös anzunehmen. Es gibt zwar unterschiedliche Positionen, aber man unterhält sich vernünftig darüber. Bei den Grünen weiß ich hingegen nicht, wofür sie einstehen. Sie sagen: Herr Wolf, wir glauben Ihnen nicht. – Wir können in anderthalb Jahren ja prüfen, was Herr Wolf eingehalten hat. Da lassen wir uns gerne von Ihnen in die Verantwor

tung nehmen. Das ist aber keine Aussage dazu, was die Grünen wollen, sondern nur feuilletonistisches Gerede.

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Sie können jetzt leider nicht auf mich reagieren, Herr Esser. Vielleicht hätten Sie zu dem Thema sprechen sollen, denn Sie sind vielleicht ein bisschen mehr Experte für Daseinsvorsorge. Ich weiß aber nicht, ob Ihre Position in Ihrer Fraktion mehrheitsfähig gewesen wäre, Herr Kollege Esser. Bei den Grünen scheint es an der einen oder anderen Stelle Streit über die Daseinsvorsorge zu geben.

[Beifall bei der Linksfraktion – Beifall von Stefan Zackenfels (SPD)]

Jenseits des feuilletonistischen Geredes interessiert mich aber, ob nach Ansicht der Grünen die Wohnungen verkauft, der ÖPNV in Teilstrecken ausgeschrieben, die Unimedizin und die Krankenhäuser perspektivisch verkauft werden sollen. Herr Ratzmann sagt nur, dass das Geld privater Investoren für die Berlinerinnen und Berliner genutzt werden soll. Blabla! Was heißt denn das? Was soll verkauft werden? Wie stehen Sie zur öffentlichen Infrastruktur? In welchen Bereichen kann man sich davon trennen? Wo muss man sie sichern? Und wo muss man öffentliche Kontrolle aus welchen Gründen besonders sichern?

[Beifall bei der Linksfraktion]

Wenn die Grünen immer als moralische Oberväter und -mütter zur Frage Klientelpolitik daherkommen, dann fordere ich Sie aus, sich mit all denen zu unterhalten, die nach der rot-grünen Regierungsphase in den Lobbyismus gewechselt sind und jetzt auf unserer Matte stehen, um über Netze und Infrastruktur in Berlin zu verhandeln. Sie können sich dazu mit Herrn Schlauch und Herrn Berninger unterhalten, die Experten für das Mitbringen von Geld sind. Dann können Sie hier Ihre Position offen legen, damit wir darüber diskutieren können. Es reicht nicht, sich an uns abzuarbeiten. Man muss irgendwann einmal eigene Aussagen treffen.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Lederer! – Herr Ratzmann möchte erwidern und erhält dazu die Gelegenheit. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lederer! Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Sie einmal wirklich über Anträge von uns diskutiert haben. Wir haben zig Anträge eingebracht, die von Ihnen pauschal abgelehnt wurden. Wir haben mit Ihnen gemeinsam bereits im Jahr 1999 der SPD und CDU gesagt: Lasst das mit der Teilprivatisierung sein!

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Das war gut!]

Wir sind damals mit Ihnen vors Landesverfassungsgericht gezogen. Ich kann mich an Diskussionen mit Harald Wolf im Rechtsausschuss erinnern, wo wir gefordert haben, erst einmal zu prüfen, was passiert, wenn das Teilprivatisierungsgesetz nicht auf den Weg gebracht wird. Das wäre eine Chance gewesen auszuschreiben, Geld in die Hand zu nehmen und die Privaten aussteigen zu lassen. Da hieß es: Nein, das geht nicht. – Zahlen wurden nicht auf den Tisch gelegt. Wir haben in den Jahren 2005 bis 2007 vorgeschlagen, die Konzessionsverträge zu kündigen und nach einem Modell zu suchen, um das wieder in kommunale Hand zu bekommen. Das wurde alles pauschal abgelehnt.

[Beifall bei den Grünen – Zuruf von der Linksfraktion: Schwätzer!]

Wenn wir solche Anträge stellen, werfen Sie uns Populismus vor, und von Ihnen kommt nichts. Herr Lederer! Sie müssen endlich einmal akzeptieren, dass Sie in der Regierung sind und nicht nur schöne Worte machen können, sondern von Ihnen werden Modelle erwartet, mit denen die Probleme in der Stadt gelöst werden können.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Was wollen Sie an Infrastruktur behalten und was verkaufen?]

Wie gedenken Sie das zu lösen? Wir können künftig gerne einen Tagesordnungspunkt in die Sitzung einbauen „Große Anfrage an die Opposition“. Dann werden wir Ihnen unter diesem Punkt darlegen, was wir wollen. Im Moment sind Sie gefragt. Wir haben Ihnen genug Angebote in vielen unterschiedlichen Feldern gemacht. Ihre Vernebelungstaktik zu sagen, wir wollten Universitätsmedizin verkaufen – –

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Ich habe nur gefragt!]

Auf dumme Fragen antworte ich gar nicht.

[Beifall bei den Grünen]

Die Frage, wie wir zur Krankenhauslandschaft und zum ÖPNV stehen, haben wir hinreichend beantwortet. Lassen Sie uns darüber reden! Wir sind sehr gespannt, was Herr Wolf uns auf der Veranstaltung präsentieren wird, wenn es darum geht, einen Energieversorger zu kreieren, der in der Lage ist, die Energie in der Stadt zu bündeln und zu nutzen. Ich sage nach wie vor: Ein Senator, der mit dem Wort Rekommunalisierung ins Feld zieht und nicht in der Lage ist, seine Schlachtordnung darzustellen, wird den Kampf verlieren. Wir sind nicht die einzigen, die sich auf diesem Markt tummeln. Es ist in unserem Interesse, die Energieversorgung in der Stadt so zu organisieren, dass möglichst viele Erneuerbare in unserer Hand sind und wir die Stadt energetisch auf eine neue Grundlage stellen. Dazu fehlt Ihnen von Rot-Rot die Puste und auch die Fantasie. – Vielen Dank!

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ratzmann! – Die Große Anfrage Drucksache 16/3654 ist damit begründet, beantwortet und besprochen.

Ich bitte die Geschäftsführer, nach oben zu kommen.

[Kurze Unterbrechung]

Ich setze jetzt die Tagesordnung fort. Die Große Anfrage Drucksache 16/3054 ist begründet, beantwortet und besprochen.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 10:

a) Beschlussempfehlung

Eine Zukunft für das Tempelhofer Feld

Beschlussempfehlung StadtVerk Drs 16/2955 Antrag der FDP Drs 16/2897

b) Beschlussempfehlungen

Tempelhofareal für die Stadt öffnen und bürgernah und zukunftsfähig entwickeln

Beschlussempfehlungen StadtVerk und Haupt Drs 16/3005 Antrag der Grünen Drs 16/1926

Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der FDP. Herr von Lüdeke hat das Wort. – Bitte sehr!