Für die Beratungen steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der FDP.
Da es aber mittlerweile schon Nachfragen gegeben hat, möchte ich zuvor das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Thema
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir legen Ihnen heute einen Antrag zur Beratung vor, der zwei Ziele miteinander verbindet. Zum einen fordern wir den Senat auf, das Gesetzgebungsverfahren zur Reform der Jobcenter, das gerade heute in I. Lesung im Deutschen Bundestag aufgerufen wurde, zu unterstützen, zum anderen fordern wir den Senat auf, sich um einen Optionskommunenstatus zu bewerben.
Warum tun wir das? – Wir sind davon überzeugt, ein Ziel jeglicher Arbeitsmarktpolitik ist es, dass arbeitslose Menschen möglichst schnell, möglichst individuell vermittelt werden können – und das in den ersten, regulären Arbeitsmarkt. Zwischenzeitlich kann es notwendig sein, dass sie Qualifizierungsmaßnahmen besuchen, dass sie an Umschulungen teilnehmen oder auch Stabilisierungsmaßnahmen angeboten bekommen. Für uns ist interessant, dass eine Evaluation der Aufgabenträgerschaft nach dem SGB II der Jahre 2005 bis 2008 von Hesse und Götz bereits 2008 feststellte, dass sogenannte Optionskommunen eher eine nachhaltige Integration und Stabilisierung durch dezentrale Vollzugsgestaltung erreichen. Es ist davon auszugehen, dass die bislang 69 bestehenden Optionskommunen weiterhin – dann nach der Gesetzesänderung – unbefristet existieren werden.
Wie ist die Situation in Berlin? – Wir haben ca. 240 000 arbeitslose Menschen, von denen 80 Prozent sogenannte Hartz-IV-Empfänger sind.
Entschuldigung, Herr Abgeordneter Thiel! – Wenn Sie doch bitte wieder etwas Ruhe in den Saal einkehren lassen würden!
Wir haben eine Flut von Klagen vor den Sozialgerichten, die interessanterweise häufig zu Gunsten der Klägerinnen und Kläger entschieden werden. Wir haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern, die sehr gestresst sind und die sich ausgenutzt fühlen, da sie teilweise einfach mit der Menge an Arbeit, die sie leisten müssen, überfordert sind. Das Entscheidende ist aber, dass wir unzufriedene Kunden haben, zu gut deutsch: arbeitssuchende Menschen, die sich häufig fragen, was machen die da in den Jobcentern eigentlich, warum muss ich immer wieder antanzen und Fragen beantworten, ich will einen Arbeitsplatz.
Wir wollen individuelle, schnelle Vermittlung in den ersten regulären Arbeitsmarkt und so verstanden wir auch den Beitrag von Herrn Heilmann, den stellvertretenden Vorsitzenden der CDU Berlin, der sich durchaus positiv über die Bewerbung als Optionskommune äußerte.
Wir glauben, Optionskommunen werden dazu beitragen, die Belastungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern – dadurch dass die Zahl der zu betreuenden Kunden geringer wird – zu senken. Wir glauben, dass es sinnvoll ist, regionale Besonderheiten, regionale Chancen, die sich bieten, durch Optionskommunen positiv für die arbeitssuchenden Menschen zu nutzen. Wir haben in Berlin natürlich einen anderen Arbeitsmarkt – sei es in Steglitz-Zehlendorf oder in Reinickendorf oder in Neukölln. Es ist vollkommen unverantwortlich, zu glauben, alle arbeitssuchenden Menschen müssten gleichbehandelt werden. Diese Gleichmacherei ist falsch.
Wir setzen uns dafür ein, dass wir individuelle Lösungen für die einzelnen Betroffenen finden, und dazu macht es großen Sinn, regionale Möglichkeiten auszuschöpfen – das geschieht im Moment eben nicht.
Wir sehen auch noch eine Chance, dass eine Optionskommune, die sich vernünftig aufteilt, einen positiven Wettbewerb untereinander ermöglicht, den richtigen Weg zu finden, möglichst schnell arbeitslose Menschen zu vermitteln. Deswegen laden wir Sie ein, uns im Interesse der arbeitslosen Menschen zu unterstützen, dass von den verbleibenden 41 neuen Optionskommunen, die es zukünftig geben wird, eine auf Berlin entfällt. Wir bitten Sie um Unterstützung unseres Antrags. – Ich danke Ihnen!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Thiel! – Für die SPDFraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Grosse das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was die FDP auf Bundesebene nicht erreicht – und da erreicht sie im Moment ja nicht allzu viel, Gott sei Dank! –, versucht sie jetzt durch die Hintertür auf Landesebene zu erreichen – und zwar die Auflösung der Jobcenter.
Kurz vor Toresschluss wird aber die Mischverwaltung in den Jobcentern verfassungsrechtlich abgesichert. Es wurde auch höchste Zeit, denn das ist ein positives Signal für Berlin mit den ca. 300 000 Menschen in den Bedarfsgemeinschaften.
Und jetzt zu Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU! Durch die monatelange Blockade der CDU/CSUBundestagsfraktion wurde kostbare Zeit nicht genutzt, um die so notwendige Verfassungsänderung auf den Weg zu bringen. Die Zeit wurde zum Streiten genutzt, anstatt die Jobcenter rechtlich abzusichern und Planungssicherheit für die Betroffenen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen.
Danke! – Gegen den Willen von Schwarz-Gelb, die in ihrer Koalitionsvereinbarung die getrennte Aufgabenwahrnehmung vorgesehen hatte, können die Argen als gemeinsame Einrichtungen zwischen Kommunen und Agentur für Arbeit weitergeführt werden. Das neue Jobcenter ist künftig der Regelfall zur Betreuung von Arbeitssuchenden. Für das neue Jobcenter besteht nun die Chance für Berlin, die Qualität zu verbessern. In Berlin ist einheitliches Handeln mehr denn je notwendig. Wir werden nicht länger hinnehmen, dass bei einem Umzug in einen anderen Bezirk alle Unterlagen neu beigebracht werden müssen, dass alles von vorne beginnt. Die Akte muss mit dem Betroffenen mitgehen, das wollen wir erreichen.
Maßnahmen müssen bezirksübergreifend genehmigt werden. Auch das wollen wir erreichen. Einheitliche Öffnungszeiten und telefonische Erreichbarkeit gehören für die SPD-Fraktion ebenfalls dazu. Ich könnte noch viele Beispiele aufzählen, will es aber bei diesen belassen.
Wir benötigen eine zentrale Steuerung durch ein SGB-IIReferat, aber genauso ein zielgerichtetes Arbeitsmarktprogramm für Berlin unter Berücksichtigung der bezirklichen Gegebenheiten.
Die Vereinbarung zwischen Bundesregierung, Bundesländern und SPD eröffnet natürlich auch Berlin die Möglichkeit zu optieren, das heißt, Leistungen und Ver
mittlung vom Land Berlin zu erbringen. Diese Möglichkeit ist dadurch gegeben, dass die Zahl der optierenden Kommunen – Sie hatten es schon gesagt, Herr Thiel – von 69 auf 101 erhöht wird. Aber wir lassen uns nicht einladen, Herr Thiel. Wir werden Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der FDP, auf Option zu ziehen, nicht zustimmen. Wir werden das für Berlin vorerst ausschließen, werden aber die Entwicklung und die Zusammenhang mit der BA beobachten.
Wir wollen nämlich die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, Herr Thiel. Wir wollen die Verantwortung des Bundes für die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit.
Wir wollen, dass nicht die überregionale Vermittlung erschwert wird und die Gefahr des Flickenteppichs bei den sozialen Leistungen verhindern. Nicht nur die bestehenden 69 Optionskommunen haben bewiesen, dass sie erfolgreich gearbeitet haben, Herr Thiel. Die Studie sagt auch etwas anderes, nämlich dass auch die Arbeitsgemeinschaften genauso erfolgreiche Arbeit geleistet haben.
Wir werden dafür in Berlin die Weichen stellen und verhindern, dass wir in der Arbeitsmarktpolitik einen Flickenteppich bekommen. Jeder Arbeitslose hat das Recht auf gleiche Leistung und gleiche Eingliederung, egal, ob er in Steglitz-Zehlendorf oder in Neukölln, Mitte oder Pankow lebt.