Erstaunlich finde ich auch, wie Sie hier am Pult stehen und um das Ausgeben öffentlicher Mittel flehen. Sie flehen den Senat an, er möge, unabhängig von jeder Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, doch endlich 20 Millionen Euro ausgeben, und das nach dem donnerhallenden Getöse Ihres Fraktionsvorsitzenden, der irgendetwas von Konsolidierung erzählt hat. Herr Zimmer, das passt nicht zusammen, und das ist Ihrer – das gestatten Sie mir – auch nicht würdig!
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! 2010 beginnen wir in Berlin das Wissenschaftsjahr, und da böte es sich tatsächlich an, im Rahmen einer Großen Anfrage die Bedeutung der Wissenschaft in Berlin, ihre Perspektiven, ihre Wirkung für den Arbeitsmarkt und ihre Bedeutung auch für die Entwicklung einzelner Bezirke und Stadtteile zu beleuchten. Sie, liebe Kollegen von der CDU, haben mit Ihrer Anfrage jedoch statt des Ganzen
und seiner bedeutsamen Teile lieber das ganz Kleine, das ganz Spezielle in den Fokus gerückt. Ob das wirklich eine große Anfrage ist, kommentiere ich jetzt nicht.
Zum Thema! Die Gesundheitswirtschaft und die Lebenswissenschaften sind für Berlin von größter Bedeutung. Dieses Segment trägt wesentlich zum wissenschaftlichen Profil der Stadt bei und bürgt ein enormes wirtschaftliches Potenzial. Dieses Potenzial zu nutzen ist eine seit Jahren von dieser Koalition verfolgte Strategie, und wir dürfen zu Recht sagen, eine erfolgreiche Strategie. Der Standort Buch spielt dabei selbstverständlich eine wichtige Rolle. Dass wir uns klar zu diesem Standort bekennen, können Sie auch daran ermessen, dass wir im letzten Haushalt den Weg für eine Millionen-Investition am Max-DelbrückCentrum eben in Buch freigemacht haben. Buch ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass die Lebenswissenschaften in Berlin auf vielen tragenden Säulen stehen, und da verbietet sich klugerweise in diesem Bereich eine Zentralisierung. Egal, ob man es, wie die FDP, in Steglitz oder, wie die IHK, am Hauptbahnhof machen möchte – Berlin braucht in Steglitz, im Wedding, in Mitte und selbstverständlich auch in Buch starke Einrichtungen der Lebenswissenschaften.
Eine auf die Stärkung der Gesundheitswirtschaft und der Lebenswissenschaften ausgerichtete Strategie des Landes entbindet uns aber nicht von der Verantwortung, auch in diesem Bereich sorgsam, effizient und nachhaltig mit Fördermitteln umzugehen. Dies gilt gerade auch für Mittel der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur. Schließlich stammen diese Mittel – das ist bereits angesprochen worden – zur Hälfte vom Bund, und ihre Vergabe unterliegt strengen Kriterien, die zwischen den Ländern und dem Bund vereinbart werden.
Von der Verantwortung, die Förderbedingungen zu beachten, können – Herr Zimmer, das sollten Sie wissen – den Senat auch keine Beschlüsse von Bezirksverordnetenversammlungen oder die Unterstützung durch renommierte Forschungseinrichtungen entbinden. Der Senat hat sich an Recht und Gesetz zu halten. Das kann eine BVV so wenig wie eine lange und beeindruckende Liste von Unterstützern ändern.
Das gilt auch für den von Ihnen in diesen Großen Anfragen thematisierten Förderantrag für das Life-ScienceCenter Buch. Ja, das Life-Science-Center, das Forscherschloss, ist eine spannende Idee, und aus Sicht des Standortes Buch und der Wissenschaftsstadt Berlin wäre es zu begrüßen, wenn es zustande käme. Auch die Liste der prominenten Unterstützer ist beeindruckend. Das spricht tatsächlich eine beredte Sprache dafür, dass wir in Berlin so etwas gut gebrauchen könnten. Doch auch alle diese Aspekte können die geltenden Regeln der Gemeinschaftsaufgabe nicht außer Kraft setzen. Das Wünschenswerte, das wissenschaftlich Attraktive ist nicht immer auch das Wirtschaftliche – das gilt in diesem Fall – und auch nicht
Zu Ihren detaillierten Fragen möchte ich nur Folgendes sagen. Erstens: Ich maße mir als Abgeordneten an dieser Stelle kein Urteil über die Wirtschaftlichkeit des Konzeptes Life-Science-Center in Buch zu.
Zweitens: Ich hielte es für intellektuell unredlich und den Prinzipien der Gewaltenteilung nicht angemessen, wenn dieses Parlament darüber befände, ob das Life-ScienceCenter über eine tragfähige Investitionsplanung verfügt. Es wäre auch sicherlich nicht im Interesse und dem großen Engagement der Akteure in Buch gerecht werdend, wenn wir hier mit dem Senat Details wie Besucherprognosen, Reinvestitionsbedarf, Verkehrserschließung und vieles andere diskutieren würden. Auch Vergleiche mit Bremen und die Diskussion unterschiedlicher Standorte sind nichts, was in diesen Raum gehört.
Auch eine Auslegung – dabei wird es dann spannend, denn daran hängt Ihre ganze Argumentation – des Punktes 3.2.6 im Teil 2 Abschnitt A des Koordinierungsrahmens der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, nachzulesen in der Bundestagsdrucksache 16/13950, kann dieses Parlament bestimmt nicht leisten. Sie erwarten doch nicht ernsthaft eine Diskussion darüber, ob das in diesem Punkt Benannte in diesem Fall erfüllt ist oder nicht. Meine persönliche Auffassung dazu ist: Es ist nicht erfüllt. Es ist bedauerlich, aber eine Förderung auf diesem Weg ist leider dann auszuschließen.
Insgesamt offenbart Ihre Große Anfrage einen erstaunlichen Mangel an politischer Perspektive. Sie verlieren sich in einem eher trotzigen Kleinklein. Das ist zwar sicherlich gut gemeint, aber es führt am Ende zu nichts. Haben Sie sich eigentlich mal die Frage gestellt, ob Sie den Initiatoren des Life-Science-Centers in Buch einen Gefallen tun, wenn Sie deren abgelehnten Förderantrag zum Gegenstand einer öffentlichen Erörterung im Abgeordnetenhaus machen? Was ist das eigentlich für ein Signal an künftige Antragsteller, wenn diese nicht sicher sein können, dass die Details ihres Vorhabens und ihres Förderantrags nicht irgendwann in diesem Haus bei laufender Kamera diskutiert und im schlimmsten Fall auch zerpflückt werden? Ich glaube, es gibt gute Gründe, warum das Abgeordnetenhaus so etwas nicht diskutiert. Das ist nicht zuletzt auch im Interesse derer, die solche Projekte vorantreiben.
Wenn Sie jetzt den zehnjährigen Prozess skandalisieren und darauf hinweisen, dass der Senat aus verschiedenen Senatsverwaltungen heraus dem Projekt Unterstützung hat zuteil werden lassen, so ist das aus meiner Sicht etwas, was zunächst einmal zu loben ist. Es gibt eine spannende Idee, es gibt engagierte Akteure, und da wäre der Senat mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn er diese Akteure nicht unterstützen würde. Deshalb hat er sie in ihrem Weg zum Life-Science-Center unterstützt, hat mitgeholfen, das Konzept zu entwickeln und wichtige Fra
gen. Das waren aber alles konzeptionelle Fragen bezogen auf das Forscherschloss. Die Förderung durch die Gemeinschaftsaufgabe war nie Gegenstand dieser Förderung durch das Land, durch einzelne Senatsverwaltungen. Jetzt so zu tun, als ob der Zug seit zehn Jahren geradezu auf dem Gleis Gemeinschaftsaufgabe gefahren wäre und ein bösartiger Senat in letzter Sekunde die Weiche umstellt und das Ganze an die Wand fahren lässt – Herr Zimmer, das glauben Sie selbst nicht, weil Sie wissen, dass es schlicht falsch ist. Das Life-Science-Center ist interessant, es wäre schön, wenn es käme. Der Senat hat mitgeholfen, das Projekt zu entwickeln. Die gewählte Fördermethode ist jedoch leider untauglich. Das lässt sich auch nicht durch eine Behandlung hier in diesem Parlament und durch eine Große Anfrage ändern.
Wie ich eingangs erwähnte, gibt es genug große Fragen und auch Herausforderungen für die Wissenschaftspolitik. Ich höre jetzt auf zu reden,
setze mich auf meinen Platz, kümmere mich gemeinsam mit meinen Kollegen um die wirklich großen Herausforderungen. Wir machen weiter Politik für die Stadt und überlassen Ihnen das Stellen von zweifelhaften Anfragen genauso gern wie die Oppositionsbänke, auf denen Sie sich offenbar trefflich eingerichtet haben. – Herzlichen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Oberg! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr Frau Schillhaneck das Wort. – Bitte schön, Frau Schillhaneck!
Herr Oberg! Wenn die Frage, wie man zum Beispiel die Begeisterung für Naturwissenschaft, für Life-Sciences, für etwas, was zentral für den Wissenschaftsstandort Berlin ist, auch jungen Menschen, jungen Erwachsenen, älteren Kindern, Jugendlichen näher bringen kann, und zwar über die engen Stadtgrenzen Berlins hinaus, wenn das für Sie keine zentrale Frage, kein Zukunftsthema ist, dann frage ich mich, was Sie da eigentlich tun. Aber das nur nebenbei.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man muss aber auch feststellen, grundsätzlich gehen Sie gerade mit der Großen Anfrage und auch in der Behandlung des Themas ganz haarscharf an dem, was eigentlich die Frage sein müsste, vorbei. Herr Oberg hat gerade eben gesagt, so ist das jedenfalls nicht GA-förderfähig. Das ist ja alles richtig. Die zentrale Frage, die man stellen müsste, ist doch nicht, kriegen wir fürs Life-Science-Center darüber, dass der Bezirk, auch wenn er das eigentlich gar nicht wollte, die Trägerschaft hat, weil nur der Bezirk die GA
Mittel dafür beantragen kann, das irgendwie hin, sondern die Frage muss sein: Wollen wir ein Life-Science-Center?
Da haben sich genügend interessante Personen und Persönlichkeiten auch in Ihrem Senat dafür ausgesprochen. Das muss die Frage sein. Und da wäre die Frage an Sie auch im Senat: Wie beschaffen wir dann die nötige Finanzierung? Das kann man nicht auf den Bezirk oder die anderen Akteure am Standort Buch abwälzen, und das sollte man auch nicht abtun mit der Formulierung: Ja, das ist bestimmt dann von privatem Interesse. – Das kann man so nicht machen.
Interessant ist auch, dass Sie in der Koalition an einem solchen Punkt dann plötzlich die Haushaltsdisziplin entdecken. Die ist ein wunderbares Argument immer dann, wenn es Ihnen passt. Das muss man hier nicht weiter diskutieren. Ja, ein solches Life-Science-Center kostet Geld, die Frage ist, wer letztendlich das Risiko dafür trägt. Senator Wolf hat ausgeführt, das Risiko würde dann auf das Land Berlin zurückfallen. Aber die Frage ist: Ist es uns das wert? Wenn man sich ansieht, was dort geplant war: Der Standort Buch ist unzweifelhaft einer der relevanten Wissenschaftsstandorte in dieser Stadt.
Das werde ich Ihnen gleich darlegen, Herr Albers! – Es geht um die Frage: Wo soll dieses Zentrum hin, in welche Einbettung? Und die Frage: Macht man eine solches Projekt oder nicht? Was hätte man dort haben können: Man hätte ein interessantes sogenanntes Mitmachmuseum haben können, das vor allem die Zielgruppen ältere Kinder, Jugendliche, Schulklassen, junge Erwachsene anspricht und versucht, ein vielleicht vage vorhandenes, leider in unserer Schule viel zu wenig gefördertes Interesse an naturwissenschaftlichen Fragestellungen, am experimentellen Arbeiten, an den Zukunftsfragen im Bereich Life-Sciences, wie das seit ein paar Jahren so schön neuanglizistisch heißt, zu wecken, den Keim dafür zu setzen, dass mehr junge Menschen sich dafür entscheiden, den entsprechenden technisch-ingenieurwissenschaftlich-naturwissenschaftlichen Beruf zu ergreifen, entweder im Wege der Ausbildung oder im Wege des Studiums. Daher wäre das etwas, was sehr relevant ist auch für die Wissenschaftslandschaft in Berlin. Das wäre das Ideale genau in dieser Zusammensetzen dort am Life-Science-Standort Buch. Dort könnten die Leute sehen, aha hier sitzt das MDC, hier wird so etwas gemacht. Sie kämen direkt vor Ort auch sichtbar, auch räumlich in direkter Nähe, in Kontakt damit, wer das macht. Wenn die größte Hürde die Leute davon abhält, vielleicht auch mal jenseits von traditionellen Berufsentscheidungen zu sagen, ja, so etwas mache ich, ich gehe jetzt ein sogenanntes MINT-Fach studieren oder ich mache jetzt eine technische Ausbildung, vielleicht als erste Person in meiner Familie, vielleicht als erste Frau in meiner Familie, das hängt ganz wesentlich davon ab, dass es eine Form von Vertrautheit
Der einzige Punkt, wo man Ihnen leider sagen muss, da liegt der kapitale Grundfehler, ist, das künstlich, ein bisschen von hinten durch die Brust ins Auge, als touristische Attraktion definiert zu haben.
Danke sehr! – Sie haben das als touristische Attraktion definiert mit Blick nach Bremen. Ich glaube, das war an der Stelle der strategische Kardinalfehler.
Auch auf Pankower Ebene haben sich unsere Kolleginnen und Kollegen aus der BVV-Fraktion immer ein bisschen skeptisch dazu geäußert, dass das die richtige Definition ist. Aber die Idee ist die richtige – das Life-ScienceCenter als Mitmach-Museum ist die richtige Idee, und deshalb muss man das machen.
Der Vergleich zu Bremen ist auch nicht der richtige, denn ich glaube, man muss ein bisschen näher schauen. In Potsdam gibt es das Exploratorium, viele von Ihnen werden das kennen. Kindergartengruppen besuchen es, Geburtstage werden dort gefeiert, für Schulklassen ist es ein ganz beliebtes Ausflugsziel – hier wird aber ein anderer Bereich von naturwissenschaftlich orientiertem Lernen durch Erleben abgedeckt. Das Exploratorium befindet sich übrigens in einer Finanzstruktur, bei der als Förderer nicht nur die Stadt Potsdam als Kommune auftritt, strukturell vergleichbar – vielleicht – mit Pankow, wobei wir wissen, dass Potsdam und Pankow von der Wirtschaftskraft und der Leistungsfähigkeit der Kommune her nicht vergleichbar sind. Die Staatskanzlei Brandenburg finanziert das Exploratorium mit, das Ministerium für Wirtschaft ebenso. Wenn man sich grundsätzlich dafür ausspricht, ein solches Projekt haben zu wollen, dann hätten wir von Ihnen erwartet, dass Sie ein bisschen mehr Grips investieren und nicht nur einfach sagen: O.k., GA-förderfähig ist das nicht, damit begraben wir das Ganze jetzt.
Das ist nicht zufriedenstellend, und, Herr Oberg, wenn Sie die Haushaltsdisziplin wieder einmal genau dann entdecken, wenn es Ihnen in den Kram passt, und nicht
dann, wenn wir über eine Einstein-Stiftung reden, dann sind Ihre Prioritäten falsch verteilt. – Danke schön!
Danke schön, Frau Kollegin Schillhaneck! – Für die Linksfraktion hat nun Herr Kollege Albers das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen, meine Herren! Die CDU präsentiert uns heute eine Große Anfrage, die sie im Wesentlichen von einer Kleinen Anfrage des Kollegen Otto von den Grünen aus März 2008 abgeschrieben hat.
Kollege Otto hatte damals elf Fragen gestellt, Sie haben jetzt zwölf Fragen gestellt, und das macht dann Ihre Anfrage offenbar zu einer Großen Anfrage.