Anja Schillhaneck

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Albers! Wir können gern mal über die Frage, wie man tatsächlich ein sinnvolles Teilzeitstudium umsetzt, reden. Darum ging es.
Es ging nur um die Belegung von Modulen und nicht in irgendeiner Form um Kopplung von Ihren etwas sehr skurrilen Regelungen zum Teilzeitstudium oder zur
Zwangsexmatrikulation. Das ist aber eine völlig andere Debatte als das, worüber wir hier reden.
Ja, Herr Oberg! Sie haben es in der Tat schon sehr richtig festgestellt: Sie haben es erstaunlicherweise geschafft, alle gegen sich aufzubringen. Wir bewegen uns im Bereich der Wissenschaftspolitik, und alle gegen sich aufzubringen, hat da meistens – zum Glück, möchte ich sagen – zivile Folgen: Beschlüsse von akademischen Gremien, Protestmanifestationen, die sich ganz ordnungsgemäß, wie sich das gehört, dann auch an die Bannmeile halten, offene Briefe, die die Mitglieder des Senats und den Präsidenten des Abgeordnetenhauses auffordern, ja bitten, man möge doch zur Vernunft kommen und wenigstens eine dritte Lesung ermöglichen,
um Zeit zu schaffen, über den reinen Vortrag von Kritikpunkten zu einer echten Verbesserung des vorgelegten Entwurfs zu kommen – Folgen, die Sie offensichtlich leider wenig berühren!
Sie verweisen gerne auf den Dialog, den Sie geführt haben. Das ist leider ein Muster, das uns seit Beginn der Legislaturperiode begleitet. Wenn man Dialog im engeren Sinn nur als Rede und Gegenrede und das noch einmal wiederholt betrachtet, dann haben Sie wahrscheinlich formal recht.
Das Muster ist wie folgt: Sie von der Koalition machen etwas. Sie haben beispielsweise die Idee einer Superuni. Sie schlagen teils verheerende Leistungskriterien in Hochschulverträgen oder eine Novelle des Hochschulgesetzes vor, der Sie einen tollen Titel geben und in der auch das viel geliebte Wort Qualität vorkommt.
Dann gibt es Widerspruch aus dem Kreis der wissenschaftlichen Akteurinnen und Akteure. Rede, Gegenrede, marginale Änderungen!
Danke, Herr Präsident! – Es ist schon in Ordnung. Die Herrschaften können nicht anders. Wir kennen das. – Wenn Sie sich die Mühe machten zu verstehen, was hinter den Forderungen nach Dialog steckt, nämlich der Wille,
an der Lösung beteiligt zu sein, konstruktiv die unterschiedlichen, durchaus manchmal sehr widerstreitenden Interessen unter einen Hut und dann gegebenenfalls anschließend in ein Gesetz zu bringen, dann hieße Dialog viel mehr. Sie haben sich an dieser Stelle leider als ziemlich beratungsresistent erwiesen.
Wir lehnen Ihren Gesetzesentwurf auch deswegen ab. Aber er ist auch inhaltlich in großen Teilen mehr als fragwürdig. Sie klammern sich weiterhin an das Ding mit der Zwangsberatung, statt mit den Hochschulen darüber zu reden, wie eine Beratung von Anfang an aussehen könnte – nicht mit zwanghafter Vorladung –, und halten deswegen unnötig an einem repressiven Instrument fest. Sie setzen weiterhin auf eine Akkreditierungspflicht, statt wie wir aktiv die Diskussion zu führen, wie man diesen doch etwas seltsamen, sehr deutschen Sonderweg der sogenannten Qualitätssicherung im Rahmen des BolognaProzesses eigentlich weiterentwickeln könnte. Ganz ehrlich, Herr Oberg! Die Akkreditierungspflicht wird sowohl von den Hochschulleitungen als auch von den Studierenden abgelehnt.
Nein danke, jetzt bitte nicht! – Sie setzen weiterhin – trotz deutlicher Kritik von allen Seiten – auf den wissenschaftlichen Mitarbeiter bzw. die wissenschaftliche Mitarbeiterin im Schwerpunkt Lehre, statt mit dem Mittelbau, den Gewerkschaften und der Hochschulrektorenkonferenz zum Beispiel darüber zu reden, wie sich Lehre stärken lässt und gleichzeitig eine wissenschaftliche Karriere in Berlin attraktiv wird und bleibt.
Wenn Sie jetzt wieder fragen, wo unsere Änderungsanträge sind, die bei Ihnen ja eine fixe Idee sind, dann kann ich nur ganz klar sagen: Lieber Herr Oberg! Ganz ehrlich, erstens betreiben wir diesen Dialog, und zwar außerhalb dieser heiligen Hallen. Ich weiß nicht, wann Sie eigentlich draußen in den Hochschulen sind, aber ich bin Hochschulpolitikerin und habe das von der Pieke auf gelernt. Deswegen weiß ich, dass ich zuerst mit denen reden muss, die daran beteiligt sind und das umsetzen müssen, und ich muss versuchen, den Diskurs so zu führen, dass wir dann einen Antrag haben. Zweitens: Solange Ihr Politikstil darin besteht, alles, was von der Opposition kommt, abzulehnen, brauche ich Ihnen doch gar keine Anträge vorzulegen. Damit vergeben Sie sich immer einen Chance, aber nicht wir.
Wir haben den Antrag gestellt, die Drucksache abzulehnen
und dem Abgeordnetenhaus der nächsten Legislaturperiode zu empfehlen, zeitnah die Beratung und Konsultation für eine BerlHG-Novelle aufzunehmen, die – erstens – das, was sie jetzt versucht haben anzupacken, richtig macht und – zweitens – durchaus den Bereich „Demokratisierung der Personalstruktur“ aufnimmt.
Das tue ich! – Oder aber, wie die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des offenen Briefs bitten, das
Gesetz in der vorliegenden Fassung nicht verabschieden zu lassen, sondern einen offenen Dialog mit allen betroffenen Gruppen an den Berliner Hochschulen über die bestehenden offenkundigen Mängel im Gesetzesentwurf sowie deren erwartbaren Konsequenzen unter den jetzigen gegebenen Arbeits- und Studienbedingungen an den Hochschulen zu ermöglichen und diese im Sinne aller Beteiligten zu beseitigen.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Herr Albers! Der mit den Luftblasen sind üblicherweise Sie. Zweitens habe ich von der Belegung gesprochen. Ich weiß nicht, wo Ihr Problem dabei liegt. Drittens brauchen wir eine rechtzeitige Beratung, bevor Menschen an den Punkt gelangen, an dem ihnen alles über den Kopf wächst, bevor jemand in die Liste schaut, die möglicherweise im Prüfungsbüro liegt, oder die Anwesenheitslisten checkt und sagt: Das geht aber so nicht. Den müssen wir vorladen. – Das machen wir nicht mit.
[Beifall bei den Grünen – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Sie sind die einzige, die das Gesetz nicht gelesen hat! – Martina Michels (Linksfraktion): Es kommt wieder nichts von Ihnen!]
Wie gut, Herr Oberg, dass die Beurteilung fachlicher Kompetenz hier nicht von Ihnen vorgenommen wird.
Was für ein Hochschulgesetz wollen wir Grünen?
Fangen wir doch einmal an: Wir wollen eine Hochschule, die sich als demokratisch verfasste Institution in gesellschaftlicher Verantwortung durchaus selbst steuert, und zwar in alle ihren akademischen Belangen, die ein klares rechtliches Regelwerk vom Land vorgesetzt bekommt, das in Abstimmung mit ihr gemacht wird und in dem nicht mehr im Rahmen von Mikromanagement herumgefummelt wird, wie Sie das gerne tun. Wir wollen eine Hochschule, die durchaus zum Beispiel insofern an die Gesellschaft angekoppelt ist, als dass wir die Idee eines bisherigen Kuratoriums mit gewissen Modifikationen durchaus sinnvoll finden. Wir wollen eine Demokratisierung der Hochschulen zum Beispiel darüber, dass wir neu über ein Grundordnungsgremium reden, das anständig zu verfassen, Sie sich immer nicht trauen. Das sind die Dinge, über die wir ganz konkret reden.
Was wir nicht wollen, übrigens, es gibt ja durchaus ein, zwei Punkte, bei denen wir einer Meinung sind. Auch wir werden das Berufungsrecht nicht an die Hochschulen geben. So viel zu Ihrem permanenten Vorwurf, wir würden hier allen alles versprechen. Wo Sie das hernehmen, weiß ich auch nicht. Fragen Sie doch mal die Leute, mit denen wir Gespräche führen! Es ist überhaupt nicht so, dass die irgendwie mit ihrem Zettel ankommen und sagen: Das hätten wir gern –, und dann kommt da der Stempel rauf: Klar, machen wir! – Gucken Sie in unser Wahlprogramm, gucken Sie in unsere Positionspapiere!
Schauen Sie in das, was wir bis jetzt z. B. auf Partei- oder Fraktionsebene dazu festgehalten haben! Dann sind Sie, glaube ich, relativ klar orientiert. Wenn Ihnen das zu viel ist, weil so ein Positionspapier schon mal sieben Seiten haben kann oder so, dann kann ich Ihnen auch nicht helfen. Aber das ist vielleicht der Unterschied zwischen uns.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau BabaSommer! Der Antrag wurde sicherlich auch deswegen einstimmig angenommen, weil er im Inhalt schlicht und ergreifend eine Art Selbstverständlichkeit formuliert,
nämlich dass wir uns gemeinschaftlich für ein sehr erfolgreiches Programm einsetzen, das in der Zusammenarbeit von zwei Senatsverwaltungen und den Hochschulen bundesweit einmalig ist und auch in seinen Auswirkungen einmalig ist, was die direkte, zielgerichtete Förderung von Frauen in Wissenschaft und Forschung betrifft.
Dieses Programm haben Sie sich nicht allein ausgedacht. Ich möchte an dieser Stelle auf jeden Fall auch mal die Arbeit der zentralen Frauenbeauftragten an den Hochschulen hervorheben, ohne die das alles nichts geworden wäre.
Sie haben recht: 30 Prozent reichen noch nicht – vor allem, wenn ich mal etwas genauer hingucke und frage, wie hoch der Frauenanteil bei den Junior-Professuren, d. h. der Eingangsstufe in das Professorenamt, oder bei den neu berufenen W3-Professuren oder bei der höchsten Kategorie – sozusagen den höchsten Weihen in unserem interessanten Wissenschaftssystem –, nämlich den C4Professuren ist. Dafür reicht die Gesamtbetrachtung mit einem Anteil von 30 Prozent nicht aus. Ich möchte die aufgesplittete Betrachtung und frage mich, wie lange es noch dauern wird, bis wir endlich fortschrittliche Instrumente wie z. B. das sogenannte Kaskadenmodell – die Orientierung am Frauenanteil in der jeweils darunterliegenden Hierarchiestufe – festschreiben. Genau das brauchen wir. Das wäre zukunftsgewandt.
Dieser Antrag schreibt etwas relativ Selbstverständliches fest. Ich habe den Worten der Kollegin Neumann entnommen, dass die Motivation zum Formulieren dieses Antrags vor allem darin bestand, dass man als Parlament auch noch mal sagen wollte, dass man etwas für die Frauenförderung in der Wissenschaft tut. Das sei Ihnen unbenommen. Da machen wir gern mit. Wir tun das nämlich auch. Das ist völlig in Ordnung. Insofern haben Sie unsere Stimme an der Stelle. Aber die Frage ist doch auch: Muss das eigentlich sein? Und können Sie da nicht mehr?
Wenn ich mir die später noch auf der Tagesordnung stehende Novelle des Berliner Hochschulgesetzes ansehe, muss ich feststellen, dass Sie da die große Chance gehabt hätten, die Satzung zur Geschlechtergerechtigkeit festzuschreiben und weiterzudenken – über den bisher erreichten Stand von Frauenförderung hinaus. Nicht nur Geschlechtergleichheit, das sind zwei unterschiedliche The
men. Diversity ist ein drittes Thema. Das ist nicht alles dasselbe. Man muss sehen, welche zeitgemäßen Instrumente es dabei gibt. Die Chance ist leider vertan worden, genauso wie Sie hier die Chance vertun, in die Zukunft zu denken.
Es freut mich, dass mindestens von einer der beiden beteiligten Senatsverwaltungen und den Universitäten das deutliche Signal kommt: Ja, wir stellen die Mittel wieder bereit, um das auch weiter zu fördern. – Sie haben aber völlig recht mit der Forderung, dass die Universitäten und Hochschulen jetzt – eigentlich schon vorgestern – Planungssicherheit auf finanzieller Seite brauchen. Diese deutliche Aussage, dass es diese Planungssicherheit gibt, würde ich heute sehr gern von Ihnen hören.
Ansonsten muss ich doch noch mal nachhaken. Frau Görsch! Sie sprechen sich so vehement gegen jede Quotenorientierung aus und sagen, eine Quote würde die leistungsfähigen Frauen diskriminieren und das Leistungsprinzip aufheben. Verzeihen Sie, wenn ich mir den Frauenanteil Ihrer Fraktion ansehe! Ich frage mich ernsthaft, wie es bei Ihnen um die leistungsfähigen Frauen bestellt ist, wenn es sich ohne Quote so darstellt. – Danke!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP! Ich war etwas irritiert, als ich Ihren Vorschlag zur Zusammenziehung gesehen habe, erwog kurzfristig vorzuschlagen, man könnte dem widersprechen, aber wahrscheinlich ist das einfach ein Impetus von Sitzungseffizienz oder so ähnlich. Dann bin ich jetzt mal in der Hinsicht auch einfach effizient.
Wir Grünen lehnen – wie Sie wissen – Ihre Anträge ab. Wir haben im Ausschuss ausführlich dargelegt, warum. Sie gehen nämlich schlicht und ergreifend bereits in der Analyse an der Realität vorbei. Mehr muss man dazu nicht sagen!
Aber kommen wir zur Hauptsache: Es ist unstrittig, dass das Berliner Hochschulgesetz einer Rundumerneuerung bedarf. Als die Grundlage dessen, was wir heute haben, 1989 beschlossen wurde, war es ein sehr fortschrittliches Gesetz. Seitdem ist Einiges passiert, auch in der Wissenschaft – ich sage nur: Bologna-Reform, neue Vorstellungen von Steuerung, Hochschulverträge, neue Vorstellungen von institutioneller Governance. Wir haben seit Jahren eine lebhafte Diskussion zur Lage des sogenannten wissenschaftlichen Nachwuchses und über die Notwendigkeit, sich von altertümlichen, quasi feudalen Logiken als Grundlage von Personalstrukturen zu verabschieden – auch um Wissenschaft als Beruf und Karriereoption ge
rade für die kritischen Köpfe, die wir in Forschung und Lehre haben und halten wollen, wieder attraktiv zu machen. Allein Ihr Entwurf leistet all das leider nicht. Er bleibt weit hinter dem zurück, was wir bräuchten, setzt in der Hinsicht nur die Tradition der Flickschusterei fort und ist deswegen in meinen Augen eine große Enttäuschung.
Herr Oberg! Wenn Sie auf die Rederunde von vorhin hinweisen: Ich habe explizit gesagt, es geht um Frauenförderung. Frauenförderung/Frauenpolitik und Gleichstellungspolitik sind immer noch zwei verschiedene Paar Schuhe. Ich finde, das könnten Sie auch mal zur Kenntnis nehmen.
Zu den größten Veränderungen der Wissenschaftspolitik in den vergangenen Jahren gehört zweifelsohne auch die Bologna-Reform und mit ihr eine Orientierung auf Qualität in Lehre und Studium. Es ist auch unstreitig, dass eine gewisse Nachsteuerung der Umsetzung dieser BolognaReform geschehen muss. Vor allem die Studierenden haben in den Bildungsprotesten der letzen Jahre deutlich formuliert, wo der Schuh drückt: Prüfungsdruck, Unvereinbarkeit von Studium mit irgendetwas anderem, mangelhafte Qualität, wenig Beteiligung in der Umsetzung und vor allem kein Freiraum für selbstbestimmtes Studieren wurden ganz zuvorderst genannt.
Allerdings: Statt hier Antworten zu liefern, schlingern Sie dann wortreich, aber zielarm durch die Vorlage. Sie versprechen im Titel des Gesetzes Qualität, in den konkreten Paragrafen drückt sich das aber leider nicht aus. Das ist, glaube ich, die allergrößte Enttäuschung bei diesem Gesetz – jedenfalls für mich und viele andere.
Sie liefern hier nämlich ein eindrucksvolles Zeugnis Ihrer eigenen Ratlosigkeit, was Lösungen für die dargelegten Probleme und Herausforderungen betrifft, leider gepaart mit einer gewissen Beratungsresistenz. Denn die kritischen Stellungnahmen sind ja da. Schon zum Referentenentwurf hat es eine große Zahl, ich glaube Dutzende, von Einwendungen und Stellungnahmen gegeben. Natürlich widersprechen sie sich zum Teil. Aber es gibt gewisse Grundlinien, die – auch wenn man eine feste Überzeugung davon hat, was eine moderne Hochschule ist – sich herausarbeiten lassen müssten. Warum nehmen Sie diese nicht auf? Warum lassen Sie die Betroffenen – insbesondere die Studierenden, den akademischen Mittelbau, aber auch die Hochschulleitungen – viel Arbeit dort hineinstecken, sich mit den prosaischen Ergebnissen Ihrer Regelungsverliebtheit kritisch auseinanderzusetzen, wenn Sie danach primär kosmetische Veränderungen an den meisten Punkten vornehmen? Sie lehnen angebotene Hilfe und kompetenten Rat ab. Zeitgemäßes, partizipatives Regieren mit den betroffenen Akteuren geht wirklich anders!
„Nicht zeitgemäß“ ist ohnehin das Kernmerkmal vieler Regelungen, die Sie vorschlagen, mit einer einzigen Ausnahme, und das ist der Zugang zum Studium ohne Abitur.
Allerdings setzen Sie hier auch primär die Verabredung der KMK um. Ich muss ganz ehrlich sagen: Sicherlich würden Sie hier im Haus eine breite Mehrheit dafür bekommen, wenn Sie nur dies einbringen würden. Ich denke, dem könnte sich, auch aus reinen Vernunftgründen, niemand widersetzen. Stattdessen konnten Sie leider der Versuchung nicht widerstehen, nach Jahren der Untätigkeit dann doch etwas zu produzieren, was wenigstens den Anschein hat, die nötige große BerlHG-Novelle zu sein. Aber ganz ehrlich: Ich halte das für ein ziemlich durchsichtiges Manöver!
Sie halten insgesamt an einem veralteten System, an einer veralteten Logik in der Wissenschaft fest und machen es in Ihren Bemühungen dann zum Teil nur noch starrer und repressiver. Bestes Beispiel hierfür ist der bereits angesprochene Komplex Beratung. Hierzu verweise ich eindrücklich auf die Kritik der Studierenden. Beratungsangebote sind gut. Beratungspflicht und Androhung von Exmatrikulation bei Nichterfüllung von Auflagen sind – ich sage dies vorsichtig – kontraproduktiv. Wissen Sie, was die Studierenden je nach Studiengängen, in denen das bereits Regelung in Prüfungsordnungen ist, sagen, wie sie das beschreiben? – Sie sprechen von einem Klima der Angst. Und Angst ist das Ende von Wissenschaftlichkeit und schlichtweg repressiv und antiemanzipatorisch.
Auch Ihre Teilzeitstudiumsregelung: Es ist ja sehr gut, die Hochschulen zu verpflichten, Teilzeitstudiengänge anzubieten. Aber wen erreichen Sie denn mit dieser konkret gewählten Regelung? Solange die BAföG-Frage nicht geklärt ist, solange die sozialversicherungsrechtlichen und kapazitätsrechtlichen Fragen nicht geklärt sind, wird das kaum etwas ändern. Und überhaupt: Warum halten Sie eigentlich in Zeiten von Creditpoints und Mindeststudienzeiten an altertümlichen Konstrukten wie einer Regelstudienzeitorientierung fest? Diese produziert doch erst die Notwendigkeit einer formalen Teilzeitregelung als Ausnahme. Das ist schlichtweg rückwärtsgewandt. Aus Sicht der Grünen ist dabei ganz klar: Voraussetzung von Qualität ist ein offenes Klima, in dem auch Kritik geübt werden kann, Diskurs möglich und Selbstbestimmung die Regel ist, auch in der Frage, ob ich nur studiere oder Studium und Familie, Beruf oder auch soziales Engagement verbinden will oder auch muss.
Dies braucht einen gesetzlichen Rahmen, der die Rahmenbedingungen klar und unmissverständlich definiert, die Gestaltungsfreiheiten der Hochschulen wahrt und die Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte der einzelnen Mitglieder und Mitgliedsgruppen sichert, auch derer, die in der Hierarchie unten stehen. Das trauen Sie aber den Hochschulen nicht wirklich zu. Sie trauen Ihnen ohnehin nicht zu, sich selbstständig weiterzuentwickeln. Die Kleinteiligkeit Ihres Gesetzesentwurfs lässt einem so manchmal den Atem stocken. Sie tun so, als ob Hochschulen einfach nur starre unbewegliche Gebilde wären, die außer auf die Knute auf gar nichts mehr reagieren. Das ist ein vorsintflutliches Bild.
Nehmen Sie die Hochschulen doch als Partner ernst! Nehmen Sie sie in die Verantwortung, statt so mit Ihnen umzugehen! Setzen Sie den Rahmen, aber auch nur den Rahmen, und unternehmen Sie endlich die notwendigen Schritte in Sachen Demokratisierung! Denn moderne partizipative Entscheidungsstrukturen sind die Voraussetzungen für die Qualität an den Hochschulen. Wir Grünen wollen den Hochschulen diese gern geben.
Genau daran haben Sie sich aber nicht herangetraut. Ich vermute, Sie fürchten die dann unweigerlich ins Haus stehende, aber auch richtige Diskussion um Fragen wie Viertelparität oder Kreuzwahlrecht.
Sie haben mit Ihrem Entwurf eine große Chance vertan, die große Novelle anzugehen. Sie finden keine Antworten auf die aufgeworfenen Fragen. Und Ihr Exkurs in Personalkategorien zeigt sehr deutlich, dass Sie noch nicht ganz angekommen sind bei dem, was derzeit eigentlich diskutiert wird. Die Diskussion um Stellenkategorien mit Lehrprofil wird seit Jahren geführt. Wir haben sie auch als Grüne sehr kontrovers geführt. Das gebe ich offen zu. Aber wir sind zu dem Schluss gekommen: Dies ist nicht die richtige Antwort auf die Frage, wie der Betreuungsbedarf gedeckt und die Qualität gesteigert wird. Die Bilder sind alle schon benannt worden. Warum halten Sie sich dann aber daran fest?
Ich bin im letzten Satz. – Moderne, attraktive Personalstrukturen sind etwas anderes. Ich kann nur hoffen, dass die Koalition die Chance, die sich dadurch bietet, dass wir nächste Woche eine sehr ausführliche Anhörung und auch noch ein bisschen Zeit bis zur zweiten Lesung haben, wirklich nutzt, um daraus eine gute BerlHG-Novelle zu machen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, der Antrag hätte vielleicht früher kommen sollen, kommen können. Wir hätten uns schon früher darüber gefreut. Wir haben dieses Thema im zuständigen Ausschuss für Europaangelegenheiten durchaus mehrfach und immer wieder dann, wenn die Verlängerung der 2+3+2-Regelung anstand, angesprochen und diskutiert. Ich fand in den vergangenen Jahren die Zögerlichkeit auch vonseiten der Koalition – ja, na ja und überhaupt – und gelegentlich auch mal ein
bisschen auf die Diskursform wie den berühmtberüchtigten polnischen Klempner einzuschwingen, immer etwas unangenehm. Ich freue mich jetzt, endlich einmal ein klar formuliertes Bekenntnis Ihrerseits zu hören.
Da sind wir an einem Punkt, wo wir sehr gut miteinander weiter diskutieren können, denn der 1. Mai 2011 ist bald da. Ich glaube, wir haben hier eine ganz gute Grundlage, auf der wir dann auch im Ausschuss die Auseinandersetzung führen können.
Wir freuen uns über das Entstehen der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit und teilen einen Teil Ihrer Bedenken, wie zum Beispiel das Problem, dass wir auf jeden Fall gemeinsam dafür eintreten müssen – auch auf Bundesebene –, dass die entsprechenden Vorkehrungen getroffen werden, damit es nicht durch die Hintertür zu Lohndumping und schlechten Arbeitsbedingungen kommt. Das ist ein wichtiger Punkt, den wir auf jeden Fall in diesem Antrag teilen.
Nichtsdestotrotz bringen wir einen Änderungsantrag ein, der von Ihnen bereits angesprochen worden ist, weil uns zum einen der Aufbau eines dauerhaften MonitoringInstruments wichtig ist, denn die EU-Erweiterung war nicht 2002 beendet, und sie ist auch jetzt nicht definitiv beendet. Das ist durchaus auch etwas Positives, aber wir brauchen ein dauerhaftes Monitoring-Instrument, wie sich solche Dinge entwickeln und welche Auswirkungen das für die Arbeitsmarktregion Berlin bzw. BerlinBrandenburg-Westpolen hat. Wir würden uns freuen, von Ihnen zu hören, wie Sie dazu stehen und ob Sie das mittragen würden, denn wir halten das für eine wichtige Sache, um einen Gesamtüberblick zu haben und das Beste für die gemeinsame Region zu erreichen – ob es um die Fachkräfte, die Beschäftigungsbedingungen oder um die Frage geht, wie wir zu einem sinnvollen Mindestlohn kommen. Denn zumindest ein größerer Teil dieses Hauses ist sich einig, dass die Mindestlohnfrage an dieser Stelle die zentrale Frage ist. Wir alle wissen, wer das in den letzten Jahren immer blockiert hat.
Wir wissen aber auch, dass zum Beispiel bei Strukturen wie dem Charité-Facility-Management gelegentlich kreative Begründungen da sind, warum man allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge unterlaufen darf. Ich glaube, hier gibt es noch einen gewissen Handlungsbedarf – wenn ich das mal anmerken darf.
Der zweite Punkt, den wir in unserem Änderungsantrag einbringen, betrifft die Beratungsstrukturen. Ja, die gibt es bereits. Worum es uns geht, das ist die dauerhafte Absicherung, denn die Beratungsarbeit, die insbesondere der Deutsche Gewerkschaftsbund macht, in der Muttersprache der entsandten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen,
ist eine sehr wichtige. Was nützt es uns, wenn wir wissen, dass es eigentlich Regelungen gibt, dass die ein Anrecht auf den gleichen Lohn für gleiche Arbeit haben, wenn die das selbst nicht wissen? Was nützt es uns, wenn wir wissen, dass diese Rechte einklagbar sind, wenn niemand sie darin unterstützt, ihr Recht auch durchgesetzt zu bekommen? – Dann haben wir eine Lohndrückerei durch die Hintertür, und das kann nicht in unserem Interesse sein. Das ist vor allem schlicht und ergreifend ein Rechtsbruch. Deswegen ist uns die dauerhafte Absicherung dieser Beratungsstrukturen – auch mit unserer Unterstützung – sehr wichtig, weshalb wir dafür werben, dass Sie unsere beiden Punkte vielleicht übernehmen könnten. Ich glaube, dann kommen wir zu einer breiten Mehrheit in diesem Haus.
Was den Änderungsantrag der FDP betrifft – sorry, jetzt nicht, ich bin gleich am Ende –, so ist der wieder typisch FDP: Der Markt wird es schon regeln, und alles andere – juchhu! – wird sich schon irgendwie finden. Ich glaube, dass es für Sie nachvollziehbar ist, dass wir da nicht mitgehen können. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Charité ist zweifelsohne einer der zentralen Pfeiler unseres Gesundheits-, Wirtschafts- und Wissenschaftsstandorts in Berlin. Und als solche muss sie uns in der Tat einiges wert sein, nicht nur Geld, sondern auch genaues Hingucken, Aufmerksamkeit und eine ganz bestimmte Form von Fürsorge für diese Einrichtung, für ihre Beschäftigten und damit auch für die Bürgerinnen und Bürger Berlins. Deswegen ist es gut, wenn die Charité jetzt endlich einen richtigen Hochschulvertrag bekommt, insofern als dass die Charité damit als Fakultät gleichbehandelt werden soll mit den Hochschulen, denn das ist sie irgendwie. Wir alle wissen, die Konstruktion, dass die Charité Fakultät zweier Hochschulen ist, ist eine etwas skurrile und im Alltagsgeschäft nicht unbedingt immer sich sofort in ihrer Sinnhaftigkeit erschließende. Das Positivste, das mir in den letzten Monaten dazu gesagt worden ist, ist, dass die Struktur zumindest heißt: Dann mischt sich halt keiner ein, und wir können im weitesten Sinne das machen, was für die Charité gut ist. – Daher ist es gut, die Charité jetzt mit dem Hochschulvertrag auch einfach mal in ihrer Eigenständigkeit zu behandeln. Das ist eine richtige Entscheidung.
Wenn man diesen Hochschulvertrag allerdings anguckt, steht über allem drüber: Planungssicherheit. Ich glaube, da muss man sich dann spätestens in der Ausschussberatung die Formulierungen, die da gewählt worden sind, die einzelnen Paragrafen, noch etwas genauer angucken, denn ich stelle leider fest, dass es viele Formulierungen gibt, die jenseits des konkreten Zahlenmaterials, das der Kollege Albers gerade so denkwürdig zitiert hat – ich weiß nicht, ob Sie dem alle ohne Unterlage folgen konnten –, doch eher Planungssicherheit vorgaukeln. Ein Beispiel ist die Frage der Weiterfinanzierung der Exzellenzcluster. Wir freuen uns sehr, dass die Charité Exzellenzcluster hat, Graduiertenschulen hat. Wenn da aber lediglich drinsteht, dass die Fortführung, zu der man ja verpflichtet ist nach der fünfjährigen Finanzierung aus dem Exzellenzwettbewerb, von der Einstein-Stiftung dann irgendwie mitgemacht werden soll, ohne dass das konkreter wird, ist das zunächst mal eine Bemühenszusage. Es ist eine vermeintliche Planungssicherheit. Ich denke, hier hätte die Charité durchaus eine klare Aussage verdient gehabt.
Auch ansonsten ist an der einen oder anderen Stelle schlicht und ergreifend die Chance vertan worden, durch
das Verabreden von klaren Maßnahmen zu sagen, was man von der Charité will, was die Charité sagt, so werden wir das Problem lösen, und dass wir dann im Rahmen eines sinnvollen Vertragscontrollings dazu kommen festzustellen: Sind die Maßnahmen umgesetzt? Sind die Ziele erreicht? – Ein Beispiel, das ich gerne herausgreifen möchte, ist die Gleichstellung der Geschlechter im Wissenschaftsbereich. Es ist eine Frage, die insbesondere im Medizinbereich ganz akut ist. Das ist nicht wie in der Sozialpädagogik, wo ich langsam eine Kappungsgrenze für die Quote der Berufung von Männern und Frauen einziehen muss. Hier haben wir echten, ernst zu nehmenden Nachholbedarf, was Frauenförderung betrifft. Da finde die Aussagen, die im jetzigen Vertragstext stehen, Ausweis einer vertanen Chance. Das hat nichts, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, mit Gängelband zu tun. Das hat schlicht und ergreifend was mit Vertragswerk zu tun.
Ein Punkt, an dem die Charité leider nicht mit den Hochschulen gleichbehandelt wird, ist die Veräußerung von Grundstücken und was dann mit den entsprechenden Mitteln geschieht. Es gibt § 4, „Planungssicherheit und weitere Mittel“ überschrieben, was erst einmal sehr gut klingt. Denn es ist seit längerer Zeit die gute Verabredung zwischen den Hochschulen und dem Land Berlin, dass es einen gewissen Katalog von Liegenschaften gibt, und wenn die Hochschule es schafft, diese freizuziehen und zu veräußern, kann die Hochschule das Geld nehmen, um notwendige Investivmaßnahmen zu finanzieren. Das ist sozusagen der Deal, weil das Land Berlin die notwendigen Investitionen anders nicht stemmen kann. Das ist eine sinnvolle Verabredung. Bei der Charité wird allerdings plötzlich die Bedingung aufgestellt: Die Charité darf das dann tun, wenn sie als Ganzes keinen Verlust im operativen Geschäft ausweist. Wenn sie ihn ausweist, müssen solche Mittel zur Deckung von Liquiditätsengpässen genommen werden. – Meine Damen und Herren! Da steht doch schon drinnen: Leute, verkauft das Tafelsilber an Liegenschaften, damit ihr eure Insolvenz irgendwie überbrücken könnt! – Das kann wirklich nicht Sinn der Sache sein!
Ich denke allerdings, dass wir über die Details sowohl im Wissenschaftsausschuss als auch im Hauptausschuss noch mal reden müssen.
Ich habe mich ein bisschen gewundert, dass das Thema hier zur Priorität gemacht wird, denn die Anhörung des Vorstandes dazu – wie das so ist mit Vertragswerken: man hört den Vertragspartner, mit dem verhandelt worden ist, durchaus noch einmal an – ist erst nächste Woche. Auch die Befassung im Hauptausschuss kommt erst noch. Und meiner Kenntnis nach liegt der Gesamtwirtschaftsplan der Charité, den man irgendwie mitdenken muss, auch noch nicht vor. Deshalb denke ich, die Detailausei
nandersetzungen werden wir sicherlich in den Ausschüssen führen, und da gehören sie auch hin. – Danke!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Albers! Wo wir schon bei der historischen Wahrheit sind: Sie können sich nicht davor wegducken, dass auch eine rot-rote Koalition in der letzten Legislaturperiode weiter Studienplätze abgebaut hat. Sie haben das so lange betrieben, bis Ihnen die flächendeckende Umstellung auf Bachelor und Master einen sehr faszinierenden Statistiktrick ermöglicht hat. Aber sei’s drum, ich glaube, das ist gar nicht der Tagesordnungspunkt dafür. Ich glaube, solche Debatten sollten wir uns für die Stelle aufheben, wo sie hingehören. Ich fürchte, dazu werden wir heute noch ausgiebig kommen. Aber das ist dann eine spätere Stunde.
Liebe Kollegen von der FDP! Was soll ich sagen? Sie haben da mal wieder nette Absichten, aber was ich bei Ihren Anträgen immer ganz bedauerlich finde, ist, dass Sie keine Ideen zu Ende denken, was Ihre Forderungen in letzter Konsequenz eigentlich wirklich heißen, was Sie da eigentlich machen. Sie haben uns zwei Anträge vorgelegt, die vermutlich einerseits die Qualität des Studiums verbessern und andererseits – so interpretiere ich jedenfalls die Begründung – etwas gegen den allseits bekannten
Studienplatzmangel tun sollen. Lobenswerte Grundsätze, aber mal ganz ehrlich: Wie kommen Sie eigentlich darauf, gerade Sie von der FDP, dass private Gelder – wie man auf Englisch so schön sagt – no strings attached an die Hochschule fließen könnten? Das ist doch illusorisch! Ich glaube, aus der Misere der strukturellen Unterfinanzierung, die wir derzeit in Berlin – aber auch in vielen anderen Bundesländern, darauf wird immer wieder hingewiesen – haben, retten uns keine vereinzelten Stiftungsprofessuren. Es ist einfach naiv, darauf zu setzen.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass sich Geldgeber finden, die private Mittel allein für die Verbesserung der Lehre spenden wollen – das mag ja sein. Spenden, Mäzenatentum, bürgerschaftliches Engagement – ich muss ganz ehrlich sagen: Wir begrüßen solche Ansätze immer. Aber wir haben dann immer noch den flächendeckenden NC, wir haben die Kapazitätsverordnung, wir haben die stehende Verfassungsgerichtsrechtsprechung. Da können Sie sich nicht wegducken. Lieber Kollege Dragowski! Wenn Sie sagen, dass das ehrlich gemeinte Angebot, über eine Neuregelung der Kapazitätsverordnung zu reden, nicht konkret genug ist, dann kann ich nur sagen: Das hier ist jedenfalls wirklich nicht konkret, das ist echt nur auf einen Zettel geschrieben.
Dann ist da noch ein Punkt, wenn man sich mit privaten Geldgebern in großem, relevantem Stil einlässt: Was wir auf keinen Fall wollen und was auch die Freiheit der Wissenschaft gar nicht wollen kann, ist, dass private Geldgeber direkten Einfluss auf Lehrinhalte und Ausrichtung von Studiengängen bekommen. Kooperation gerne, aber man muss sehr genau gucken, in welchem Ausmaß man sich mit wem einlässt.
Ich komme zu Ihrem zweiten Antrag. Dazu braucht man auch gar nicht viel zu sagen. Grundsätzlich steht es einem Land wie Berlin gut an, die Gründung von privaten Hochschulen zu unterstützen. Aber schon die erste Forderung, die Sie aufstellen, ist grundsätzlich falsch. Wir brauchen in der Stadt für Berlin hochwertige, erstklassige Hochschulen – ja, auf jeden Fall. Aber davon muss die staatliche Anerkennung abhängen, nicht anders herum und nicht einfach nur befristet. Ich glaube, das Problem, um das mal ganz vorsichtig zu nennen, der Educon-Hochschule, das durchaus einige Leute hochgeschreckt hat, sollte uns als mahnendes Beispiel gelten, wenn es darum geht, eben nicht einfach so, nur, weil da jemand gekommen ist und gesagt hat, ich baue hier jetzt was hin, wir sind eine Hochschule, schreiben uns das aufs Türschild, dass das eben nicht genug Qualität ist für eine unbefristete Anerkennung. Das machen wir so nicht mit.
Hinzu kommt ein weiterer Denkfehler in Ihrem Antrag, den wir Grüne so nicht im Raum stehen lassen können. Wir betrachten private Hochschulen als ein gutes, sinnvolles, die Möglichkeiten erweiterndes zusätzliches Angebot zu den staatlichen Hochschulen. Da kann man dann
gern kurzfristig auch Trends und Moden folgen, wie das zwischendurch mit der massenhaften Gründung von irgendwelchen spezialisierten Management- und BusinessSchools war. Davon ist man mittlerweile auch aus guten Gründen wieder abgekommen, weil es das nämlich nicht bringt. Aber bitte, wenn der Markt das will, dann gibt es vielleicht Leute, die das gut finden. Aber grundsätzlich ist es die Aufgabe des Landes, für die Schaffung und Finanzierung von ausreichend vielen Studienplätzen zu sorgen. Und davor retten uns auch keine vereinzelten privaten Hochschulen. Es ist Aufgabe des Landes, ausreichend Studienplätze zu schaffen. Und genau da kann man sich nicht wegducken, und dafür stehen wir auch.
Es gibt ein Problem, das Sie gar nicht aufgreifen, was mich ernsthaft wundert. Ich weiß nicht, ob Sie sich in Ihrer Frage nach der Gleichbehandlung und Ihren etwas verschwiemelten Forderungen – wie gesagt, es macht den Eindruck von eher mal auf den Zettel geschrieben – mit der Rolle der demnächst in Kraft tretenden Niederlassungsfreiheit von gewerblichen Anbietern im Rahmen der Dienstleistungsrichtlinie, was leider für den Bildungsbereich nicht verhindert werden konnte – –
Ich bin mitten im Satz. Danke, dass ich den noch sprechen darf. – Ich weiß nicht, ob Sie sich damit beschäftigt haben. Es stünde Ihnen sehr gut zu Gesicht, denn das ist eine relevante Frage. Da wird sich einiges an neuen Regelungskontexten ergeben. Dementsprechend würde ich vorschlagen, wir warten erst mal die Beratungen in den Ausschüssen ab, bevor wir uns wieder auf einen komischen, halbgaren FDP-Antrag einlassen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe FDPFraktion! Ich finde es immer wieder sehr beeindruckend, wenn Sie es schaffen, aus offensichtlich negativen biografischen Erfahrungen allen Ernstes noch Gesetzesvorschläge zu machen. Das finde ich sehr beeindruckend, wie Sie das machen.
Das mag sein. Wenn Sie es trotzdem nicht geschafft haben, eine Koalition für eine AStA zusammenzubekommen, kann ich Ihnen auch nicht helfen – ganz einfach.
Das ist das Interessante an diesem Ding verfasste Studierendenschaft: Das ist eine sehr demokratische Veranstaltung, übrigens mit jährlichen Wahlen. Ich meine, häufiger kann man Wahlen kaum veranstalten, um möglicherweise eine Abwahl einer Politik, die einem nicht passt, zu organisieren. Irgendwann wäre man sonst in einer permanenten Wahl. Wir verstehen einfach nicht, warum Sie sich zu solchen Dingen versteigen, es sei denn, Sie werden neben diesen offensichtlich irgendwie negativ geprägten biografischen Erfahrungen Ihrer eigenen Studienzeit vielleicht noch ein bisschen durch gewisse ideologische Punkte motiviert. Ich meine, dass Sie in der FDP ein Problem mit Solidarsystemen haben, wissen wir. Sie versuchen an allen Ecken und Enden, etwas dafür zu tun, dass die nicht mehr richtig funktionieren. Die Studierendenschaft auch als Institution der wirtschaftlichen und sozialen Selbsthilfe der Studierenden ist ein solches Solidarsystem! Und wir haben dazu wirklich alle Argumente ausgetauscht. – Danke!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Geschätzte Frau Kollegin Fugmann-Heesing! Es ist jetzt kein Problem der Aussetzung der Wehrpflicht, das plötzlich über uns gekommen ist. Das ist eine etwas kurzsichtige Deutung der Sachlage, ganz ehrlich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Einer Kritik muss ich mich allerdings anschließen. Ich glaube, unser Problem derzeit ist keine Prognoseunsicherheit im empirischen Sinne. Wenn wir jetzt erheben, was denn die potenziellen Abiturientinnen und Abiturienten so machen wollen, was sie sich vorstellen, dann hilft uns das nicht viel. Ihr Antrag kommt nämlich leider eine Runde zu spät.
Ich möchte darauf hinweisen, dass es früher solche Umfragen gab, mindestens stichprobenweise. Viel geholfen haben sie auch nicht, ganz ehrlich.
Was ist denn eigentlich unser Problem? – Unser Problem ist schlicht und ergreifend ein eklatanter Mangel an Studienplätzen an und für sich. Wir haben seit 20 Jahren – ich habe das heute noch mal nachgeschlagen – kontinuierlich ungefähr 140 000 Studierende in dieser Stadt. Das oszilliert ein bisschen; es gab mal einen Höhepunkt zum Wintersemester 93/94 mit etwas über 150 000 Studierenden und nach Einführung der Zwangsexmatrikulation einen Tiefpunkt mit ca. 130 000 Studierenden. – Einige Menschen haben behauptet, das sei eine Statistikbereinigung. Ich kenne genügend Personen, die mit dem Instrument tatsächlich von der erfolgreichen Beendigung eines Studiums abgehalten worden sind. – Aber die Zahl der personenbezogenen Studienplätze, errechnet an der Finanzierung der Hochschulen, ist im selben Zeitraum von 110 000 personenbezogenen Studienplätzen – damals noch mehrheitlich Universitätsstudienplätze – auf ungefähr 85 000 gesunken – bei derselben Zahl von immatrikulierten Studierenden. Das zeigt sehr deutlich, was derzeit unser Problem ist. Unser Problem ist nicht das Aussetzen der Wehrpflicht, unser Problem ist, dass jeden Sommer wieder Tausende von jungen Menschen eine Ablehnung nach der anderen kriegen und keinen Studienplatz in Berlin bekommen, ob sie hier nun Abi gemacht haben oder ob sie hierherziehen wollen und egal, wie lange sie gewartet haben. Das ist unser Problem, das ist der eigentliche Skandal.
Berlin befindet sich da in der Situation des Mannes, dessen Decke dreimal abgeschnitten wurde und immer noch zu kurz ist. Ganz ehrlich, da hilft jetzt auch keine darum herumgehäkelte hübsche Borte oder ein kreatives Zusammenrechnen von Landes- und Bundeszuweisungen oder ein Zeigen auf den bösen Bund, der sich nicht genug an der Finanzierung beteiligt. Das löst das Problem nicht. Das Einzige, was unser Problem mittelfristig lösen würde, wäre, wieder in die Richtung zu gehen: Wir brauchen mehr Studienplätze. Grüne haben am Anfang dieser Legislaturperiode vorgeschlagen, die damals – am Anfang, jetzt nicht mehr – erwarteten Steuermehreinnahmen zu einem Fünftel für Bildung zu verwenden. Da war auch der Aufbau von Studienplätzen mit angedacht, weil wir offensichtlich im Gegensatz zu den meisten Fraktionen in diesem Haus schon wussten, wann die doppelten Abiturjahrgänge kommen und dass wir ein strukturelles Problem haben und dass die Attraktivität von Berlin als Studienstandort steigen und nicht sinken wird.
Wer wird die Studienplätze, die wir jetzt haben, bekommen? – Ich kann Ihnen sagen, wer statistisch im Sommer eine Zusage und wer eine Absage bekommt. Eine Absage werden insbesondere sehr viele potenzielle Studierende aus Berlin bekommen, weil die durchschnittlichen Abinoten in Berlin aus irgendwelchen Gründen ein bisschen schlechter sind. Wir haben einen flächendeckenden NC – die Konsequenzen sind logisch.
Die Zusammensetzung der Berliner Studierendenschaft ist relativ untypisch. Wir hatten eine Anhörung mit Frau Mai-Hartung, der Geschäftsführerin des Studentenwerks. Sie hat gesagt, es gebe kein Bundesland, in dem der Anteil von mobilen und von der Herkunft her in höheren Schichten angesiedelten Studierenden so hoch sei. Woran liegt das? – Mal ganz neutral gesagt: Bei einer drastischen Knappheit von Studienplätzen verschiebt sich die Zulassungswahrscheinlichkeit drastisch zugunsten der im Bildungssystem ohnehin Privilegierten. Ich glaube, eines können wir gemeinsam nicht wollen: die bekannten Ungerechtigkeiten unseres Bildungssystems weiter und weiter und weiter zu perpetuieren.
Wer wird besonders davon betroffen sein, keinen Studienplatz zu bekommen? – Das kann ich Ihnen sagen: alle Leute, die nicht mobil sein können. – Ich weiß nicht, warum das Land Berlin auf seiner Berlin.de-Webseite Werbung für das Studium in Mecklenburg-Vorpommern macht. Vielleicht ist das ein Teil der Strategie. Ich bin gespannt auf die Antwort auf meine Kleine Anfrage. – Es gibt Personen, die sich Mobilität gar nicht leisten können, denn sie kostet Geld. Ich muss es mir leisten können, mich von meiner Familie zu entfernen, nicht auf die sozialen Sicherungssysteme zurückzufallen. Viele junge Frauen aus eher traditionellen Elternhäusern können zudem gar nicht durchsetzen, dass sie in einer anderen Stadt studieren.
Ich habe das gesehen. – Was wir sonst noch haben, ist ein deutlicher Verdrängungswettbewerb zuungunsten derer, die ohne Abitur versuchen, einen attraktiven Ausbildungsplatz zu bekommen. Und das insgesamt beißt sich mit sämtlichen Vorstellungen von einer Steigerung der Akademikerquote, von Bildungsgerechtigkeit des Heranführens von bis jetzt nicht akademischen Familien an höhere Bildung. Das kann nicht in unserem Interesse liegen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Isenberg! Ich glaube, Sie malen sich das Ganze ein bisschen zu hübsch aus.
Das ist ein sehr schönes Bild, das Sie gezeichnet haben, aber Sie gehen dabei über sehr viele Dinge, die auch im gesamten Beratungsverfahren in den Fachausschüssen immer wieder angesprochen wurden, nonchalant hinweg – wahrscheinlich in der Hoffnung, dass es dann keiner merkt.
Die Punkte, die Kollege Zimmer aufgeführt hat, diese Bedenken teilen wir. Wir kommen gleichwohl zu einer anderen Schlussfolgerung als die CDU-Fraktion, was eher etwas mit dem strategischen Ziel – dem Streben nach einer exzellenten Hochschulmedizin und einer herausragend guten kommunalen, wohnortnahen Krankenversorgung für diese Stadt – zu tun hat. Das braucht diese Stadt, darauf hat diese Stadt ein Anrecht, und das wollen wir unterstützen.
Trotzdem darf man sich nicht hinstellen und naiv die Augen vor den gesamten Problemen verschließen, die dieses Projekt Labor GmbH mit sich bringt. Ich möchte exemplarisch drei Probleme herausgreifen, damit in vier, fünf Jahren keiner behaupten kann, das habe vorher niemand gesagt.
Erstens: Ihre Finanzierung stimmt nicht. Wenn im Rahmen eines solchen Beratungsverfahrens, wie wir es jetzt hatten, die geplanten Investitionssummen für so etwas wie einen Laborbau irgendwie immer kleiner werden – von 24 Millionen über 18 Millionen auf jetzt knapp 11 Millionen Euro –, dann muss man schon stutzig werden, insbesondere wenn die begründenden Unterlagen von faszinierenden Annahmen ausgehen wie der, dass ein Gelände am Nordgraben – ein ehemaliger Sumpf, um es mal ganz offen zu sagen – ein normaler Baugrund ist. Sie wissen selber, dass die halbe Berliner Innenstadt auf Pfählen gegründet ist und dass man deshalb auf jeden Fall dafür Geld einplanen muss. Selbst an so banalen Punkten sind unhaltbare Annahmen getroffen worden, und das wissen wir jetzt schon.
Wir haben zu diesem und anderen Punkten mehrfach nachgefragt – auch im Wissenschaftsausschuss. Wenn führende Personen dieses Fusionsprojektes sich gezwungen sehen, ihre persönliche Glaubwürdigkeit in die Waagschale zu werfen, weil sie nichts mehr haben, womit sie Nachfragen sachlich aus dem Weg räumen können, dann werde ich hellhörig. Dann muss man sich ganz genau überlegen, wie man mit den Antworten umgeht. Da kann ich nur sagen: Aufpassen! – Wenn die Investitionskosten in die Höhe gehen werden – das passiert in Berlin häufiger, das kennen wir so –, dann wird sicherlich eine Sache passieren: Dann werden die Laboruntersuchungen zunächst einmal nicht billiger werden, weil die Investitionsmittel irgendwo herkommen müssen. Dann fällt das weg, was die Hauptbegründung für diese Labor GmbH ist, nämlich die Einsparung aufgrund von Synergieeffekten. Wenn das die Folge einer eher über das Knie gebro
chenen Vorplanung ist, dann müssen wir uns wahrscheinlich in fünf Jahren gemeinsam überlegen, wie wir das Projekt nachfinanzieren, aber das ist dann wohl so.
Zweiter Punkt: Die Labor GmbH und die Laborservices GmbH mit ihren jeweiligen Strukturen perpetuieren altbekannte Doppelstrukturen. Da wird es dann zwei Direktoren, zwei Geschäftsführer etc. geben. Mich persönlich erinnert das eher an den guten, alten Monty-PythonSketch mit den zwei Expeditionen zu den zwei Gipfeln des Kilimandscharo,
aber nicht an einen ernstgemeinten Versuch, sich gegenseitig blockierende Doppelstrukturen endlich mal aufzuheben. Diese Chance ist an der Stelle verpasst.
Dritter Punkt: Es gibt nicht nur eine GmbH, sondern zwei. Die eine – die Labor GmbH – soll auf die nächsten 25 Jahre, wenn ich das richtig im Kopf habe – die Unterlagen sind ja total geheim, auch wenn ich nicht weiß, warum –, das gesamte Laborgeschäft des stationären Bereichs von Charité und Vivantes abwickeln. Die andere – die Laborservices GmbH – soll diese Dienstleistung faktisch an Dritte weiterverkaufen und damit große Erlöse erzielen – jedenfalls in einem relevanten Rahmen. Woher dieser Markt und diese unterstellten rasanten Umsatz- und Erlössteigerungen plötzlich kommen sollen – insbesondere dann, wenn möglicherweise die Verbilligung, die man sich aufgrund der Synergieeffekte erhofft, nicht eintritt, weil man erst die fehlgegangene Investitionsplanung abzahlen muss –, das ist ein völlig ungelöstes Rätsel. Mir ist ganz wichtig, dass wir das heute schon mal festhalten: Da wartet ein Problem auf uns.
Trotzdem: Die Zusammenarbeit von Charité und Vivantes ist wichtig, und diese Laborfusion ist ein Referenzprojekt für alles, was dann kommt. Schlimm genug, dass es genau so startet. Das ist aber das Einzige – und das muss man betonen –, was seit dem Zusammenarbeits-Letter-ofIntent von 2004 einen gewissen Konkretionsgrad erlangt hat. Weil es das Einzige ist und weil endlich ein sichtbares Zeichen nötig ist, dass nicht nur ein vager politischer Wunsch da ist, dass die beiden endlich aufhören mögen, gegeneinander zu konkurrieren, sondern deutlich gemacht wird, dass das ein strategisches Ziel ist, dass wir da herauskommen, haben wir uns gesagt: Okay! Wir wissen, was wir für eine Verantwortung übernehmen, wenn wir jetzt ja sagen, aber wir werden dieses Projekt unterstützen. Denn es ist uns als Symbol für das, was da hoffentlich an Gutem kommt, wichtig genug.
Das ist mein letzter Satz. – Danke, Herr Präsident!
Und an Sie geht der Appell, dafür zu sorgen, dass jetzt am Anfang dieses Projekt wenigstens noch so nachgebessert und ausgestattet wird, dass es wirklich gelingen kann, denn sonst brauchen wir uns sehr lange bei Charité und Vivantes nicht mehr mit Fusions- oder Kooperationsvorstellungen blicken zu lassen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, das ist mal wieder so ein typischer FDP-Antrag. Ich habe eine vage Vorstellung davon, was Sie damit meinten, was Sie wollten oder was die Intention des Ganzen ist. Lassen Sie mich mal kurz eine Interpretation des Ganzen versuchen. Dabei möchte ich insbesondere Ihre Begründung zugrunde legen. Sie haben sich eingangs darüber beschwert, dass niemand Ihre Begründung wirklich würdige. Das werde ich jetzt mal tun.
Zum einen stelle ich fest, dass Sie genau ein Modell, nämlich das, was Sie selbst am eigenen Leib erfahren haben, in einem ganz bestimmten Studierendenparlament, als Mitglied einer ganz bestimmten Oppositionsfraktion, dass Sie das offensichtlich als das einzige Modell wahrnehmen, wie Studierendenschaft im Bundesland Berlin funktioniert. Das finde ich schwierig, dass Sie sich offensichtlich keine Mühe gemacht haben, sich darüber kundig zu machen, ob das wirklich so ist.
Ich wollte Sie vorhin eigentlich kurz dazwischenfragen, aber da waren Sie schon längst beim nächsten Punkt. Vielleicht ist das auch nicht so gravierend. Aber ich kann Ihnen eines sagen: Das, was Sie anmahnen, nämlich Beteiligung der Opposition zum Beispiel am Haushaltskontrollausschuss, wissen Sie, wer das damals in der Studierendenschaft an der TU gekippt hat? – Das war der gewählte gemeinsame AStA von RCDS und an der TU Unabhängige heißenden liberalen Hochschulgruppen. Das waren nicht unsere Leute, die das damals abgeschafft haben!
Da muss ich ehrlich sagen, da verstehe ich nicht mehr, wie Sie sich eigentlich hinstellen und das in dieser Art und Weise anprangern können, ohne sich vorher kundig zu machen! Es ist übrigens mittlerweile wieder eingeführt. Ich weiß nicht, von welchen Erfahrungen Sie ausgehen, aber offensichtlich übertragen Sie Ihre eigenen negativen Erfahrungen auf die Gesamtheit. Das, lieber Herr Kollege Dragowski, kann nicht Grundlage eines Gesetzänderungsantrags sein!
Ich komme ganz kurz zu der Frage, was die Studierendenschaft ist. Die Studierendenschaft, das ist von den rechts
kundigen Vorrednern bereits dargelegt worden, ist eine Teilkörperschaft. Logischerweise funktioniert das nur dann, wenn Mitglieder der Hochschule, die den Status Studierender haben, alle Mitglieder dieser Teilkörperschaft sind. Sonst kommen wir zu einer ganz absurden Situation, denn die teilkörperschaftsverfasste Studierendenschaft ist unter anderem zur Beteiligung und Regelung der Belange der wirtschaftlichen und sozialen Selbsthilfe, wie zum Beispiel das Semesterticket, Beratungsangebote und Unterstützung für Studierende mit Kind usw. zuständig. Was Sie wollen, das ist, dass für den Preis von 17 Euro oder ein bisschen weniger Studierende darauf verzichten, dass das jemand für sie klärt, weil das angeblich politisch falsch ist – so ganz haben Sie das nicht darlegen können. Da frage ich mich, was das soll. Es tut mir leid! Für mich ist das – ganz klar – einfach nur ein typischer Vorschlag der allgemeinen Entsolidarisierung. – Der Kollege Oberg hat das sehr schön auseinandergefriemelt. – Der passt zu Ihnen, aber nicht zu unserem Bild von einer verfassten Studierendenschaft. – Nein!
Darüber hinaus ist die Begründung in einigen Punkten recht erhellend. Ich möchte daraus zitieren:
Dies
die Out-Option –
führt dazu, dass sich die Studierenden aktiv mit der Frage der Mitgliedschaft und Tätigkeit des Studentenparlaments sowie des Allgemeinen Studentenausschusses (AStA) auseinandersetzen bzw. die Mitgliedschaft fortbesteht, wenn eine Auseinandersetzung nicht erfolgt.
Dieser Satz legt Folgendes dar: Sie gehen also davon aus, dass in dem Moment, in dem sich jemand kritisch damit auseinandersetzt, was der AStA oder das Studierendenparlament tut, er, sie oder es logischerweise darauf kommen wird, seine Mitgliedschaft in der Studierendenschaft zu kündigen. Was ist denn das für ein Demokratiebild?
Sie können doch nicht ernsthaft annehmen, dass das sinnvoll und einem Studierendenparlament angemessen wäre. Herr Dragowski! Ich glaube, da sollten Sie noch mal in sich gehen, bevor wir im Ausschuss darüber reden, ob Sie solche Formulierungen wirklich aufrechterhalten wollen.
Und dann noch ein Hinweis: Das von Ihnen dargelegte angebliche Abschaffen der Zwangsmitgliedschaft in Sachsen-Anhalt ist eher ein Prozess in die andere Richtung. Denn was Sie völlig ausblenden, das ist die Geschichte des Aufbaus der verfassten Studierendenschaft in den Bundesländern der ehemaligen DDR ab 1990, die unter anderem mit Namen wie Peer Pasternack verbunden ist. Sie skizzieren selbst, dass das früher ein völlig freiwilliges Modell war. Wir haben dort nämlich die Entwicklung von einer freiwillig basierten Rätestruktur in Richtung einer verfassten Studierendenschaft. Sie sehen das
also genau falsch herum. Wie Sie dazu kommen können, genau das als Beleg für die Richtigkeit Ihrer Thesen und Ihres Vorhabens anzuführen, das müssen Sie mir bitte noch mal im Ausschuss auseinandersetzen. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Na, Herr Albers? Getroffene Hunde bellen, nicht wahr? Da haben Sie ja das große Kunststück vollbracht, zu Ihrem eigenen Antrag, den Sie hinzugezogen haben, kein Wort zu verlieren, wohl aber sich zu einem Antrag auszulassen, der gerade gar nicht zur Debatte steht.
Aber lassen wir das!
Die Koalition möchte, dass ihr öffentlich inszenierter Waffenstillstand zwischen drei Senatoren hier zur besten Sendezeit beraten wird, damit alle Welt einmal wieder begutachten kann, woran es denn bei Rot-Rot hapert. Wir können daran – das hat Ihnen der Kollege Esser vorhin schon dargelegt – zwar wenig Neues finden, aber bitte, wenn Sie das so möchten, dann machen wir das halt.
Und so feiern Sie sich und Ihren Senat heute in dieser Aktuellen Stunde. Man möchte glauben, Ihnen sei etwas Großes gelungen. Endlich! Der Befreiungsschlag! Es klingt so, als hätten Sie einen großen Gordischen Knoten durchschnitten und die Agonie überwunden: Spitzenforschung, zukunftsorientierte Ausbildung und exzellente Krankenversorgung seien für Berlin endlich sichergestellt. Sie feiern sich und Ihren Senat, denn Sie haben lange genug, und zwar völlig zu Recht, herbe Kritik für Ihr Zaudern und Ihr völlig unmögliches Fehlhandling der Causa Charité/Vivantes einstecken müssen. Ich kann verstehen, dass Sie gern aus der Ecke herauskommen möchten, in die Sie sich selbst manövriert haben. Aber eines kann ich Ihnen auch sagen: Das, was Sie dazu vorlegen, reicht da bei Weitem nicht.
[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP– Denn da ist immer noch der Investitionsstau, vor allem bei der Charité. 330 Millionen Euro wollen Sie nun end- lich freigeben. Von denen sind bekanntermaßen einige seit Jahren bereits fest verplant, zum Beispiel für den Neubau einer Vorklinik, für die mindestens 86 Millionen Euro benötigt werden. Dass dieser Neubau am Standort Mitte kommt, haben wir übrigens einer ziemlich rosstäu- schermäßigen Aktion von Ihnen vor einigen Jahren zu verdanken, als Sie uns vorgerechnet haben, dass ein Neu- bau in Mitte preiswerter wäre als ein Verbleib der Vorkli- nik in Südwest. Kaum war der Beschluss gefallen, stiegen plötzlich die kalkulierten Kosten – ist in Berlin ja häufiger so. In Hamburg ist es gelungen, ein ganzes Universitäts- klinikum innerhalb der Kostenplanung zu halten und dann innerhalb von vier Tagen umzuziehen. Bitte versuchen Sie jetzt nicht zu erklären, dass hier ja alles viel komple- xer sei. Man kann es ja wenigstens mal versuchen, lieber Senat! [Beifall bei den Grünen]
330 Millionen Euro sind wenig genug. Umso wichtiger ist es, den Einsatz dieser Mittel richtig zu priorisieren. – Gestatten Sie mir an dieser Stelle einen kleinen Einschub! Es war spannend zu hören, dass Sie genau deswegen nicht mehr für die Charité tun können, weil die böse schwarzgelbe Koalition auf Bundesebene eine falsche Steuerpolitik macht. Die ist seit letztem Herbst dran. Ja, SchwarzGelb macht eine unglaublich verantwortungslose Steuer- und auch andere Politik.
Aber dahinter können Sie sich nicht verstecken! Tut mir leid, Sie sind in Berlin schon etwas länger an der Regierung! Auch die Schwierigkeiten mit Charité und Vivantes sind keine spontane Entdeckung der letzten Monate.
Das ist ein sehr durchsichtiges Ablenkungsmanöver, aber sicherlich eine Art und Weise, sich vor Entscheidungen, vor Verantwortung für das eigene Handeln oder auch Nichthandeln zu drücken.
330 Millionen Euro sind wenig genug. Was fängt man damit dann am besten an? – Es ist richtig, dass das Bettenhochhaus der Charité ein im wörtlichen Sinne weithin sichtbares Wahrzeichen der Charité ist. Ob es aber das richtige Gebäude ist, um den ersten Schritt zu machen, um den Investitionsstau abzubauen, muss hinterfragt werden. Dieses Gebäude bei laufendem Betrieb zu sanieren ist nämlich mehr schlecht als recht möglich. Und wenn Sie dann fertig sind, bestehen auf dem Gelände weiterhin die gleichen begrenzenden Faktoren wie vorher. Jeder SFB, jedes Exzellenzprojekt, das mit baulichen Anforderungen einhergeht, wird in die Gegebenheiten der vorhandenen Substanz eingepasst werden müssen. Aus dem Blickwinkel von Forschung und Lehre ist das mehr als unbefriedigend – ein fauler, ziemlich lauwarmer Kompromiss.
Zudem sagt die Charité ja selbst: Wenn von den jetzt freigegebenen Mitteln begonnen wird, das Bettenhochhaus zu sanieren, ist damit noch nicht die komplette Sanierung gesichert. Warum also machen Sie das zur Priorität? Ich glaube, Sie haben sich da ein wenig auf der Ebene der Symbole und Zeichen verrannt.
Und noch eine Warum-Frage an Sie: Warum beziehen Sie nicht den in Berlin vorhandenen Sachverstand im Bereich Gesundheitsplanung/Krankenhausbau ein? Wir haben ein Institut für Krankenhausbau, wir haben Public Health und Gesundheitsökonomie. Haben Sie sich mal an sie ge
wandt? Oder meinen Sie, Sie wissen das alles besser und können auf Expertisen aus der Wissenschaft verzichten?
Aber sicher!
Vielen Dank! – Auch der Koalitionsantrag zur gemeinsamen Labor-GmbH hat sehr viel mit Symbolpolitik zu tun. Was ist denn durch eine Rechtsform gewonnen, die Veräußerungen von Anteilen an Dritte verhindert? – Nichts ist gewonnen! Ich darf die Wachschützer bei der CFM in Erinnerung rufen. Ihnen liegt doch immer so viel an den Beschäftigten. Die kreative Begründung, warum sie nicht nach Tarif bezahlt werden, obwohl es einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag im Wachschutzgewerbe gibt, kam von der Charité, der da 51 Prozent gehören. Mit Ihrem Antrag ist also überhaupt nichts gewonnen. Es ist schlicht und ergreifend populistisch und naiv, so zu tun, als würden anständige Beschäftigungsbedingungen nur von irgendwelchen ominösen Dritten gefährdet.
Haben Sie eine Ahnung! Davon verstehe ich wahrscheinlich mehr als Sie!
Eine echte Perle findet sich übrigens in der Begründung dieses Antrags. Denn Ihrer Meinung nach soll eine Änderung der Vertragspassage der Zustimmung des Abgeordnetenhauses unterliegen. Abgesehen davon, dass es ein wenig ungewöhnlich ist, dass plötzlich eine solche parlamentsbezogene Micromanagementklausel eingefügt wird, wenn zwei allein dem Land gehörende Unternehmungen einen Vertrag miteinander schließen – offenbar haben Sie
in der Koalition längst jedes Vertrauen in die Aufsichtsräte beider Institutionen verloren! Dabei sitzen ihnen doch Ihre Senatoren vor. Wer führt denn diese Aufsichtsräte? Vertrauen Sie denen nicht? – Offensichtlich trauen Sie ihren eigenen Leuten nicht einmal so weit, dass Sie sich bei einer etwaigen Veräußerung – übrigens auch an öffentlich Dritte, wäre ja denkbar – genau angucken, um was für einen Vertragspartner es sich handelt und wie vertrauenswürdig er ist. Das, ehrlich gesagt, ist ein absolutes Armutszeugnis.
Jenseits von der Labor-GmbH und der Idee eines gemeinsamen Einkaufs wird die nötige Strukturreform vertagt wie alles andere auch. Beide Unternehmen stimmen ihr medizinisches Versorgungsangebot ab, heißt es. Das verschiebt die Zuständigkeit wieder von Ihnen weg, denn Sie können sich offenbar maximal darauf einigen, dass es irgendeine Art von Problem gibt. Manchmal muss man ja schon froh sein, dass Sie wenigstens das verstanden haben.
Eine Veränderung des derzeitigen Zustandes – das ist richtig – wird an beide Institutionen und deren Beschäftige und Mitglieder große Herausforderungen stellen. Umso wichtiger ist es, die Besorgnisse ernst zu nehmen und frühzeitig zum einen klarzumachen, wohin die Reise gehen kann, und dann gemeinsam die Marschroute zu planen und loszugehen. Sie tun alles drei nicht. Bei Ihnen hapert es ja schon beim Ziel der Reise. Na klar produziert das dann Unsicherheit, Sorgen bis hin zu echter Panik, durchaus auch bei den Beschäftigten.
Spannend ist übrigens, dass Ihnen die Sorge eines Teils der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler offenbar völlig egal ist, zumindest schreiben Sie hierfür keinen Antrag. Da gibt es nämlich jenseits derer, die durchaus gute Nebeneinkünfte haben im Bereich Labor, um die es mir jetzt nicht geht, durchaus jene, die Grundlagenforschung machen, experimentell und nicht standardisiert, die im Bereich Labor arbeiten. Die tun sich mit der Labor-GmbH auch ein bisschen schwer. Auch da muss ein Weg gefunden werden, wie beide Interessen, Betriebswirtschaft und Wissenschaft, einfach gut berücksichtigt werden. Wir brauchen beides: gut wirtschaften und gute Wissenschaft. Anders geht das nicht.
Das ist genau die Abwägung, der Konsensbildungsprozess, den wir in Sachen Charité und Vivantes in hunderttausend kleinen und großen Punkten werden führen müssen. Sie ducken sich da leider gerade weg und lassen eine Chance verstreichen, nämlich die Chance, exemplarisch zu dokumentieren, wie so ein Diskussionsprozess laufen kann. Sie machen so einen komischen Schaufensterantrag und glauben, damit sei die Sache dann gegessen. Den anstehenden Prozess können wir wirklich nur mit allen bewältigen und nicht gegen die Interessen und Akteure in Wissenschaft und Krankenversorgung.
Sie drücken sich mit Ihren Eckpunkten auch in der Standortfrage. Sie schreiben zwar so schön, alle drei bettenführenden Standorte blieben erhalten, aber wenn man das richtig liest, heißt das: bis zur Wahl, danach sehen wir mal weiter. Anders kann man das eigentlich gar nicht interpretieren, denn die weiteren Investitionsentscheidungen, vor allem zum Virchow und Benjamin Franklin, werden im Haushalt 2014 getroffen. Klarheit schaffen für Exzellenz in der Wissenschaft und bestmögliche Krankenversorgung? – Hier ist nichts klar, außer dass Sie mit dieser Inszenierung doch wohl sehr deutlich darum bitten, dass man Sie mit der Frage 2014 nicht betrauen möge.
Sie tun mit Ihren Eckpunkten zudem keinen einzigen Schritt, um die beiden landeseigenen Krankenversorger aus dem desaströsen Wettbewerb herauszuholen, in dem sie stecken. Beide müssen wirtschaftlich arbeiten. Sie sollen ausgeglichene Bilanzen aufweisen. Das ist grundsätzlich ein völlig richtiges Ziel. Aber dann verschieben Sie die Aufgabe, den Weg dahin zu beschreiben, und Sie zielen wieder auf die Institutionen selbst.
Ganz ehrlich: So kommen wir nicht weiter! Das machen Sie die ganze Zeit schon so. Sie sehen doch, es geht so nicht. Wir brauchen eine offene und ehrliche Diskussion der Schwierigkeiten, der Optionen, aber auch der mobilisierbaren Ressourcen für die Bewältigung dieser Aufgaben, denn – und da liegen Sie zur Abwechslung wirklich einmal richtig – davon hängt in Berlin sehr viel ab. Davon hängt ab, ob wir den Berlinerinnen und Berlinern, aber auch dem Umland – bitte nicht vergessen! – eine bestmögliche Krankenversorgung bieten können, ob Forschung und Lehre und wissenschaftliche Weiterbildung gesichert sind und ob die Charité Eckpfeiler eines Clusters exzellenter Gesundheitsforschung und Wirtschaft sein kann oder eben auch nicht.
Letzteres – lassen Sie mich das ganz deutlich sagen –, das „oder nicht“ ist für uns Grüne keine Option. Also, Sie inszenieren hier in dieser Aktuellen Stunde das große Schulterklopfen und feiern den Beleg Ihrer eigenen Handlungsunfähigkeit. Die wirkliche Entscheidung wird dann auf die nächste Legislaturperiode vertagt. Vielleicht, so viel Galgenhumor habe ich von den Betroffenen auch schon entgegengebracht bekommen, ist das sogar eine Chance. – Danke!
Dann kann ich Ihnen vielleicht antworten, Frau Senftleben! Lassen Sie sich meiner eigenen Erfahrung sagen:
Auch 10 000 Euro können eine enorme psychologische Hürde darstellen. Ich denke, es wird auch bis heute viele Studierende geben, die einen BAföG-Anspruch haben und sich irgendwann, wie ich das damals gemacht habe, dafür entscheiden, lieber arbeiten zu gehen, als irgendwann vor diesem Schuldenberg zu sitzen. Denn 10 000 Euro können, wenn man aus einer nicht besonders begüterten Familie kommt, wo am Monatsende doch überlegt wird, ob der Sonntagsbraten sein muss oder ob die neuen Schuhe drin sind usw., richtig viel Geld sein, rein emotional, rein psychologisch.
Vielleicht ist das in Ihrer Familie anders, aber das so abzutun, finde ich ein bisschen leichtfertig und unfair denen gegenüber, die tatsächlich vor diesen Entscheidungen stehen.
Sie haben ja recht damit, dass wir mit unseren Beratungen insgesamt zum Thema Studieren, was ist das eigentlich, wie geht das, was ist diese komische Institution Hochschule, ansetzen müssen, je früher, desto besser, am besten, bevor die grundsätzliche Entscheidung fällt: Traue ich mir das zu oder nicht? Aber das jetzt primär zu konzentrieren auf eine Studienfinanzierungsberatung, am besten noch mit der KfW oder sogar privaten Banken zusammen oder so,
das geht ziemlich daneben.
Das Schöne an Ihrem Antrag ist, dass er, wie es der Kollege meinte, ziemlich sonntagsredenmäßig ist. Rein theoretisch könnte man ihm eigentlich bedenkenlos zustimmen. Das Problem ist aber: Sie haben bereits selbst klargemacht, was für ein Konzept, welches Nachdenken für Sie dahintersteckt. Da kommen wir in den Bereich, in dem wir jedenfalls nicht mitgehen.
Interessant an diesen Debatten ist, ausgelöst durch diese hübschen, eigentlich sehr sonntagsredemäßigen Anträge, dass wir jetzt zu Grundsatzfragen der Hochschul- und Wissenschaftspolitik kommen. Wenn ich höre, wir sollten den allgemeinverbindlichen Charakter des Abiturs doch lieber ersetzen durch die Einführung eines Scholastic Assessment Tests wie in den Vereinigten Staaten, dann haben Sie die völlig komplementären Systeme, in denen wir uns befinden, überhaupt nicht verstanden. Wir haben – sicherlich traditionell gewachsen, aber so ist es nun einmal – die allgemeine Hochschulreife. Die bestätigt jemandem, du darfst, rein theoretisch, wenn du das Glück hast, irgendwo einen zugangsfreien Studiengang zu finden – die werden heutzutage auch immer weniger, auch in Berlin –, dich dafür immatrikulieren, denn du hast die allgemeine Hochschulreife. In den Vereinigten Staaten sieht das völlig anders aus, da wird getestet. Diese beiden Systeme passen aber nicht zusammen. Wenn Sie jetzt
zusätzlich noch die Hürde eines Scholastic Assessment Test oder Ähnliches einrichten wollen, um Beratungsdefizite im Vorfeld aufzufangen, dann kann ich nur sagen, begeben Sie sich völlig auf den Holzweg. Dann sind wir irgendwann bei Hochschulbeteiligungsquoten von 15 Prozent oder so. Das ist nun wahrlich die falsche Richtung.
Amüsant ist auch der Antrag über die Nichtanrechnung der Lehrkapazität von aus Drittmitteln bezahltem Personal. Zum einen machen Sie in Ihrem Antrag überhaupt nicht hinreichend klar, was Sie eigentlich mit Drittmitteln meinen. Es gibt den kleinen Hinweis mit Stiftungsprofessuren. Um das der geneigten Zuhörerschaft einmal kurz zu sagen: Drittmittel ist alles, ist jeder Cent, der nicht vom Land und nicht über ein Bund-Länder-Programm reinkommt, das heißt, jeder direkte Forschungsauftrag, jeder eingeworbene Antrag von der DFG, jedes Projekt vom BMBF. Über 90 Prozent aller Beschäftigten, die aus Drittmitteln finanziert werden, dürfen gar nicht in der Lehre eingesetzt werden. Das fänden Sie sicher auch nicht besonders lustig, wenn jemand, der z. B. aus der Wirtschaft finanziert, ein Forschungsprojekt macht, plötzlich Lehre machen würde. Dafür wird er überhaupt nicht bezahlt. Das heißt, Sie beschäftigen sich hier mit einem Thema, das es so eigentlich gar nicht gibt.
Zu den Stiftungsprofessuren: Das sind reguläre Professoren und Professorinnen. Und die aus der Verantwortung zu lassen, ihren Beitrag zu leisten, dass die Lehrkapazität aufrechterhalten wird, das können wir einfach nicht machen. Solange wir so katastrophal wenig Studienplätze im Land Berlin haben – und das ist nicht nur in Verantwortung des Bundes, ganz ehrlich, liebe Koalition –, so lange müssen wir jede Stunde Lehrkapazität, die wir haben, ausnutzen. Dann können wir sicherlich – da würde ich Ihren Beitrag gerne hören – über eine Modernisierung des Kapazitätsrechts reden. Aber das hier ist dann ein relativ schwacher Beitrag zur Lösung des eigentlichen Problems.
Danke schön! – Ich frage den Senat:
1. Teilt der Senat die Auffassung, dass eine Ablehnung der BAföG-Erhöhung und erst recht die gleichzeitige Einführung eines nationalen Stipendienprogramms genau das Gegenteil der notwendigen Politik der sozialen Öffnung der Hochschulen darstellt und deshalb nicht akzeptabel ist?
2. Wird sich das Land Berlin einer etwaigen Bundesratsinitiative z. B. Bremens anschließen, die Mittel für die vorgesehene Büchergelderhöhung, die selbst von den Stipendiaten und Stipendiatinnen abgelehnt wird, der Finanzierung des BAföG zuzuführen, oder sogar selbst eine solche Initiative starten?
Herr Oberg! Wenn die Frage, wie man zum Beispiel die Begeisterung für Naturwissenschaft, für Life-Sciences, für etwas, was zentral für den Wissenschaftsstandort Berlin ist, auch jungen Menschen, jungen Erwachsenen, älteren Kindern, Jugendlichen näher bringen kann, und zwar über die engen Stadtgrenzen Berlins hinaus, wenn das für Sie keine zentrale Frage, kein Zukunftsthema ist, dann frage ich mich, was Sie da eigentlich tun. Aber das nur nebenbei.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man muss aber auch feststellen, grundsätzlich gehen Sie gerade mit der Großen Anfrage und auch in der Behandlung des Themas ganz haarscharf an dem, was eigentlich die Frage sein müsste, vorbei. Herr Oberg hat gerade eben gesagt, so ist das jedenfalls nicht GA-förderfähig. Das ist ja alles richtig. Die zentrale Frage, die man stellen müsste, ist doch nicht, kriegen wir fürs Life-Science-Center darüber, dass der Bezirk, auch wenn er das eigentlich gar nicht wollte, die Trägerschaft hat, weil nur der Bezirk die GA
Mittel dafür beantragen kann, das irgendwie hin, sondern die Frage muss sein: Wollen wir ein Life-Science-Center?
Da haben sich genügend interessante Personen und Persönlichkeiten auch in Ihrem Senat dafür ausgesprochen. Das muss die Frage sein. Und da wäre die Frage an Sie auch im Senat: Wie beschaffen wir dann die nötige Finanzierung? Das kann man nicht auf den Bezirk oder die anderen Akteure am Standort Buch abwälzen, und das sollte man auch nicht abtun mit der Formulierung: Ja, das ist bestimmt dann von privatem Interesse. – Das kann man so nicht machen.
Interessant ist auch, dass Sie in der Koalition an einem solchen Punkt dann plötzlich die Haushaltsdisziplin entdecken. Die ist ein wunderbares Argument immer dann, wenn es Ihnen passt. Das muss man hier nicht weiter diskutieren. Ja, ein solches Life-Science-Center kostet Geld, die Frage ist, wer letztendlich das Risiko dafür trägt. Senator Wolf hat ausgeführt, das Risiko würde dann auf das Land Berlin zurückfallen. Aber die Frage ist: Ist es uns das wert? Wenn man sich ansieht, was dort geplant war: Der Standort Buch ist unzweifelhaft einer der relevanten Wissenschaftsstandorte in dieser Stadt.
Das werde ich Ihnen gleich darlegen, Herr Albers! – Es geht um die Frage: Wo soll dieses Zentrum hin, in welche Einbettung? Und die Frage: Macht man eine solches Projekt oder nicht? Was hätte man dort haben können: Man hätte ein interessantes sogenanntes Mitmachmuseum haben können, das vor allem die Zielgruppen ältere Kinder, Jugendliche, Schulklassen, junge Erwachsene anspricht und versucht, ein vielleicht vage vorhandenes, leider in unserer Schule viel zu wenig gefördertes Interesse an naturwissenschaftlichen Fragestellungen, am experimentellen Arbeiten, an den Zukunftsfragen im Bereich Life-Sciences, wie das seit ein paar Jahren so schön neuanglizistisch heißt, zu wecken, den Keim dafür zu setzen, dass mehr junge Menschen sich dafür entscheiden, den entsprechenden technisch-ingenieurwissenschaftlich-naturwissenschaftlichen Beruf zu ergreifen, entweder im Wege der Ausbildung oder im Wege des Studiums. Daher wäre das etwas, was sehr relevant ist auch für die Wissenschaftslandschaft in Berlin. Das wäre das Ideale genau in dieser Zusammensetzen dort am Life-Science-Standort Buch. Dort könnten die Leute sehen, aha hier sitzt das MDC, hier wird so etwas gemacht. Sie kämen direkt vor Ort auch sichtbar, auch räumlich in direkter Nähe, in Kontakt damit, wer das macht. Wenn die größte Hürde die Leute davon abhält, vielleicht auch mal jenseits von traditionellen Berufsentscheidungen zu sagen, ja, so etwas mache ich, ich gehe jetzt ein sogenanntes MINT-Fach studieren oder ich mache jetzt eine technische Ausbildung, vielleicht als erste Person in meiner Familie, vielleicht als erste Frau in meiner Familie, das hängt ganz wesentlich davon ab, dass es eine Form von Vertrautheit
damit gibt. Genau deshalb war die Idee, das Life-ScienceCenter in Buch zu machen, ideal.
Der einzige Punkt, wo man Ihnen leider sagen muss, da liegt der kapitale Grundfehler, ist, das künstlich, ein bisschen von hinten durch die Brust ins Auge, als touristische Attraktion definiert zu haben.
Nein danke, jetzt bitte nicht!
Danke sehr! – Sie haben das als touristische Attraktion definiert mit Blick nach Bremen. Ich glaube, das war an der Stelle der strategische Kardinalfehler.
Auch auf Pankower Ebene haben sich unsere Kolleginnen und Kollegen aus der BVV-Fraktion immer ein bisschen skeptisch dazu geäußert, dass das die richtige Definition ist. Aber die Idee ist die richtige – das Life-ScienceCenter als Mitmach-Museum ist die richtige Idee, und deshalb muss man das machen.
Der Vergleich zu Bremen ist auch nicht der richtige, denn ich glaube, man muss ein bisschen näher schauen. In Potsdam gibt es das Exploratorium, viele von Ihnen werden das kennen. Kindergartengruppen besuchen es, Geburtstage werden dort gefeiert, für Schulklassen ist es ein ganz beliebtes Ausflugsziel – hier wird aber ein anderer Bereich von naturwissenschaftlich orientiertem Lernen durch Erleben abgedeckt. Das Exploratorium befindet sich übrigens in einer Finanzstruktur, bei der als Förderer nicht nur die Stadt Potsdam als Kommune auftritt, strukturell vergleichbar – vielleicht – mit Pankow, wobei wir wissen, dass Potsdam und Pankow von der Wirtschaftskraft und der Leistungsfähigkeit der Kommune her nicht vergleichbar sind. Die Staatskanzlei Brandenburg finanziert das Exploratorium mit, das Ministerium für Wirtschaft ebenso. Wenn man sich grundsätzlich dafür ausspricht, ein solches Projekt haben zu wollen, dann hätten wir von Ihnen erwartet, dass Sie ein bisschen mehr Grips investieren und nicht nur einfach sagen: O.k., GA-förderfähig ist das nicht, damit begraben wir das Ganze jetzt.
Das ist nicht zufriedenstellend, und, Herr Oberg, wenn Sie die Haushaltsdisziplin wieder einmal genau dann entdecken, wenn es Ihnen in den Kram passt, und nicht
dann, wenn wir über eine Einstein-Stiftung reden, dann sind Ihre Prioritäten falsch verteilt. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP! Sie haben noch einmal explizit um eine inhaltliche Auseinandersetzung und Würdigung gebeten. Klar, das ist ein Europaantrag. Sie hatten damals Ihre Gründe, ihn zu stellen. Aber jetzt einmal ganz ehrlich, Herr Kollege Dragowski! Sie haben es auch gestern in der Sitzung des Europaausschusses geschafft, dass das komplette Thema Jugend in Bewegung irgendwie unter das große Thema EntrepreneurshipEducation herunterzupacken und zu sagen, das wäre der Inhalt.
Gut, Sie haben sich dann irgendwann ein bisschen korrigiert, Sie haben es dann mitbekommen, ich weiß.
Doch, wir können dann im Protokoll nachlesen.
Ungefähr genauso ist es mit Ihrem Umgang mit dem, was der Berliner landespolitische Beitrag zur Umsetzung der Lissabon-Strategie 2010 sein könnte. Das springt einfach zu kurz. Damit tun Sie dem ganzen Ding in zweierlei Hinsicht einen absoluten Bärendienst. Das Eine ist: Die Lissabon-Strategie 2010 ist ja wohl erheblich umfangreicher. Es geht dabei auch um das soziale Europa und noch um viele andere Dinge.
Das Zweite ist: Sie tun sich selbst überhaupt keinen Gefallen, indem Sie hier in dieser Art und Weise zum wiederholten Mal dokumentieren müssen, dass Sie leider zumindest von den wissenschaftlich fundierten Teilen von Gründerförderung keine Ahnung haben. Wenn Sie sich beschweren, dass andere Kollegen den Unterschied zwischen Managern und Unternehmern nicht kennen, kann ich nur sagen, dass Sie offensichtlich den Fachdiskurs darüber, wie sich die Rollen von Managern und Unternehmern in den letzten Jahren verändert haben, nicht kennen. Was mit Intrapreneurship ist, was mit Selbstunternehmertum, was mit dem Arbeitskraftunternehmer als Bild ist, blenden Sie alles völlig aus.
Ich kann Ihnen nur raten: Wenn Sie etwas tun wollen, um – wie Sie das in der Begründung so schön schreiben – „veraltete Einstellungen und Verhaltensmuster“ zu ändern, also kulturell bedingte Hintergründe dafür, dass die Unternehmensgründungszahl in Deutschland z. B. traditionell relativ gering ist, tun Sie erst einmal etwas für sich. Wir haben es hier mit einer relativ risikoaversen Kultur im Wirtschaftswesen zu tun. Das ist hierzulande einfach so. Klar, da kann man darüber diskutieren, ob man da etwas ändern muss, um eine andere Dynamik in der Gründungszahl hinzukriegen. Aber tun Sie sich doch bitte selbst den Gefallen und befassen Sie sich erst einmal mit Gründungsforschung, bevor Sie das hier auf ein Schulfach abschieben wollen!
Der interessante Punkt, die Offenbarung, was Sie mit Ihrem Antrag wollen, kommt bei der Betrachtung der langen Begründung. Ich verzichte jetzt darauf, die Highlights daraus zu zitieren. Aber ganz ehrlich: Ich glaube, da sind Sie dann doch wieder eher von ganz bestimmten ideologischen Scheuklappen behindert worden, als dass es möglich gewesen wäre, einen anständigen, sinnvollen Antrag dafür einzubringen. Es tut mir leid, wir müssen das einfach wegen Ungeeignetheit für den Ansatz ablehnen.
Vielen Dank! – Ich habe eine Nachfrage, Frau Staatssekretärin. Wie bewertet Ihre Senatsverwaltung die vorgebrachten Befürchtungen aus der Charité selbst, dass die Studien- und Prüfungsordnungen möglicherweise inhaltlich nicht konform zu den Vorschriften der Approbationsordnung seien?
Vielen Dank! – Es ist schön, dass Sie jetzt mit diesem Thema fertig sind. Ich glaube, der Zusammenhang zu Ihren Sätzen vor ungefähr 30 Sekunden ist noch erkennbar. – Verstehe ich Sie recht, Herr Kollege Steuer, dass Ihre pädagogische Vorstellung und die Ihrer Partei und Fraktion immer noch darin besteht, dass das Kind passend für die Schule gemacht werden muss und nicht die Schule das Kind aufnehmen muss?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Senator! Es freut mich, dass wir zumindest dort Einigkeit haben, wo es um die Frage geht, wie wichtig die Charité eigentlich ist. Ich frage weiter: Wie wichtig ist der Gesundheitsstandort Berlin, und welche Größe von Problemen haben wir eigentlich? Ich muss dann allerdings auch feststellen, dass Sie es vorgezogen haben, den Großteil unserer Fragen nicht zu beantworten oder zu sagen, man könne sie noch gar nicht beantworten. Es ist aber so, dass nicht nur wir uns irgendwo im stillen Kämmerlein überlegt haben, was wir formulieren können, um den Senat zu piesacken, sondern wir stellen diese Fragen deshalb, weil sie von Interesse für die gesamte Stadt sind. Es sind nicht nur wir paar Grüne, die wissen wollen, wie das eigentlich weitergehen soll mit dem Standort UKBF, mit der Frage über die Grundlagen der Zusammenarbeit zwischen Vivantes und der Charité oder der Frage, was die Kriterien für wirtschaftliche, wissenschaftliche oder auch regionale Belange sind, nach denen man die ausstehenden Entscheidungen treffen muss. All diese Fragen beantworten Sie uns derzeit leider nicht.
Darüber hinaus muss ich feststellen, dass Sie leider immer noch einen sehr verengten Blick auf den Südwesten haben. Dabei ist es nicht nur die Südwestregion. Wir haben derzeit einen großen Gesundheitssektor, wir haben eine hochleistungsfähige Universitätsmedizin, aber vor allem haben wir zwei landeseigene Krankenversorger, die sich in einem destruktiven Wettbewerb miteinander befinden. Wir haben Ihnen schon vor Jahren prophezeit, dass spätestens mit der Umstellung auf die DRGs nur einer von beiden positiv mit dem Jahresabschluss daraus hervorgehen wird. Wir sehen uns das nach einigen Jahren an und sehen uns bestätigt.
Bei allem, was Sie sagen, von wegen, das muss jetzt aber langsam entschieden werden, fragen wir Sie: Warum haben Sie denn das noch nicht entschieden? – Dass die Problemlage so ist, das wussten Sie selber mal als Koalition. Ich möchte Ihnen dazu etwas zitieren, und zwar aus einer Pressemitteilung der beiden damals zuständigen Senatorinnen und Senatoren, und zwar von Senator Flierl und Senatorin Knake-Werner. Die stellten nämlich im September 2004 fest:
Das Land Berlin als Träger dieser öffentlichen Einrichtungen
also Vivantes und Charité –
hat die Aufgabe, beide Unternehmen strategisch zu koordinieren. Wir wollen nicht, dass diese beiden Unternehmen in eine Situation destruktiver Konkurrenz versetzt werden.
Wir haben jetzt 2010, und offensichtlich ist genau das eingetreten. Vivantes und Charité stehen in einer Form von Konkurrenz, die Handeln längst überfällig macht. Das ist eigentlich der wirkliche Skandal an dieser Stelle.
Denn ohne eine Entscheidung, wie es mit Vivantes und Charité weitergeht jenseits von Fragen, ob die Labore kooperieren, hängt doch daran noch viel mehr. Ohne eine Entscheidung, die die Absprachen, die die Rollenzuweisungen beider Unternehmen betrifft, woran auch die Standortfrage steht, wird es z. B. auch keinen Krankenhausplan geben. Das hat über diese beiden Unternehmen hinausgehende Auswirkungen, denn das betrifft die gesamte stationäre Krankenversorgung in dieser Stadt. Das wird jetzt gerade mal so einfach ausgeblendet. Das können wir so nicht stehenlassen.
Die Frage ist doch: Wo müssen wir hin? Wie kommen wir raus aus diesem ruinösen Wettbewerb, der dazu führt, dass wir mittelfristig, wenn das so weitergeht, auch die wissenschaftliche Exzellenz der Charité verlieren und dass wir auch Vivantes immer unsteuerbarer machen? Denn das ist eines der Hauptprobleme. Das Land Berlin ist Eigentümer von beiden, aber offensichtlich – das entnehme ich jetzt auch wieder Ihrer Antwort – wird das Problem, wie man die beiden austariert, wie man diesen Interessenkonflikt – beide sind ja mit dem Auftrag ausgestattet, sich möglichst profitabel zu sein – moderiert, den beiden Unternehmen übertragen. Dass das nicht gutgehen kann, das beobachten wir in den letzten Jahren, das wissen wir doch mittlerweile. Wir fordern von Ihnen, dass Sie nicht nur sagen, ja, das kann man irgendwie steuern, sondern dass Sie das auch steuern wollen! Deswegen sagen wir Ihnen, wir müssen mittelfristig nicht nur über einzelne Kooperationsprojekte reden, sondern wir müssen fragen, wie wir an welchem Ort, mit welcher Ausstattung dazu kommen, dass wir ein steuerndes Zentrum haben. Das muss politisch sein. Die Frage ist doch: Will der Eigentümer, will das Land Berlin eigentlich steuern, was Vivantes und Charité tun, oder nicht? – Sie wollen das offensichtlich nicht. Wir haben ein zu großes Interesse an
beiden Unternehmen. Deswegen sagen wir, es reicht uns nicht zu sagen, im Laufe des Jahres kommen dann irgendwie Papiere und Entscheidungen. Das ist keine Zukunftsperspektive. Das können wir an der Stelle so nicht stehenlassen. Da muss mehr kommen. Das erwarten wir durchaus von Ihnen, denn die Aufgabe ist die Sicherung sowohl einer herausragenden Krankenversorgung für diese Stadt – das Anrecht haben die Bürgerinnen und Bürger, dass wir das versuchen zu sichern – und gleichzeitig die Sicherung einer herausragenden, international gut aufgestellten Universitätsmedizin. Das freut mich, dass an dieser Stelle noch mal sehr deutlich gesagt worden ist, wie gut die Charité eigentlich ist, denn sie ist echt eine Perle in unserer Wissenschaftslandschaft.
Nein, danke! Jetzt nicht!
Danke sehr! – 2004 haben die beiden damals zuständigen Senatorinnen und Senatoren ebenfalls festgestellt – ich zitiere noch mal –:
Ohne eine Ausrichtung an abgestimmten und öffentlich zu definierenden Zielen besteht das Risiko ungeordneter, gegenseitiger Verdrängungskonkurrenz.
Sagen Sie mir doch bitte, was wir jetzt haben, wenn nicht genau das! Wir verlangen also von Ihnen eine Auseinandersetzung darüber, welche Ziele dort verwirklicht werden sollen und wie Sie sie verwirklichen wollen. Genau das wollten wir mit unserer Großen Anfrage bewirken, dass Sie in diese Diskussion eintreten. Sie entziehen sich dieser Diskussion wieder, indem Sie das auf Ihre Steuerungsgruppe verschieben. Da muss ich ganz klar sagen, es passt zwar zum Stil Ihres Hauses, dass Sie das nicht öffentlich diskutieren wollen, aber es wird nur dazu führen, dass mit egal welchem Konzept Sie hinterher rausgehen, egal wie die Einschnitte definiert sind, es wird Entscheidungen geben, die zu treffen sind, und die werden nicht allen Leuten gefallen. Das ist bei Entscheidungen so bei knappen Kassen. Sie werden die Leute dann nicht mitnehmen, weil es vorher nicht diskutiert ist. Das heißt, Sie bleiben dieser Stadt und auch den Beschäftigten von Vivantes und Charité und auch der Wissenschaft Antworten weiterhin schuldig. Wie Sie das dann hinterher umsetzen wollen, das frage ich Sie. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP! Ihr Problem ist nicht, dass Sie konkret werden. Ihr Problem ist die Art und Weise, wie Sie meinen, konkret zu werden; nämlich irgendwo herausgegriffen, ohne jegliche Problemanalyse, entlang an ideologischen Verbohrtheiten, klotzen Sie sieben Punkte da hin und halten das dann für ein Konzept. Da kann ich nur sagen: Da haben Sie Ihre Arbeit wirklich nicht gut gemacht. Das Problem ist nicht, dass Sie konkret
etwas sagen, sondern das Problem ist der Inhalt Ihrer konkreten Ansage.
Ja, die Charité ist eine Institution mit Problemen. Dazu gehört sicherlich auch das ungeklärte Verhältnis zu Vivantes. Dazu gehört der erhebliche Sanierungsstau. Dazu gehören eine Vielzahl von Lasten, auch finanzieller Natur, die sich historisch aufgebaut haben und schon längst hätten angegangen werden müssen. Das sagen wir ganz deutlich auch in Richtung Rot-Rot. Auch wenn sich langsam, aber sicher irgendetwas bewegt, dann ist das schön, aber damit ist das Problem noch nicht gelöst.
Das, was Sie von der FDP aber hier machen, ist insbesondere deswegen ein Problem, weil Sie den Gesamtkontext einfach außen vor lassen. Sie gehen hin und setzen ein paar Marken und sagen: Größe wird jetzt umdefiniert als … Wenn ich mir Ihre Umfragewerte anschaue, vielleicht muss man da so draufkommen.
Ist in Ordnung. Aber die Grundfrage stellen Sie sich überhaupt nicht. Krankenversorgung ist ein Teil der Daseinsvorsorge, die zu organisieren ist, wo das Land, das Parlament eine Aufgabe hat, und zwar zuvorderst zu gucken: Was braucht diese Stadt? – Und das können die Charité und die Beschäftigten des Gesundheitswesens und die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt von uns verlangen. Wenn man dann einfach hingeht und in die Begründung – da stehen die wirklich spannenden Sachen – Sachen reinschreibt wie – ich zitiere das mal:
Abnehmende Ressourcen für mehr Betten führen dazu, dass pro Bett noch weniger Personal und Mittel zur Verfügung stehen. Deshalb favorisiert die FDP eine Begrenzung der Bettenzahl, um einer Abnahme der Versorgungsqualität begegnen zu können.
Dann ist das, was Sie völlig außen vor lassen, erst mal die Grundfrage: Was braucht denn diese Stadt? Sie gucken nach dem einzelnen Bett und fragen: Was spielt sich da möglicherweise ab? Die Grundfrage, wie müssen wir die Gesundheitslandschaft dieser Stadt aufstellen, wo auch die Charité als international herausragende Unimedizin ein relevanter Baustein ist, lassen Sie außen vor.
Sie können die Frage wahrscheinlich auch noch gar nicht beantworten, denn wir haben unsere Große Anfrage ja nicht ohne Grund gestellt, weil wir nämlich der Ansicht sind, um diese Fragen zu beantworten und dann in den notwendigen Abwägungsprozess einzutreten, was wirtschaftliche, wissenschaftliche und haushaltsmäßige Grundfragen betrifft, braucht man Daten, Fakten und Zahlen. Wenn Sie die alle nicht haben – ich glaube jedenfalls nicht, dass Sie die haben, sonst hätten wir sie ga