Mehr Berlin in Europa – mehr Europa in Berlin (I):Ein Beitrag zur Umsetzung der Lissabon-Strategie: mehr Wirtschaftskompetenz in den Schulen
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der FDP in Person des Kollegen Dragowski, den wir eben schon hatten. – Bitte schön, Herr Dragowski, Sie haben das Wort!
Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Woran liegt es, dass junge Menschen in Deutschland ein geringes Interesse daran haben, sich selbständig zu machen? – Es liegt unter anderem an der Angst zu scheitern, dem Bedürfnis nach sozialer Sicherheit, dem auch in der Schule vermittelten Unternehmerbild. Und es fehlt an dem Verständnis und der Akzeptanz unternehmerischen Handelns. Wir setzen mit unserem Antrag genau hier an. Wir wollen die unternehmerische Initiative, die Entrepreneurship-Education in der Schule verankern und stärken.
Wir wollen, dass unsere jungen Menschen in Berlin Selbstständigkeit und Unternehmertum als attraktive Entwicklungsmöglichkeiten sehen. Einige Instrumente zur Stärkung der unternehmerischen Initiative bei jungen Menschen nennen wir in unserem Antrag. Beispielsweise soll das Thema Entrepreneurship-Education in die Lehrpläne aufgenommen werden, denn durch die Entrepreneurship-Education stärken wir unsere jungen Menschen in ihren unternehmerischen Kompetenzen, ihrem Verantwortungsbewusstsein und in ihrer Eigeninitiative.
Auch stärken wir mit der Entrepreneurship-Education die Berliner Wirtschaft und steigern die Selbständigenquote in Berlin.
In der Lissabon-Strategie ist die Stärkung der unternehmerischen Initiative bei jungen Menschen klar genannt. Und auch in der Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum sind die EUMitgliedstaaten aufgefordert,
Die Regelungskompetenz zur Bildung liegt bei den Nationalstaaten und in Deutschland zu Recht bei den Bundesländern. Aber die europäische Politik und die Verwirklichung der europäischen Ziele funktioniert nur, wenn die Mitgliedstaaten bei der Zielerreichung auch mitwirken und die Ziele umsetzen. Mehrere europäische Länder haben die unternehmerische Initiative in ihre Lehrpläne aufgenommen bzw. planen, dies zu tun: Spanien, Finnland, Irland, Zypern, Polen und England. In England beispielsweise ist gesetzlich festgelegt, dass Schüler an fünf Tagen im Jahr das Thema Unternehmertum bearbeiten. In Griechenland werden virtuelle Unternehmen als Lernmittel benutzt, auch hier steht der Unternehmergeist im Lehrplan.
Wie sieht es in Deutschland aus? – In Niedersachsen beispielsweise kann die Teilnahme an einer Schülerfirma oder an einem Gründerwettbewerb als Zusatzleistung im Zeugnis vermerkt werden. Der Berliner Senat wäre gut beraten, den europäischen wie auch den deutschen Beispielen zu folgen.
Aber wie liefen die Beratungen hier im Haus? – In der Diskussion konnten wir feststellen, dass die SPD den Unterschied von Managern und Unternehmern nicht kennt.
Herr Oberg von der SPD sprach von unverantwortlichen Unternehmern, die die Wirtschaftskrise erzeugt haben sollen. Herr Kollege Zimmermann von der SPD konnte nicht erkennen, warum gerade Unternehmer als Vorbilder für junge Menschen propagiert werden sollen. Ein solches Herausheben könne er nicht mittragen.
Herr Mutlu von den Grünen und der Senat vertraten schon im Frühjahr 2009 gemeinsam die Ansicht, dass schon alles getan werde und man nichts mehr tun müsse. Kollege Zillich von der Linksfraktion entdeckte gerade bei unserem Antrag die Eigenverantwortung der Schulen.
Werte Kolleginnen und Kollegen! In der Antragsberatung wurde eines ganz klar deutlich. Bei den linken Fraktionen des Abgeordnetenhauses aus SPD, Linksfraktion und Grünen fehlt die soziale und kulturelle Akzeptanz von Unternehmertum.
Für diesen Teil des Hauses ist das Unternehmertum in der Schule offensichtlich unerwünscht. Das kritisieren wir.
Wir Liberalen bleiben dabei: Die beste Art und Weise, wirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen, ist die Gründung eines Unternehmens, ist das Thema unternehmerische Initiative in der Schule. Wir wollen das Unternehmertum in Berlin stärken. Wir finden Unternehmertum in der Schule gut. Wir wollen allen jungen Berlinerinnen und Berlinern mehr Chancen im Leben geben, indem wir den Unternehmergeist in der Schule verankern und stärken. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Dragowski! – Nun hat Frau Abgeordnete Harant für die SPD-Fraktion das Wort. – Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird kurz, ich kann es gleich versprechen. Einmal mehr präsentiert sich die FDP mit diesem Antrag als die Wirtschaftspartei, die als einzige hier im Haus die wahre Wirtschaftskompetenz besitzt.
Wenn sonst schon keiner klatscht, dann klatschen Sie am besten selber! – Mehr Wirtschaftskompetenz in die Schulen sagen Sie. Ich sage: Mehr Wirtschaftskompetenz in die FDP!
Wenn wir auf die Bundesebene schauen, auf einen Bundeswirtschaftsminister der FDP, der nicht gerade die beste Arbeit abliefert,
[Christoph Meyer (FDP): Mit Griechenland haben Sie zu tun, nicht wir! – Björn Jotzo (FDP): Zur Sache!]
Sie sollten sich erst einmal ein bisschen selbst damit befassen. Das war jetzt nur ein kleiner Schlenker.
Zum Antrag selbst: Er ist sehr umfangreich, sehr detailliert, sehr umfassend. Letztlich geht es um die Rolle, die das Thema Wirtschaft – Unterabteilung Unternehmertum – in der Schule spielt. Da sehen Sie die Notwendigkeit zuzulegen. Das ist sicherlich für Sie als Wirtschaftspartei immer ein Thema. Wir sagen, das Thema ist in den Rahmenlehrplänen der wirtschaftsorientierten Fächer aller allgemeinbildender Schulen verankert. Ich könnte Ihnen jetzt genau aufzählen, wo genau.
Das mache ich aber nicht, weil es schon so spät ist. Ich erspare Ihnen diese ganzen Details. Wer sich dafür interessiert, vielleicht ist es ja nur der Herr Dragowski, kann es im Protokoll nachlesen. – Danke schön!
Die Thematik ist – da werden Sie mir recht geben – sehr komplex, hat viele Aspekte, die jeden betreffen und für jeden von Bedeutung sind. Das reicht von der Vermittlung der Zusammenhänge in unserer sozialen Marktwirtschaft über die Vermittlung von Wissen und Kenntnissen zum Arbeitsrecht und Vertragsrecht bis zum Verbraucherschutz.
Besonders in beruflichen Schulen werden Existenz- und Unternehmensgründungen ausführlich und intensiv thematisiert. Dieser Themenbereich ist zudem prüfungsrelevant für berufliche Abschlussprüfungen.
Auch im Rahmen des dualen Lernens an der neuen Integrierten Sekundarschule wird der Themenkomplex Wirtschaftskompetenz eine zunehmende Relevanz erhalten. Schon ab der 7. Klasse erweitern Schülerinnen und Schüler durch Betriebspraktika oder Berufsorientierungstage ihr Blickfeld bzw. ihre Wirtschaftskompetenz. Ab der 9. Klasse kann der Unterricht an bis zu drei Tagen pro Woche als praktisches Lernen außerhalb der Schule in Unternehmen stattfinden.
Dazu kommt das neue Fach WAT – Wirtschaft, Arbeit, Technik –, das auf den Erfahrungen des bisherigen Faches Arbeitslehre aufbaut und dazu beitragen soll, den Schülerinnen und Schülern eine möglichst umfassende Berufsorientierung zu ermöglichen.
Ganz aktuell wird der Rahmenlehrplan von WAT konzipiert. Der Entwurf steht im Internet, und Interessierte können sich mit Anregungen und Vorschlägen daran beteiligen. Das ist doch eine echte Herausforderung für die wirtschaftskompetenten Politiker und Politikerinnen der FDP.