Eine Aufklärung zur aktuellen Situation und möglichen Konsequenzen für das Flughafenprojekt soll und muss es hier heute geben. Aber die voreiligen Schlussfolgerungen und Bewertungen, die wir den Medien entnehmen durften, sind doch offensichtlich weniger von Sorge um das Projekt als von der Lust am Kaputtreden geprägt. Deshalb mein Appell an Sie: Hören Sie auf, das wichtigste Infrastrukturprojekt in der Region öffentlich schlechtzumachen und immer neue Horrorszenarien zu entwickeln!
Wir haben alle gemeinsam ein Interesse, das Projekt erfolgreich zum Abschluss zu bringen, und dazu sollten auch alle ihren Teil beitragen. Was ist denn Sachlage? Im September 2006 begann der Bau mit der Perspektive einer Bauzeit von 62 Monaten. Das war ein ehrgeiziger, aber nicht unrealistischer Terminplan. Bisher konnte er immer trotz mehrerer Zeitverzögerungen wieder eingeholt werden. So war es schon bei der Planfeststellung, so war es bei der Finanzierung, so war es bei den Ausschreibungen. Alle Probleme konnten durch ein stringentes Management, schnelle Analyse und strukturierte Alternativen überwunden werden. Am konsequenten Baufortschritt haben viele mitgewirkt: die Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter, die Technikerinnen, Projektleitungen, Architektinnen und Architekten, Flughafengesellschaft und Gesellschafter. All diesen gebührt unser Dank für ihre engagierte Arbeit der vergangenen Monate und Jahre.
Aber 17 Monate vor der Eröffnung werden die Zeitreserven natürlich geringer. Deshalb ist jetzt erst einmal das Ergebnis der Lageanalysen abzuwarten. Aktuell wissen wir von der Insolvenz einer von drei Firmen, die den Auftrag für die Generalplanung erfüllen sollen. Die verbliebenen zwei Firmen müssen nun prüfen, wie die weitere Arbeit aufgeteilt werden kann und entstandene Verzögerungen aufholt werden können. Hinzu kommen die neuen Sicherheitsbestimmungen der EU-Kommission, die ab 2013 gelten und neue Abfertigungsgeräte erforderlich machen. Der Klärungsprozess hierzu wurde bereits unmittelbar nach Bekanntwerden der jeweiligen Probleme und Anforderungen eingeleitet. Seit dem 19. Mai liegt ein neutrales Gutachten zu möglichen Konsequenzen für die Terminplanung vor. Dieses muss nun ausgewertet und mit den entsprechenden Maßnahmen und Terminabschätzungen untersetzt werden. Bis Ende des Monats wird es dann Klarheit über den möglichen Eröffnungstermin geben. Bis dahin sind alle neuen Terminsetzungen reine Spekulation und sollten unterbleiben.
Wir gehen davon aus, dass eine termingerechte Fertigstellung immer noch möglich ist. Daher ist jetzt abzuschätzen, ob die dafür notwendigen Anstrengungen technisch vertretbar und im Kostenrahmen möglich sind. Ansonsten muss ein technisch und finanziell abgesicherter Alternativtermin ermittelt werden.
Die Aussagen eines anderen Generalplaners, nach denen eine Verschiebung des Eröffnungstermins um ein Jahr in Erwägung zu ziehen sei, sind ein ziemlich durchsichtiger Versuch, von eigenen, hausgemachten Problemen abzulenken und jeglichen Termindruck aus dem Projekt zu nehmen. Wir erwarten von leistungsfähigen und kompetenten Planungsbüros, dass sie nicht durch vage Risikobetrachtung die Verantwortung auf andere schieben, sondern dass sie prüfen, was geht und welche Maßnahmen dafür erforderlich sind. Alles andere ist ein Armutszeugnis für diese Unternehmen.
Kommen wir nun einmal zur Rolle der Opposition. Zunächst einmal merken wir den typischen Reflex: Fortschritte beim Projekt trotz Senat, Probleme allein wegen des Senats. Das ist im Rahmen von Politfolklore sicherlich zu ertragen, aber eine sachliche Auseinandersetzung mit den Problemen fördert es nicht. Zudem gibt es interessante Einblicke in die Psychologie einzelner Fraktion.
Die Fraktion der Grünen war schon bei der ersten Zeitungsmeldung schnell dabei zu urteilen, dass für Verzögerung der Senat die alleinige Verantwortung trägt. Wohlgemerkt: Das Flughafenprojekt ist ein gemeinsames, von Berlin, Brandenburg und dem Bund; Bauherr ist die Flughafengesellschaft. Die Grünen sind allerdings leider zur Zeit an keiner der drei Regierungen beteiligt. Dies erklärt vielleicht auch die vereinfachte Sichtweise.
Die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafenprojekts für die Region erfordert allerdings den engagierten Einsatz aller Beteiligten. Sie von der Opposition haben in der Vergangenheit doch eher für Verzögerungen und Beschränkungen gekämpft.
Auf der einen Seite gibt es die Nostalgiker von CDU und FDP, die mit ihrem Kampf um Tempelhof die Planfeststellung und damit die rechtliche Grundlage des neuen Flughafens in Frage gestellt haben. Friedberts letzte Schlacht ist noch gut in Erinnerung.
Herr Henkel! Herr Meyer! Ihre Fraktionen haben sich jahrelang als Totengräber für BBI versucht. Zur kurzfristigen parteipolitischen Profilierung haben Sie billigend in Kauf genommen, dass BBI nie in Betrieb hätte gehen können, gemeinsam mit einer völlig irregeleiteten Industrie- und Handelskammer Berlin und gegen die gesamte Meinung der großen Fluglinien und der Luftfahrtindustrie. Dieses unverantwortliche Verhalten hat BBI nachhaltig gefährdet.
Auf der anderen Seite gibt es die Doppelstrategen von den Grünen. Da beschwört Herr Ratzmann, Fraktionsvorsitzender, die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafenprojekts und torpediert den Senat für angebliches Versagen und Gefährdung der Wirtschaftskraft der Stadt. Dagegen fordert die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen, Frau Hämmerling, seit Jahren konsequent ein komplettes Nachtflugverbot zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr und stellt die Wirtschaftlichkeit und damit auch die Wirtschaftseffekte für die Region infrage. Regierungsfähigkeit und Verantwortung sehen anders aus, liebe Freundinnen und Freunde von den Grünen. Da haben Sie noch einen langen, schweren Weg vor sich.
Sie sehen aus alledem, nur diese Senatskoalition von SPD und Linken unter der Führung von Klaus Wowereit hat eine klare Linie beim Flughafenprojekt BBI. Nur wir konnten und können ein solches Projekt schultern. Wir haben die Konzentration der Flüge in der Region auf einen leistungsfähigen Standort, verbunden mit der Schließung der innerstädtischen Flughäfen in Tempelhof und Tegel konsequent im Interesse der Wirtschaft, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt und der Region vorangetrieben. Das wird auch in Zukunft so bleiben. Das Ziel ist, im nächsten Jahr die Eröffnung des Willy-Brandt-Flughafens feiern zu können. Daran sollten wir jetzt alle mit ganzer Kraft arbeiten. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Gaebler! – Für die CDUFraktion hat nunmehr der Kollege Friederici das Wort. – Bitte schön, Herr Friederici!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich meine Rede beginne, möchte ich zunächst ein Wort des Gedenkens an die Angehörigen des gestern tödlich verunglückten Bauarbeiters auf der BBI-Baustelle richten. Ein solch tragischer Tod macht uns allen deutlich, wie gefährlich das schwere Arbeiten vor Ort ist. Die CDU hofft, dass das nicht wieder geschieht, und drückt mit diesen kurzen Worten ihr Mitgefühl für die Familie und die Angehörigen aus.
Die Entscheidung in den 90er-Jahren für den BBIStandort in Schönefeld war richtig. Die von der damals in Berlin regierenden CDU- und SPD-Landesregierung getroffene Entscheidung wurde zumindest vonseiten der CDU immer strategisch, konsequent und entschieden vorangetrieben.
Die Sozialdemokraten waren in der ersten Legislaturperiode nach der Wiedervereinigung nicht für Schönefeld, sondern für Sperenberg. Sie können hier also nicht erklären, dass Sie für diesen Standort von Anfang an gewesen sind. Es war erst ein Koalitionsbeschluss nötig, Sie davon zu überzeugen, dass es Schönefeld wird. So ist die richtige Lage.
Ich wäre an Ihrer Stelle, Herr Gaebler, auch sehr vorsichtig, wenn Sie die Kammern beschimpfen, wenn Sie die Presse beschimpfen, wenn Sie das offen legt, was hier offensichtlich in Berlin im Argen liegt. Aber dazu komme ich nachher noch.
Dieses zurzeit wichtigste Infrastrukturprojekt für die Bundesländer Berlin und Brandenburg ist geplant und mit großem Elan begonnen worden. Was müssen wir nun aber feststellen? – Es fand unlängst – im Mai – ein Richtfest für das BBI-Gebäude statt. Herr Wowereit und auch Senatsmitglieder reagierten entweder gereizt oder genervt auf jede Frage, ob denn der Eröffnungstermin 30. Oktober 2011 gehalten werden könnte. Na klar, meinte Herr Wowereit sinngemäß, das klappt mit dem 30. Oktober 2011; jeder, der etwas anderes behaupte, wisse nicht Bescheid oder würde das Projekt, wie Herr Gaebler sagt, kaputt machen.
Was stellen wir heute, wenige Tage nach dem Richtfest, fest? – Der „Tagesspiegel“ hatte vor sechs Tagen recht. Ja, es wird wesentliche Verzögerungen bei der Baufertigstellung geben. Herr Gaebler hat es eben schon zugegeben.
Noch viel schlimmer ist, dass der BBI-Aufsichtsratsvorsitzende, genau dieser Herr Wowereit, der noch vor drei Wochen sagte, dass alles im Plan sei, der es qua Amt als Regierender Bürgermeister und als Flughafenaufsichtsratsvorsitzender wissen muss, nun plötzlich überrascht wird vom deutlich verspäteten Fertigstellungstermin.
Es gibt also zwei Möglichkeiten, weshalb Herr Wowereit, ansonsten immer auch bekannt dafür, sich nicht allzu tief in Vorgänge einarbeiten zu wollen – manche sagen sogar, er sei oberflächlich –, überrascht sein könnte. Entweder Herr Wowereit – das kann ich mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen – hat der Öffentlichkeit und dem Parlament beim Richtfest nicht die Wahrheit über den Eröffnungstermin gesagt, oder Herr Wowereit ist wie üblich einmal wieder nicht informiert. Er ist nicht informiert, weil er sich nicht darum kümmert. Er ist nicht informiert, weil er meint, dass durch die Insolvenz eines Planungsunternehmens oder weil Gepäckflüssigkeiten anders kontrolliert werden müssen BBI sage und schreibe mindestes ein halbes Jahr, manche sagen sogar zwei Jahre, später fertig wird. Aber Herrn Wowereit kann man das auch nicht allzu übelnehmen. Für ihn gibt es Wichtigeres. Er setzt
auch hier andere Schwerpunkte, sei es, dass er mal eben seinem Duzfreund Thomas Gottschalk zum 60. Geburtstag einen mehrtägigen Besuch im fernen Amerika abstatten muss, während hier wesentliche Projekte der Stadtentwicklung abschmieren, oder sei es, dass er, kaum dass er wieder in Berlin angekommen ist, seine eigene Partei, die tief zerstrittene Berliner SPD zusammenfaltet, um sie auf Linie zu trimmen.
Themen hat die Regierungspartei SPD genug, der rote Filz sei nur ein Schlagwort: Hillenberg, Dr. Köhler, A 100, der bevorstehende Landesparteitag, die fast in den Sand gesetzte ILA. Das sind die Themen, die die Stadt bewegen, und das sind die wichtigen Themen für die Berliner SPD.
Klar, auch hier gilt das Motto: Zunächst einmal die Partei retten, die Stadt kann warten. Das ist wieder typisch. Wowereit und seine rot-rote Senatstruppe scheitern in derart vielen Projekten für die Gesamtstadt, weil mit sich selbst beschäftigt, und sie merken es nicht einmal. Einige Beispiele:
das Chaos der A100 – sowohl in der Koalition als auch im Senat ist man bereit, bereitgestellte Hunderte Millionen Euro des Bundes einfach so zu verschleudern und abzulehnen;
das Chaos bei der S-Bahn – hundertprozentig fährt sie noch lange nicht. Die Stadtentwicklungssenatorin verhandelt acht Monate ergebnislos mit der Berliner S-Bahn;
kaputte Straßen, ein völlig kaputtes Straßenausbaubeitragsgesetz, das Eigentümer und Mieter gängelt;
das Chaos um das ICC – Fachsenatoren von Wirtschaft und Verkehr und Stadtentwicklung heillos zerstritten.
das Chaos um die ILA-Bewerbung – erst nicht gewollt und nun offensichtlich nicht gekonnt, weil die Präsentation nachgearbeitet werden muss;
und letztlich auch das Chaos beim Flughafenshuttle – denn wie es jetzt aussieht – bisher hat sich noch keiner im Senat darum gekümmert, obwohl man immer vom
öffentlichen Nahverkehr redet –, wird dieser Flughafenshuttle auf Umwegen im 30-Minuten-Takt nach Schönefeld verkehren, wenn der Flughafen denn geöffnet wird.