Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Albers! – Das Wort für eine Kurzintervention hat die Frau Abgeordnete Senftleben. – Bitte sehr!
Ja, genau, Frau Senftleben, die steht hier. – Sie wissen – ich rede jetzt von BAföG-Empfängern –, ein MasterStudium kostet ca. 40 000 Euro, die der BAföGEmpfänger erhält. Jeder, der nun meint, meine Güte, 40 000 Euro, das ist ein Riesenbatzen, hätte recht, wenn es nicht eine maximale Grenze für die Rückzahlung gäbe. 10 000 Euro von den insgesamt 40 000 Euro muss der Studierende, wenn er denn fertig ist, im Laufe seines Lebens an den deutschen Staat zurückzahlen. Dieser Antrag ist völlig richtig. Und wissen Sie, warum? – Weil Sie grundsätzlich – und auch die Herren und Damen von der SPD – diese Informationen den Schülern nämlich nicht geben. Herr Oberg! Herr Albers! Sie schüren Ängste nach dem Motto: Ihr müsst unglaublich viel Knete zurückzahlen. – Nein, es gibt den Höchstbetrag von 10 000 Euro. Weil Sie die Schüler nicht informieren, sondern im Gegenteil Ängste schüren, sind und werden Informationen diesbezüglich immer wichtiger, weil wir nämlich den Studierenden die Ängste nehmen wollen. Das passiert nur durch mehr Offenheit, mehr Information, mehr Transparenz.
[Mieke Senftleben (FDP): Er antwortet nicht! Schade! – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Es ist alles gesagt! – Christian Gaebler (SPD): Hören Sie doch zu!]
Dann kann ich Ihnen vielleicht antworten, Frau Senftleben! Lassen Sie sich meiner eigenen Erfahrung sagen:
Auch 10 000 Euro können eine enorme psychologische Hürde darstellen. Ich denke, es wird auch bis heute viele Studierende geben, die einen BAföG-Anspruch haben und sich irgendwann, wie ich das damals gemacht habe, dafür entscheiden, lieber arbeiten zu gehen, als irgendwann vor diesem Schuldenberg zu sitzen. Denn 10 000 Euro können, wenn man aus einer nicht besonders begüterten Familie kommt, wo am Monatsende doch überlegt wird, ob der Sonntagsbraten sein muss oder ob die neuen Schuhe drin sind usw., richtig viel Geld sein, rein emotional, rein psychologisch.
[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Lars Oberg (SPD): Das ist viel Geld!]
Vielleicht ist das in Ihrer Familie anders, aber das so abzutun, finde ich ein bisschen leichtfertig und unfair denen gegenüber, die tatsächlich vor diesen Entscheidungen stehen.
Sie haben ja recht damit, dass wir mit unseren Beratungen insgesamt zum Thema Studieren, was ist das eigentlich, wie geht das, was ist diese komische Institution Hochschule, ansetzen müssen, je früher, desto besser, am besten, bevor die grundsätzliche Entscheidung fällt: Traue ich mir das zu oder nicht? Aber das jetzt primär zu konzentrieren auf eine Studienfinanzierungsberatung, am besten noch mit der KfW oder sogar privaten Banken zusammen oder so,
Das Schöne an Ihrem Antrag ist, dass er, wie es der Kollege meinte, ziemlich sonntagsredenmäßig ist. Rein theoretisch könnte man ihm eigentlich bedenkenlos zustimmen. Das Problem ist aber: Sie haben bereits selbst klargemacht, was für ein Konzept, welches Nachdenken für Sie dahintersteckt. Da kommen wir in den Bereich, in dem wir jedenfalls nicht mitgehen.
Interessant an diesen Debatten ist, ausgelöst durch diese hübschen, eigentlich sehr sonntagsredemäßigen Anträge, dass wir jetzt zu Grundsatzfragen der Hochschul- und Wissenschaftspolitik kommen. Wenn ich höre, wir sollten den allgemeinverbindlichen Charakter des Abiturs doch lieber ersetzen durch die Einführung eines Scholastic Assessment Tests wie in den Vereinigten Staaten, dann haben Sie die völlig komplementären Systeme, in denen wir uns befinden, überhaupt nicht verstanden. Wir haben – sicherlich traditionell gewachsen, aber so ist es nun einmal – die allgemeine Hochschulreife. Die bestätigt jemandem, du darfst, rein theoretisch, wenn du das Glück hast, irgendwo einen zugangsfreien Studiengang zu finden – die werden heutzutage auch immer weniger, auch in Berlin –, dich dafür immatrikulieren, denn du hast die allgemeine Hochschulreife. In den Vereinigten Staaten sieht das völlig anders aus, da wird getestet. Diese beiden Systeme passen aber nicht zusammen. Wenn Sie jetzt
zusätzlich noch die Hürde eines Scholastic Assessment Test oder Ähnliches einrichten wollen, um Beratungsdefizite im Vorfeld aufzufangen, dann kann ich nur sagen, begeben Sie sich völlig auf den Holzweg. Dann sind wir irgendwann bei Hochschulbeteiligungsquoten von 15 Prozent oder so. Das ist nun wahrlich die falsche Richtung.
Amüsant ist auch der Antrag über die Nichtanrechnung der Lehrkapazität von aus Drittmitteln bezahltem Personal. Zum einen machen Sie in Ihrem Antrag überhaupt nicht hinreichend klar, was Sie eigentlich mit Drittmitteln meinen. Es gibt den kleinen Hinweis mit Stiftungsprofessuren. Um das der geneigten Zuhörerschaft einmal kurz zu sagen: Drittmittel ist alles, ist jeder Cent, der nicht vom Land und nicht über ein Bund-Länder-Programm reinkommt, das heißt, jeder direkte Forschungsauftrag, jeder eingeworbene Antrag von der DFG, jedes Projekt vom BMBF. Über 90 Prozent aller Beschäftigten, die aus Drittmitteln finanziert werden, dürfen gar nicht in der Lehre eingesetzt werden. Das fänden Sie sicher auch nicht besonders lustig, wenn jemand, der z. B. aus der Wirtschaft finanziert, ein Forschungsprojekt macht, plötzlich Lehre machen würde. Dafür wird er überhaupt nicht bezahlt. Das heißt, Sie beschäftigen sich hier mit einem Thema, das es so eigentlich gar nicht gibt.
Zu den Stiftungsprofessuren: Das sind reguläre Professoren und Professorinnen. Und die aus der Verantwortung zu lassen, ihren Beitrag zu leisten, dass die Lehrkapazität aufrechterhalten wird, das können wir einfach nicht machen. Solange wir so katastrophal wenig Studienplätze im Land Berlin haben – und das ist nicht nur in Verantwortung des Bundes, ganz ehrlich, liebe Koalition –, so lange müssen wir jede Stunde Lehrkapazität, die wir haben, ausnutzen. Dann können wir sicherlich – da würde ich Ihren Beitrag gerne hören – über eine Modernisierung des Kapazitätsrechts reden. Aber das hier ist dann ein relativ schwacher Beitrag zur Lösung des eigentlichen Problems.
[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion – Mirco Dragowski (FDP): Wo ist denn Ihr Beitrag?]
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schillhaneck! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung beider Anträge an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung, wozu ich keinen Widerspruch höre.
Ich eröffne die I. Lesung. – Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der SPD. Frau Abgeordnete Neumann hat das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir heute die Neunte Novelle zum Landesgleichstellungsgesetz in I. Lesung beraten können. Ich bedanke mich herzlich bei denen, die in der Verwaltung diese wichtige und arbeitsintensive Arbeit geleistet haben. Weiter bedanke ich mich bei denen, die mit zivilgesellschaftlichem Engagement Kritik und Änderungsvorschläge formuliert haben. Hier nenne ich ausdrücklich den Juristinnenbund und die Landesarbeitsgemeinschaft der Frauenvertreterinnen.
Wir werden in den parlamentarischen Beratungen jedes einzelne Argument sorgfältig prüfen. Und am Ende wird das LGG deutlich verbessert noch intensiver wirken als bisher.
Unser Berliner LGG war schon bisher beispielhaft. Auf seiner Basis konnten erhebliche Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter erreicht werden. Unsere Erfolge zeigen, die Frauenförderung und vor allem die von neoliberaler Seite geschmähte Quote „wirkt auf die“ „tatsächliche... Gleichberechtigung von Frauen und Männern“ hin. So fordert es wörtlich der Artikel 3 Abs. 2 Grundgesetz. Nur verbindliche gesetzliche Regelungen führen zu wirksamer Gleichstellung.
Trotz aller Erfolge war und ist auch bei uns in Berlin noch längst nicht alles so, wie es sein sollte. Wir haben zu Recht Entscheidungen kritisiert, die Prinzipien des LGG bei der Besetzung von Spitzenpositionen in landeseigenen Unternehmen nicht beachtet haben. Das war auch ein Grund dafür, dass wir den Senat am 25. Juni 2009 einstimmig zur Vorlage dieser Gesetzesnovelle aufgefordert haben. Heute stelle ich gerne fest, dass jetzt nicht nur der geforderte Gesetzentwurf vorliegt, sondern dass auch ab Oktober dieses Jahres an der Spitze der BVG eine Frau sein wird.
Für die weiteren Diskussionen ist uns klar: Das LGG muss flächendeckend das regeln, was auf Landesebene geregelt werden kann. Unmittelbar betrifft das die öffentlichen Einrichtungen des Landes Berlin, mittelbar die Unternehmen auf privatrechtlicher Basis, an denen das Land beteiligt ist. Schon heute kann ich sagen, dass Berlin
mit dieser Novelle die bundesweit weitreichendsten Bestimmungen zur Geltung eines LGG bei privaten Gesellschaften mit Landesbeteiligung vorsieht.
Reden müssen wir noch einmal über die gemeinsamen Einrichtungen von Berlin und Brandenburg. In der Sache sehe ich da keine wirklichen Differenzen. Welches die besten Regelungsformen und Formulierungen sind, werden wir in sachlichen Diskussionen klären.
Wir brauchen klare, verbindliche und transparente Regelungen für die Besetzung von Stellen, insbesondere für Führungspositionen. Ob wir durch Ausschreibungen oder öffentliche Bekanntmachungen auf zu besetzende Stellen hinweisen, können wir diskutieren. Möglicherweise müssen mehrere Wege gleichzeitig beschritten werden.
Wir brauchen eine Stärkung derjenigen, die in den Einrichtungen und Unternehmen von ihrer Funktion her für die Gleichstellung eintreten. Das gilt sowohl für die Frauenvertreterinnen als auch für die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten.
Wichtig ist uns auch die Einflussnahme auf privatwirtschaftliche Unternehmen, soweit das durch landesgesetzliche Regelungen über die Auftragsvergabe in § 13 und über Subventionierung in § 14 weiter verbessert werden kann. Wichtig ist uns auch die Möglichkeit, dass künftig von der zuständigen Senatsverwaltung Verwaltungsvorschriften erlassen werden können. Für beides enthält der Senatsentwurf Regelungen. Das sind nur wenige Beispiele. Für weitere fehlt mir jetzt die Zeit.
Noch einmal unterstreichen will ich aber: Auf den Senatsentwurf können wir gut aufbauen. Die Anregungen, die von gesellschaftlichen Gruppen vorliegen und die wir aus den Reihen des Parlaments erwarten, können weiterhelfen. Entscheidend wird aber ein konstruktiver und solidarischer Diskussionsprozess sein, wie er der Thematik angemessen ist. Dazu sollten wir alle beitragen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Neumann! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Görsch das Wort. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage mich, warum das Landesgleichstellungsgesetz heute diskutiert werden muss, dann noch als Priorität bei Abwesenheit des Senators und der Staatssekretärin.
Was soll’s! Aber im Ausschuss ist es ja ähnlich: Frauenpolitik fällt immer ein bisschen hinten runter.