Herr Senator! Ich weiß, dass Sie dafür nichts können. Aber ich sage auch ganz klar: Auch das ist ein Zeichen von Nonchalance, von Lässigkeit, von Nachlässigkeit der grün-roten Verantwortlichen in Sachen Bildung.
All das nervt. Es nervt nicht nur mich persönlich. Viel entscheidender ist, dass es die Eltern, die Schüler, die Lehrer und die Schulleitungen nervt. Letztgenannte können ihre Aufgabe nicht ordentlich erfüllen. Fazit: Der Schulstart in das so wichtige Schuljahr 2010/2011 ist misslungen – und zwar gründlich.
Ich will nicht nur kritisieren. Sie erwarten zu Recht auch von der FDP konstruktive Vorschläge. Die werde ich Ihnen jetzt servieren:
Da ist Fantasie gefragt! Qualifizierte Quereinsteiger! Pensionierte Pädagogen, die noch können und wollen! Die augenblickliche Situation, Herr Senator, ist nicht mehr tragbar, denn Schüler und Schülerinnen haben ein Recht auf Unterricht. Das dürfen wir in diesem Zusammenhang nicht vergessen.
Zweitens: Verlegen Sie das Personalmanagement direkt an die Schule! Über eine Ausschreibung via Internet, mit
einem Budget versehen, schaffen die Schulen das besser als jeder Senator, als jede Verwaltung. Schulen können dann in eigener Verantwortung Einstellungen vornehmen, Verträge abschließen. Den Zeitpunkt dafür bestimmen die Schulen und nicht der Regierende Bürgermeister.
Herr Senator! Erkennen Sie bitte Ihre Grenzen und die ihrer Verwaltung! Vor allem erkennen Sie endlich das enorme Potenzial, das in den engagierten Schulleitungen steckt!
Das haben die nämlich schon beim Thema Personalkostenbudgetierung bewiesen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten haben die Schulleitungen sehr schnell ihre Chancen erkannt Sie haben gemerkt, dass dieses Instrument Chancen eröffnet, die eigene Schule zu gestalten. Das war neu. Sie konnten gestalten und mussten nicht nur verwalten. Genau diese Gestaltungsmöglichkeit haben Sie den Schulen wieder genommen, indem Sie die Mittel wieder eingesteckt haben. Das hat das Vertrauen in rotrote Bildungspolitik nachhaltig erschüttert.
Ich habe auch noch etwas zum Thema Qualitätsoffensive zu sagen. Ich frage Sie, Herr Senator: Wie lange wollen Sie die schlechten Ergebnisse noch schönreden? Unabhängig davon, ob es sich um den nationalen Vergleich der Neuntklässler, das Bildungsmonitoring, VERA, die extrem hohe Verweigerungsquote bei JÜL handelt, das Ergebnis ist eindeutig: Die Berliner Schüler stehen schlecht da. Vor allem stehen diejenigen schlecht da, die Sie besonders fördern wollen: diejenigen mit Migrationshintergrund und diejenigen aus bildungsfernen Elternhäusern.
Stellen wir die Ergebnisse der mannigfaltigen rot-roten Reformitis in den Vordergrund, können wir nur konstatieren: Nichts gewesen außer Spesen. Weder die Sprachförderung vor der Schule noch das jahrgangsübergreifende Lernen in den ersten Jahren, weder die 1 000 Lehrer, die allein für die Sprachförderung eingesetzt werden noch die Einführung von Ganztagsschulen führen zu Verbesserungen für Schüler und Schülerinnen. Alle diese Maßnahmen führen weder zu mehr Leistung noch zu besseren Chancen und damit auch nicht zu einer besseren Integration.
Es wird also Zeit für Sie, Herr Senator, dass Sie ans Werk gehen. Überprüfen Sie Deutsch als Zweitsprache, evaluieren Sie JÜL, analysieren Sie die Ergebnisse von VERA, professionalisieren Sie die Schulinspektion – –
Frau Kollegin! Sie müssen bitte jetzt sofort aufhören, denn Sie sind schon lange am Ende Ihrer Redezeit.
Verehrter Herr Vizepräsident! Sie müssen mir auch ankündigen, dass die Redezeit zu Ende ist. Als es rot geblinkt hat, war ich in meinem letzten Satz.
Entschuldigen Sie bitte! Ich möchte den letzten Satz noch einmal im Zusammenhang wiederholen: Herr Senator! Überprüfen Sie Deutsch als Zweitsprache, evaluieren Sie JÜL, analysieren Sie die Ergebnisse von VERA, professionalisieren Sie die Schulinspektion, und fördern Sie die Kinder vor der Schule besser! All das führt zu einer besseren Leistung, besseren Chancen und besseren Integration. – Ich bedanke mich herzlich!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da meine Kollegen mich vermisst und mich immer wieder genannt haben, möchte ich einige Dinge geraderücken. Wir haben uns hier nie hingestellt und gesagt, die Gymnasien seien abzuschaffen, sondern haben gesagt, die Gymnasien müssten sich an der Reform beteiligen. Das ist ein Unterschied. Ich spreche Deutsch. Deshalb hoffe ich, dass Sie mich endlich verstehen.
Wir oder besser ich habe im Schulausschuss nicht gesagt, die Schulstrukturreform ist gut angelaufen und es sei alles bestens. Ich habe sehr wohl differenziert und gesagt, die Notwendigkeit dieser Schulreform war vorhanden. Es war wichtig und richtig, dass die Hauptschule als eine Schulform, die sich längst überlebt hat, abgeschafft wird. Ich habe nicht gesagt, dass der Start dieser Schulstrukturreform glimpflich abgelaufen ist, sondern ganz im Gegenteil: Ich habe differenziert und den Start sehr wohl kritisiert. Aber es ist nicht nur die Kritik an dem Start der Schulstrukturreform. Schauen wir uns doch mal den gesamten Bildungssektor an! Sie kommen immer hierher, egal ob Linke oder SPD, stecken den Kopf in den Sand und erzählen uns, wie toll alles ist. Seit acht Jahren regieren Sie in dieser Stadt.
Seit acht Jahren regiert Rot-Rot, und seit acht Jahren hat Sie niemand daran gehindert, die Einstellungskriterien zu flexibilisieren. Seit acht Jahren hat Sie niemand daran gehindert, früher Lehrerinnen und Lehrer einzustellen. Das möchte ich unterstreichen.
weil Sie das Thema Hoover-Schule hier erneut aufziehen! Ich war einer der wenigen und einer der ersten Abgeordneten dieses Hauses,
der sich, als die Gustav-Falke-Schule in Mitte das Deutschgebot in ihrer Schule erklärt und gesagt hat: Wir wollen, dass die Kinder gut Deutsch sprechen und dass auch insbesondere Kinder mit guten Deutschkenntnissen in dieser Schule ankommen –, öffentlich zu diesem Modellvorhaben erklärt hat. Es ist nämlich ein Unterschied, ob ich ein Deutschgebot in einer Schule einführe oder ob ich andere Sprachen auf dem Schulhof verbiete. Das ist der Unterschied zwischen der Hoover-Schule und der Gustav-Falke-Schule. Das sollten Sie als gebildete Menschen verstehen. Ich finde nach wie vor, Verbote von anderen Sprachen auf deutschen Schulhöfen verbieten sich. Ich finde nach wie vor, dass Integration keine Einbahnstraße ist. Dazu gehört die Minderheit auf jeden Fall. Sie hat Pflichten und Aufgaben. Sie hat auch Rechte.
Letzter Halbsatz: Ich finde, dass in diesem Zusammenhang die Mehrheitsgesellschaft, vor allem die Politik, mit gutem Beispiel vorangehen und Angebote zum Gelingen der Integration schaffen muss, denn sonst müssen wir immer mehr Sarrazins ertragen.
Sie haben gleich Ihre Chance, Herr Senator, das wissen Sie! – Kollege Mutlu! Sie haben die Schulstrukturreform immer sehr gepusht. Ausrufezeichen!
Sie sagen auch jetzt, sie ist richtig. Ich weiß noch nicht, ob sie richtig ist. Das sehen wir erst in vier Jahren, wenn nämlich die ersten vier Jahre vorbei sind, erkennen wir, ob diese Reform richtig ist und ob und was sie gebracht hat.
Jetzt sagen Sie, Sie wollen keine Abschaffung der Gymnasien. Das habe ich eben im Übrigen auch mit keiner Silbe erwähnt.