[Beifall bei der Linksfraktion – Christoph Meyer (FDP): Glauben Sie das eigentlich, was Sie da sagen?]
Werte Frau Matuschek! Werter Herr Goetze! Können wir uns nicht darauf einigen, was offensichtlich ist? – Berlin hat ein Einnahme- und ein Ausgabenproblem.
Auf beiden Seiten muss etwas passieren. Herr Goetze! Ich gebe Ihnen recht, wenn man Frau Matuschek hört, müsste man denken, die sinnvollen Anträge, die wir unterstützen, seien Teil der haushaltspolitischen Drückebergerei nach dem Motto: Der Bund ist ganz alleine schuld, wir selbst können gar nichts tun! – Das wird uns in der Frage, dass in den nächsten Jahren Ebbe in der Landeskasse herrscht, nicht weiterhelfen. Das ändert sich auch nicht dadurch, dass den obersten Kassenwart, Herrn Nußbaum, letzte Woche plötzlich der Mut verlassen hat, mit uns darüber zu diskutieren,
obwohl gerade diese Debatte zeigt, dass ein Kassensturz von Ihrer Seite ganz gut wäre. Weder Herr Graf noch Herr Wieland noch meine Wenigkeit hätten Ihnen dafür den Kopf abgerissen, und Frau Matuschek hätte vielleicht ein bisschen was darüber gelernt,
Ich kann mich nur wundern, wenn Herr Wowereit und Sie den überfälligen Kassensturz und die Aussagen über Haushaltswahrheit tatsächlich erst nach der Wahl 2011 machen wollen, denn ich frage mich, wie das aussehen soll. Der Regierende Bürgermeister und der Finanzsenator stellen sich hin und sagen, ups!, das haben wir gestern noch gar nicht gewusst, dass Ebbe in der Kasse ist, oh je!, jetzt fällt uns auf, dass wir auf Jahre mit dem Ausgabenniveau auskommen müssen, das wir heute haben,
oha!, wir sind erst vor fünf Minuten darauf gekommen, dass wir dann alle politischen Schwerpunkte und unvermeidlichen Preissteigerungen durch Kürzungen an anderer Stelle gegenfinanzieren müssen. Entschuldigung, Herr Nußbaum, da lachen die Hühner, auf so eine Idee können eigentlich nur Leute kommen, die bereits heute davon ausgehen, nach der Wahl nicht mehr an der Regierung zu sein, andernfalls wäre eine solche Wahlkampfstrategie samt anschließender Verrenkung doch zu absurd.
Das heißt aber nicht – weil Sie da klatschen, Herr Goetze –, dass der Weg aus der Haushaltsnotlage in Berlin neben strukturellen Einsparungen nicht auch tatsächliche Einnahmeverbesserungen erfordert. Auch Sie müssen einsehen, ohne Einnahmeverbesserung klappt der Haushaltsausgleich vermutlich schon rein rechnerisch nicht, ganz bestimmt nicht in der sozialen Balance.
Unsere Vorschläge dazu liegen nicht erst seit heute auf dem Tisch: Stärkere Besteuerung höchster Einkommen, Erhebung einer Vermögensabgabe oder -steuer, Einführung der Transaktionssteuer, Entwicklung der Gewerbesteuer zu einer kommunalen Wirtschaftssteuer. Und deshalb wird es niemanden verwundern, dass wir eine entsprechende Bundesratsinitiative des Senats unterstützen werden.
Was uns in Ihrem Paket allerdings fehlt, das ist die überfällige Reform der Grundsteuer und vor allem der Abbau von ökologisch schädlichen Steuersubventionen.
Da wird viel mehr Geld verbrannt als eine Vermögenssteuer jemals bringen kann, und dass Ihnen das, Herr Zackenfels, keine Zeile wert ist, zeigt, dass der Gedanke von Klima- und Umweltschutz bei Ihnen immer noch nicht hinreichend angekommen ist. Vielleicht können wir da in der Ausschussberatung mit einem weiteren Spiegelstrich nachhelfen.
Unsere gemeinsame Sorge – und deshalb fand ich die Debatte trübe – muss doch sein, dass wir den kommenden Generationen nicht nur Schulden hinterlassen. Unser Ziel muss doch sein, den Menschen die Sorge zu nehmen, dass die Staatsschuldenkrise sie am Ende um ihre Ersparnisse bringt und ihre Altersversorgung gefährdet. Mit der Finanzkrise ist doch dem Letzten – mit Ausnahme von Frau Matuschek – deutlich geworden, dass wir nicht dauerhaft über unsere Verhältnisse leben können. Deshalb, werte Kollegen und Kolleginnen von CDU und FDP, sage ich Ihnen unumwunden: Wo der Senat recht hat, hat er recht. Da fällt mir kein Oppositionszacken aus der Krone.
Genau! – Wir alle zusammen müssen die Bundesregierung dazu bringen, die Einnahmesituation von Bund, Ländern und Gemeinden nachhaltig zu verbessern. Dafür insbesondere die Hauptverantwortlichen für das Finanzmarktdesaster heranzuziehen, ist eine Frage der Gerechtigkeit, der niemand hier im Saal ausweichen kann.
Vielen Dank, Herr Kollege Esser! – Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende Meyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Esser! Sie haben sicherlich recht mit Ihrer Feststellung, dass das eine trübe Debatte war. Das gilt aber auch für Ihren Beitrag.
Wieder typisch grün: Zickzack mitten durch, beliebig nach allen Seiten, offen nach allen Seiten, das Ganze gepaart mit ein bisschen Weltuntergangspanikprise.
Kommen wir zu den Anträgen. Als ich diese drei Anträge von Herrn Zackenfels und offensichtlich auch von Frau Matuschek sah, dachte ich anfangs, dass es sich wohl um einen falschen Empfänger handelt. Das sind Anträge, die
[Mirco Dragowski (FDP): Dazu wird er nicht eingeladen! – Stefan Zackenfels (SPD): Da kommen sie her!]
Da kommen sie her? Ich denke, Sie beraten die erst am Wochenende. Wenn man sich diese drei Anträge, die ein inhaltliches Gesamtpaket darstellen sollen, ansieht, stellt man fest, dass nicht allzu viel Inhalt vorhanden ist. Herr Goetze hat bereits darauf hingewiesen: Es findet sich keine einzige Zahl in einem dieser Anträge. Man weiß nicht, wo Sie mit dem Spitzensteuersatz landen wollen, mit der Vermögensteuer, der Erbschaftsteuer. Man weiß nur, dass Sie offensichtlich der Auffassung sind – und da bleiben Sie noch hinter Ihrem Ankündigungsfinanzsenator zurück –, dass Sie auf der Ausgabenseite gar nicht mehr konsolidieren wollen in dieser Legislaturperiode.
Herr Nußbaum hat zumindest behauptet, dass er 250 Millionen Euro auf der Ausgabenseite kürzen möchte.
Am Dienstag bekommen wir die 450-Millionen-Zahlen. Wir sind gespannt, denn bislang kennen wir keine Details. Dennoch: Herr Nußbaum ist weiter als Sie, Herr Zackenfels. Das ist eine erstaunliche Erkenntnis aus diesen Anträgen.
Ich glaube, ob man über die Einnahmeseite redet oder nicht, es ist immer erst der zweite Schritt. Der erste Schritt muss die Ausgabenseite sein. Bevor man im Land Berlin auf der Ausgabenseite nicht die Hausaufgaben gemacht hat, kann man nicht Richtung Bund rufen: Wir wollen mehr Geld. – Ob vom Bund oder von den Bürgern, das ist unredlich, und das werden wir deshalb selbstverständlich nicht mittragen.
Wenn man sich von Ihrem ersten Antrag die Begründung ansieht, dann wird einem ganz anders. Im vorletzten Absatz definieren Sie, dass die Anhebung der Einkommen- und der Vermögensteuer erst der erste Schritt sein sollen. Was passiert dann noch? Ich denke, es ist gut, dass wir eine schwarz-gelbe Bundesregierung haben,
und es ist gut, dass Sie auch im Jahr 2013 keine Chance haben werden, dieses wirre Gedankengut in die Tat umzusetzen.
Zu den beiden dringlichen Anträgen, zu denen sich jeder hier im Haus fragt, was daran eigentlich dringlich ist –
außer dass Ihnen offensichtlich erst Anfang der Woche eingefallen ist, dass Sie hierzu noch etwas sagen wollen –: Beteiligung des Bundes an den Sozialausgaben einfordern. – Auch hier wird keine konkrete Zahl genannt. Sagen Sie doch, inwieweit Sie die quotale Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft anheben wollen! Verlieren Sie doch vor allem einen Satz dazu, Herr Zackenfels, wenn Sie auf die Langzeitarbeitslosigkeit abstellen, wer dafür in den letzten 20 Jahren in Berlin verantwortlich ist und war, dass wir einen so hohen Sockel an Langzeitarbeitslosen im Vergleich zu anderen Kommunen haben! Das ist die SPD, das ist Ihre verfehlte Wirtschaftspolitik seit zehn Jahren gemeinsam mit den Linken.