Dann hat die SPD auf Bundesebene noch ein Steuererhöhungsprogramm beschlossen, das voll zulasten von Familien und Kindern geht. Das Ehegattensplitting soll abgeschafft werden, obwohl das gerade Familien mit Kindern besonders hart trifft, weil die Vorteile des Ehegattensplittings regelmäßig dort eintreten, wo ein Elternteil wegen der Erziehung der Kinder zu Hause bleibt oder halbtags arbeitet.
Sie wollen den Spitzensteuersatz anheben, die Ausweitung der Gewerbesteuer sowie die Einführung der Vermögensteuer. Das kostet Arbeitsplätze im Mittelstand. Gerade die Vermögensteuer bringt gerade mal 1 Milliarde Euro an Einnahmen. Das sind nicht mal die Zinsen für das letzte Konjunkturprogramm, das von Rot-Rot im Land Berlin heftig beklatscht worden ist.
Sie vernichten also Arbeitsplätze im Mittelstand, und Sie können mit dieser Steuerpolitik nur eines erreichen: Sie machen das Land insgesamt ärmer, und Sie blockieren den Aufschwung,
wie es schon mal passiert ist. Das konnte man in den Siebzigerjahren sehen. Damals gab es diesen finanzpolitischen Ansatz schon einmal. Den hat der damalige Bundeskanzler Schmidt mit seinem „Superminister“ Schiller favorisiert, und das Ende vom Lied war der Einstieg in die massive Staatsverschuldung, das Scheitern jedes Konjunkturprogramms. Jahr für Jahr wurden damals neue aufgelegt, alle verpufften, und die Folgen tragen wir heute.
Nein, der Ruf nach dem Geld des Bundes, der anderen Bundesländer und der Bürger ist nicht Ihre Aufgabe als Regierungskoalition. Ihre Aufgabe in diesem Hause ist einzusparen, Ihre Hausaufgaben zu machen, die 600 Millionen Euro, die Sie sich für diesen Doppelhaushalt zusätzlich gegönnt haben –
Jawohl! –, sofort auf die alte Ausgabensituation von 2008/2009 zurückführen und in die notwendigen Arbeiten zur Realisierung der Schuldenbremse einzusteigen, so, wie es alle anderen Bundesländer gemacht haben bis auf Berlin. Das ist Ihre Aufgabe, und dann sind Sie auch wieder zahlungsfähig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Goetze! Das müssen Sie mir mal erklären: Was hat die Finanztransaktionssteuer, die wir fordern, die 0,05 Prozent von Finanztransaktionen betragen soll, damit zu tun, dass wir vom Bund Geld verlangen?
Sie machen hier einen Pappsoldaten auf, der gar nicht so steht. Aber ich sage Ihnen mal etwas zu dem Sparprogramm der Bundesregierung, an der Sie ja beteiligt sind, das großartige Sparprogramm, kürzlich beschlossen.
Was ist denn das im Klartext? – Im Klartext würde keine einzige Sozialkürzung dieses Sparpakets notwendig werden, würde Ihre Regierung endlich die Krisenverursacher und -gewinnler zum Beispiel durch eine Finanztransaktionssteuer zur Kasse bitten. Das ist die Wahrheit. Ihr Sparprogramm auf der Bundesebene schont eben die Vermögenden und die Gewinne aus der Atomlobby und die Hotelbesitzer.
Eine Zahl darf ich Ihnen nennen: Die Gewinne und Vermögenseinkommen sind in der Bundesrepublik im zweiten Quartal 2010, in diesem Jahr, wieder um 22 Prozent gestiegen und die Einkommen der Arbeitnehmer dagegen nur um 2,5 Prozent. Diese eklatante Schlechterbehandlung können wir nicht so stehenlassen.
Wir fordern tatsächlich eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes, und Die Linke sagt auch eine Zahl dazu, nämlich 53 Prozent,
und das bei einer deutlichen Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen. Wir fordern eine Millionärssteuer, und wir fordern eine Vermögensteuer.
Da sind wir genau bei dem Thema, über das wir seit Monaten ringen. Wir in Berlin haben kein Ausgabenproblem, sondern ein Einnahmeproblem,
und die Einnahmen des Landes Berlin werden durch die Entscheidungen auf Bundesebene beschnitten. Das ist das Problem. Wir würgen hier nach Ihren Vorstellungen die zarte Konjunktur noch zusätzlich ab, aber werden vor allen Dingen in der kommunalen Handlungsfähigkeit dadurch beschnitten, dass die kommunalen Einnahmen, die Steuereinnahmen, die wir brauchen, durch bundespolitische Entscheidungen beschnitten werden.
Alle wollen sparen, und alle verlangen von uns das großartige Sparen. Sie sparen, Herr Jotzo, und zwar folgendermaßen: Die mit Abstand größten Einsparungen nach Ihrem Bundesprogramm sind im Sozialbereich vorgesehen. Hier summieren sich Ihre Kürzungen bis 2014 auf über 30 Milliarden Euro, und das ist deutlich mehr als ein Drittel aller von Ihnen vorgeschlagenen Einsparungen. Mehr als ein Drittel der Einsparungen, die Sie vorschlagen, kommt aus dem Sozialbereich. Hingegen nicht mal 20 Milliarden Euro, also deutlich weniger, wollen Sie bei den Unternehmen einkassieren, und der eigentliche soziale Skandal ist, was nicht beschlossen wurde, eben dass trotz der enormen finanziellen Belastung der öffentlichen Haushalte als Folge der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise Vermögende, reiche Erben und Bezieherinnen und Bezieher hoher Einkommen völlig verschont werden. Im krassen Gegensatz dazu wird bei Erwerbslosen, sozial Schwachen, bei Eltern richtig zugelangt. Das ist die traurige Realität. Sie gefährden den sozialen Frieden. Sie gefährden die Konjunktur.
Wir schlagen mit unserem Antragspaket tatsächlich vor: Wir wollen wieder einen gerechten Anteil an den Steuereinnahmen haben, indem die Steuereinnahmen von Vermögenden und Reichen reingeholt werden, indem die Finanztransaktionssteuer eingeführt wird, indem die Gewerbesteuer auf eine größere Basis gestellt wird.
Noch einmal zu den Ausgabenproblemen, die Berlin angeblich hat – Ihre Sparvorschläge sind ja auch für Berlin Einschnitte im sozialen Bereich. Die bereinigten Ausgaben von Berlin betrugen im Jahr 2003 21 269 000 000 Euro, die bereinigten Ausgaben – bei aller Belastung Berlins – lagen im Jahr 2009 bei 21 320 000 000 Euro – gerade einmal 60 Millionen Euro mehr. Wir haben kein Ausgabenproblem, wir haben ein Einnahmeproblem, und das müssen wir mit Hilfe des Bundes und der anderen Bundesländer lösen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Matuschek! Auch bei Ihnen keine Zahl zu dem, was von Ihrer Bundesratsinitiative im Haushalt des Landes Berlin hängen bleiben soll! Sie verschweigen es einfach, dass fast alle Steuereinnahmen, die dort aufgeführt sind, über den Länderfinanzausgleich für Berlin weitestgehend abgeschöpft werden, da wir von den Transfersummen der anderen Bundesländer leben – und zwar massiv, mit über 4,5 Milliarden Euro! Das kommt vom Bund! Wenn Sie Ihre finanzpolitischen Abenteuerspielchen tatsächlich realisieren sollten – es bleibt nicht so viel mehr im Land Berlin hängen.
Zu den Einsparmaßnahmen: Warum kann man sich denn z. B. die Möglichkeit eröffnen, im Einzeletat Arbeit und Soziales einzusparen? – Der Einzeletat des Bundes Arbeit und Soziales hat ein Volumen von 143 Milliarden Euro und macht damit fast 50 Prozent des Bundeshaushaltes aus. Die Einsparmaßnahmen sind also vertretbar. Der nächstgrößere Etat ist Verteidigung, danach kommt Verkehr und Bau, die haben so um die 30 Milliarden Euro. Das ist der Abstand zwischen den Etatposten – 143 Milliarden Euro zu 30 Milliarden Euro! Man kann sich auch deswegen Einsparungen erlauben, weil andere Bundesländer bei der Schaffung und Beibehaltung von Arbeitsplätzen absolut erfolgreich sind, weil sie in der Lage sind, ihre Arbeitslosenquoten herabzusetzen, Industrie und Gewerbe anzusiedeln und die Leute aus Hartz IV zu bringen. Sie, Frau Matuschek, und Sie, von der rotroten Koalition, sind dazu nicht in der Lage!
Die Arbeitslosenquote in Berlin ist die höchste der Republik, die Bezieherqoute für Arbeitslosengeld II, Hartz IV etc. sind die höchsten in der Republik, die Zahl der Arbeitsplätze und der Durchschnittsverdienste in Berlin liegt am unteren Ende der Skala – das ist die Situation! Wenn Sie diese traumhaften Ergebnisse manch anderes Bundeslandes bei Arbeitslosenquote, Beschäftigung und bei Hartz IV hätten, dann bräuchten wir diesen Unsinn, den Sie uns zur Bewältigung der Finanzlage des Landes vorschlagen, nicht zu diskutieren, weil wir eben kein Einnahmeproblem hätten, sondern ein Ausgabenproblem. Da wollen Sie aber nicht ran, weil Sie die sozialen Wohltaten in bestimmte Bereiche der Stadt verteilen wollen. So meinen Sie, Ihre Regierungsfähigkeit zementieren zu können – das werden wir nicht durchgehen lassen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Goetze! Erstens: Vermögende und Reiche gibt es auch in Berlin –
wenn eine solche Besteuerung eingeführt wird, dann trifft das alle, auch die hier in Berlin Wohnenden. Zweitens: Können Sie mir bitte erklären, was zum Teufel eine Hartz-IV-Empfängerin, ein Hartz-IV-Empfänger Ihnen getan hat, dass ihnen das Elterngeld gestrichen wird, und was soll das daran ändern, dass angeblich der Arbeitswunsch gefördert werden müsse?
Sie bestrafen Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger dadurch, dass Sie das Elterngeld streichen und sagen, es sei deswegen, weil der Sozialetat nun einmal so groß ist, dann streichen wir daraus – sie sind ja selbst schuld, dass sie so viel brauchen. Nein, umgekehrt wird ein Schuh draus! Wir lassen es Ihnen nicht durchgehen, die sozial Benachteiligten auch noch dafür zu bestrafen, dass sie sozial benachteiligt sind.
Wir wollen die Einnahmen nutzen, um in soziale Infrastruktur, in Bildung zu investieren und um einen Ausgleich der Ungerechtigkeit des Staats zu erreichen. Das ist dann ein System, das soziale Gerechtigkeit wenigstens nicht nur im Munde führt, sondern tatsächlich zu gewährleisten versucht.