Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ein bisschen was zur Geschichte: Das verfassungswidrige Gesetz von RotGrün zwingt uns heute, neue Gesetze zu verabschieden. Ich bin durchaus bei Ihnen, Frau Pop: Dass dies im Schweinsgalopp gemacht wird, ist nicht einzusehen. Natürlich soll ab dem 1. Januar entsprechend gehandelt werden können, aber – auch das zur Geschichte – die große Koalition unter CDU und SPD war nicht in der Lage, die Auflagen des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen.
Frau Grosse! Wenn Sie uns jetzt sagen, das ist ein gutes Gesetz, was Sie uns jetzt vorlegen, dann greife ich gern auf, was mein Kollege Jotzo dazu kommentierend sagte: Das einzig Gute an diesem Gesetz ist, dass die Jobcenter ihren Namen behalten können und dadurch keine neuen Namensschilder brauchen. Das spart Geld.
Alles andere, was Sie hier ausführen, ist noch einmal auf den Prüfstand zu stellen: Da sollen jetzt also durch die neue Regelung die Bundesagentur für Arbeit und die kommunalen Träger eine gemeinsame Einrichtung bilden. So weit so klar! Gleichzeitig gab sie die Möglichkeit, dass man auch die Zahl der Optionskommunen bundesweit erhöhte. Wir hatten Sie im Ausschuss darauf angesprochen und gefragt, was eigentlich dagegen spricht zu überlegen, ob Berlin nicht auch eine Optionskommune werden sollte.
Diese Frage ist nicht beantwortet worden, sondern einfach abgelehnt worden. Ich frage mich: Warum testen Sie das nicht? Warum prüfen Sie so etwas nicht? Oder trauen Sie sich das gar nicht zu, als Kommune selbst diese Arbeit zu übernehmen?
Genauso wurde die Frage behandelt, ob wirklich zwölf Einrichtungen notwendig sind, ob es nicht vielleicht auch acht oder sechs sein könnten. Das wurde einfach vom Tisch gewischt und gesagt: Wir belassen es bei zwölf, diese Zahl hat sich bewährt, und wir werden auch weiterhin zwölf haben. Ob damit mehr Kundenservice erreicht werden kann, das wird sich in der Praxis zeigen.
Aber es gibt Umsetzungsprobleme, und einige sind schon genannt worden. Zum einen: Vertragspartner sind die Bundesagentur für Arbeit und das Land Berlin, aber mit
beteiligen wollen Sie die Bezirke. Wie funktioniert das? Sie reden immer vom gesamtstädtischen Interesse. Arbeitsmarktpolitik ist gesamtstädtisches Interesse. Okay, soweit kann ich vielleicht noch mitgehen. Aber dann ist interessant: Auf der Seite 32 verweigern Sie dezidiert eine Definition von gesamtstädtischem Interesse. Sie schreiben dort, es macht gar keinen Sinn, das überhaupt zu definieren – aber überall taucht es in Ihrem Gesetz auf. Was meinen Sie aber damit? Hier sind Sie uns noch eine Begründung und Erklärung schuldig.
Genauso – das wurde schon angesprochen – die Rolle der Bezirke: Der Senat bestellt die Mitglieder der Trägerversammlung. Nach meinem Verständnis hat der Senat dann auch das Weisungsrecht gegenüber dem vom Bezirk Bestellten. Wo bleibt dann die Mitsprache der Bezirke? Das erklären Sie dem Rat der Bürgermeister mal oder besser gesagt auch uns! Mit diesem einen Mitglied – darauf haben Sie schon hingewiesen, dass Sie großzügig sind und es vielleicht auch zwei sein können. In der Tat, es kann sein, dass durch diese Umsetzung Mehrkosten entstehen. Wie sollen die eigentlich getragen werden? Teilen sich diese das Land und die Bezirke? Sie verweisen auf irgendeine einzurichtende Stelle, wo gebucht werden kann, aber das ist auch alles, und Sie sagen nicht, wie hoch.
Ich war sehr erfreut, denn neulich hatte Herr Senator Wolf im Ausschuss gesagt, in Zukunft werden alle Gesetze, die wir auf den Weg bringen, Folgekostenschätzungen dabei haben. Ich war sehr gespannt, wann das umgesetzt werden wird. Allerdings weiß ich nicht – vielleicht können Sie mir das im Ausschuss erklären –, was für Sie Zukunft heißt. Vielleicht erst nach der nächsten Wahl? Ich hatte hier ganz konkret erwartet, Folgekosten vorgestellt zu bekommen, damit man auch ein Gespür dafür bekommt, wie hoch die Belastungen sind.
Dieses Gesetz schafft nicht mehr Klarheit, und dieses Gesetz schafft keine Rechtssicherheit. – Herr Gaebler! Lesen Sie es mal, damit Sie wissen, worüber ich rede.
Dieses Gesetz ist die Grundlage für neu zu schaffende Regelungen oder aber auch die Grundlage für neue Klagen. Das wäre das Allerschlimmste. Verständlich, dass wir ein solches Gesetz nicht unterstützen werden. – Ich danke Ihnen!
Vielen Dank, Herr Thiel! – Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung der Gesetzesvorlage Drucksache 16/3589 an den Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Beildung und Soziales sowie an den Hauptausschuss, wozu ich keinen Widerspruch höre.
Ich eröffne in Bezug auf die Drucksachen 16/3229 und 16/3460 die zweiten Lesungen und schlage vor, die Einzelberatung der jeweils zwei Artikel miteinander zu verbinden. – Ich höre hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschriften und die Einleitungen sowie die jeweiligen Artikel I und II Drucksachen 16/3229, 16/3460 und 16/3631. Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils wieder eine Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung. Das Wort für die FDP hat der Kollege Schmidt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im letzten Winter hatten wir große Zumutungen und schwere Belastungen für die Menschen in unserer Stadt durch Schnee und Eis. Man konnte an den Bushaltestellen nicht aussteigen. Behinderte kamen nicht aus dem Haus, und gehbehinderte Leute wurden in ihren Wohnungen festgehalten. Das kann man nicht kleinreden. Das ist ein echtes Problem.
Daraufhin haben im Februar insbesondere CDU und Grüne eine ganze Menge an Maximalforderungen gestellt: Das Grünen-Sofortprogramm mit 1 000 Mann Son
dereinsatztruppe, das sie uns jetzt auch wieder vorlegen, und die CDU hatte zum Beispiel die Idee, dass die Hauseigentümer bei der Wahl ihrer Dienstleister quasi enteignet werden und das Land Berlin ihnen per Ausschreibung vorschreibt, wer bei ihnen den Schnee räumt. Heute sagen CDU und Grüne: Eigentlich muss man ja gar nichts ändern. Ich finde das erstaunlich. Da ändert sich die Meinung so schnell wie die Jahreszeiten.
Dass man im Winter Höchstforderungen stellt und im Sommer meint, dass alles so bleiben soll, wie es ist, das finde ich unseriös.
Wir Liberale akzeptieren durchaus kleine pragmatische Korrekturen am Gesetz, dort, wo sie nötig sind und wo der Winter gezeigt hat, dass man etwas tun muss. Das betrifft insbesondere, dass jetzt Bushaltestellen, Fußgängerzonen nicht mehr durch die Hauseigentümer geräumt werden müssen. Denn das ist unzumutbar für die Hauseigentümer, und es hat auch nicht funktioniert.
Für diese kleinen Sachen muss man auch das Gesetz ändern, weil es nun einmal anders im bestehenden Gesetz geregelt ist. Wenn man es ändern will, ist es eine Gesetzesänderung.
Die Koalition schießt aber mit ihrem Änderungsantrag zum Gesetz weit über das Ziel hinaus. Da gibt es eine Reihe von Punkten, die mit der FDP nicht machbar sind. Das fängt an – und ist auch der wichtigste Punkt – mit der übertriebenen Regelung zur Eisbeseitigung. Ursprünglich hatten Sie vor, dass, immer wenn Schnee fällt, dieser sofort weggefegt werden muss, damit sich gar kein Eis bildet. Jetzt ist immerhin noch drin, dass man Eisbildung komplett beseitigen muss. Das ist der mit Abstand teuerste Teil der Änderung. Dagegen richten sich die meisten Beschwerden von Eigentümern und Mietern, auch von Räumfirmen. Diese Regelung kann so nicht bleiben.
Interessanterweise will die CDU in ihrem Änderungsantrag genau das nicht ändern – dieses Problem steht in § 1, aber Sie wollen nur § 3 ändern. Offensichtlich sind Sie mit der Regelung einverstanden. Die Grünen wollen die Glätte nur vor öffentlichen Gebäuden beseitigen. Sagen Sie dies mal denen, die gehbehindert sind und nicht aus ihrem eigenen Haus herauskommen. Wir denken, pragmatisch wäre, dass normalerweise Abstreuen hilft. Wenn es wirklich gefährlich ist, den Gehweg zu begehen, dann müssen andere Maßnahmen greifen.
Wir sind nicht einverstanden damit, dass Sie jetzt alle Gehwege 1,50 Meter breit räumen lassen wollen. Im vorherigen Gesetzentwurf stand, dass in kleineren Straßen 1 Meter ausreicht. Wir halten es für richtig, den einen Meter aufrechtzuerhalten. Wir halten die 1,50 Meter für übertrieben.
Wir halten es auch für schwierig, dass dieses Gesetz in diesem Jahr in Kraft tritt. Ja, einige Punkte haben sich verschoben, aber grundsätzlich geht die Umsetzung dieses Jahr nicht mehr. Die Verträge mit den Räumungsfirmen sind zum großen Teil abgeschlossen, und übrigens sind auch die BSR-Tarife nach dem alten Gesetz kalkuliert.
Ein Thema nach der heutigen Rekommunalisierungsdebatte ist: Im Gesetz steht, dass die BSR das dort machen soll, wo das Land zuständig ist. Das leuchtet mir nicht ein! Es würde ausreichen, wenn dort ein beliebiges, vom Land beauftragtes Unternehmen stünde, denn dann hätten wir auch beim Winterdienst Wettbewerb.
Ohne diese Änderungen lehnen wir den Koalitionsantrag ab. Er schießt über das Ziel hinaus – das habe ich dargestellt – und belastet Hauseigentümer und Mieter zu sehr.