Protokoll der Sitzung vom 11.11.2010

Der Änderungsantrag der CDU löst auch kein Problem. Sie bauen vor allem eine große Bürokratie auf. Sie wollen mehr Menschen im Amt für Regionale Ordnungsaufgaben und mehr Ordnungskräfte auf der Straße. Die schippen keine einzige Schaufel Schnee weg.

[Beifall bei der FDP und der SPD]

Sie wollen Analysen im Nachhinein, als wüssten Sie nicht, was die Probleme sind, und Sie wollen einen Notfallplan. Es ist richtig, man braucht einen Plan, aber man braucht keinen riesigen Runden Tisch. Das ist normales staatliches Handeln. Der Senat hat hier versagt, er hatte keinen Plan. Richtig ist jedoch, dass der Senat dafür zuständig ist und nicht Runde Tische. Aus dieser Pflicht möchte ich den Senat nicht entlassen, und deshalb lehnen wir den CDU-Antrag ab. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der FDP]

Danke, Herr Kollege! – Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Buchholz das Wort – wenn meine Buchführung stimmt. – Bitte sehr!

Vielen Dank! – Herr Präsident! Es befindet sich keine Eisfläche auf dem Weg, weshalb man gefahrlos zum Podium gelangt.

[Heiterkeit bei der SPD]

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dem Kollegen Schmidt von der FDP sehr dankbar, dass er sich hier differenziert über die Probleme des letzten Winters und über das, was wir als Antragslage im Parlament vorliegen haben, geäußert hat. Für die Koalition steht eines fest: Das Eis- und Schneechaos des letzten Winters darf sich in der Form in Berlin nicht wiederholen. Es kann nicht sein, dass Leute sieben Wochen lang nicht auf die Straße gehen können, weil vor ihrer Haustür

nur Eisflächen sind und nichts anderes. Das darf sich nicht wiederholen.

[Beifall bei der SPD – Michael Schäfer (Grüne): Holiday on Ice!]

Es geht darum, öffentliche und private Grundstückseigentümer an ihre Verantwortung zu erinnern, dass sie für die Gehwege zu sorgen haben, damit man dort gefahrlos laufen kann. Wir werden jetzt mit diesem Gesetz an mehreren Stellen wichtige Klarstellungen machen:

Erstens: Die BSR wird zentral für die sechs großen Berliner Fußgängerzonen verantwortlich sein.

Zweitens: Die BSR wird für die zwölf großen Berliner Plätze – vom Breitscheidplatz bis zum Alexanderplatz und noch zehn weitere Plätze – die zentrale Verantwortung haben, diese zu räumen

Drittens: Alle Haltestellen der Busse und Straßenbahnen werden in Berlin zentral von der BSR gereinigt. – Erinnern Sie sich bitte an den letzten Winter und daran, dass es an den Bushaltestellen teilweise riesige Schneeberge gegeben hat, die eigentlich die Anlieger hätten entfernen müssen, aber das haben sie nicht gemacht. Wir werden das jetzt zentral von der BSR machen lassen. Allein das ist schon eine Gesetzesänderung wert. Ich kann nur appellieren: Mindestens schon dafür muss man dieser Gesetzesänderung zustimmen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Schauen wir uns die weiteren Punkte an: Wir werden die Pflicht zur Beseitigung von Schnee und Eis klarer und deutlicher fassen – völlig richtig –, weil das notwendig ist. Sie sehen aber, dass wir auf die Kritikpunkte, die von den Verbänden und Hauseigentümern – auch hier im Parlament bei der Anhörung – kamen, eingehen. Wir haben jetzt – um das klarzustellen – eine dreistufige Räumhierarchie aufgemacht. Das heißt, Schnee ist – wenn möglich – immer sofort zu beseitigen. Eis ist zunächst abzustreuen, aber wenn das Eis immer dicker wird und das Streuen nichts mehr bringt, dann ist es zu beseitigen. Das ist die dritte Stufe, und die kann man nicht missverstehen. – Viele wollten das immer so verstehen, dass man das alles sofort erledigen muss. Mit Verlaub: Das steht nicht im Gesetz. Lesen Sie richtig, was wir dort reinschreiben!

Weitere wichtige aktuelle Änderungen: Wir haben gemerkt, dass, wenn wir den Bußgeldrahmen erhöhen wollten, alle sagen, wir würden nur abzocken wollen. Nein! Es geht tatsächlich darum, die Straßen sauberer zu bekommen. Darum sagen wir: Diese Bußgelderhöhung machen wir nicht. Es bleibt bei den 10 000 Euro maximal. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Kein Hauseigentümer wird gezwungen, irgendwelche Schilder an seiner Hauswand anzubringen. Entweder er macht das selbst, oder wenn kein Schild angebracht und jemand beauftragt worden ist, dann muss

ich beim Hauseigentümer nachfragen. Niemand muss irgendwo ein Schild anbringen.

Dritter Punkt: Es bleibt die Härtefallklausel: Dort, wo jemand körperlich und wirtschaftlich selbst nicht in der Lage ist, den Winterdienst vor seiner Haustür zu erbringen, wird das die BSR machen.

Vierter Punkt: Wir werden die Räumbreite – wie vom Senat vorgesehen – ab dem nächsten Jahr nur auf den Hauptstraßen neu regeln und sagen, dass dort nicht mehr 1 Meter, sondern mindestens 1,50 Meter zu räumen sind. – In den kleineren Straßen ist das sowieso weniger, aber das war auch bisher Bestandteil der Regelung.

Allein an diesen Änderungen sehen Sie, dass man klare Gesetzesvorgaben machen kann, wo ich mich frage: Wie kommen die Grünen und die CDU auf die Idee, man müsse da nichts weiter im Gesetz ändern? – Was die CDU angeht, kann ich mich dankenswerterweise den Äußerungen von Herrn Schmidt anschließen.

Zu dem Antrag, den die CDU vorgelegt hat: Herr Henkel! Es ist traurig. Wenn Sie demnächst bei einer Seniorenversammlung auftreten, dann ist Ihre Antwort auf das Schneechaos: Wir machen nach dem Winter eine Evolutionsphase, und das nennt sich dann „Kaffeekränzchen bei der CDU-Fraktion“. – Schönen Dank, kann ich dazu nur sagen. Die Seniorinnen und Senioren werden sich bei Ihnen herzlich dafür bedanken,

[Beifall bei der SPD und der FDP]

wie die CDU versagt, wenn es um die Schnee- und Eisbeseitigung geht.

[Zuruf]

Herr Henkel wird dann wahrscheinlich Kekse spendieren, aber ob das die Leute besänftigt, wage ich zu bezweifeln.

Wirklich kopflos und widersinnig ist das Verhalten der Grünenfraktion bei diesem Thema. Frau Kubala! Sie müssen uns mal erklären, warum Sie vor einer Woche im Bauausschuss sagten, dass Ihr eigener Antrag fertig, erledigt und nicht mehr gültig sei, und sechs Tage später – weil Sie nichts anderes auf Ihrem Tisch haben – sagen Sie: Den Antrag wollen wir jetzt trotzdem beschließen. – Sie selbst haben diesen Antrag für erledigt erklärt, und nach sechs Tagen wollen Sie ihn wieder aufleben lassen, weil Sie vor diesem Thema völlig kapitulieren, keinen Änderungsantrag zustande gebracht haben und die Leute ausrutschen lassen wollen. Frau Kubala! Das ist unverantwortlich! Das geht nicht!

[Beifall bei der SPD]

Sie haben sich beim Thema Winter und Eisglätte komplett aus der Verantwortung gezogen. Ich kann nur sagen: So geht das nicht! Man muss Verantwortung für die gesamte Stadt übernehmen. Sie wollen doch vielleicht mal mitregieren.

[Volker Ratzmann (Grüne): Regieren, nicht mitregieren!]

Da kann ich nur sagen: Renate, hilf! Vielleicht sollten Sie auch mal ein bisschen in anderen Bundesländern und Städten nachschauen. Lernen Sie einfach mal, was es heißt, nicht nur für Einzelne Verantwortung zu tragen, sondern auch für die Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt! Die wollen Gehwege, die frei sind. Wer nur auf einen Notfallplan setzt, der weder durch Technik noch durch Personal noch durch eine Kostenübernahme irgendetwas regelt, sondern nur ein einfaches Blatt Papier darstellt, der verabschiedet sich von einer verantwortlichen Politik für die gesamte Stadt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Jetzt hat der Kollege Wilke von der CDU-Fraktion das Wort. – Bitte, Herr Wilke!

Danke, Herr Präsident! – Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

[Frank Henkel (CDU): Nicht übertreiben!]

Herr Kollege Buchholz! Ich denke nicht, dass wir es waren, denen man die Verantwortung für den letzten Winter geben kann, und für den nächsten Winter ganz bestimmt auch nicht. Die Berlinerinnen und Berliner sowie die Gäste unserer Stadt mussten im letzten Winter insbesondere auf den Geh- und Radwegen und auf den Nebenstraßen eine mangelnde bis gar keine Schneebeseitigung in Kauf nehmen, und nun sollen sie erneut auf das Glatteis geführt werden. Das ist das, was Sie seit der Anhörung im Stadtentwicklungsausschuss am 22. Februar dieses Jahres deutlich machen. An dieser Position hat sich nichts geändert. Mit dieser komischen Novellierung führen Sie die Menschen in Berlin erneut aufs Glatteis, Herr Kollege Buchholz.

Nicht nur zu beseitigender Schnee wird irgendwann zu Glatteis, sondern auch der neue Gesetzesentwurf ist die reinste Schlitterpartie und Augenwischerei für die Berlinerinnen und Berliner. Unter anderem soll das Aufgabengebiet der BSR auf Haltestellen, öffentliche Plätze, Fußgängerzonen und Radwege ausgeweitet werden, wofür auch eine mit der BSR getroffene Vereinbarung gelangt hätte. Die Erweiterung des Aufgabengebiets der BSR auf diese Plätze ist grundsätzlich zu begrüßen. Dem steht jedoch eine Aussage der BSR entgegen, welche sie in der Anhörung des Stadtentwicklungsausschusses vom 22. Februar für den letzten Winter traf, dass man an der Grenze der Logistik bereits schon für den letzten Winter angelangt gewesen sei. Da fragt man sich: Wie soll die BSR es schaffen, nun für die im Entwurf formulierten erweiterten Aufgabengebiete zuständig zu werden?

Herr Kollege Wilke! Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Wir sind heute so hinter der Zeit, dass ich keine Zwischenfrage gestatte.

Dann fahren Sie bitte fort.

Anstatt einen Tonnenkrieg anzuzetteln, sollte die BSR im Bereich ihrer Kernkompetenz, also im Bereich der Stadtreinigung entsprechende Investitionen tätigen, um Logistik und Kapazitäten ordentlich anzupassen.

An anderer Stelle ist das neue Gesetz nichts weiter als ein Verschiebebahnhof von Verantwortlichkeiten. Nach der bisherigen Rechtslage können die Hauseigentümer die Verpflichtung zur Schneebeseitigung und Glättebekämpfung – samt Haftung – an eine Winterdienstfirma übertragen. Mit der nun vorliegenden Fassung soll die Haftungsübertragung nicht mehr möglich sein, und damit fällt die Senatorin Lompscher in die Zeit vor 1979 zurück. Auch damals konnten die Anlieger die Haftung nicht an Dritte übertragen, auch damals wurde man der Folgen des strengen Winters 1978/79 nicht Herr. Die Rückkehr zur alten gesetzlichen Regelung bewirkt reinweg gar nichts und beweist ein weiteres Mal die Inkompetenz dieses Senats.

[Beifall bei der CDU]

Eine weitere wesentliche Änderung besteht in der Pflicht zur Räumung, d. h. dass Glätte nicht mehr bekämpft, sondern beseitigt werden muss – aus einer Streupflicht wird eine teure Räumpflicht. Auch der Änderungsantrag der Koalition und der darauf noch einmal gelegte Änderungsantrag der Koalition trägt nichts zur Entschärfung bei. Die Grundstücksverbände und Wohnungsbauunternehmen beziffern die dadurch entstehenden Mehrkosten auf etwa 30 Millionen Euro,

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

für welche Hauseigentümer und natürlich am Ende die Mieter zur Kasse gebeten werden. Anstatt Armut in der Stadt zu bekämpfen, belastet der Senat ein weiteres Mal gerade die Geringverdiener – das Kapitel „Rot-Rot macht arm“ findet auch hier seine Fortsetzung.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

Für normale Winter hat sich das Straßenreinigungsgesetz bezüglich der Paragrafen für den Winterdienst in seiner bisherigen Fassung bewährt. Nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit hält ein Winter wie der letzte nur alle 30 Jahre Einzug. Für einen solchen Ausnahmefall halten wir es für geboten, eine konkrete Regelung im Sinne eines Notfallplans zu erarbeiten, was auch unser Änderungsantrag so vorsieht.

[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Vorher oder nachher?]

Effektiv wäre beispielsweise das Ausbringen von Feuchtsalz auch auf Geh- und Radwegen. Eine Regelung zu erlassen, welche sich stets an der Katastrophe orientiert, ist hingegen nicht zielführend und am Ende ein teures Unterfangen für die Berlinerinnen und Berliner. Es bleibt also dabei: Wir lehnen die Novellierung dieses Straßenreinigungsgesetzes ab!