Herr Kollege Esser! Ihre Fraktion hat, obwohl sie sonst so fleißig ist, gar keine Anträge zu dem Thema. Dennoch frage ich Sie: Würden Sie meiner Äußerung zustimmen, die Sie auch schon der Zeitung entnehmen konnten, dass wir mit dieser Steuer am liebsten gar nichts einnehmen würden, damit die Lenkungswirkung zu 100 Prozent eintritt?
Ja! Das habe ich gegenüber der Zeitung auch gesagt. Ich sage Ihnen jetzt aber noch etwas: Was Sie in der „Bilderzeitung“ erzählen, ist für parlamentarische Vorgänge völlig unerheblich.
Gesetzesentwürfe aus Ihrer Fraktion, die in der Zeitung stehen, aber hier nicht vorliegen, hier zum Argument zu machen und die umgekehrte Frau Hiller zu spielen – die Linken da drüben haben es ja, und die „Bild“-Zeitung hat es auch, und da ist es irgendwie bei den Linken steckengeblieben, und das kann man dem Ausschuss nicht sagen –,
das hier dann zu erzählen und gegen die Opposition zu verwenden – – Nee, Herr Buchholz, das ist eine Art und Weise, die ist unter aller Kanone!
Da kann ich Ihnen nur sagen, was für unsere Fraktion – wir haben lange überlegt und gerätselt – seit gestern im Hauptausschuss die Konsequenz dessen ist. Es ist hier nicht klar, ob von Ihnen ein irgendwie geartetes, brauchbares Spielhallengesetz zügig im Anschluss an diesen Steuerbeschluss von heute auf den Weg gebracht wird und dass es zu Ihren fünf Maßnahmen – vor allem die zwei, die man selbst machen kann – wirklich kommt. Das ist nicht klar und durch Ihre Auskünfte fragwürdig geworden. In das Chaos, das Sie miteinander in der Koalition haben, und in die Gefährdung dieses Vergnügungsteuergesetzesbeschlusses von heute vor Gericht lassen wir uns als Grüne nicht mit hineinziehen.
Deswegen wird es bei uns – im Unterschied zu dem, was wir ursprünglich vorhatten, nämlich eine Zustimmung – eine Enthaltung geben,
weil wir nicht bereit sind, in dieses absaufende Boot von Rot-Rot einzusteigen, nach der Performance, die Sie hier geliefert haben.
Sie hätten einfach nur verlässlich – im Sinne der Debatte hier in der ersten Lesung – weiterarbeiten müssen. Dann wäre alles hier miteinander gegangen. Aber seit man nicht weiß, ob von Ihnen ein Spielhallengesetz kommt und wie es aussieht, und Sie sich in der Frage untereinander nicht einig sind und sich sogar indirekt über die Bande bekriegen, können Sie von der Opposition nicht mehr erwarten, dass sie in ihr Regierungsboot steigt und Ihnen die höheren Weihen gibt.
Danke schön, Herr Kollege Esser! – Für die Linksfraktion hat nun die Kollegin Matuschek das Wort. – Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich fange mit meinem ursprünglich geplanten letzten Satz an, damit Herr Esser und seine Kollegen von den Grünen sich vielleicht noch die restliche Zeit überlegen können, wie sie sich bei der Abstimmung verhalten. Ich habe nach der gestrigen Debatte auch nachgefragt, wo unser Spielhallengesetzentwurf ist. Er befindet sich in der Mitzeichnung. Das haben mir zwei verschiedene Senatsverwaltungen bestätigt. Das hat die Senatsvertretung gestern im Hauptausschuss leider nicht gesagt. Wir gehen davon aus, dass sich das Spielhallengesetz in der Mitzeichnung befindet und wir es im Januar hier beraten können. Dann stimmt das Paket. Wir wollen, dass wir sowohl das Vergnügungsteuergesetz als auch ein Spielhallengesetz erlassen.
Wenn ich dann aber die Reden von Herrn Brauner und Herrn Buchholz höre, dann frage ich manchmal schon, warum nicht sofort die Forderung erhoben wird, sämtliche Glücksspielgeräte abzuschaffen. Ich sage es einmal anders herum: Wir reden hier über ein Suchtproblem, aber auch über ein legales Wirtschaftsfeld. Wir haben ein ähnliches Problem beim Rauchen und beim Alkohol. So, wie auf der Bundesebene Tabaksteuer erhöht wird und davon eine Lenkungswirkung ausgeht, geht auch von der Erhöhung der Vergnügungsteuer in Berlin eine Lenkungswirkung auf das Glücksspielgewerbe aus. Das ist unbestritten und nachgewiesen. Diese Steuerungswirkung geht aber nicht nur von der Steuer aus, sondern dazu gibt es auch andere Instrumente, wie zum Beispiel das Baurecht oder das in Arbeit befindliche Spielbankengesetz. Deswegen kommt man aber trotzdem nicht zu dem Ergebnis, dass sämtliche Raucherinnen und Raucher, Weintrinkerinnen und Weintrinker, Besucherinnen und Besucher von Gaststätten, in denen ein Glücksspielgerät hängt, süchtig sind. Das ist absurd. Natürlich ist das ein Fall, in dem Steuern erhoben werden sollen und müssen. Nichts anderes habe ich gestern gesagt. Eine Steuergesetzgebung ist dazu da, Steuern zu erheben. Wer etwas anderes behauptet, der weiß nicht, wozu man Steuergesetze erlässt.
Ich komme zu meinem ursprünglich letzten Satz zurück, der zum ersten geworden ist: Es kommt das Paket, das Spielbankengesetz, wir erhöhen heute die Vergnügungsteuer auf 20 Prozent, wie es andere Kommunen in diesem Land auch tun. Andere gehen sogar noch darüber hinaus. Das hat eine zweifache Wirkung: einerseits die Sicherung der Steuereinnahmen und andererseits eine steuernde Wirkung auf das Bestehen von Spielhallen an Orten, an denen wir sie nicht haben wollen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte kaum gedacht, dass es die Linksfraktion ist, die heute den sachlichsten Beitrag in dieser Debatte liefert. Es ist immer wieder erstaunlich, Herr Buchholz hat es eindrucksvoll präsentiert, dass die SPD-Fraktion ihre Bildung aus der „Bild“ hat. Je größer die Schlagzeilen, in denen bestimmte Wahrheiten oder weniger Wahrheiten verkauft werden, desto besser lassen sie sich auch hier am Pult vorzeigen.
Seit mehreren Wochen hören wir Horrorszenarien. Es gibt eine vermeintliche Spielhallenflut im Land Berlin. der Untergang steht kurz bevor. Nie gekannte Mengen von Spielautomaten überfluten das Land, die öffentliche Sicherheit ist gefährdet, Jugend- und Spielerschutz liegen am Boden. Das einzige, das nach Ihrem Willen noch helfen kann, ist eine Verdoppelung der Vergnügungsteuer.
Die Anhörung im Wirtschaftsausschuss war interessant. Wir haben uns nämlich angeschaut, wie viele Spielhallenstandorte es in Berlin gibt und gab. Ich kann es Ihnen sagen: Im Jahr 2000 hatten wir 377 Standorte, und heute sind es 288. Im Jahr 2000 hatten wir 15 382 Automaten im Land Berlin, und heute sind es 10 135. Zwar ist richtig, Herr Buchholz, dass es zwischenzeitlich im Jahr 2006 durch entsprechende gesetzliche Veränderungen eine Senkung auf 7 600 Automaten gab, aber von nie gekannten Höhen und einem Niveau zu sprechen, das dringend gesetzgeberisches Handeln im Fiskalbereich notwendig macht, ist grober Unfug, meine Damen und Herren von der Koalition.
Die Anhörung im Wirtschaftsausschuss und die Diskussion im Hauptausschuss haben gezeigt, dass wir ein differenziertes Bild haben. Wir haben nicht in Gesamtberlin einen exorbitanten Anstieg zu verzeichnen, und Spielhallen schießen nicht überall wie Pilze aus dem Boden. Das geschieht nur in einigen kleinen Bereichen. Dort gibt es Häufungen von Spielhallen, die städtebaulich bedenklich
sind. Das ist gar keine Frage. Aber es gibt auch große Bereiche unserer Stadt, in denen das Ganze überhaupt keine Rolle spielt, nämlich dort, wo vernünftiges Baurecht besteht, insbesondere im Osten unserer Stadt und in Teilen des Westens, wo Baustadträte vernünftig, schnell und umsichtig agiert haben. Genau das sind die Bereiche, in denen es keine Probleme gibt.
Das Problem ist, dass in einem großen Teil des Westteils unserer Stadt das Baurecht auf dem Stand von 1958 stehen geblieben ist, weil es die Baustadträte und die entsprechenden Bezirksverordnetenversammlungen nicht geschafft haben, dort für ein vernünftiges Baurecht zu sorgen.
Es ist hinreichend deutlich geworden, was Frau Matuschek auch gestern im Hauptausschuss ausgeführt hat. Diese Fiskalpolitik hat keine Lenkungswirkung, die nennenswert im Hinblick auf Spielsuchtbekämpfung oder gar auf Jugendschutz wäre. Diese Steuererhöhung wird möglicherweise den legalen Glücksspielmarkt verkleinern. Das mag sein. Aber eine nachhaltige Wirkung im Sinne einer Schutzwirkung werden Sie dadurch nicht erzielen. Es geht Ihnen um eines: Es geht Ihnen um Steuermehraufkommen. Es geht Ihnen um Abzocke.
Den Jugend- und den Spielerschutz – das ist schon dargestellt worden – haben Sie meisterlich ausgeblendet. Von Ihrem Phantomentwurf, liebe Koalition, den nicht einmal Ihre Vertreter im Hauptausschuss gestern überzeugend darstellen konnten, fehlt jede Spur. Im Senat befindet er sich offensichtlich in der Mitzeichnung. Wir werden erleben, wann er kommt. Vor allem fehlen von Ihnen aber vernünftige Beiträge zu dieser Debatte. Ich hatte es hier schon vor zwei Wochen gesagt: Was wir brauchen, sind landesrechtliche Regelungen, die sich tatsächlich dem Spieler- und Jugendschutz widmen. Das funktioniert aber nicht durch Steuerrecht, sondern durch die Unterhaltung eines Sperrsystems, durch Beratungseinrichtungen für Spielsüchtige, durch Kontrollpflichten, durch Anforderungen an das Spielhallenpersonal und die Betreiber, durch das Verbot möglicherweise von Mehrfachkonzessionen. Es ist eben angesprochen worden, dass es natürlich Entwicklungen gibt, die problematisch sind. Das sind alles Dinge, über die wir uns unterhalten und über die wir reden müssen. Das geht doch aber nicht, indem wir uns hier hinstellen, Artikel aus der „Bild“-Zeitung hochhalten, Sodom und Gomorra seien in Berlin ausgebrochen und sagen, der Weg zur Bekämpfung sei das Steuerrecht, sei eine Verdoppelung der Vergnügungsteuer. Da machen Sie es sich zu einfach. Das schreit zu sehr nach bloßer Abzocke. Frau Matuschek hat es gestern im Hauptausschuss ganz deutlich mit Ihrem Ausspruch gemacht, man solle die Kuh nicht schlachten, die man noch melken wolle. Sie wollen melken. Wir wollen Jugend und Spieler schützen. Da muss man tatsächlich einmal sagen, dass nicht jeder Aufsuchende einer Spielhalle auch ein Spieler, ein Süchtiger oder gar ein Krimineller ist. Das gilt auch für die Betreiber. Da würde Ihnen auch von der CDU etwas Dif
Danke schön, Herr Kollege Jotzo! – Der Hauptausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen die FDP bei Enthaltung der CDU und den Grünen die Annahme der Gesetzesvorlage. Wer der Vorlage Drucksache 16/3616 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist die SPD und die Linksfraktion. Danke. Die Gegenprobe! – Das ist die FDP. Ersteres war die Mehrheit. Dann ist das so beschlossen. Enthaltungen gibt es von der CDU und von den Grünen. Damit ist das Gesetz zur Änderung des Vergnügungsteuergesetzes angenommen.
Die Tagesordnungspunkte 9 bis 11 stehen auf der Konsensliste. Der Tagesordnungspunkt 12 war Priorität der Fraktion der CDU und wurde unter 4.4 behandelt.
Zwei Vertreter oder Vertreterinnen der Berliner Gewerkschaften zu Mitgliedern des (ruhenden) Kuratoriums der Humboldt-Universität zu Berlin sowie deren Stellvertreter(innen)
Wir kommen zur einfachen Wahl durch Handaufheben. Wer die in der Anlage der Drucksache Genannten zu wählen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind FDP, CDU, SPD, die Grünen und die Linksfraktion. Es gibt keine Gegenstimmen. Dann war das einstimmig. Es gibt keine Enthaltungen. Dann sind die Genannten gewählt.