Protokoll der Sitzung vom 13.01.2011

Wir sind immer noch bei Tagesordnungspunkt 4.3. Ich verlese das Ergebnis der namentlichen Abstimmung. Thema war der Antrag der Fraktion der CDU „Nie wieder Kommunismus – Gewalt gegen Andersdenkende ist zu ächten“ Drucksache 16/3763. Es wurden 140 Stimmen abgegeben:

Ja-Stimmen 45

Nein-Stimmen 82

Enthaltungen 13

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir setzen fort. Zunächst lasse ich über den Änderungsantrag der Regierungsfraktion zum Entschließungsantrag der Fraktion der Grünen abstimmen. Wer dem Änderungsantrag Drucksache 16/3766-1 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Regierungsfraktionen. Das ist die Mehrheit. Die Gegenprobe! – Das sind alle anderen Fraktionen. Enthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag zum Entschließungsantrag angenommen.

Dieser Änderungsantrag ersetzt den Entschließungsantrag der Fraktion der Grünen Drucksache 16/3766. Ich lasse daher jetzt über den Entschließungsantrag der Fraktion der Grünen Drucksache 16/3766 in der soeben geänderten Fassung abstimmen. Wer diesem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Regierungsfraktionen und die Fraktion der Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind die CDU-Fraktion, die FDP-Fraktion sowie der Herr Abgeordnete Ueckert. – Damit ist dieser angenommen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.4:

Erste Lesung

Transparenzgesetz

Antrag der Grünen Drs 16/3678

in Verbindung mit

Dringliche I. Lesung

Gesetz zur Schaffung von mehr Transparenz in öffentlichen Unternehmen im Land Berlin (2. Vergütungs- und Transparenzgesetz)

Antrag der SPD und der Linksfraktion Drs 16/3764

Wer der Dringlichkeit des zuletzt genannten Gesetzes widersprechen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die erste Lesung der beiden Gesetzesanträge. Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der Grünen. Herr Abgeordneter Esser ist bereits unterwegs. – Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der von uns hier eingebrachte Gesetzentwurf ist eine weitere Perle, wie ich glaube, in einer Kette von Beschlüssen dieses Abgeordnetenhauses, aber auch des Senats, die alle darauf gezielt haben, die Transparenz und die Kontrolle der Landesunternehmen Berlins zu verbessern.

Diesmal geht es darum, immer noch unbefriedigende Regelungen über die Offenlegung der Gehälter von Aufsichtsräten, Beiräten, vor allem aber Vorständen und Managern der öffentlichen Unternehmen, aber eben auch von Stiftungen und am Ende auch von uns abhängigen Zuwendungsempfängern so darzustellen, dass tatsächlich erkennbar wird, was der Einzelne verdient, was der Einzelne an Zusatzleistungen bekommt und der Einzelne an Versprechen für die Zukunft bekommen hat. Wir wollen, dass erkennbar wird, was erfolgsunabhängig an diesen Zahlungen ist und erkennbar wird, was erfolgsabhängig an diesen Zahlungen ist und der unbefriedigende bisherige Zustand aufgeräumt wird. Das ist der Gegenstand unseres Gesetzesvorschlags.

Ich habe gesagt, dass es eine Perle in einer Kette ist und möchte daran erinnern, dass alles mit einem Antrag von uns begonnen hat, der „Transparenz und Kontrolle durch wirksames Beteiligungsmanagement“ hieß und aus dem Jahr 2003 stammt. In diesem war zum ersten Mal der Gedanke enthalten, dass die öffentlichen Unternehmen durch Zielsetzung und Zielvereinbarung gebunden werden sollen. Sie sollten durch ein kennziffergestütztes Kontrollsystem und einen dazu einzurichtenden Aus

schuss des Parlaments kontrolliert werden. Die gesamten Regelungen des sogenannten German Corporate Governance Kodex sollten auf die Landesunternehmen übertragen werden, um ein Höchstmaß an Transparenz zu gewährleisten.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Das war damals auch aus der Verzweifelung der Situation die Grundidee. Sie hat hier im Abgeordnetenhaus breite Unterstützung gefunden. Die Beratungen haben ungefähr ein Jahr in Anspruch genommen. Dann gab es einen ersetzenden Antrag der Fraktionen von SPD und damals noch PDS. Der stammt aus dem Mai 2004. In dem ist das heutige parlamentgemachte System errichtet worden und festgehalten worden, dass dieses Parlament verlangt, dass der Corporate Governance Kodex für alle öffentlichen Unternehmen zur Anwendung kommt.

Der Senat hat darauf reagiert und ist diesem Ansinnen gefolgt. Für uns ist in diesem Zusammenhang maßgeblich, dass er ein Vergütungs- und Transparenzgesetz vom 23. September 2005 vorgelegt hat. Das Abgeordnetenhaus hat das so beschlossen. Wir haben in den Folgejahren jedoch feststellen müssen, dass der Landesrechnungshof gesagt hat, dass die Art und Weise, wie hier Bezüge veröffentlicht werden, eigentlich nicht den Transparenzbedürfnissen entspricht, die die Öffentlichkeit, der Rechnungshof und das Parlament haben. Er hat es immer wieder kritisiert, zuletzt im Jahresbericht von 2008. Geändert hat sich dennoch nichts. Dieser Kritik ist nicht entsprochen worden. Tatsächlich hat uns dann der Senat im Jahr 2009 sowie im letzten Jahr erneut erklärt, er könne diese Dinge aus eigener Kraft innerhalb der Unternehmen nicht verbessern. Er sei auf die Zustimmung der Gremien dort und zum Teil auch der einzelnen Manager angewiesen. Daraufhin haben wir uns gedacht, dass wir an dieser Stelle das als Parlament gesetzlich regeln sollte.

Herr Esser! Ihre Redezeit ist beendet.

Wir haben dann geguckt, was es woanders gibt. Und zu unser aller Erstaunen fand sich in NRW ein wirklich umfassendes, vorbildliches und wasserdichtes Gesetzeswerk,

[Christoph Meyer (FDP): Von Schwarz-Gelb!]

von Schwarz-Gelb noch beschlossen, von Herrn Rüttgers und Herrn Pinkwart. Da haben wir gedacht, was Rüttgers und Pinkwart können, –

Herr Esser! Sie müssen bitte zum Schluss kommen!

müssen Wolf und Wowereit auch können. Und wir haben dieses Gesetz in Anwendung auf die Berliner Verhältnisse hier vorgelegt. –

Einen Satz bitte noch, Frau Präsidentin, ganz kurz, weil gestern plötzlich ein Ersetzungsantrag vonseiten der Koalition kam. Ich könnte dazu einiges sagen, tue das jetzt aber nicht. Ich muss sagen, ich freue mich, dass Sie reagieren. Die Provokation ist angekommen. Sie sehen sich genötigt, auch selbst eine Regelung vorzulegen. Der Entwurf von Rot-Rot ist allerdings eine Verwässerung.

Herr Esser! Es ist jetzt über eine Minute überzogen!

Das Ding ist so liederlich,

[Beifall bei der FDP]

dass wir unverändert der Meinung sind, der Ursprungsantrag ist der richtige, und wir sollten bei dem bleiben.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Kolat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Esser! Das war wirklich ein sehr misslungener Versuch, hier darzustellen, wer in der letzten und in dieser Legislaturperiode im Hinblick auf mehr Transparenz in den öffentlichen Unternehmen etwas geleistet hat. Das war die rotrote Regierung, das waren nicht Ihre Anträge von 2003 oder sonst wann.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Die Regierungsfraktionen wollen eine bestmögliche Transparenz über die Bezüge von Geschäftsführern und Aufsichtsratsmitgliedern in öffentlichen Unternehmen. Genau darauf zielt unser Antrag ab, der Ihnen heute hier vorliegt. Wir wollen das nicht nur auf einzelne Geschäftsführer beziehen, sondern auf alle Organe, die in einer solchen Gesellschaft vorhanden sind, also auch auf Aufsichtsratsmitglieder, Beiräte und dergleichen. Das heißt, wir wollen diese Transparenz auf jeden Fall erweitern.

Warum ist uns diese Transparenz wichtig? – Wir sind der Meinung, dass die Bürgerinnen und Bürger, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sind und Beiträge und Gebühren zahlen, einen Anspruch auf diese Informationen haben, um letztendlich zu beurteilen, ob die Gehälter, die die Manager und Managerinnen erhalten, auch im Verhältnis stehen zu den Leistungen des entsprechenden Unternehmens. Ich glaube, diesen Anspruch haben nicht

nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch wir hier im Parlament, um zu einer vernünftigen Beurteilung zu kommen.

Für die Koalition ist es ein großes Thema, diese Transparenz herzustellen.

[Christoph Meyer (FDP): Ja, ja!]

Das zeigt das 2005 hier im Parlament verabschiedete Gesetz – das Vergütungs- und Transparenzgesetz. Dort haben wir einen ersten Schritt in diese Richtung gemacht. Wir haben unseren Beteiligungsbericht erweitert. Wenn Sie unseren Beteiligungsbericht aufschlagen, sehen Sie Informationen über die Gehälter der entsprechenden Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer.

[Andreas Gram (CDU): Gehälterinnen und Gehälter!]

Das ist wichtig, um auch Vergleichbarkeit herzustellen. Nur muss man feststellen, dass das noch nicht ausreicht. Wir können heute noch nicht sagen, dass wir richtig Transparenz in der Hinsicht haben, dass wir die Gehälter auch vergleichen können, weil die Komponenten sehr unterschiedlich sind und es auch in der Rechtslage zurzeit in Berlin Unterschiede gibt zwischen öffentlichen Unternehmen und Anstalten des öffentlichen Rechts. Deswegen haben wir hier heute einen Antrag vorgelegt,

[Joachim Esser (Grüne): Warum eigentlich?]

um genau diese Lücken zu schließen und hier einheitliche Regelungen und vor allem die Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Managern der Unternehmen, aber auch Vergleichbarkeit zwischen öffentlichen Unternehmen und Anstalten öffentlichen Rechts herbeizuführen.

Der Antrag der Grünen geht in der Tat in die gleiche Richtung. Es gibt Unterschiede in den Details. Das ist aber kein Zufall, denn auch in der Begründung des Antrags der Grünen wird vermerkt, dass es hier im Abgeordnetenhaus Einvernehmen über alle Fraktionen hinweg gibt, dass wir hier die Transparenz verstärken wollen. Das haben Sie selbst in Ihrer Begründung aufgegriffen. Das stimmt. Die Zielrichtung ist in der Tat die gleiche. Nur in den Details werden wir in den entsprechenden Fachausschüssen in die Diskussion eintreten und gucken, welchen optimalen Weg wir finden, wenn wir das Gesetz oder die Gesetze ändern, wie sie hier vorliegen, auch von der Stoßrichtung her. Dann wird Berlin einen großen Schritt vorankommen, was die Transparenz angeht. Zurzeit fallen wir sogar hinter die Veröffentlichungspflichten für börsennotierte Unternehmen zurück. Das ist, denke ich, nicht gut für Berlin.